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BLICKWECHSEL 2016

Journal für deutsche Kultur und Geschichte im östlichen Europa. Schwerpunkthema: »Mutterstädte. Von großen und kleinen Metropolen im östlichen Europa«

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METROPOLEN<br />

Ausgabe 4<br />

<strong>2016</strong><br />

<strong>BLICKWECHSEL</strong><br />

ORTE<br />

17<br />

Frösche für die Streicher<br />

Bestandteileproduzenten wie Wirbeldreher, Stegschnitzer<br />

oder Griffbrettmacher organisieren sich in hochspezialisierten<br />

Firmen. Sie statten nicht nur die Bubenreuther Meistergeigen<br />

aus, sondern liefern ihrerseits Exportprodukte, die<br />

von Geigenbauern weltweit verwendet werden. Im gleichen<br />

Atemzug sind Kolophoniumgießer, Lackerzeuger und Tonholzhändler<br />

zu nennen.<br />

Für jedes nur denkbare Saiteninstrument liefert die Firma<br />

Pyramid die benötigten Saiten – mit 165 Jahren ist sie<br />

einer der traditionsreichsten Erzeuger im Musikinstrumentenbau<br />

überhaupt. Für erstklassige Tonabnehmer<br />

zeichnet die Firma Shadow verantwortlich.<br />

Wegen seiner Einzelbauteile ist der Streichbogen ein<br />

Kunstwerk für sich und kommt von Anfang an recht international<br />

daher: Das Bogenhaar stammt aus der Mongolei,<br />

die Fernambuk-Stange aus Brasilien und der Ebenholzfrosch<br />

aus Afrika. Gebaut wird er von Spezialisten in Bubenreuth.<br />

Zenit, Umbruch und Konsolidierung<br />

Die Zahl der Mitgliedsbetriebe der Innung ist seit den 1970er<br />

Jahren konstant. Und doch ist seitdem ein Strukturwandel<br />

zu verzeichnen. Allein Bubenreuth zählte Ende der 1950er<br />

Jahre knapp 100 Betriebe im Musikinstrumentenbau, in<br />

denen weit über 2 000 Arbeitskräfte Beschäftigung fanden.<br />

Damals wurden Etuis und Gitarren für den Massenmarkt<br />

gefertigt. Der Gitarrenboom machte Bubenreuth zum Mekka<br />

der Beat-Generation. So verwundert es kaum, dass im Ort in<br />

den 1960er Jahren mehr als eine halbe Million Instrumente<br />

jährlich hergestellt wurden. Spätestens ab den 1970er Jahren<br />

war der industriell orientierte Gitarrenbau den günstiger<br />

produzierenden Mitbewerbern, vor allem aus Fernost,<br />

nicht mehr gewachsen. Der Konkurs einiger Großunternehmen<br />

leitete die Talfahrt ein. Seit den späten 1990er Jahren<br />

stabilisierte sich die Zahl der Betriebe in Bubenreuth bei<br />

etwa 25 Werkstätten mit rund 120 Beschäftigten.<br />

Great Performance: Elvis, John und Paul<br />

Prominenz belebt das Geschäft: Als »Endorser« hatte<br />

man Peter Kraus, Vico Torriani und Jan & Kjeld<br />

gewinnen können; dies ließ auf einen guten Absatz<br />

hoffen. Auch der King of Rock’n’Roll war hier. Ebenfalls<br />

als Werbebotschafter des guten Tons wirkten die Rolling<br />

Stones, deren Konterfeis die Broschüren einer Gitarrenschmiede<br />

ab 1964 ganz offiziell zierten. Mit den Beatles gab<br />

es einen solchen Vertrag nicht. Und doch waren sie es, die<br />

den fränkischen Instrumenten zu Weltruhm verhalfen. Zur<br />

Legende on stage wurde der Beatles-Bass von Paul McCartney,<br />

der bis heute ein Verkaufsschlager geblieben ist.<br />

Musik und Integration<br />

Ein von Sir Paul handsignierter Beatles-Bass, eine in Kriegsgefangenschaft<br />

gebaute Violine oder das kleinste spielbare<br />

Miniatur-Quartett der Welt – mehr als zweihundert<br />

Exponate werden in der Dauerausstellung im Bubenreuther<br />

Rathaus gezeigt. Was hier geschah und wofür Bubenreuth<br />

noch heute steht, ist die Verbindung von Musik und Integration.<br />

Sie macht den Ort so einzigartig. Seit 2009 hat es<br />

sich daher der Museumsverein Bubenreutheum e. V. zur Aufgabe<br />

gemacht, dieses kulturhistorische Erbe zu bewahren.<br />

Als Träger der Ausstellung Musik und Integration sieht er<br />

diese als Ausgangspunkt für ein touristisch attraktives Musikerlebnismuseum<br />

und ein regional bedeutsames Kulturzentrum.<br />

Musik als Sprache aller Völker kann hier den idealen<br />

Tenor für ein Museumskonzept abgeben und integrativ das<br />

tägliche Zusammenleben in unserer Gesellschaft fördern.<br />

Christian Hoyer<br />

Dr. Christian Hoyer arbeitet beim Stadtmuseum Herzogenaurach und lebt<br />

in Bubenreuth.<br />

www.bubenreutheum.de<br />

John Lennon mit seiner Framus Hootenanny, mit der er<br />

auch die Ballade You’ve got to hide your love away einspielte.<br />

© Framus Museum Markneukirchen

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