Wirtschaft aktiv - September 2014
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Auf nach Amerika<br />
Wer profitiert von den EU-Geheimverhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit den USA?<br />
Das derzeit zwischen der EU und<br />
den USA in Verhandlung stehende<br />
Freihandelsabkommen Trans-<br />
atlantic-Trade-and-Investment-<br />
Partnership (TTIP ) hat ein Ziel:<br />
Abbau von Handelshemmnissen<br />
zwischen der EU und den USA.<br />
Dieses Ziel soll durch Geheimverhandlungen<br />
zwischen den Chefverhandlern<br />
Ignacio Garcia Bercero<br />
(für die EU) und Dan Mullaney<br />
(USA) erreicht werden. Seit einem<br />
Jahr wird hinter verschlossenen Türen<br />
verhandelt, Konzerne genießen<br />
privilegierten Zugang, die betroffene<br />
Bevölkerung wird über die Details<br />
kaum informiert.<br />
Am 11. Juli dieses Jahres veröffentlichet<br />
die EU-Kommission den<br />
Stand der Verhandlungen. In diesem<br />
Papier werden lediglich Überschriften<br />
und ein Inhalt ohne konkrete<br />
Fakten der Öffentlichkeit präsentiert.<br />
Das WIFO Institut tut sich auch<br />
schwer, für Österreich eine Prognose<br />
der Auswirkungen des Abkommens<br />
zu berechnen. Je nach Modell<br />
ist es 0,5% bis 2,7% mehr BIP in<br />
zehn Jahren. Viele Studien über die<br />
Auswirkungen des Abkommens<br />
werden aber zunehmend von Experten<br />
angezweifelt.<br />
Mehr als 500.000 Unterzeichner<br />
Mehr als 500.000 Unterzeichner gegen<br />
TTIP erbrachte bisher eine Petition<br />
der “Krone” in Österreich.<br />
Ein Kernpunkt ist die Aushöhlung<br />
der Demokratie und des Rechtsstaats.<br />
Ausländische Konzerne<br />
könnten Staaten künftig vor nicht<br />
öffentlich tagenden Schiedsgerichten<br />
auf hohe Schadenersatzzahlungen<br />
verklagen, wenn diese Gesetze<br />
verabschieden, die ihre Gewinne<br />
schmälern.<br />
Weiters werden Privatisierungen<br />
Tür und Tor geöffnet: Das Abkommen<br />
soll es Konzernen erleichtern,<br />
auf Kosten der Allgemeinheit Profite<br />
bei Wasserversorgung, Gesundheit<br />
und Bildung zu machen. Die<br />
Anpassung der Gesundheitsstandards<br />
würde den Weg frei für Frakking,<br />
Gen-Essen und Hormonfleisch<br />
machen, die bäuerliche Landwirtschaft<br />
wird geschwächt und die<br />
Agrarindustrie erhält noch mehr<br />
Macht.<br />
TTIP untergräbt die Freiheit<br />
Es droht noch umfassendere Überwachung<br />
und Gängelung von Internetnutzern.<br />
Exzessive Urheberrechte<br />
erschweren den Zugang zu Kultur,<br />
Bildung und Wissenschaft.<br />
Sollte der Vertrag einmal unterzeichnet<br />
werden, gibt es keinen<br />
Weg mehr zurück. Vertragspartner<br />
ist die Europäische Union, ein einzelnes<br />
Land kann aus dem Vertrag<br />
gar nicht aussteigen.<br />
Die Profiteure<br />
Der ehemalige Universitätsprofessor<br />
und Ökonom Rudolf Hickel<br />
fasste es in einem Vortrag an der<br />
Uni Köln im Mai dieses Jahres zusammen:<br />
„Den Verlierern stehen<br />
einzig und allein die multinationalen<br />
Konzerne als Gewinner gegenüber….<br />
Angestrebt wird also eine<br />
Globalisierung, bei der die Großinvestoren<br />
die Produkt- und Produktionsbedingungen<br />
dominieren.“<br />
Wo die Nutznießer sind, zeigt auch<br />
das Beispiel, dass die Bertelsmann-Stiftung<br />
(77,6% Eigentümer<br />
des Medienkonzerns Bertelsmann)<br />
eine Werbetour für das TTIP Freihandelsabkommen<br />
durch die USA<br />
veranstaltet hat und dazu Lobbygruppen<br />
unterstützt, die sich für<br />
ein Abkommen einsetzen. Den vielen<br />
Klein- und Mittelbetrieben<br />
und besonders den Einpersonenunternehmen<br />
wird jedoch dieses<br />
Abkommen nichts bringen.<br />
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<strong>Wirtschaft</strong> Aktiv Sept. / 14