100 Jahre Hochzoll
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INTERVIEW<br />
Im Gespräch mit Dr.Werner Lorbeer<br />
Thema: Aufwertung <strong>Hochzoll</strong>s/Aufwertung durchdie Kunst<br />
12. Juni 2013 STADTZEITUNG<br />
<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Hochzoll</strong><br />
14<br />
Christine Wieser: Herr Dr. Lorbeer,<br />
soll die Aufwertung des <strong>Hochzoll</strong>er<br />
Stadtteils vorallem wirtschaftlicheInteressen<br />
bedienen,oder soll sie die Lebensqualitätder<br />
Bürgersteigern?<br />
Dr.Werner Lorbeer: Das wirtschaftlicheLeben<br />
istohne Handel, Gaststätten,<br />
Verkehr, Kirchen, Vereine und<br />
Schulennichtdenkbar. DerBürger erlebt<br />
einen Stadtteil immer von zwei<br />
Seiten: Als Ortvon Leben und Familie<br />
und als Anbieter seinerLebenskraftin<br />
seiner Umgebung. Ein lebendiger<br />
Ortsteil nützt deshalb allen. Unsere<br />
Gärten, <strong>Hochzoll</strong> ist eine Gartenvorstadt,<br />
eine attraktiven Nahersorgung,<br />
Gesundheitsversorgung, Bürgerbüro,<br />
Post und Sparkasse, Frischemärkte im<br />
Zentrum und <strong>Hochzoll</strong>-Süd, solche<br />
Einrichtungen erzeugen Lebensqualität<br />
und Liebe zum Stadtteil.<br />
Wieser: Inwiefern können Skulpturen,<br />
Kunstwerke und aktive Brunnen<br />
einen Stadtteilaufwerten?<br />
Lorbeer: „Kunst auf <strong>Hochzoll</strong>s Plätzen<br />
habe ich 2011 mit Unterstützung<br />
von Rose Maier Haid, Leiterin der<br />
KunstSchule Friedberg, ins Leben gerufen.<br />
Ich glaube, dass Kunst wie<br />
sonst nichts geeignet ist, Identität im<br />
Stadtteil weiter nach vorne zu bringen.<br />
Ich bin Maier Haid für ihre Unterstützungund<br />
Anregung dankbar.<br />
Wieser: Wie werden die Standorte<br />
ausgewählt?<br />
Lorbeer: Die Plätze ergeben sich zunächst<br />
von selbst: wo die Menschen<br />
sind, ist der Platz. Siewurden imDiskurserstausgewählt<br />
und die <strong>Hochzoll</strong>er<br />
können nun darüber befinden.Natürlich<br />
gehören der 12-Apostel-Platz,<br />
der Platz vor der Post und der Peterhofplatz<br />
dazu. AmPlatz vor der Post<br />
wird die Aktionsgemeinschaft ihr<br />
diesjähriges Bürgerkunstprojekt am<br />
15.Juni montieren unter dem Motto<br />
„<strong>Hochzoll</strong> vernetzt“. Diese Kunstakti-<br />
vität gibt es übrigens schon länger<br />
und ich freue mich jedes Jahr aufs<br />
Neue über dieses soziale Kunstprojekt.<br />
Wieser: Welche Kosten fallen durch<br />
Anschaffung, Aufstellung und Erhalt<br />
an?<br />
Lorbeer: Beschafft ist noch nichts.<br />
Vorläufig entsteht nur ein kleiner<br />
Kunstpfad zwischen Gymnasiumshof<br />
mit Brunnen, dem Objekt „wohin“,<br />
vonClemens Brocker, dem „Bechteler<br />
Turm“ auf dem Peterhofplatz, dem<br />
„innigen Taufbrunnen“ im Hof der<br />
evangelischen Kirche, der ZeitscheibeLanger<br />
vor Hl. Geist, dem großen<br />
„Blaumann“ an der Friedberger-/<br />
Ecke Zugspitzstraße und dann dem<br />
sozialen Kunstprojekt „<strong>Hochzoll</strong> vernetzt“<br />
am Postplatz. Bis zum großen<br />
Umzug „<strong>Hochzoll</strong> feiert“, am 22. Juni,<br />
den Gregor Lang organisiert, sollalles<br />
stehen.<br />
Wieser: Tragen die Bürger das Konzept<br />
mit oder wünschen sich diese<br />
nicht stattdessen lieber Spielplätze,<br />
Grünflächenund Parkbänke?<br />
Lorbeer: Kunstund Aufenthaltsqualität<br />
sind keine Gegensätze. Wir haben<br />
in <strong>Hochzoll</strong> sehr viele Spielplätze<br />
und Grünflächen. Der Lech ist der<br />
schönste Abenteuerspielplatz, den<br />
man sich denken kann. Natur pur mit<br />
ganz hohem Erlebniswert. Leider wird<br />
das vom Rathaus her nicht immer so<br />
gesehen.<br />
Wieser: Ziehendie Parteien bei dem<br />
Projekt an einem Strangoderhat jede<br />
Partei eine andere Alternative, wie<br />
<strong>Hochzoll</strong> attraktiver werden kann?<br />
Lorbeer: Ich sage immer „<strong>Hochzoll</strong><br />
steht vereint“ zu den Stadtratskollegen<br />
aus CSU und SPD, das ist auch<br />
ein wenigWunschtraum.Aber es gibt<br />
immer gute Gespräche zwischenden<br />
Stadträten und viele Bürgerinformationen<br />
mit Gesprächsangeboten und<br />
Der Grenzstein an der Kreuzung Grüntenstraße/Maria-Alber-Straße.<br />
Foto: bb<br />
auch Kontakten zur Verwaltung. Zwei<br />
lebhafte Bürgervertretungen, die „Aktionsgemeinschaft<strong>Hochzoll</strong>“<br />
und die<br />
Vertreter des Zwölf-Apostel-Platzes<br />
bündeln immer wieder die Anforderungen<br />
derBürger zu Anforderungen<br />
an die Verwaltung. Große, oft diskutierte<br />
Probleme betreffen allerdings<br />
die gesamte Stadtpolitik und sind<br />
deshalbschwierig: dieVerkehrsanbindung<br />
von<strong>Hochzoll</strong>-Süd und die unbedingt<br />
nötige Durchfahrtsperre der<br />
Friedberger Straße für den durchziehenden<br />
Lastkraftwagen-Verkehr mit<br />
Verlegung der Bundesstraße B2 und<br />
B300auf dieA8und QAIV 25.<br />
Wieser: Jemandsucht eine neue Bleibe.<br />
Wie würden Sie demjenigen den<br />
Reiz von <strong>Hochzoll</strong> und seinen Unterschied<br />
zu anderen Stadtteilen beschreiben?<br />
Lorbeer: <strong>Hochzoll</strong> macht Mietangebote<br />
in jeder Preislage. <strong>Hochzoll</strong> bietet<br />
große Gartengrundstücke. <strong>Hochzoll</strong><br />
bietet eine komplette Infrastruktur<br />
im Kindergarten- und Schulbereich.<br />
<strong>Hochzoll</strong> bietet mit dem Bahnhof<br />
eine komplette Anbindung nach<br />
Augsburg und München-Zentrum.<br />
<strong>Hochzoll</strong> bietet eine komplette Nahversorgung.<br />
<strong>Hochzoll</strong> bietet Urbanität<br />
rund um den Zwölf-Apostel-Platz und<br />
hoffentlich bald auch rund um die<br />
Post. Der Peterhofplatz entwickelt<br />
sich prächtig. <strong>Hochzoll</strong> hat mit dem<br />
Kuhsee, Hochablass und Stadtwald<br />
das größte Naherholungszentrum<br />
Augsburgs. In <strong>Hochzoll</strong> kümmern sich<br />
sehr gut organisierte Vereine um Kinder<br />
und Jugendliche und wir haben<br />
mit mehreren Pfarreien ein aktives<br />
geistiges Zentrum.<br />
Wieser: <strong>Hochzoll</strong> feiert sein <strong>100</strong>-jähriges<br />
Jubiläum. Welche Ereignisse stechen<br />
in dieser Zeit für sie besonders<br />
heraus, im positiven wie im negativen<br />
Sinne?<br />
HISTORIE<br />
Auf einer Wiese an der Kreuzung<br />
Grüntenstraße in <strong>Hochzoll</strong> und der<br />
Maria-Alber-StraßeinFriedberg-West<br />
steht der abgebildete Grenzstein mit<br />
dem Wappenvon Friedberg.Erdürfte<br />
nachEingemeindung von<strong>Hochzoll</strong> in<br />
Dr. Werner Lorbeer, Stadtrat Pro Augsburg<br />
Foto: BernhardBrachert<br />
Lorbeer: Das <strong>100</strong>-Jahr-Jubiläum<br />
sollte politisch zum Aufbau der Zukunftsperspektiven<br />
genutzt werden.<br />
Dafür gibt es im Holzerbau Vorträge<br />
und Diskussionen. Ich hoffe noch,<br />
dass es gelingt, ein <strong>Hochzoll</strong>-Archiv<br />
für interessante Nachlässe in der alten<br />
Schule als Nutzung unterzubringen,damit<br />
<strong>Hochzoll</strong> aucheinen Erinnerungskern<br />
bekommt. PRO AUGS-<br />
BURGveranstaltetmit derEis-Pizzeria<br />
„La vida loca“ein kleines Sommerfest<br />
unter dem Motto „Mittelmeer trifft<br />
Lech“, in Erinnerung andie ersteWelle<br />
deritalienischenGastarbeiter,welche<br />
die Augsburger Industriekamine<br />
gekehrt haben. Die Chianti-Korbflasche,<br />
Pizza und Makkaroni kann man<br />
aus <strong>Hochzoll</strong> nicht mehr wegdenken<br />
–sie gehören eben zuunserem Lebensgefühl.<br />
Wieser: WaswürdenSie sich zukünftig<br />
für den Stadtteilwünschen?<br />
Lorbeer: Ich wünschemir den selbstbewussten<br />
<strong>Hochzoll</strong>er, der seinen<br />
Stadtteil liebt. Ich wünsche mir, dass<br />
der Stadtwald weiter gepflegt wird<br />
und der Lech eine vitale Zukunft erhält.<br />
Undich wünsche mir den sozialen<br />
<strong>Hochzoll</strong>er,der weiß, wie er seinen<br />
Stadtteilselbst gestalten und beleben<br />
muss. Dann wird alles gut.<br />
Herr Dr.Lorbeer,<br />
vielen Dank für das Gespräch.<br />
DerGrenzstein<br />
Aufgemessenvom königlich-bayerischen<br />
GeometerCarlLex<br />
die Stadt Augsburg 1913 gesetzt worden<br />
sein. „Aufgemessen“ wurde der<br />
Grenzstein nach Unterlagen des städtischen<br />
Geodatenamtes vom königlich-bayerischen<br />
Geometer Carl Lex<br />
im Juni 1914.<br />
(bb)