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Gourmet Edition - Deutsche Küche 2.0

Mit der Eröffnung des Tantris im Jahre 1971 begann in Deutschland eine neue kulinarische Zeitrechnung. 44 Jahre, die die deutsche Restaurantküche entscheidend prägten. Daraus präsentiert die Gourmet Edition 44 deutsche Klassiker in jeweils einer traditionellen und einer modernen Umsetzung. Hier finden sich Rezepte von Spitzenköchen wie Juan Amador, Johannes King, Alfons Schubeck und Hans Stefan Steinheuer.

Mit der Eröffnung des Tantris im Jahre 1971 begann in Deutschland eine neue kulinarische Zeitrechnung. 44 Jahre, die die deutsche Restaurantküche entscheidend prägten. Daraus präsentiert die Gourmet Edition 44 deutsche Klassiker in jeweils einer traditionellen und einer modernen Umsetzung. Hier finden sich Rezepte von Spitzenköchen wie Juan Amador, Johannes King, Alfons Schubeck und Hans Stefan Steinheuer.

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kaum die Rede sein. Deren Eigenart tritt uns eher in<br />

Berichten ausländischer Besucher entgegen: dass die<br />

<strong>Deutsche</strong>n gerne das Gemüse verkochen würden, dass<br />

sie zu allem Senf benutzten und das Brot sehr dunkel<br />

sei, dass viele Speisen stark gesüßt würden, dass Wild<br />

eine große Spezialität hierzulande sei. Das klingt nicht<br />

ganz unbekannt. Aber selbst, wenn die gastronomische<br />

Realität in Deutschlands Gaststätten nicht dem entsprochen<br />

hat, was etwa ein Protagonist des ersten deutschen<br />

<strong>Küche</strong>nwunders wie Marx Rumpolt in seinem „Ein new<br />

Kochbuch“ für deutsche Hofküchen publiziert hatte:<br />

Die schriftlichen Zeugnisse aus dem Deutschland des<br />

15. und 16. Jahrhundert vermitteln uns das Bild einer<br />

enormen kulinarischen Vielfalt und einer fast künstlerisch<br />

zu nennenden Kreativität.<br />

Es sind neben dem neuen Ethos der Reformation die<br />

vielen Kriege auf deutschem Boden, die dem ein Ende<br />

bereiteten. Bauernkriege, 30-jähriger Krieg, Pfälzischer<br />

Erbfolgekrieg, Siebenjähriger Krieg, Napoleonische Kriege,<br />

<strong>Deutsche</strong> Einigungskriege, ganz zu schweigen von denen,<br />

die danach kommen sollten. Es ist kein Wunder, dass<br />

diese Notzeiten auch bei den Eliten Vorstellungen von<br />

Entsagung und „strengem Glück“ (Thomas Mann) formten,<br />

in denen wenig Platz für sinnliche Genüsse war.<br />

Schwäbischer Pietismus und an holländisch-calvinistischem<br />

Gedankengut inspirierter preußischer Ethos<br />

wurden Leitideologien Deutschlands auf dem Weg in<br />

die Moderne – mit entsprechendem Einfluss auf die<br />

deutsche <strong>Küche</strong>. Nur in einigen vom sinnenfreudigeren<br />

Katholizismus geprägten Regionen, zumeist in grenznahen<br />

Gebieten in West- und Süddeutschland, sowie<br />

in einigen prosperierenden, latent glaubensneutralen<br />

Handels- und Seestädten überlebte eine nennenswerte<br />

deutsche <strong>Küche</strong>nkultur.<br />

sie keine Resonanz. Es war Goethes Schwiegertochter<br />

Ottilie, die sich etwa zur gleichen Zeit mit dem Gedanken<br />

trug, ein Nationalkochbuch zu schreiben, also Rezepte zu<br />

sammeln, so wie Johann Gottfried Herder Volkslieder<br />

und die Grimms Kinder- und Hausmärchen. Für diese<br />

bedeuteten Märchen, Volkslieder und andere Zeugnisse<br />

der einfachen Leute eine „unverfälschte Äußerung der<br />

Volksseele“. Das war eine unerhörte Aufwertung des vermeintlich<br />

„ungehobelten“ Volkes, die aber schnell Schule<br />

machen sollte. In der musikalischen Vertonung durch<br />

die Romantiker etwa wurden zahlreiche deutsche Volkslieder<br />

weltberühmt und stehen heute mit für das Wertvollste<br />

in der deutschen Kultur. Ottilies Nationalkochbuch<br />

blieb ungeschrieben, und damit war auch für lange<br />

Zeit die Chance vertan, Kochen und (Volks-)Kultur in<br />

Zusammenhang zu bringen.<br />

Daran änderte auch der Auftritt gleich dreier deutscher<br />

Gastrosophen wenig. So unterschiedliche Positionen<br />

Karl Friedrich von Rumohr, Gustav Blumenröder (alias<br />

Antonius Anthus) und Eugen Baron Vaerst in der ersten<br />

Hälfte des 19. Jahrhunderts auch vertraten, ihre Thesen<br />

zum Für und Wider der französischen <strong>Küche</strong>, zum Sinn<br />

der Regionalküche und zum Wert der Produktqualität<br />

hätten es verdient gehabt, in eine Renaissance der<br />

deutschen <strong>Küche</strong> zu münden. Aber ihre Schreibarbeit<br />

blieb Literatur, unter zeitgenössischen Köchen hatte<br />

MARX RUMPOLT „EIN NEW KOCHBUCH“ / 1581

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