BLICKWECHSEL 2016
Journal für deutsche Kultur und Geschichte im östlichen Europa. Schwerpunkthema: »Mutterstädte. Von großen und kleinen Metropolen im östlichen Europa«
Journal für deutsche Kultur und Geschichte im östlichen Europa. Schwerpunkthema: »Mutterstädte. Von großen und kleinen Metropolen im östlichen Europa«
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
METROPOLEN<br />
Ausgabe 4<br />
<strong>2016</strong><br />
<strong>BLICKWECHSEL</strong><br />
ORTE<br />
13<br />
Königsschlosses abgeschlossen,<br />
das ein modernes Ausstellungzentrum<br />
der Stadt bildet. Die<br />
Bauten des Nationalen Musikforums<br />
und des neuen Capitoltheaters wurden<br />
fertiggestellt. <strong>2016</strong> werden ein Theatermuseum<br />
sowie das Modell-Stadtviertel<br />
WuWA 2 in Breslau-Neukirch/Nowe<br />
Żerniki vollendet.<br />
Die Vergangenheit lehrt, dass Städte<br />
mit starker kultureller Ausstrahlung die<br />
Entwicklung verschiedener Bereiche<br />
des Gemeinwesens gefördert und<br />
ihren Namen verewigt haben, so wie<br />
etwa Paris, Florenz und Antwerpen.<br />
Wenn ich die Entwicklung der Stadtkultur<br />
von Breslau sehe, glaube ich,<br />
dass dies auch für die Zukunft der<br />
Hauptstadt Niederschlesiens gilt.<br />
HS Sehen Sie eine Kontinuität zwischen<br />
dem bürgerlichen Selbstbewusstsein<br />
der Kulturförderung<br />
während des 19. und Anfang des 20.<br />
Jahrhunderts und dem heutigen Kulturbewusstsein<br />
in Breslau?<br />
Ähnlichkeiten gibt es viele, doch die<br />
Förderung, die der Kultur während des<br />
19. und am Anfang des 20. Jahrhunderts<br />
zuteil wurde, war im Rückblick<br />
beispiellos. Dank der Ideen der Aufklärung<br />
und der industriellen Revolution<br />
wurden damals kulturelle Aktivitäten<br />
durch das reiche Bürgertum mitfinanziert,<br />
was man nicht nur als bürgerliche<br />
Pflicht ansah, sondern auch als<br />
ein Element der Schaffung eines positiven<br />
Images für Kunst-Mäzene. Durch<br />
die tragischen Ereignisse in der Mitte<br />
des 20. Jahrhunderts war eine private<br />
Kulturförderung lange Zeit nicht<br />
möglich; diese Rolle übernahm – mit<br />
unterschiedlichen Auswirkungen – der<br />
Staat und verstaatlichte Unternehmen.<br />
Heute, 25 Jahre nach der politischen<br />
Wende, entdecken wir erneut, dass ein<br />
freiwilliger materieller oder finanzieller<br />
Beitrag im Bereich der Kultur nicht nur<br />
eine Investition in die Entwicklung der<br />
ganzen Gesellschaft ist, sondern<br />
auch das Image des Schenkers<br />
positiv beeinflusst. Ich denke<br />
dennoch, dass von einer echten Fortsetzung<br />
der früheren Gepflogenheiten<br />
noch keine Rede sein kann. Man<br />
muss dabei auch berücksichtigen, dass<br />
wir in Zeiten leben, in denen die klassische<br />
Kultur mit vielen verwandten<br />
Bereichen wie etwa Sport oder Unterhaltungsmusik<br />
konkurrieren muss, die<br />
oft attraktiver zu sein scheinen.<br />
HS Welche Rolle spielen mittlerweile<br />
die Verflechtungen mit deutschen<br />
und internationalen Institutionen<br />
für Ihre Arbeit und für Ihre Ausstellungen?<br />
Als Ergebnis unserer gemeinsamen<br />
Geschichte sind deutsche Institutionen<br />
seit Jahren natürliche Partner. Sie<br />
unterstreichen dies gegenüber dem<br />
Museum der Stadt Breslau immer wieder<br />
durch wohlwollende Hilfestellungen<br />
und Zusammenarbeit. Jeweils<br />
zwei Museen in Berlin und Dresden –<br />
als Partnerstadt Breslaus –, aber auch<br />
das Schlesische Museum zu Görlitz,<br />
das HAUS SCHLESIEN in Königswinter<br />
oder die Breslauer Sammlung in<br />
Köln gehören zu unseren dauerhaften<br />
Partnern. Zu einer Zusammenarbeit<br />
kam es zum Beispiel bei der<br />
Konzipierung der Ausstellung 1 000<br />
Jahre Breslau. Die Organisation dieser<br />
Dauerausstellung wäre ohne die<br />
Unterstützung deutscher Institutionen<br />
erheblich schwieriger und in manchen<br />
Teilen gar unmöglich gewesen.<br />
Auch im Kulturhauptstadtjahr planen<br />
wir Ausstellungen in Zusammenarbeit<br />
mit deutschen Museen. Eine<br />
den verfolgten jüdischen Künstlern<br />
aus Breslau gewidmete Ausstellung<br />
wird zusammen mit dem Schlesischen<br />
Museum zu Görlitz organisiert (siehe<br />
S. 30/31, Anm. d. Red.). Nach Breslau<br />
kommt auch eine besondere Sammlung<br />
europäischer Malerei aus der<br />
Nationalgalerie in Berlin. Angesichts<br />
unserer bisherigen Erfahrungen habe<br />
ich keine Zweifel, dass die Zusammenarbeit<br />
zwischen dem Stadtmuseum in<br />
Breslau und deutschen Institutionen<br />
weiterhin erfolgreich verläuft.<br />
Museum der Stadt Breslau<br />
Muzeum Miejskie Wrocławia<br />
Sukiennice 14/15<br />
Wrocław (Polen)<br />
Tel: +48 71 347 16 90<br />
muzeum.miejskie.wroclaw.pl<br />
Der 1955 in Breslau/Wrocław geborene<br />
Jurist und Historiker Dr. Maciej Łagiewski<br />
wurde für seine Verdienste um die kulturelle<br />
Entwicklung der Stadt unter anderem<br />
mit dem Kulturpreis Schlesien des Landes<br />
Niedersachsen, mit dem Polnischen Verdienstorden,<br />
mit mehrfachen Preisen der<br />
Stadt Breslau und drei Mal mit dem Bundesverdienstkreuz<br />
ausgezeichnet.<br />
Das Dokumentations- und Informationszentrum<br />
von HAUS SCHLESIEN arbeitet seit<br />
vielen Jahren mit ihm zusammen. Neben<br />
Leihgaben aus dem musealen Sammlungsbestand<br />
für die historische Dauerausstellung<br />
im Breslauer Stadtschloss wurden<br />
mehrere Ausstellungs- und Katalogprojekte<br />
gemeinsam realisiert. Auch an der großen<br />
Auftakt-Ausstellung zum Kulturhauptstadtjahr<br />
Breslau <strong>2016</strong> mit Weihnachtskrippen<br />
aus aller Welt ist HAUS SCHLESIEN beteiligt.<br />
HAUS SCHLESIEN nimmt das Kulturhauptstadtjahr<br />
zum Anlass, mit Ausstellungen<br />
und Vorträgen Breslau in den Fokus zu<br />
rücken. Vom 11. bis 17. September <strong>2016</strong><br />
bietet HAUS SCHLESIEN eine Studienreise<br />
nach Breslau an. Informationen unter<br />
+49 2244 886 232 und www.hausschlesien.de.