13.04.2016 Aufrufe

physio-Journal I 1/2016

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>physio</strong><br />

Ausgabe 1 / <strong>2016</strong><br />

Bestell-Nr: dF30825 · € 5<br />

<strong>Journal</strong><br />

Ebenensystem der Schmerztherapie –<br />

Befunderhebung<br />

bei chronischen<br />

Schmerzpatienten<br />

Workshop Schmerztherapie –<br />

Chronifizierte<br />

Schmerzen<br />

im Hüftbereich<br />

Assessments<br />

Pain Disability Index<br />

Braintuning<br />

Lernstrategien<br />

Zum Sammeln<br />

Muskelanatomie<br />

Diagnostik<br />

C-reaktives Protein


Besucht unsere<br />

Facebook-Seite!<br />

facebook.com/diefachwelt<br />

Gewinnspiel<br />

Zu gewinnen gibt es 1x Set Bildatlas<br />

Senso-Taping ® im Wert von 116 EUR.<br />

Alle, die unsere Facebook-Seite bis zum<br />

31.12.2015 liken, nehmen automatisch<br />

an der Verlosung teil.<br />

facebook.com/diefachwelt<br />

Die Gewinnerin/Der Gewinner wird am 31.12.15 benachrichtigt.


EDITORIAL<br />

LIEBE LESERIN,<br />

LIEBER LESER,<br />

die Behandlung von Schmerzen ist ein bedeutender Teil<br />

unserer Arbeit als Physiotherapeuten. Doch manchmal<br />

sind diese auch eine Herausforderung, zumal die Ursachen<br />

nicht immer klar auf der Hand liegen und viele<br />

unterschiedliche Faktoren die Entstehung und Aufrechterhaltung<br />

von Schmerzen beeinflussen. Da man<br />

auch in der Ausbildung immer wieder vor der Frage<br />

steht, wie eine adäquate Therapie von Schmerzen aussehen<br />

kann, haben wir als Titelthema dieser Ausgabe<br />

des <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>s die Schmerztherapie gewählt. So<br />

wird anhand des Ebenenmodells nach Hockenholz erläutert,<br />

welche Faktoren bei der Befunderhebung eine<br />

Rolle spielen und wie eine entsprechende Behandlung<br />

aussehen kann. Zudem stellt Friederike Keifel die Behandlung<br />

einer Patientin in einer stationären Schmerztherapie<br />

vor, bei der neben Physiotherapeuten auch<br />

Mediziner, spezielle Pain Nurses und Psychologen beteiligt<br />

sind. Einblicke in die Bedeutung wissenschaftlicher<br />

Erkenntnisse bei der Patientenbehandlung gibt<br />

Verena Gesing – genau genommen geht es in ihrem<br />

Artikel um Beinlängendifferenzen, abgesenkte Fußgewölbe<br />

und die Vermeidung chronischer Kopfschmerzen.<br />

Wenn man sich mit dem Thema Schmerzen beschäftigt,<br />

stößt man immer wieder auf die Deutsche<br />

Schmerzliga e. V. Doch was macht diese eigentlich?<br />

Antworten auf diese Frage sowie auf die Rolle der<br />

Physiotherapie in der Schmerztherapie geben Birgitta<br />

Gibson von der Deutschen Schmerzliga e.V. und<br />

Norbert Schürmann, Mediziner im Bereich der speziellen<br />

Schmerztherapie. Für die Befunderhebung, aber<br />

auch für die Therapie nehmen Assessmentinstrumente<br />

eine bedeutende Stellung ein. Ein speziell auf Schmerzen<br />

ausgerichteter Fragebogen ist der Pain Disability<br />

Index. In der Reihe »Tests und Assessments« geht es<br />

diesmal um die Frage, wie dieser Fragebogen aussieht<br />

und wofür er eingesetzt werden kann.<br />

Nachdem in der letzten Ausgabe die Blutsenkungsgeschwindigkeit<br />

vorgestellt wurde, bleiben wir in der<br />

Reihe »Diagnostik« beim Thema Entzündungsparameter<br />

und schauen uns an, was der CRP-Wert ist und was<br />

er aussagt. In der Reihe »Braintuning« steht diesmal<br />

die Prüfungsvorbereitung im Mittelpunkt. Dort erfahrt<br />

Ihr, mit welchen Tricks das Lernen noch effektiver wird<br />

und wie mögliche Zeitverschwendungen vermieden<br />

werden können. Wie der Mittelkurs der Berufsfachschule<br />

Bayreuth Neues über Organspende gelernt hat,<br />

könnt Ihr im Artikel »Blitzumfrage in der Bayreuther<br />

Innenstadt« nachlesen. Habt Ihr auch ein spannendes<br />

Projekt? Dann schreibt uns und werdet Teil des<br />

<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>s.<br />

Viel Spaß beim Lesen und Mitmachen!!<br />

Eure/r<br />

Anna und Stephan<br />

PS So sind wir zu erreichen: heller@dieFachwelt.de kruft@dieFachwelt.de<br />

<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 1


INHALT<br />

Impressum<br />

<strong>physio</strong>-JOURNAL<br />

Verlag<br />

Die Fachwelt Verlags- und Handelsgesellschaft mbH<br />

Ifenpfad 2–4 · 12107 Berlin<br />

Geschäftsführer<br />

Benjamin Bareiss<br />

Herausgeber/Redaktion<br />

Anna Heller, Marburg<br />

Stephan Kruft, Marburg<br />

Wissenschaftlicher Beirat<br />

Verena Gesing M.Sc., Dortmund<br />

Dr. Bernard C. Kolster, Marburg<br />

Prof. Dr. Udo Wolf, Fulda<br />

Franz van den Berg, Straßwalchen<br />

Erscheinungsweise<br />

3 Ausgaben/Jahr<br />

Bestellung<br />

Online unter: www.dieFachwelt.de<br />

1–10 Ex.: € 5,– je Exemplar<br />

11–20 Ex.: € 3,20 je Exemplar<br />

21–30 Ex.: € 1,60 je Exemplar<br />

Layout/Producing<br />

Lydia Kühn, Aix-en-Provence, Frankreich<br />

Druck<br />

Grafisches Institut Kroatien, Zagreb<br />

INHALT<br />

EDITORIAL<br />

TITELTHEMA<br />

STRUKTURIERTE BEFUNDERHEBUNG<br />

BEI CHRONISCHEN SCHMERZPATIENTEN 4<br />

BEINLÄNGENDIFFERENZ 10<br />

WORKSHOP SCHMERZTHERAPIE 16<br />

VORGESTELLT<br />

Leute: Birgitta Gibson von der Dt. Schmerzliga<br />

und Norbert Schürmann 22<br />

Blitzumfrage in der Bayreuther Innenstadt:<br />

Organspende Ja oder Nein? 25<br />

Fascia Research Kongress 2015<br />

Washington D.C. 27<br />

Redaktionshinweise<br />

Wie jede Wissenschaft ist die Medizin/Physiotherapie<br />

ständigen Entwicklungen unterworfen. Forschung und<br />

klinische Erfahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbesondere<br />

was Behandlung und medikamentöse Therapie<br />

anbelangt. Soweit in diesem Werk eine Dosierung<br />

oder eine Applikation erwähnt wird, darf der Leser darauf<br />

vertrauen, dass Autoren, Herausgeber und Verlag große<br />

Sorgfalt darauf verwandt haben, dass diese Angabe dem<br />

Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes entspricht. Für<br />

Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen<br />

kann vom Verlag jedoch keine Gewähr übernommen<br />

werden. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf<br />

eigene Gefahr des Benutzers. Autoren und Verlag appellieren<br />

an jeden Benutzer, ihm etwa auffallende Ungenauigkeiten<br />

dem Verlag mitzuteilen.<br />

Urheber- und Verlagsrecht<br />

Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge<br />

und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt.<br />

Mit Annahme des Manuskripts gehen das Recht zur<br />

Veröffentlichung sowie die Rechte zur Übersetzung, zur<br />

Vergabe von Nachdruckrechten, zur elektronischen Speicherung<br />

in Datenbanken, zur Herstellung von Sonderdrucken,<br />

Fotokopien und Mikrokopien an den Verlag über.<br />

Jede Verwertung außerhalb der durch das Urheberrechtsgesetz<br />

festgelegten Grenzen ist ohne Zustimmung des<br />

Verlags unzulässig. In der unaufgeforderten Zusendung<br />

von Beiträgen und Informationen an den Verlag liegt das<br />

jederzeit widerrufliche Einverständnis, die zugesandten<br />

Beiträge bzw. Informationen in Datenbanken einzustellen,<br />

die vom Verlag oder von mit diesem kooperierenden<br />

Dritten geführt werden. Die Rechte für die Nutzung von<br />

Artikeln für elektronische Pressespiegel erhalten Sie über<br />

die PMG Presse-Monitor GmbH, Tel. (0 30) 2 84 93-0 oder<br />

www.presse-monitor.de.<br />

Gebrauchsnamen<br />

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen,<br />

Warenbezeichnungen und dgl. in dieser Zeitschrift berechtigt<br />

nicht zu der Annahme, dass solche Namen ohne Weiteres<br />

von Jedermann benutzt werden dürfen; oft handelt<br />

es sich um gesetzlich geschützte eingetragene Warenzeichen,<br />

auch wenn sie nicht als solche gekennzeichnet sind.<br />

© Die Fachwelt Verlags- und Handelsgesellschaft mbH<br />

Ifenpfad 2–4 · 12107 Berlin<br />

BRAINTUNING<br />

Lernstrategien, Lerntypen, Lernstile und<br />

Arbeitszeitgestaltung 32<br />

Wissenscheck 35<br />

Wissenscheck – Antworten 36<br />

Anatomie zum Herausnehmen 37<br />

MT Befundbogen »Fingergrundgelenk« 38<br />

Shorties Physiologie: Immunsystem Teil 2 39<br />

FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />

Tests und Assessments: Pain Disability Index 41<br />

Diagnostik: C-reaktives Protein (CRP) 43<br />

Studienzusammenfassungen 48<br />

Gesetze: Heilmittelverordnung 50<br />

»FRISCH EINGETROFFEN«<br />

»Heller-Skripte« zur Prüfungsvorbereitung 52<br />

MITMACHEN UND GEWINNEN<br />

Mach mit! 53<br />

VERANSTALTUNGEN UND TERMINE<br />

Veranstaltungskalender 55<br />

Ausblick: Das erwartet Euch in der nächsten Ausgabe<br />

<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 3


TITELTHEMA<br />

Text und Illustrationen: Florian Hockenholz; www.gemeso.de<br />

STRUKTURIERTE<br />

BEFUNDERHEBUNG<br />

BEI CHRONISCHEN<br />

SCHMERZPATIENTEN<br />

Das Konzept entstammt den Inhalten einer Weiterbildung der »www.gemeso.de«.<br />

Fotolia © photo 5000<br />

L Die Befunderhebung bei chronifizierten<br />

Schmerzpatienten stellt häufig für viele<br />

Therapeuten eine Herausforderung da. Neben<br />

einer in der Regel sehr langen Krankheitsgeschichte<br />

mit mehreren Diagnosen,<br />

wechselndem Krankheitsverlauf und vielen<br />

unterschiedlichen absolvierten Therapiemaßnahmen<br />

weisen Patienten meistens<br />

auch auf mehr als nur einen schmerzhaften<br />

Körperbereich hin. Zudem wechselt der<br />

Bereich, in dem die Patienten ihren Hauptschmerz<br />

angeben, oft von Behandlung zu<br />

Behandlung. Auch die emotionale Verfassung<br />

der Patienten kann die aktive Mitarbeit<br />

in der Therapie deutlich erschweren.<br />

Beim Beispiel des Fibromyalgie-Syndroms<br />

tritt häufig das Problem auf, dass es zwar<br />

einen lokalen Schmerz gibt, in der Untersuchung<br />

aber kein lokaler Schmerzauslöser<br />

festzustellen ist. Auch beim CRPS sind sehr<br />

deutlich feststellbare Symptome zu finden.<br />

Einzig über die lokalen Auslöser lässt sich die<br />

Gesamtsymptomatik meist ebenfalls nicht<br />

erklären. Bei vielen weiteren chronifizierten<br />

Schmerzpatienten stehen Schmerzpunkte<br />

und lokale Ursachen oft in keinem logischen<br />

Zusammenhang.<br />

Aufgrund dieser komplexen Merkmale besteht<br />

bei einer Untersuchung und Behandlung<br />

chronifizierter Schmerzpatienten das<br />

Risiko, dass der Therapeut den Überblick<br />

verliert. Es besteht dann die Gefahr, dass die<br />

Auswahl der Behandlungstechniken eher<br />

auf die Symptome zielt und die Suche bzw.<br />

Behandlung der ursächlichen Dysfunktionen<br />

in den Hintergrund gerät. Vom Moment des<br />

ersten Patientenkontakts an ist es daher für<br />

den gesamten Behandlungsverlauf unabdingbar,<br />

einer festen Struktur zu folgen.<br />

Einführung in das Ebenensystem der Schmerztherapie<br />

(nach dem Konzept von Florian Hockenholz)<br />

Das Ebenenmodell zeigt die einzelnen Ebenen,<br />

an denen wir uns in der Untersuchung<br />

und Behandlung orientieren. Je nach Ausbildung<br />

des Therapeuten kann das Modell<br />

beliebig erweitert werden. Für eine strukturierte<br />

Untersuchung und Behandlung eines<br />

Schmerzpatienten reichen diese Ebenen<br />

aber in den meisten Fällen aus, auch wenn<br />

im Einzellfall eine Erweiterung sinnvoll sein<br />

Lokale Ebene<br />

Die lokale Ebene beschreibt den schmerzhaften<br />

Bereich. Hierbei liegen Schmerzpunkt<br />

und schmerzverursachende Struktur<br />

häufig direkt übereinander. Meistens lässt<br />

sich schon in der Anamnese ein direktes<br />

Trauma feststellen. Wenige Tage nach dem<br />

Trauma ist aber selten nur noch diese eine<br />

Ebene betroffen. Wenn eine Ursache für<br />

die Schmerzsymptomatik ausschließlich<br />

in der lokalen Ebene liegt, muss diese für<br />

den Schmerz verantwortliche Struktur klar<br />

in der Funktionsuntersuchung differenziert<br />

werden können. Viele Schmerzsyndrome<br />

kann. Alle Ebenen müssen in die Untersuchung<br />

einbezogen werden, um anschließend<br />

die Faktoren nennen zu können, die<br />

den Schmerz auslösen. Wenn dies nicht zum<br />

Erfolg führt, können noch weitere Ebenen<br />

hinzugezogen werden.<br />

Die Untersuchung wird, wie im Schema<br />

dargestellt, von oben nach unten durchgeführt,<br />

bis die auslösenden Faktoren gefunden<br />

sind. Während bei akuten Prozessen<br />

die schmerzauslösende Struktur hauptsächlich<br />

auf der lokalen Ebene zu finden ist, findet<br />

sich bei Chronifizierungen das Problem<br />

meistens auf mehrere Ebenen verteilt. Die<br />

Gesamtsumme aller Dysfunktionen und<br />

Läsionen ist hier der »Verursacher« des<br />

Schmerzes. Das hier angegebene Schema<br />

zeigt für diesen Text nur die häufigsten Dysfunktionen<br />

und Läsionen an. Der Text dient<br />

daher lediglich als grobe Orientierung. Es<br />

gibt viele weitere Verknüpfungen, die hier<br />

nicht aufgeführt sind.<br />

erwecken den Eindruck, ihre Ursache in der<br />

lokalen Ebene zu haben. Häufig ist bei länger<br />

andauernden Schmerzsyndromen aber<br />

eine Verteilung der Ursachen auf mehrere<br />

Ebenen zu finden. Aus diesem Grund ist<br />

eine sorgfältige Untersuchung der lokalen<br />

Ebene sehr wichtig, um eine Verteilung der<br />

Ursachen auf mehrere Ebenen zu erkennen<br />

und auszuschließen. Bei einer rein lokalen<br />

Ursache hat dies auch eine rein lokale Behandlung<br />

zur Folge. Bei Ursachen auf mehr<br />

als einer Ebene muss weiter untersucht werden,<br />

damit sämtliche auslösenden Faktoren<br />

erkannt und behandelt werden können.<br />

4 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>


TITELTHEMA<br />

Fasziale Ebene<br />

Die fasziale Ebene beschreibt eine unterschiedliche<br />

Lage von Schmerzpunkt und<br />

schmerzauslösender Struktur. Eine Narbe<br />

im Bereich der Schulter kann zu einem erhöhten<br />

Faszientonus des Arms und somit zu<br />

Schmerzen oder einer gestörten lymphatischen<br />

Resorption führen.<br />

Beispiel: Ursache in der unteren<br />

Extremität – Wirkung am Kiefer<br />

Faszien haben sehr viele Aufgaben, unter<br />

anderem auf den Körper einwirkende Kräfte<br />

aufzunehmen und auf den gesamten Körper<br />

zu verteilen. Dies hat zur Folge, dass aus<br />

einer drohenden großen Dysfunktion/Läsion<br />

für den Körper an der Stelle der einwirkenden<br />

Kraft mehrere kleine Dysfunktionen<br />

und auch Läsionen über den Körper verteilt<br />

entstehen.<br />

Wenn eine Dysfunktion im Sprunggelenk<br />

besteht, kann sich durch einen Faszienzug<br />

die Hauptsymptomatik über mehrere Stationen<br />

bis zum Kiefergelenk ausbreiten. Der<br />

Patient kann dann seinen Hauptschmerz<br />

am Kiefergelenk angeben, das Sprunggelenk<br />

macht zu diesem Zeitpunkt keine oder<br />

kaum Probleme. Das Kiefergelenkproblem<br />

kann in diesem Fall ursächlich nur durch eine<br />

Behandlung des Sprunggelenks behandelt<br />

werden. Eine ausschließlich lokale Behandlung<br />

des Kiefergelenks hätte in diesem Fall<br />

nur einen kurzfristigen Erfolg, da die Dysfunktion<br />

über den Faszienzug vom Sprunggelenk<br />

erneut ausgelöst werden würde.<br />

Beispiel – Anterior-mediane Kette<br />

Dysfunktionen des Os metatarsale 1 können<br />

sich über die Kette nach proximal und weiter<br />

nach kranial und in den Arm auswirken. Für<br />

den Patienten sind zahlreiche wahrnehmbare<br />

Schmerzpunkte möglich: von einem<br />

medialen Knieschmerz über Dysfunktionen<br />

der Symphysen und der Clavicula, Dysfunk-<br />

Abb: Anterior-mediane Kette<br />

tionen und Schmerzen im Arm bis hin zu<br />

schmerzbereitende Dysfunktionen der Kiefergelenke.<br />

Segmental-periphere Ebene<br />

Die segmental-periphere Ebene beschreibt<br />

im Konzept nach Hockenholz den Weg von<br />

der Nervenwurzel über den Plexus hinaus<br />

bis hin zum peripheren Nerv. Diagnostisch<br />

muss zwischen einem Problem der Nervenwurzel,<br />

des Plexus und des peripheren Nervs<br />

unterschieden werden. Bei Funktionsstörungen<br />

des Segments nahe der Spinalwurzel<br />

treten die Symptome in den »Tomen« des<br />

jeweiligen Spinalnervs auf:<br />

• Myotom (Muskel)<br />

• Dermatom (Haut)<br />

• Sklerotom (Knochen)<br />

• Enterotom/Viszerotom (Organ)<br />

• Neurotom (Nervalsegment)<br />

Häufig treten dann auch Schmerzausstrahlungen<br />

in den segmentalen Zuordnungen<br />

der Haut auf (Dermatom).<br />

Beispiel – Obere Extremität<br />

Bei Dysfunktionen der Segmente C 6 bis<br />

Th 1 treten eventuell Schmerzausstrahlungen<br />

in den entsprechenden Dermatomen<br />

auf. Das entsprechende Myotom kann sich<br />

jedoch im Verlauf des M. latissimus dorsi<br />

(Innervation: C 6–Th 1) bis hin zum Beckenkamm<br />

ausbreiten. Oft werden die Probleme<br />

Abb: Dermatom Vorderseite<br />

im Myotom als lokale Ursache angesehen<br />

und lokal (hier am Beckenkamm) behandelt.<br />

Die lokale Behandlung des M. latissimus<br />

dorsi am Beckenkamm führt aber zu keiner<br />

dauerhaften Verbesserung. Erst die Behandlung<br />

des zervikothorakalen Übergangs kann<br />

die Symptomatik langfristig verbessern.<br />

Abb: Dermatom Rückseite<br />

Bei sämtlichen Schmerzen in der Peripherie<br />

sollte daher geklärt werden, ob dieser<br />

– scheinbar lokale – Schmerz nicht ein Ausstrahlungsschmerz<br />

über die »Tome« des<br />

entsprechenden Wirbelsäulensegments ist.<br />

e<br />

<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 5


TITELTHEMA<br />

Segmental-periphere Ebene<br />

Häufig finden sich jedoch hier Fehldiagnosen.<br />

In vielen beobachteten Fällen wurde zu<br />

früh eine Dysfunktion in der Nähe der Nervenwurzel<br />

diagnostiziert, da das periphere<br />

Verteilungsmuster der Schmerzen nicht<br />

korrekt beurteilt wurde. Kompressionen im<br />

Verlauf des peripheren Nerven führen zu<br />

Schmerzausstrahlungen, die denen ähneln,<br />

die durch Kompressionen der Nervenwurzel<br />

entstehen. Aufgrund der Ähnlichkeit der<br />

peripheren Verteilungsmuster sollte die Diagnostik<br />

in der Peripherie sehr genau erfolgen.<br />

Bei Unklarheiten kann auch eine probeweise<br />

Behandlung der Klemmstellen des<br />

peripheren Nervs Klarheit bringen. Sollte<br />

eine solche Klemmstelle für die Symptomatik<br />

verantwortlich sein, verbessert sich die<br />

periphere Symptomatik wenige Sekunden<br />

nach der Behandlung deutlich.<br />

Mögliche Kompressionsstellen der peripheren Nerven aus dem Plexus brachialis.<br />

Dysfunktionen des Plexus oder des peripheren Nervs können sich motorisch<br />

sowie sensibel im Ausstrahlungsgebiet des peripheren Nervs zeigen.<br />

Vegetative Ebene<br />

Auf der vegetativen Ebene sitzen die Steuerungseinheiten<br />

des Sympathikus und Parasympathikus.<br />

Durch eine vegetative Fehlregulation<br />

kann eine Schmerzsymptomatik<br />

im Körper entstehen oder verstärkt werden.<br />

Derweil der Sympathikus algetische<br />

und vegetativ-reflektorische<br />

Zeichen auslöst, ist der<br />

Parasympathikus nur für algetische<br />

Zeichen zuständig. Je<br />

nach Störung des Sympathikus<br />

kann es zu negativen Beeinflussungen<br />

der Durchblutung,<br />

der Kapselspannung, der Organfunktionen<br />

und vielen weiteren<br />

Symptomen kommen.<br />

Es können sympathische oder<br />

parasympathische Fehlregulationen<br />

auftreten. Eine genaue<br />

Untersuchung der Ursache ist<br />

auch hier entscheidend. Jede<br />

Schmerzsymptomatik hat auch<br />

immer eine mehr oder weniger<br />

dominante vegetative Komponente.<br />

Vegetative Verschaltung<br />

der zervikalen Ganglien.<br />

Beispiel – CRPS<br />

Das CRPS kann durch eine vegetative Überaktivität<br />

des Ganglion cervicothoracicum (in<br />

der Abbildung zur vegetativen Verschaltung<br />

blau) oder des vegetativen Zuordnungsbereichs<br />

im sympathischen Seitenhorn auf<br />

Höhe Th 3–Th 7 mit ausgelöst werden. Die<br />

vegetativen Informationen gelangen über<br />

die Spinalnerven C 7–Th 1 in die Peripherie.<br />

Eine Erhöhung der vegetativen Aktivität in<br />

diesem Bereich kann Einfluss auf fasziale<br />

Spannungen, Durchblutung, Schmerzempfinden<br />

und viele weitere Faktoren haben –<br />

schlussendlich kann es so zur Symptomatik<br />

eines CRPS kommen.<br />

6 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>


TITELTHEMA<br />

Viszerale Ebene<br />

Auch viszerale Dysfunktionen können periphere<br />

Schmerzsyndrome auslösen. Am<br />

bekanntesten dürfte eine Dysfunktion des<br />

Herzens sein (z. B. Angina pectoris). Hierbei<br />

verspührt die Person unter anderem ein unangenehmes<br />

»Schmerzsyndrom« der linken<br />

Rumpfhälfte und des linkes Arms.<br />

Auch die stechenden Schulterschmerzen<br />

auf der rechten Seite bei einer Gallenkolik<br />

sind relativ bekannt. Nicht alle Dysfunktionen/Läsionen<br />

innerer Organe lösen solch<br />

massive Schmerzen mit weiteren begleitenden<br />

Symptomen aus.<br />

Funktionsstörungen im kleinen Becken<br />

zeigen sich häufig durch Symptome an den<br />

Füßen und Unterschenkeln, die des Dickdarms<br />

durch Schmerzen im Bereich von ISG<br />

und Hüftgelenk.<br />

Auch Schmerzen geringerer Intensität<br />

können durch innere Organe ausgelöst<br />

werden. Im folgenden Beispiel gelangt der<br />

Schmerz über das vegetative Nervensystem<br />

in die Peripherie.<br />

Energetische Ebene<br />

Die energetische Ebene verläuft parallel zu<br />

allen anderen Ebenen. Das wird auch dadurch<br />

verdeutlicht, dass in der Traditionellen<br />

Chinesischen Medizin vom »kleinen«<br />

lokalen Problem bis hin zum generalisierten<br />

»großen« Problem immer eine energetische<br />

Behandlung stattfindet.<br />

Wir dürfen bei dieser Ebene jedoch nicht<br />

vergessen, dass die energetische Behandlung<br />

keine einzelne Technik ist, sondern eine<br />

eigene, stark philosophisch geprägte Medizin,<br />

deren Studium einige Jahre dauert. Wir<br />

verwenden daher nur einzelne, sehr kleine<br />

Bausteine der energetischen Behandlung in<br />

unserer Therapie als Ergänzung zur »westlichen<br />

Medizin«. Die Anwendung der Energetik<br />

macht deshalb auch nur in Kombination<br />

mit dem gesamten Ebenensystem Sinn. Eine<br />

im Anschluss an die Behandlung noch bestehende<br />

Restsymptomatik bei einem chronischen<br />

Rückenschmerz könnte über den<br />

hier gezeigten Blasenmeridian noch weiter<br />

behandelt bzw. abgemildert werden.<br />

Ein Schmerzsyndrom ausschließlich nach<br />

den Regeln der Energetik zu behandeln, ist<br />

für die meisten Therapeuten mit westlich<br />

geprägter therapeutischer Ausbildung nur<br />

schwer möglich.<br />

Beispiel – Herz<br />

1 Ganglion cervicale superius (C 8–Th 3) –<br />

N. cardiacus cervicalis superior<br />

R Kopfsymptomatik<br />

2 Ganglion cervicale medius (Th 3–Th 7) –<br />

N. cardiacus cervicalis medius<br />

R Schulter-Arm-Symtomatik<br />

3 Ganglion cervicothoracicum (Th 3–Th 7) –<br />

N. cardiacus cervicalis inferior<br />

R Arm-Unteram-Symptomatik<br />

Durch die vegetative Versorgung der Organe<br />

breiten sich Probleme über das gesamte<br />

System aus. Über den vegetativen<br />

Weg kann jedes Organ periphere Schmerzen<br />

verursachen. Diagnostisch können beispielsweise<br />

die Bindegewebszonen genutzt<br />

werden. Eine weiterführende, ausführliche<br />

Diagnostik der betroffenen Organe durch<br />

einen Arzt ist auf jeden Fall zu empfehlen,<br />

denn anhand einer Bindegewebszone lässt<br />

sich nicht zwischen Dysfunktion und Läsion<br />

unterscheiden.<br />

4 Pars thoracalis des Sympathikus –<br />

Rami cardiaci thoracici (Th 2–Th 5)<br />

R Rumpsymptomatik<br />

Die Organe sind, genau wie alle anderen<br />

Strukturen des Körpers, in das fasziale System<br />

eingebunden. Hierüber kann etwa das<br />

Kolon die Bewegung der Halswirbelsäule<br />

einschränken, wodurch Schmerzen im Bereich<br />

der Halswirbelsäule ausgelöst werden<br />

können.<br />

e<br />

<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 7


TITELTHEMA<br />

Psycho-emotionale Ebene<br />

Auch die psycho-emotionale Ebene verläuft<br />

parallel zu den anderen Ebenen, weil sich<br />

Organismus und Psyche immer direkt gegenseitig<br />

beeinflussen. Schmerzerleben und<br />

-verarbeitung sind Lernprozesse. An diesen<br />

Lernprozessen ist vor allem das limbische<br />

System beteiligt. Die Lernprozesse verändern<br />

das gesamte Erleben und Leben des<br />

Patienten. Bei Personen mit starker Chronifizierung<br />

dreht sich ein Großteil des Lebens<br />

um das Thema Schmerz.<br />

Dieses Thema ist in der Theorie sehr komplex<br />

und umfasst in Kursen zum Ebenenkonzept<br />

nach Hockenholz (www.gemeso.de)<br />

viele Stunden in den Aufbaukursen.<br />

Aber auch diese Ebene lässt sich aus <strong>physio</strong>therapeutischer<br />

Perspektive beeinflussen.<br />

Durch Aufklärung, Entspannung und vor allem<br />

durch eine schmerzfreie Therapie lässt<br />

sich das Lernverhalten des Patienten in Bezug<br />

auf den Schmerz positiv beeinflussen.<br />

Untersuchungsplanung und Behandlung im 20-Minuten-Takt<br />

Den meisten Therapeuten bleibt ein Behandlungsrhythmus<br />

von 20 Minuten. Auch<br />

in dieser Zeittaktung lässt sich mit ein wenig<br />

Übung eine effektive Therapie nach dem<br />

Ebenenmodell problemlos gestalten.<br />

Fotolia © Von Schonertagen<br />

Behandlungsbeispiel<br />

Diagnose:<br />

• CRPS, Stadium 2, rechte Hand<br />

Lokaler Befund:<br />

• Schwellung der rechten Hand<br />

• Livide Verfärbung der Haut<br />

• Deutliche Bewegungseinschränkungen<br />

der Handwurzel- und Fingergelenke<br />

• Ruheschmerzen<br />

• Deutliche Schmerzverstärkung durch<br />

Berührung und Bewegung<br />

Aufgrund der Anamnese zu Beginn der ersten<br />

Therapieeinheit lassen sich die Bereiche<br />

planen, die in den folgenden Behandlungen<br />

untersucht und behandelt werden müssen.<br />

Bei vorangegangener Anamnese ergeben<br />

sich die folgenden hypothetischen Ansätze<br />

für die Untersuchung:<br />

1. Lokale Ebene<br />

• Manualtherapeutische Untersuchung<br />

von Unterarm und Hand<br />

2. Fasziale Ebene<br />

• Untersuchung der Faszienspannung<br />

mit Einfluss auf Unterarm und Hand<br />

3. Segmentale Ebene<br />

• Untersuchung der Wirbelsäulensegmente<br />

C 6–Th 1<br />

• Untersuchung des Plexus brachialis<br />

und der peripheren Nerven mit Wirkung<br />

auf Unterarm bzw. Hand bei<br />

Kompression<br />

4. Vegetative Ebene<br />

• Untersuchung des Ganglion cervicothoracicum<br />

(Wirbelsäulensegment Th 1<br />

und 1. Rippe; Perikaryen Th 3–Th 7)<br />

• Untersuchung eventuell des Ganglion<br />

cervicale medium (C 5–C 6) und ebenfalls<br />

der Perikaryen Th 3–Th 7<br />

5. Viszerale Ebene<br />

• Untersuchung der Organe des Ganglion<br />

cervicothoracicum (Th 3–Th 7) –<br />

Herz, Lunge, Schilddrüse, Speiseröhre,<br />

Luftröhre, …<br />

• Untersuchung der Organe des<br />

N. splanchnicus major (Th 5–Th 9) –<br />

Magen, Duodenum, Leber, Gallenblase,<br />

Pankreas, Milz, …<br />

• (R. cardiacus thoracicus, Rr. pulmonales<br />

thoracici)<br />

• … und Weitere<br />

Um alle Ebenen zu untersuchen, benötigt der<br />

Therapeut für den 20-Minuten-Rhythmus<br />

einige Erfahrung mit diesem System. Es können<br />

aber auch in der ersten Einheit zunächst<br />

die lokale und fasziale Ebenen untersucht<br />

werden. Dann lassen sich für diese beiden<br />

Bereiche bereits die Hypothesen überprüfen<br />

und die ersten Behandlungsmaßnahmen<br />

durchführen. In der zweiten Einheit können<br />

dann die verbleibenden Ebenen untersucht<br />

und hierbei eventuelle Hypothesen bestätigt<br />

werden. Danach kann anhand der bestätigten<br />

Hypothesen die Behandlung vollständig<br />

geplant und systematisch nach den einzelnen<br />

Ebenen vorgegangen werden.<br />

8 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>


www.sensotape.de<br />

TAPE<br />

10 Unterrichtseinheiten<br />

direkt vor Ort in Ihrer Ausbildungsstätte<br />

FÜR NUR<br />

Grundlagen aus Theorie und Praxis<br />

des kinesiologischen Tapings<br />

Therapiemöglichkeiten, Wirkprinzipien, Anlagetechniken<br />

und viele Anwendungs-Tipps<br />

Praxisbuch & Tapematerial im Wert von ¤ 78,70<br />

je Teilnehmer inkl.!<br />

Ihr Ansprechpartner für<br />

Kursbuchungen, Terminabsprachen und<br />

weitere Informationen:<br />

Benjamin Bareiss<br />

E-Mail: bareiss@dieFachwelt.de<br />

<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 9


TITELTHEMA<br />

Fotolia © Yeko Photo Studio<br />

Text: Verena Gesing<br />

BEINLÄNGENDIFFERENZ<br />

Nachdem wir uns in Heft 2/2015 schon<br />

einmal mit Beinlängendifferenzen und<br />

Beckenschiefständen auseinandergesetzt<br />

haben, werden wir die Thematik<br />

in dieser Ausgabe noch einmal vertiefen.<br />

Diesmal befassen wir uns mit der<br />

funktionellen Beinlängendifferenz.<br />

Eine funktionelle Beinlängendifferenz<br />

tritt vorwiegend unter Gewichtsbelastung<br />

auf, weshalb die funktionelle<br />

Beinlängendifferenz auch im Stand gemessen<br />

werden sollte. In liegender Position<br />

ist diese in der Regel nicht zuverlässig<br />

nachweisbar.<br />

Fallbeispiel<br />

Ein 12-jähriger Junge ist in der Praxis mit regelmäßig<br />

auftretenden Kopfschmerzen vorstellig.<br />

Er spielt fünfmal in der Woche Tennis<br />

und nimmt zusätzlich auch an Wettkämpfen<br />

teil. In einer vorhergehenden Untersuchung<br />

hatte der Kinderarzt einen Beckenschiefstand<br />

festgestellt, woraufhin er eine Überweisung<br />

zur Physiotherapie erhielt. Die Mutter ging<br />

mit dem Kind zunächst zum Osteopathen,<br />

der sich in der Behandlung überwiegend mit<br />

dem Beckenschiefstand befasste. Nachdem<br />

die Behandlung, die vorwiegend aus Mobilisationen<br />

des Beckens bestand, keine Besserung<br />

der Symptomatik erbrachte, ging die<br />

Mutter mit ihrem Sohn zur Physiotherapie.<br />

Hier konnte eine funktionelle Beinlängendifferenz<br />

nachgewiesen werden, die zu einem<br />

Beckenschiefstand führte.<br />

Um dem Jungen helfen zu können, müssen wir uns zunächst einmal mit den<br />

möglichen Ursachen einer funktionellen Beinlängendifferenz beschäftigen.<br />

Diese sind:<br />

n Habituelle Fehlhaltungen – z. B. Genu recurvatum oder Flexionshaltung im<br />

Kniegelenk, einseitige Entlastungshaltungen in den Hüftgelenken<br />

n Fehlstellungen von Hüft-, Knie- und Fußgelenken (Genu valgum, Genu varum, ...)<br />

n Hypomobilitäten mit resultierender Schonhaltung<br />

n Generell einseitige Haltungen aufgrund von Gewohnheiten des täglichen<br />

Lebens (Arbeitshaltungen usw.)<br />

n Einseitig oder asymmetrisch plane Fußgewölbe (Knick-Senk- oder Plattfuß)<br />

Mögliche Auswirkungen<br />

einer funktionellen<br />

Beinlängendifferenz:<br />

n Rückenschmerzen<br />

n Kopfschmerzen<br />

n Knieschmerzen<br />

n Skoliose<br />

n Arthrose<br />

n Instabiler Beckengürtel (Fehlstellung des ISG, …)<br />

Um herauszufinden, welche Ursachen bei<br />

dem o. g. Patienten vorliegen, ist eine ausführliche<br />

Befundung notwendig. Hierbei<br />

fällt auf, dass er ein planes Quergewölbe im<br />

rechten Fuß aufweist. Außerdem ist auch<br />

das Längsgewölbe eingesunken.<br />

Im Allgemeinen weist er eine eher hypotone<br />

Haltung auf (Schultergürtel in Protraktion,<br />

Kopf in ventraler Translation, BWS<br />

in vermehrter Kyphose). Als Hauptproblem<br />

gibt der Patient Kopfschmerzen an, die regelmäßig<br />

mehrmals pro Woche auftreten.<br />

Dieser Befund geht einher mit möglichen<br />

Auswirkungen einer funktionellen Beinlängendifferenz.<br />

Wobei hier sicherlich mehrere<br />

Faktoren zusammentreffen: hohe schulische<br />

Belastung, hohe Trainingsbelastung (5-<br />

mal pro Woche und zusätzlich noch Wettkämpfe),<br />

hypotone Körperhaltung, Affinität<br />

zu Computerspielen an PC und Playstation<br />

in der Freizeit. Zudem ist eine Kombination<br />

von Tennis und der allgemeinen Schultätigkeit<br />

tendenziell eher ungünstig, da beide<br />

Tätigkeiten mit den Armen vor dem Körper<br />

ausgeführt werden.<br />

10 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>


Wissenschaftlicher Hintergrund<br />

Kwon et al. untersuchten 2015 in einer Studie<br />

die Auswirkung einer künstlich herbei-<br />

Ergebnis: Während in der Position des Betalebene),<br />

WS-Kyphose und Lordosewinkel.<br />

geführten Beinlängendifferenz (BL) auf die ckens signifikante Unterschiede bestanden,<br />

Körperstatik sowie die Auswirkungen einer konnten diese bezüglich der Wirbelsäulenposition<br />

nicht gefunden werden!<br />

künstlich erzeugten BL-Differenz auf die<br />

Haltung, die Wirbelsäule und die Beckenposition.<br />

Hierbei wurden bei 20 gesunden Die Ergebnisse sind interessant. Eine künstlich<br />

herbeigeführte Beinlängendifferenz hat<br />

Patienten, die alle lediglich BL-Differenzen<br />

< 0,5 mm, aber keine sonstigen Pathologien<br />

aufzeigten, Untersuchungen durchge-<br />

dies ist i. d. R. zu erwarten, da das Becken<br />

zwar Auswirkungen auf das Becken, aber<br />

führt. Die Probanden bekamen Platten unterschiedlicher<br />

Höhe (1, 2, 3 und 4 cm) unter kungen auf die Wirbelsäule zeigen sich hier<br />

sich direkt dem Bein anschließt. Auswir-<br />

den rechten Fuß positioniert. Dabei wurde nicht, allerdings wurden lediglich der Lordose-<br />

und Kyphosewinkel untersucht und<br />

darauf geachtet, dass das Körpergewicht<br />

auf beiden Beinen gleich verteilt war. Nachdem<br />

die Platte untergelegt wurde, erfolgte andere Parameter. Auch muss bedacht wer-<br />

nicht das Ausmaß an Lateralflexion oder<br />

zunächst eine zweiminütige Pause, sodass den, dass die künstliche Beinlängendifferenz<br />

der Körper sich an die Änderung der Statik nur für 2 Minuten eingestellt wurde und der<br />

anpassen konnte. Anschließend wurde eine Körper nur wenig Zeit zur Adaptation hatte.<br />

Messung mittels Rasterstereographie durchgeführt,<br />

nach der die Probanden 5 Minuten per hingegen über einen längeren Zeitraum<br />

Bei einer normalen BL-Differenz hat der Kör-<br />

gehen sollten. Im Anschluss daran erfolgte die Möglichkeit sich anzupassen, sodass<br />

eine weitere Messung in <strong>physio</strong>logischer auch evtl. weitläufigere Veränderungen zu<br />

und entspannter Standposition, um eine Referenz<br />

zu erhalten. Mit der Rasterstereogra-<br />

erwarten sind.<br />

phie wurden folgende Parameter gemessen: Es muss also bedacht werden, dass es sich<br />

Becken Tilt (Frontalebene), Inklination (Sagit-<br />

bei der vorliegenden Untersuchung nur um<br />

TITELTHEMA<br />

eine Momentaufnahme handelt und nicht<br />

unbedingt eine Reaktion des Körpers vorliegt,<br />

die bei einer langwierigen BL-Differenz<br />

entsteht. Eine weitere Frage ist, ob es überhaupt<br />

möglich ist, eine BL-Differenz künstlich<br />

zu erzeugen. Möglicherweise gibt es<br />

einen Unterschied zwischen natürlicher und<br />

künstlicher Differenz der BL.<br />

In einem Review konnte Knutson (2005)<br />

zeigen, dass es bei Probanden, die vorher<br />

keinen Beckenschiefstand hatten, zu einer<br />

vergrößerten lumbalen Lateralflexion im Bereich<br />

der höheren Crista iliaca kam, wenn<br />

ein Bein mit einem Keil oder Brettchen angehoben<br />

wurde. Ebenso konnte bei Patienten<br />

mit einem Beckenschiefstand durch<br />

eine Korrektur die Lateralflexion wieder<br />

verringert werden. Knutson (2005) bezog<br />

in seinen Review auch eine Studie ein, in<br />

der Patienten untersucht wurden, die eine<br />

BL-Differenz aufgrund einer Femurfraktur<br />

hatten. Nach einem Zeitraum von 10 Jahren<br />

wurde gemessen, ob strukturelle Anpassungen<br />

bestanden. Das Ergebnis war, dass<br />

keine solcher strukturellen Anpassungen<br />

des Körpers gefunden werden konnten.<br />

Differenz bei nicht<br />

gewichtsbelasteter Position<br />

Eine Beinlängendifferenz, die in nicht gewichtsbelasteter<br />

Position vorliegt, ist wahrscheinlich<br />

das Resultat von hypertonen suprapelvischen<br />

Muskeln (M. erector spinae<br />

und M. quadratus lumborum).<br />

Durch die Muskelaktivität soll es zu folgenden<br />

Mechanismen bei Belastung kommen:<br />

Eine Kontraktion des M. quadratus lumborum<br />

bewirkt eine Lateralflexion und führt<br />

bei stabilem Becken zu einer Extension der<br />

Wirbelsäule. Wenn die Wirbelsäule stabil ist,<br />

wird das Becken nach kranial zum posterioren<br />

Aspekt der Beckenhälfte gezogen. Diese<br />

Belastung auf den posterioren Aspekt der<br />

Crista iliaca kann die ipsilaterale anteriore<br />

Beckenhälfte nach anterokaudal rotieren (=<br />

AS Ilium; Ilium ist nach anterior und superior<br />

rotiert) und die kontralaterale Hälfte in die<br />

entgegengesetzte Richtung (= PI Ilium; Ilium<br />

ist nach posterior und inferior rotiert).<br />

Fotolia © Benjaminpx<br />

Fazit:<br />

Auswirkungen von Beinlängendifferenzen<br />

Studien zeigen häufig nur einen kurzfristigen<br />

Effekt auf die Körperstatik. Relevant ist<br />

allerdings, wie der Körper sich langfristig an<br />

Veränderungen anpasst. Dies wird oft nicht<br />

im Zusammenhang mit funktionellen Beinlängendifferenzen<br />

untersucht.<br />

Ein weiteres Problem bei der Beurteilung<br />

von BL-Differenzen ist, dass nicht alle Körper<br />

gleich auf eine veränderte Beinlänge reagieren.<br />

Es gibt Körper, die reagieren kaum<br />

auf die Differenz, und andere reagieren<br />

mit Ausgleichshaltungen und vermehrten<br />

Schmerzen.<br />

BEINLÄNGENDIFFERENZ<br />

FALLBEISPIEL<br />

Außerdem muss noch bedacht werden,<br />

dass es ein Unterschied sein kann, ob die<br />

BL-Differenz künstlich erzeugt wird (durch<br />

das Unterschieben eines Brettchens). Es ist<br />

bisher noch nicht gewiss, ob der Körper auf<br />

solche Änderungen ähnlich oder gleich reagiert<br />

wie auf »natürlich« entstandene BL-<br />

Differenzen. Alles Weitere wie die Theorien<br />

zu Muskelaktivitäten usw. ist lediglich Theorie<br />

und noch nicht durch Studien nachgewiesen.<br />

a<br />

Weiter geht es auf<br />

der nächsten Seite …<br />

<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 11


TITELTHEMA<br />

Physiotherapie bei Beinlängendifferenzen<br />

Wie würden wir nun in der Therapie des<br />

Patienten vorgehen? Zunächst können wir<br />

auch hier eine kleine Literaturrecherche betreiben<br />

und schauen, was dazu die Studien<br />

zeigen.<br />

Studienergebnisse<br />

Als eine Therapieoption für funktionelle<br />

Beinlängendifferenzen werden Beckenstabilisationsmaßnahmen<br />

empfohlen, die Übungen<br />

zur Kräftigung von Bauch- und Beckenbodenmuskulatur<br />

enthalten sollen (Lee et al.<br />

2015). Das Team untersuchte in einer Studie<br />

die Effektivität dieser Maßnahme an Probanden<br />

mit einer funktionellen BL-Differenz.<br />

Es wurden 20 weibliche Probanden rekrutiert,<br />

die funktionelle BL-Differenzen von<br />

1–3 cm aufwiesen. Die Probanden wurden<br />

in 2 verschiedene Gruppen eingeteilt, die<br />

eine Gruppe (PSE-Gruppe) erhielt herkömmliche<br />

Becken-Stabilisations-Übungen, die andere<br />

Gruppe (3DE-Gruppe) erhielt ebenfalls<br />

die herkömmlichen Übungen, zusätzlich<br />

aber noch ergänzende Übungen an einem<br />

speziellen Gerät (3 Thera Balance).<br />

PSE-Gruppe<br />

Pelvis-Stabilisations-Programm für 50 Minuten,<br />

bei dem die Muskeln im Umkreis des<br />

Pelvis gekräftigt wurden (3-mal pro Woche,<br />

jeweils 50 Minuten über einen Zeitraum von<br />

6 Wochen).<br />

3DE-Gruppe<br />

Pelvis-Stabilisations-Programm für 40 Minuten<br />

– anschließend wurde noch für 10<br />

Minuten das 3D-Training mit dem Gerät<br />

durchgeführt (3-mal pro Woche, insgesamt<br />

jeweils 50 Minuten über einen Zeitraum von<br />

6 Wochen). Folgende Muskeln wurden hierbei<br />

aktiviert:<br />

n M. transversus abdominis<br />

n M. obliquus internus abdominis<br />

n M. obliquus externus abdominis<br />

n M. gluteus medius<br />

n M. gluteus maximus<br />

n M. latissimus dorsi<br />

n M.rectus abdominis<br />

n M. erector spinae<br />

n Hamstrings<br />

n M. quadriceps femoris<br />

n M. iliopsoas<br />

Die Beinlänge wurde mithilfe eines Maßbandes<br />

erfasst.<br />

Ergebnisse: Beide Gruppen zeigten signifikante<br />

Unterschiede in der Beinlänge vor und<br />

nach der Durchführung des Programms. Bei<br />

beiden Gruppen waren die Unterschiede<br />

der Beinlängen signifikant rückläufig! Allerdings<br />

waren auch die Unterschiede zwischen<br />

den Gruppen signifikant, sodass die<br />

3DE-Gruppe eine signifikant rückläufigere<br />

Beinlänge zeigte als die PSE-Gruppe.<br />

Fazit – Physiotherapie bei<br />

BL-Differenzen<br />

Durch ein Training der beckenstabilisierenden<br />

Muskulatur konnte eine Verringerung<br />

der BL-Differenz herbeigeführt werden.<br />

Dies ist ein interessanter Aspekt, da häufig<br />

Mobilisationstechniken zur Anwendung<br />

kommen, die eine Gleichheit der Beine herbeiführen<br />

sollen. Aber auch hier muss angemerkt<br />

werden, dass die Studie sehr klein<br />

war und i. d. R. bei jedem einzelnen Patienten<br />

individuell nach den Ursachen einer<br />

funktionellen BL-Differenz geschaut werden<br />

muss. Dass dieses Ergebnis zustande kam,<br />

ist umso erstaunlicher.<br />

Kehren wir zurück zu unserem Patienten.<br />

Hier ist es offensichtlich, dass der Beckenschiefstand<br />

aufgrund der Absenkung von<br />

Längs- und Quergewölbe entstanden ist.<br />

Somit sollte der Patient zunächst seine<br />

Fußmuskeln aktivieren und damit auch<br />

aufbauen und auftrainieren – anfänglich<br />

mithilfe von einfachen Greifübungen, um<br />

zunächst ein Gefühl und eine Wahrnehmung<br />

für seine Fußmuskulatur zu bekommen,<br />

und anschließend mit stabilisierenden<br />

Übungen wie z. B. der Übung »kurzer Fuß<br />

nach Janda«.<br />

Die Übungen sollten zunächst unter Entlastung<br />

und anschließend unter zunehmender<br />

Belastung stattfinden. Dies sollte die<br />

funktionelle Beinlängendifferenz auf lange<br />

Fazit – Allgemein<br />

Auch Patienten, bei denen augenscheinlich<br />

und diagnostisch ein Beckenschiefstand<br />

im Vordergrund steht, sollten zunächst intensiv<br />

diagnostisch untersucht werden,<br />

um die Schmerzursache herauszufinden.<br />

Dass der Beckenschiefstand automatisch<br />

Sicht verbessern bzw. beheben. Des Weiteren<br />

sollte aber auch noch ein Ausgleich geschaffen<br />

werden zu der hypotonen Haltung<br />

des Patienten und der vorwiegend ventral<br />

stattfindenden Körperarbeit (Schule, Tennis,<br />

PC-Spiele). Dies müsste in den weiteren<br />

Therapieeinheiten unbedingt berücksichtigt<br />

werden.<br />

Nach 10 Therapieeinheiten ist erkennbar,<br />

dass das Fußgewölbe sich tendenziell im<br />

Aufbau befindet. Es ist aber wichtig, dass<br />

die Therapie weiter fortgeführt wird, da<br />

nur eine konsequente Kräftigung der tiefen<br />

Fußmuskulatur erfolgversprechend ist. Auch<br />

die Kopfschmerzsymptomatik hat sich verbessert<br />

und ist rückläufig. Wird der oben<br />

genannte Patient betrachtet, hebt sich die<br />

Kopfschmerzproblematik als Schmerzproblematik<br />

hervor. Auch bei solch einem jungen<br />

Patienten besteht die Gefahr, dass der Kopfschmerz<br />

chronifizieren könnte.<br />

Deshalb ist es auch hier wichtig, frühzeitig<br />

therapeutisch einzugreifen. Ein bedeutsamer<br />

Teil bei der Therapie ist es, den<br />

Patienten in seinem gesamten Kontext zu<br />

betrachten und nicht nur auf ein wesentliches<br />

Merkmal zu schauen, was heraussticht<br />

(in diesem Fall der Beckenschiefstand).<br />

Sicherlich kann und wird solch eine Gegebenheit<br />

Schmerzen provozieren oder<br />

beeinflussen, aber auch die anderen Kontextfaktoren<br />

kommen in Betracht (hohe<br />

Belastung, schlechte Allgemeinhaltung und<br />

eine häufig eingenommene Position der<br />

Arme vor dem Körper). Ziel einer Therapie<br />

ist, es hier alle Kontextfaktoren zu berücksichtigen<br />

und auch während der Therapie<br />

anzusprechen. Wenn solche Patienten erst<br />

sehr spät zu einer Therapie erscheinen, sodass<br />

der Schmerz schon chronifiziert ist, sind<br />

vor allem multimodale Therapiekonzepte für<br />

den Patienten optimal.<br />

die Schmerzen verursacht, sollte nicht als<br />

gegeben hingenommen werden. Vielmehr<br />

sollte eine intensive Befundung stattfinden,<br />

bei der der Patient auch noch in seinem sozialen<br />

und psychischen Kontext betrachtet<br />

wird.<br />

12 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>


Exkurs Wissenschaft: Was bedeutet Signifikanz?<br />

Anhand der Durchführung einer Studie tatsächlich statistisch signifikant ist (und<br />

will man im Allgemeinen herausfinden, nicht aus einem Zufall resultiert), wird ein<br />

ob ein Unterschied zwischen zwei Gruppen<br />

besteht. Da ja auch rein zufällig ein fall ausschließen bzw. herausrechnen soll.<br />

Rechenverfahren verwendet, das den Zu-<br />

unterschiedliches Ergebnis herauskommen Hierzu wird ein p-Wert berechnet, d. h., der<br />

könnte, es sich aber um eine Studie handelt, p-Wert ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein<br />

will man den Zufall grundsätzlich ausschließen.<br />

Um also zu wissen, ob ein Ergebnis Gruppen vorhanden<br />

wahrer Unterschied zwischen den beiden<br />

ist.<br />

TITELTHEMA<br />

Beispiel<br />

Wir vergleichen zwei Gruppen miteinander,<br />

z. B. Patienten mit einer Knie-TEP und Patienten<br />

ohne chirurgischen Eingriff, d. h. mit<br />

konservativer Therapie. Es zeigt sich, dass<br />

Gruppe A (Knie-TEP) 90 ° Knieflexion zeigt,<br />

während Gruppe B (konservativ behandelt)<br />

105 ° Knieflexion aufweist.<br />

Wie können wir jetzt wissen, dass dieser<br />

Unterschied wirklich wahr und nicht einfach<br />

nur zufällig ist? Wir müssen sicher sein, dass<br />

dieser Wert statistisch signifikant (= statistisch<br />

bedeutsam) ist!<br />

Um das zu untersuchen, stellen wir<br />

zuerst einmal eine Hypothese auf:<br />

H0 = Es gibt keinen Unterschied in der<br />

Knieflexion zwischen Gruppe A<br />

und B (Nullhypothese).<br />

H1 = Es gibt einen Unterschied in der<br />

Knieflexion zwischen Gruppe A<br />

und B (Alternativhypothese).<br />

Es kann durch verschiedene Tests und<br />

mathematische Berechnungen die Wahrscheinlichkeit<br />

untersucht werden, ob der<br />

Unterschied mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />

vorhanden ist oder nicht. Hierzu ist es nötig,<br />

dass die Mittelwerte der beiden Gruppen<br />

mit statistischen Tests verglichen werden.<br />

Der p-Wert kann verschiedene Zahlenwerte<br />

annehmen.<br />

Beträgt nun das Risiko, dass unsere H0 richtig<br />

ist, nur 5 oder 1 %, so kann davon ausgegangen<br />

werden, dass wir H1 annehmen<br />

dürfen (P < 0,05 = Ergebnis ist signifikant,<br />

P < 0,01 = Ergebnis ist hochsignifikant). Ist<br />

das Risiko jedoch größer, also z. B. 6 %, so<br />

müssen wir H1 verwerfen und H0 annehmen.<br />

Literatur<br />

Knutson G. A. (2005):<br />

Review Anatomic and functional leg-length<br />

inequality: A review and recommendation for clinical<br />

decision-making. Part II. The functional or unloaded<br />

leg-length asymmetry.<br />

Chiropractic & Osteopathy 13: 12.<br />

Kwon Y. J., Song M., Baek I. H., Lee T. (2015):<br />

The effect of simulating a leg-length discrepancy on<br />

pelvic position and spinal posture.<br />

<strong>Journal</strong> of Physical Therapy Science 27: 689–691.<br />

Lee B. H., Kim J. J., Kim C. K. (2015):<br />

Changes in foot pressure elicited by 3D air balance<br />

exercise and pelvic stability exercise for functional<br />

leg-length discrepancy in adult women.<br />

<strong>Journal</strong> of Physical Therapy Science 27: 917–920.<br />

Rannisto S., Okuloff A., Uitti J., Paananen M.,<br />

Rannisto P. H., Malmivaara A., Karppinen J. (2015):<br />

Leg-length discrepancy is associated with low back<br />

pain among those who must stand while working.<br />

BMC Musculoskeletal Disorders 16: 110.<br />

Fotolia © Photographee.eu<br />

Therapieliege<br />

ACTIV mit Drehhocker<br />

Attraktives Leasingangebot<br />

• 65 cm Polsterbreite<br />

• Elektromotor inkl. Sicherheitssperrbox<br />

• Rundumbügel<br />

• zuschaltbares Rädergestell<br />

• Kopfteil 3-teilig pos./neg.<br />

• höhenverstellbarer Drehhocker<br />

• Farbe Tundra Limone<br />

• aus eigener Herstellung<br />

Existenzgründer Paket<br />

für einen guten Start in die<br />

Selbständigkeit:<br />

Paketpreis<br />

€ 1.570,- netto<br />

€ 1.863,30 brutto<br />

(gültig bis 31.03.<strong>2016</strong>)<br />

Kostenloser Versand komplett montiert! *<br />

* nur BRD – Festland<br />

Leasingrate mtl.:<br />

€ 49,61 netto € 50,04 brutto<br />

bei 36 Monaten ohne Anzahlung *<br />

* nach Bonitätsprüfung unseres Leasingpartners<br />

Der Praxisausstatter für Physiotherapeuten!<br />

Jetzt online<br />

bestellen:<br />

www.villinger.de<br />

Villinger oHG<br />

Physio- und Praxiseinrichtungen<br />

Zeppelinstraße 23 . 79331 Teningen<br />

+49(0)7663 99082 . info@villinger.de<br />

Fordern Sie unseren Gesamtkatalog an!<br />

<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 13


ANZEIGEN<br />

Master of Science in Osteopathie *<br />

und Diplom in Osteopathie<br />

an Europas führender Akademie für Osteopathie<br />

*<br />

Einziger akkreditierter Studiengang für Osteopathie in Deutschland!<br />

*<br />

In Zusammenarbeit mit der fhg –<br />

Zentrum für Gesundheitsberufe Tirol<br />

The International Academy of Osteopathy (IAO)<br />

Postfach 662314, 81220 München | Tel. 02 21 130 86 28 | info@osteopathie.eu | www.osteopathie.eu<br />

Manuelle Lymphdrainage / Komplexe<br />

Physikalische Entstauungstherapie (ML/KPE)<br />

4-wöchige Zertifizierungskurse<br />

... mit uns in die Zukunft!<br />

Zertifizierter Bildungsträger nach AZAV<br />

Praxisnahe Ausbildung<br />

Fachliche Betreuung auch nach Kursende<br />

Zertifikat berechtigt zur Abrechnung mit den Krankenkassen<br />

Simbach am Inn · München · Berlin · Potsdam · Cham · Erlangen · Bayreuth<br />

Jetzt anmelden!<br />

www.innakademie.de<br />

08571 7017<br />

INN AK Innakademie GmbH · Heraklithstr. 1a · 84359 Simbach am Inn · info@innakademie.de<br />

14 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>


Lymphologic Anz Physio-<strong>Journal</strong> Jan 2015 :Lymphologic 2015 09.01.2015 10:56 Uhr Page 1<br />

ANZEIGEN<br />

LYMPHOLOGIE – AUF DER GRUNDLAGE VON<br />

ÜBER<br />

30<br />

JAHREN ERFAHRUNG<br />

Frankfurt*<br />

EINE CHANCE FÜR SIE<br />

• Zertifikatsweiterbildung Manuelle Lymphdrainage / KPE<br />

• Maßnahme zugelassen für Weiterbildungsförderung (z. B. Bildungsgutscheine)<br />

• Einziges Schulungsunternehmen das auch Ihre verordnenden Ärzte curriculär fortbildet<br />

• Alle Unterrichtenden sind praktizierende Therapeuten und Ärzte<br />

ERFOLGREICH IN DER PRAXIS<br />

• Tägliche Telefonberatung nach der Weiterbildung<br />

• Jährlicher fachlich aktualisierender Rundbrief (kostenlos)<br />

• Refresherkurse bundesweit<br />

• Homepage mit vielen Services (Veröffentlichungen, Kongresse, Seminare)<br />

WEITERE FORTBILDUNGEN IN DER PHYSIOTHERAPIE<br />

Craniosakrale Therapie, Prototherapie, Manuelle Therapie, Sport<strong>physio</strong>therapie,<br />

Triggerpunkt etc. (z. T. in Zusammenarbeit mit der Fortbildungsakademie Plesch)<br />

INFORMATIONEN UND ANMELDUNG<br />

LYMPHOLOGIC ® med. Weiterbildungs GmbH<br />

Sekretariat: Im Neurod 2, 63741 Aschaffenburg<br />

Tel.: 06021-460988, Fax: 06021-4449585<br />

E-Mail: info@lymphologic.de<br />

www.lymphologic.de<br />

Hamburg<br />

Buxtehude*<br />

Wilhelmshaven<br />

Oldenburg<br />

Osnabrück<br />

Rheine<br />

Münster<br />

Seesen<br />

Bochum*<br />

Kassel*<br />

Bad Sulza<br />

Köln*<br />

Gotha<br />

Bornheim Arnstadt Erfurt Chemnitz<br />

Aachen* Bad Salzungen<br />

Jena<br />

Fulda<br />

Bad Orb<br />

Koblenz<br />

Gersfeld/Rhön<br />

Aschaffenburg*<br />

St. Wendel*<br />

Würzburg<br />

Nürnberg<br />

Bad Windsheim<br />

Böblingen<br />

Schwandorf<br />

Regensburg<br />

Augsburg<br />

München<br />

Bad Wörishofen<br />

NEU<br />

inklusive<br />

kursbegleitendes<br />

Online-Lernprogramm<br />

*In diesen Orten<br />

auch Kurse inkl.<br />

Wochenende<br />

Besuchen Sie uns auf<br />

www.facebook.de/lymphologic<br />

LYM PHOLOGIC<br />

Medizinische Weiterbildungs GmbH<br />

®<br />

IN DER LYMPHOLOGIE SETZT DEUTSCHLAND DEN INTERNATIONALEN MASSSTAB<br />

JETZT ANMELDEN<br />

Kursanmeldung unter: www.medweno.de<br />

NEU IM PROGRAMM<br />

Medical Flossing<br />

03.04.<strong>2016</strong><br />

Interdisziplinäre Wundtherapie<br />

am Ulcus cruris Patienten<br />

21.05. - 22.05.<strong>2016</strong><br />

Manuelle Schmerztherapie<br />

04.07. - 08.07.<strong>2016</strong><br />

Osteoporose Funktionstraining<br />

24.05. - 25.05.<strong>2016</strong><br />

Reflektorische Atemtherapie<br />

GK 01.09. - 14.09.<strong>2016</strong><br />

Einführung in die Tuina Therapie<br />

13.05. - 15.05.<strong>2016</strong><br />

Basale Stimulation® am Lebensende<br />

10.06.<strong>2016</strong><br />

Kursbroschüre <strong>2016</strong> kostenlos unter www.medweno.de bestellen<br />

Sanfte Chiropraktik<br />

14.11. - 20.11.<strong>2016</strong><br />

<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 15


TITELTHEMA<br />

Text: Friederike Keifel<br />

WORKSHOP<br />

SCHMERZTHERAPIE<br />

16-jährige Patientin<br />

mit chronifizierten Schmerzen<br />

im Hüftbereich – Fallbeispiel<br />

Fotolia © Piotr Marcinski<br />

Vorgeschichte<br />

Als die Patientin 2 Jahre alt war, fiel den Eltern<br />

ein Nachziehen des rechten Beines auf.<br />

Nach einer Röntgenuntersuchung wurde ein<br />

Morbus Perthes an der rechten Hüfte diagnostiziert.<br />

Die Patientin wurde konservativ<br />

mit Physiotherapie und wenig Schmerzmittel<br />

behandelt.<br />

Bei Schulbeginn im Jahr 2004 hatte die<br />

Patientin ein fast normales Gangbild und<br />

konnte am Schulsport teilnehmen. Sie war<br />

in den darauffolgenden Jahren nie ganz<br />

schmerzfrei, konnte aber schwimmen und<br />

ins Fitnessstudio gehen und die Kampfsportart<br />

Judo ausüben. Während dieser Zeit hatte<br />

sie etwa einmal im Monat eine Woche lang<br />

verstärkt Schmerzen.<br />

Zu einer akuten Verschlechterung kam<br />

es 2008 nach einem Brand im Nachbarhaus.<br />

Die Patientin zog ihr rechtes Bein wieder<br />

nach, es traten Schmerzen in der rechten<br />

Hüfte und in der Leiste auf. Die Schmerzen<br />

hielten etwa eine Woche an. Der behandelnde<br />

Orthopäde führte die Beschwerden<br />

ausschließlich auf die Adipositas (nach WHO<br />

Stufe 1) der Patientin zurück. Aus dieser Unzufriedenheit<br />

heraus fand ein Arztwechsel<br />

statt – die Behandlung blieb weiter konservativ.<br />

2010 kam es zu einer erneuten Verschlechterung<br />

der Symptomatik: spürbarer<br />

Leistenschmerz, Schmerzen bei Innenrotation<br />

(IR) und Abduktion (ABD) der rechten<br />

Hüfte. Das Röntgenbild wies keine Veränderungen<br />

zum Vorbefund auf. Auch die Laboruntersuchung<br />

ergab keinen Hinweis auf ein<br />

entzündliches Geschehen. Der behandelnde<br />

Arzt stellte folgende Diagnose: V. a. Coxitis<br />

fugax (Hüftschnupfen) rechts, Z. n. Morbus<br />

Perthes.<br />

In den folgenden Jahren wurde die<br />

Patientin von ihren Klassenkammeraden<br />

gemobbt, woraufhin sie 2013 die Schule<br />

wechselte. Ab diesem Zeitpunkt kam es zu<br />

einer schleichenden Zunahme der Schmerzen<br />

im Bereich des rechten Hüftgelenks.<br />

Der Orthopäde überwies die Patientin 2014<br />

an eine Universitätsklinik. Nach 6 Monaten<br />

wurde eine Magnetresonanz-Arthrographie<br />

der rechten Hüfte durchgeführt. Die Untersuchung<br />

ergab einen Riss im Labrum, eine<br />

Bursitis zwischen Kapsel und M. iliopsoas<br />

sowie einen charakteristisch vergrößerten<br />

Hüftkopf nach ventral bei Z. n. Morbus<br />

Magnetresonanz (MR)-<br />

Arthrographie<br />

Ist eine valide Untersuchungsmethode<br />

für den<br />

Labrum-Kapsel-Komplex<br />

Sensitivität = 91 %<br />

Spezifität = 71 %<br />

(Schomacher et al. 2015)<br />

Perthes. Aufgrund dieses Befundes wurde<br />

eine OP-Indikation ausgesprochen. Der<br />

behandelnde Orthopäde verordnete bis<br />

zur Operation Physiotherapie mit Dehnung<br />

der Iliopsoassehne und Detonisierung der<br />

Psoasmuskulatur. Gleichzeitig wurde die<br />

Patientin 12 Tage mit NSAR (nichtsteroidalen<br />

Antirheumatika) behandelt.<br />

Im Januar 2015 erfolgte eine Hüftgelenkarthroskopie<br />

rechts:<br />

p Partielle Labrumresektion<br />

p Taillierung des Kopf-Schenkelhals-Übergangs<br />

ventrolateral<br />

p Weichteil-Release<br />

Diagnose:<br />

p Femoroacetabuläres Impingement (FAI)<br />

des rechten Hüftgelenks bei Cam-Deformität<br />

durch Morbus Perthes<br />

Hinweis Behandlung<br />

Obwohl für die konservative Vorgehensweise<br />

wenige Daten existieren,<br />

die die Wirksamkeit belegen, empfehlen<br />

Schomacher et al. (2015) zunächst<br />

die Durchführung einer konservativen<br />

Behandlung. Erst wenn diese erfolglos<br />

bleibt, sollte chirurgisch vorgegangen<br />

werden, da auch hierfür Langzeitergebnisse<br />

fehlen, die die entsprechende<br />

Effektivität bestätigen.<br />

16 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>


In den ersten 3 Wochen nach der Operation<br />

hatte die Patientin keine Schmerzen und<br />

eine gute Beweglichkeit der rechten Hüfte.<br />

Im März 2015 stellte sich die Patientin<br />

erneut in der Uni-Klinik vor. Sie klagte über<br />

zunehmende Schmerzen. Die Dauerschmerzen<br />

führten mehr und mehr zu einer Bewegungseinschränkung<br />

im gesamten rechten<br />

Bein. Die behandelnden Ärzte vermittelten<br />

der Patientin das Gefühl, dass »sie sich den<br />

Schmerz nur einbilde«. Eine neurologische<br />

Untersuchung ergab keinen positiven Befund.<br />

Da die Schmerzen weiterhin persistierten<br />

und die <strong>physio</strong>therapeutische Behandlung<br />

keinen Erfolg brachte, stellte sich die Patientin<br />

im April 2015 in unserer Schmerzambulanz<br />

vor. Nach Ausfüllen und Auswertung<br />

des Schmerzfragebogens der Deutschen<br />

Schmerzgesellschaft e. V. erfolgte im August<br />

die stationäre Aufnahme auf unserer<br />

Schmerzstation.<br />

TITELTHEMA<br />

Indikation zur multimodalen<br />

Schmerztherapie<br />

p Manifeste oder drohende Beeinträchtigung<br />

der Lebensqualität<br />

und der Arbeitsfähigkeit<br />

p Fehlschlag einer vorherigen unimodalen<br />

Schmerztherapie, eines<br />

schmerzbedingten Eingriffs<br />

p Schmerzunterhaltende psychische<br />

Begleiterkrankung<br />

Stationäre Schmerztherapie<br />

Vor der stationären Aufnahme untersuchte<br />

ich die Patientin gemeinsam mit unserer<br />

Oberärztin. Dabei sind uns ein deutliches<br />

Angstvermeidungsverhalten und eine<br />

Schonhaltung aufgefallen. Medikamente<br />

bei Aufnahme waren 15 Tropfen Trimineurin<br />

zur Nacht.<br />

Des Weiteren wurde die Patientin gebeten,<br />

ihre Krankheitsgeschichte bei der interdisziplinären<br />

Schmerzkonferenz im August<br />

2015 vorzustellen.<br />

Ziele der Patientin für den<br />

stationären Aufenthalt<br />

p Schmerzreduktion<br />

p Wichtig ist der Patientin, dass keine falschen<br />

Versprechungen und nichts hinter<br />

ihrem Rücken gemacht wird, wie beispielsweise<br />

die Anwendung neuer Behandlungsverfahren,<br />

die nicht mit ihr abgesprochen<br />

werden.<br />

Diagnosen bei Aufnahme<br />

Schmerzen im Bereich der rechten Hüfte<br />

bei<br />

p Z. n. OP, Januar 2015, Labrumläsion rechte<br />

Hüfte aufgrund eines femeroacetabu-<br />

Hinweis Impingement<br />

Femoroacetabulären Impingement<br />

(FAI, wurde 1999 zum 1. Mal beschrieben)<br />

Es gibt zwei Formen:<br />

Cam-Impingement<br />

Zu viel Knochenvolumen in Höhe des<br />

Kopf-Hals-Übergangs<br />

Pincer-Impingemnet<br />

Zu viel Überdachung des Kopfes durch<br />

das Acetabulum<br />

lären Impingements des rechten Hüftgelenks<br />

bei Cam-Deformität (Abbildungen<br />

1 und 2)<br />

p Z. n. Morbus Perthes rechts<br />

p Unspezifischer Rückenschmerz<br />

Physiotherapeutische<br />

Befunderhebung<br />

Beschwerden bei der Aufnahme<br />

Brennender, ziehender, an Intensität kaum<br />

wechselnder Dauerschmerz (NRS 9/10) im<br />

Bereich der rechten Hüfte mit Ausstrahlung<br />

in die rechte Leiste, die rechte Gesäßhälfte<br />

und in den rechten ventralen Oberschenkel.<br />

Die Schmerzen werden verstärkt durch längeres<br />

Sitzen, Stehen und Gehen.<br />

Inspektion im Stand (Abbildung 3)<br />

p Das Gewicht ist im Stehen auf das linke<br />

Bein verlagert.<br />

p Das linke Knie ist überstreckt.<br />

p Das rechte Knie ist ca. 35 ° flektiert.<br />

p Die rechte Großzehe wird hochgezogen.<br />

p Einbeinstand ist nicht möglich.<br />

Beurteilung Gangbild<br />

p Vermehrter Armpendel links<br />

p Rechte Zehen, besonders die Großzehe<br />

werden hochgezogen.<br />

p Pat. setzt den Fuß mit der Ferse auf, rollt<br />

jedoch nicht über den Vorfuß ab.<br />

p Nach ca. 20 m legt die Pat. ihre Hand an<br />

den Trochanter major – aufgrund verstärkter<br />

Schmerzen.<br />

p Beim Fersengang wird das Bein nach<br />

außen rotiert.<br />

p Zehengang ist schmerzbedingt nicht<br />

möglich.<br />

p Seiltänzergang R Schmerzverstärkung,<br />

wenn das Bein nach vorne gestellt wird.<br />

Abbildung 1: Hüfte präoperativ<br />

Abbildung 2: Hüfte postoperativ<br />

Abbildung 3: Inspektion<br />

<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 17


TITELTHEMA<br />

Auffälligkeiten<br />

p Pat. kann sich nur mit Abstützen der<br />

Hände hinsetzen und aufstehen. 90 °<br />

Hüftflexion ist beim Sitzen möglich (Abbildung<br />

4).<br />

p Beim Hinlegen benutzt sie das linke Bein,<br />

um das rechte hochzuheben.<br />

p Sie zeigt eine starke Abwehrspannung (in<br />

Flex) bei der Hüftuntersuchung. Sie weint<br />

auch immer wieder während der Untersuchung.<br />

Sie möchte jedoch nicht, dass die<br />

Untersuchung deshalb abgebrochen wird.<br />

p Beim Sitzen kann die Patientin ihre Hüften<br />

90 ° flektieren, aber bei der klinischen<br />

Untersuchung der rechten Hüfte toleriert<br />

die Patientin nur 40 ° Flexion. Das Ausmaß<br />

der Extension kann nicht geprüft werden.<br />

p Das Bewegungsausmaß der linken Hüfte<br />

beträgt EXT/FLEX 0–0–100.<br />

p Die Patientin lässt eine Flexion des rechten<br />

Knies von 65 ° zu. Bei der Aufforderung,<br />

das Knie zu strecken, beginnt sie<br />

zu weinen und streckt das Knie um 5 ° =<br />

Extensionsdefizit von 60 °.<br />

p Das Bewegungsausmaß des linken Knies<br />

beträgt EXT/FLEX 0–0–120.<br />

p Deutliche Muskelatrophie des rechten<br />

Beines<br />

p Bei der Palpation der hüftumgebenden<br />

Muskulatur zeigt die Patientin eine Abwehrspannung<br />

und beginnt zu weinen.<br />

p Umfangmessung<br />

– 18 cm oberhalb Patellabasis:<br />

re. 63 cm, li. 66 cm<br />

– In Höhe des Kniegelenksspalts:<br />

re. 44 cm, li. 46 cm<br />

– 10 cm prox. des lat. Malleolus:<br />

re. 30,5 cm, li. 34 cm<br />

p Abwehrhaltung bei der Ankündigung von<br />

Traktion im re. Hüftgelenk<br />

Abbildung 4: Sitz<br />

p Impingement-Test nicht möglich<br />

p Labrum-Test nicht möglich<br />

p Modifizierter Thomas-Test nicht möglich<br />

p Abschied: Hinsetzen »normal« möglich,<br />

da der Stuhl keine Armlehne hatte<br />

Interpretation der <strong>physio</strong>therapeutischen<br />

Befunderhebung<br />

Es wurde deutlich, wie stark die Ängste der<br />

Patientin vor Bewegungen sind und wie<br />

ausgeprägt ihr Angstvermeidungsverhalten<br />

ist. Durch ihr Verhalten und ihre Gestik versuchte<br />

sie, uns ihre Schmerzen und ihre Einschränkung<br />

deutlich zu machen.<br />

Psychologische Untersuchung<br />

p Pat. sorgt sich, wie sie die Ausbildung mit<br />

den Schmerzen schaffen soll.<br />

p Angst vor Schmerzen bei Bewegung<br />

p Aussagen wie »Keiner versteht mich«,<br />

»keiner kann die Schmerzen nachempfinden«,<br />

»keiner kann mir helfen«<br />

p Kränkung und Enttäuschung (zu dick, sich<br />

den Schmerz einbilden)<br />

p Skepsis gegenüber Therapeuten<br />

p Lebt bei den Eltern, hat 2 Brüder (4 und<br />

14 Jahre alt)<br />

p Pat. hat ein sehr gutes Verhältnis zu den<br />

Eltern, kann mit ihnen über alles reden.<br />

Sie setzen sich auch für sie ein, z. B. bei<br />

Schwierigkeiten in der Behandlung.<br />

p Beginn einer Banklehre im Herbst 2015,<br />

evtl. anschließend BWL-Studium<br />

Zusätzliche Diagnostik<br />

p Psychologisch:<br />

– Chronifizierungsstadium nach<br />

Gerbershagen 1–3 = 2<br />

– BDI (Beck Depression Inventar) =<br />

13 Punkte, unauffällig (Items leicht<br />

erhöht aufgrund von Schmerzen)<br />

– Ergebnis: Anpassungsstörung, Angstvermeidungsverhalten<br />

mit körperlicher<br />

Schonung<br />

p Traumatologische Konsilaruntersuchung:<br />

– Untersuchung des Hüft- und Kniegelenks<br />

in PDA (Periduralanästhesie)<br />

– Ergebnis: freie Beweglichkeit von Hüftund<br />

Kniegelenk in PDA<br />

p Interdisziplinäre Schmerzkonferenz:<br />

– Die Schmerztherapeuten empfehlen<br />

einen multimodalen Therapieansatz<br />

und interventionelle Maßnahmen wie<br />

Epiduralkatheter und Schmerzpumpe.<br />

Multimodale Behandlungen<br />

p Physiotherapeutische Einzel- und Gruppentherapie<br />

p Psychologische Einzel- und Gruppentherapie<br />

p Differenzierte Pharmakotherapie<br />

p Entspannungsverfahren<br />

p Patientenedukation<br />

Therapieempfehlung<br />

Da die Hüft-OP schon 7 Monate zurückliegt,<br />

besteht keine Limitierung der Beweglichkeit<br />

und der Belastung. Risikosportarten sind erlaubt.<br />

Die Patientin wurde bei Behandlungsbeginn<br />

der Therapiegruppe A zugeordnet.<br />

Zusätzlich erhielt sie während ihres Aufenthalts<br />

Einzel<strong>physio</strong>therapie und psychologische<br />

Einzelgespräche mit den Schwerpunkten<br />

Angstreduktion und Rückfallprävention.<br />

Die <strong>physio</strong>therapeutischen Schwerpunkte<br />

waren:<br />

p Verbesserung der Beweglichkeit durch<br />

bspw.<br />

– Detonisieren hypotoner Muskeln (z. B.<br />

Funktionsmassage M. Iliopsoas)<br />

– Faszientechniken<br />

– PNF – Beckenpattern<br />

– Wassergymnastik<br />

– Spiegeltherapie<br />

p Verbesserung der Sensomotorik durch<br />

bspw.<br />

– Neuromuskuläre Ansteuerung der<br />

stabilisierenden Muskeln über minimale<br />

Traktion<br />

– PNF – Overflow über den Rumpf<br />

– Vorstellung von Bewegung bei<br />

geschlossenen Augen<br />

– Einsatz von instabilen Unterlagen<br />

z. B. Weichmatte/Kippbrett/Kreisel<br />

p Gangschule, bspw.<br />

– Beinachsentraining<br />

– Bewusstmachen der Fußbelastung<br />

p ADL-Training, bspw.<br />

– Alltagsbelastungen in Form von<br />

Terraintraining/Nordic Walking/<br />

Ergometertraining<br />

Theoretischer Hintergrund<br />

Aufgrund der langen Behandlungsgeschichte<br />

wurde besonderer Wert auf die<br />

Erfassung von biopsychosozialen Faktoren<br />

gelegt, da psychosoziale Faktoren beim Entstehen<br />

und Fortbestehen von chronischen<br />

Schmerzen eine große Rolle spielen. Dies<br />

18 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>


TITELTHEMA<br />

wurde auch bei der Patientin deutlich, da<br />

sie extreme Angst vor schmerzauslösenden<br />

Bewegungen und Aktivitäten hatte.<br />

Durch das Erlernen eines neuen Bewegungsverhaltens,<br />

das dauerhaft beibehalten<br />

wird, verändert sich die schmerzbezogene<br />

Kognition. Laut Oostendorp & Samwel<br />

(2015) wird dies erreicht durch:<br />

p Zeitgebundene Erhöhung physischer Aktivitäten<br />

(Graded activity)<br />

p Verminderung der Bewegungsangst<br />

durch Konfrontation mit angstbesetzten<br />

Aktivitäten (Graded exposure)<br />

p Vermittlung einer aktiven Bewältigungsstrategie/Edukation<br />

Als Begründung legen die Autoren die kognitive<br />

Dissonanztheorie zugrunde. Sie besagt,<br />

dass der Mensch immer eindeutige<br />

und logische Situationen anstrebt. So kann<br />

der Mensch sein Selbstverständnis bestätigen.<br />

Stehen Informationen dazu im Widerspruch,<br />

kann dies zu Dissonanz und inneren<br />

Konflikten führen, beispielsweise »Bewegung<br />

ist schädlich und kann zu Verletzungen<br />

führen«. Der Patient versucht, seine eigene<br />

Überzeugung durch das Verhalten und<br />

die Intervention des Therapeuten (verbal<br />

und nonverbal/erschrockene Reaktion oder<br />

einfühlsame Bemerkung) zu bestätigen, z. B.<br />

»dass Bewegung schädlich ist«, um so sein<br />

Angstvermeidungsverhalten und die Passivität<br />

vor der Umwelt zu rechtfertigen. Übungen<br />

werden deshalb nicht oder weniger intensiv<br />

selbständig durchgeführt. Aus diesem<br />

Grund ist die Kommunikation zwischen Patient<br />

und Therapeut entscheidend für den Behandlungserfolg.<br />

Denn gehen Therapeuten<br />

auf das Schmerzverhalten des Patienten ein,<br />

kann dies zu einer Verstärkung des Angstvermeidungsverhaltens<br />

des Patienten führen.<br />

Hierbei ist zu beachten, dass die Angst<br />

des Therapeuten vor Schmerzen sich auf<br />

das Schmerzverhalten des Patienten negativ<br />

auswirken kann.<br />

Deshalb sollte vor Behandlungsbeginn folgende<br />

Punkte besprochen werden:<br />

p Aufklärung über die Schmerz<strong>physio</strong>logie<br />

und Schmerzpsychologie: Weder Bewegungen<br />

noch eine Schmerzzunahme sind<br />

schädlich.<br />

p Schmerzen sind beim Üben kein Kriterium,<br />

z. B. für den Abbruch der Übung.<br />

p Der Therapeut wird nicht auf eine<br />

Schmerzzunahme reagieren.<br />

p Der Therapeut gibt nur positives und ermutigendes<br />

Feedback.<br />

p Partner/Familie des Patienten werden in<br />

die Therapie integriert.<br />

Behandlungsverlauf<br />

Aufnahmetag: Die Patientin ist ängstlich<br />

und sehr skeptisch gegenüber den Behandlungen/dem<br />

Aufenthalt. Sie möchte über<br />

alle Interventionen aufgeklärt werden.<br />

1. Tag nach Aufnahme: Ständige Rückversicherung,<br />

dass keine Behandlung durchgeführt<br />

wird, ohne dass es mit ihr abgesprochen<br />

wird. Anlage eines Epiduralkatheters<br />

(13 ml Ropivacain 1%ig). Die behandelnde<br />

Ärztin schlägt der Patientin vor, in den nächsten<br />

Tagen das Schmerzmedikament durch<br />

eine Kochsalzlösung zu ersetzen. Die Patientin<br />

ist damit einverstanden und möchte<br />

nicht wissen, wann die Änderung erfolgt.<br />

2. Tag nach Aufnahme: Traumatologische<br />

Konsilaruntersuchung mit Fotodokumentation.<br />

Als die Videoaufnahmen der Patientin<br />

vorgespielt wurden, konnte sie zunächst gar<br />

nicht realisieren, dass das ihr Bein ist. Sie<br />

war danach den ganzen Nachmittag über<br />

bedrückt, grübelte viel und weinte öfters.<br />

Sie verließ an diesem Nachmittag kaum<br />

ihr Zimmer und hatte einen erhöhten Gesprächsbedarf.<br />

3. Tag nach Aufnahme: Nach intensiven<br />

Gesprächen, u. a. mit unserer Pain Nurse,<br />

zeigte sich die Patientin sehr erleichtert. Die<br />

Darstellung der freien Gelenkbeweglichkeit<br />

von Hüfte und Knie hatte sie die ganze<br />

Nacht über sehr beschäftigt. Die Schmerzen<br />

haben sich jedoch dadurch nicht verstärkt.<br />

Wie besprochen, erfolgte die Anlage einer<br />

Walkmed-Pumpe mit Ropivacain 0,2%ig in<br />

subparetischen Dosierung.<br />

7. Tag nach Aufnahme: Seit 3 Tagen läuft<br />

der Placebo-Versuch. Auch während des<br />

Placebo-Versuchs (Kochsalzlösung) kam es<br />

zu keiner Schmerzverstärkung bzw. Bewegungseinschränkung.<br />

8. Tag nach Aufnahme: Schmerzkatheter<br />

ex (PDK)<br />

9. Tag nach Aufnahme: Angehörigengespräch<br />

mit den Eltern, in dem die Notwendigkeit<br />

weiterer Mobilisierung und der Abbau<br />

eigener Ängste sowie die ausgeprägte<br />

Protektion thematisiert wurden.<br />

10. Tag nach Aufnahme: Entlassung<br />

Ergebnis: Die Patientin arbeitete immer motiviert<br />

mit. Es konnten eine Angstreduktion<br />

und eine Stimmungsaufhellung erzielt werden.<br />

Die Schmerzen haben sich reduziert<br />

(NRS: 2) und die Beweglichkeit hat sich<br />

deutlich verbessert. Die Patientin hat »hüpfend«<br />

die Klinik verlassen.<br />

Empfehlungen …<br />

… aus <strong>physio</strong>therapeutischer Sicht<br />

p Wiederaufnahme von Hobbys (mit dem<br />

Fahrrad zur Arbeit fahren, Schwimmen,<br />

Trainingstherapie, Judo)<br />

p Aufrechterhalten des neuen Bewegungsverhaltens<br />

durch kontinuierliches Training<br />

(exercise adherence)<br />

p Weiterhin Verbesserung der allgemeinen<br />

körperlichen Aktivität (physical activity<br />

adherence)<br />

… aus psychologischer Sicht<br />

p Fortführung der Entspannungsverfahren<br />

zur Rückfallprophylaxe<br />

p Ambulante Psychotherapie zur weiteren<br />

psychischen Stabilisierung, Förderung<br />

von Unabhängigkeit und Aktivität sowie<br />

zur Stärkung der Selbstsicherheit und des<br />

Selbstwertgefühls<br />

… aus ärztlicher Sicht<br />

p Wiedervorstellung nach 6 Wochen<br />

… aus pflegerische Sicht/Pain Nurse<br />

p Selbständiges Durchführen von ADL, z. B.<br />

Vermeiden von tiefen Sitzen<br />

p Beibehalten häuslicher Aktivitäten (activity<br />

adherence)<br />

p Soziales Umfeld bestärken<br />

WORKSHOP<br />

a<br />

SCHMERZTHERAPIE<br />

<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 19


TITELTHEMA<br />

Gut.<br />

Besser.<br />

THEORG.<br />

SOVDWAER GmbH<br />

Franckstraße 5<br />

71636 Ludwigsburg<br />

Tel. 0 71 41 / 9 37 33-0<br />

info@sovdwaer.de<br />

www.sovdwaer.de<br />

Mit vielen neuen und bewährten<br />

Funktionen unterstützt THEORG<br />

Sie perfekt im Praxisalltag. Durch<br />

den modularen Aufbau passt die<br />

Software immer – egal, wie klein<br />

oder groß Ihre Einrichtung ist.<br />

Maschinelle Rezepterfassung<br />

zum schnellen Einlesen von<br />

Verordnungen ohne Abtippen<br />

Modul Heilpraktiker/Osteopathie<br />

zur Verwaltung und Abrechnung<br />

von Heilpraktikerleistungen<br />

Umfassender Preislistenservice<br />

Automatische Heilmittelprüfung<br />

der Rezepte<br />

Umfassende Patientenund<br />

Rezepteverwaltung<br />

Fristen- und Frequenzprüfung<br />

zur Vermeidung von Absetzungen<br />

Übersichtliche Terminplanung<br />

mit Online-Terminreservierung<br />

Automatische Terminerinnerung<br />

per SMS oder E-Mail<br />

Schnelle, einfache und dennoch<br />

gesetzeskonforme Behandlungsdokumentation<br />

THEORG – auch für<br />

Existenzgründer<br />

die richtige Wahl!<br />

SGN 2.A31.1<br />

WORKSHOP<br />

SCHMERZTHERAPIE<br />

Ergebnis 4 Monate nach Aufenthalt<br />

p Die Banklehre wurde begonnen, die der<br />

Pat. großen Spaß macht.<br />

p Die Schmerzen haben sich geringfügig<br />

verstärkt.<br />

p Das Bewegungsausmaß hat sich etwas<br />

verringert.<br />

p Die Pat. geht zweimal pro Woche zum<br />

Sport.<br />

Evidenz der multimodalen Schmerztherapie<br />

Kaiser et al. kommen in ihrem 2015 erschienenen<br />

Artikel zu dem Ergebnis, dass<br />

die multimodale Schmerztherapie deutlich<br />

effektiver ist als unimodale Programme,<br />

Wartegruppen und herkömmliche Behandlungen.<br />

Heutzutage zählt die multimodale<br />

Schmerztherapie in Deutschland als Goldstandard<br />

in der Behandlung chronisch kranker<br />

Patienten. Ein gemeinsames Therapieziel<br />

muss die Edukation und die Aktivierung des<br />

Patienten sein. Hierfür ist die Einheit des<br />

Teams entscheidend, denn verschiedene<br />

Ansätze mit unterschiedlichen Zielen überfordern<br />

den Patienten – zumal der chronische<br />

Patient meist negative Erfahrungen<br />

durch widersprüchliche Befundinterpretationen<br />

und Therapieansätze gemacht hat. Interventionelle<br />

bzw. primär passive Maßnahmen<br />

können nach interdisziplinärer Prüfung<br />

eingesetzt werden.<br />

Das Behandlungssetting sollte folgende<br />

Punkte beinhalten:<br />

p Das Team setzt sich aus Ärzten, Psychologen<br />

bzw. Psychotherapeuten und weiteren<br />

Disziplinen zusammen, z. B. Physiotherapeuten<br />

und Ergotherapeuten.<br />

Literatur<br />

p Alle beteiligten Disziplinen sind gleichberechtigte<br />

Partner.<br />

p Eine Gesamttherapiedauer von 100 Stunden<br />

sollte nicht unterschritten werden.<br />

Über deren Aufteilung auf die einzelnen<br />

Disziplinen gibt es keinen Konsens.<br />

p Vor Therapiebeginn muss ein interdisziplinäres<br />

Assessment eingesetzt werden.<br />

p Es sollen regelmäßige Teamsitzungen<br />

s t a t t fi n d e n .<br />

p Alle Fachdisziplinen beurteilen den Behandlungsverlauf<br />

bei Behandlungsende.<br />

p Bei Therapieende wird eine gemeinsame<br />

Empfehlung an den Patienten und die<br />

nachbehandelnden Therapeuten gegeben.<br />

Laut Pfingsten et al. (2015) ist eine kombinierte<br />

Behandlung aus psychologischen<br />

Verfahren und körperlichem Training, dem<br />

sog. Functional-Restoration-Ansatz von<br />

Mayer und Gatchel (1988) folgend, sinnvoll.<br />

Der Fokus liegt auf körperlich aktivierenden<br />

Maßnahmen unter verhaltenstherapeutischen<br />

Prinzipien. Schmerzreduzierung spielt<br />

dabei eine untergeordnete Rolle.<br />

Imhoff A. B., Beitzel K., Stamer K., Klein E. (2010):<br />

Rehabilitation in der Orthopädischen Chirurgie. Springer: Berlin, Heidelberg, New York.<br />

Kaiser U., Sabatowski R., Azad S.C. (2015):<br />

Multimodale Schmerztherapie. Der Schmerz 29: 550–556.<br />

Oostendorp R., Samwel H. (2015):<br />

Physiotherapie in der Praxis: Ohne Theorie geht es nicht. manuelletherapie 19 (5): 229–235.<br />

Pfingsten M., Flor H., Nilges P. (2015):<br />

Psychologie und Schmerz in Deutschland. Der Schmerz 29: 544–549.<br />

Schomacher J., Bizzini M. (2015):<br />

Risikofaktoren für Koxarthrose und ihre <strong>physio</strong>therapeutische Behandlung. Teil 1 – Instabilität des Hüftgelenks.<br />

Pt-Zeitschrift für Physiotherapeuten 67 (6): 23–31.<br />

Schomacher J., Bizzini M. (2015):<br />

Risikofaktoren für Koxarthrose und ihre <strong>physio</strong>therapeutische Behandlung. Teil 2 – femoroacetabuläres<br />

Impingement (FAI) Pt-Zeitschrift für Physiotherapeuten 67 (7): 28–35.<br />

20 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>


Online erhältlich unter<br />

www.dieFachwelt.de<br />

NEU<br />

Bestellung auf<br />

www.dieFachwelt.de<br />

oder mit<br />

beiliegender<br />

Postkarte!<br />

Bibliografische Angaben<br />

500 Seiten, 450 Abbildungen, Hardcover<br />

1. Auflage <strong>2016</strong>, Bestell-Nr. 30930, € 89,99<br />

Lieferbar ab Juni <strong>2016</strong><br />

<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 21


VORGESTELLT<br />

In dieser Rubrik stellen wir Euch interessante Menschen vor, die vor einigen Jahren,<br />

genauso wie Ihr jetzt, ihre Ausbildung zum Physiotherapeuten gemacht haben<br />

oder die in ihrer Arbeit viel mit Physiotherapeuten zu tun haben. Außerdem berichten<br />

für Euch Physioschüler und -studenten von ihrer Schule oder Hochschule.<br />

Auch Ihr könnt Eure Ausbildungsstelle ins Rampenlicht rücken, wenn Ihr glaubt,<br />

dass von Eurer Schule oder Hochschule jeder mal gehört haben sollte! Da wir<br />

immer mit vielen Disziplinen zusammenarbeiten, darf natürlich bei »Vorgestellt«<br />

auch der Einblick in andere Berufsgruppen nicht fehlen! Freut Euch also auf interessante<br />

Menschen der Physiotherapie, interdisziplinäre Einblicke und die bunte<br />

Welt der Physioschulen und Hochschulen.<br />

Steckbrief<br />

Birgitta Gibson<br />

Vizepräsidentin der<br />

Deutschen Schmerzliga e. V.<br />

Selbsthilfegruppenleiterin<br />

in Frankfurt am Main<br />

INTERVIEWS | LEUTE<br />

BIRGITTA GIBSON VON DER<br />

DEUTSCHEN SCHMERZLIGA<br />

UND<br />

NORBERT SCHÜRMANN<br />

Text: Noemi Hagemann<br />

l Die Deutsche Schmerzliga e. V. verfolgt das Ziel, Menschen mit chronischen<br />

Schmerzen zu unterstützen.<br />

Wie sehen Ihre Aufgaben im Einzelnen aus?<br />

l Wir stehen im Dialog mit Ärzten, Krankenkassen, Ärzteorganisationen aus dem Bereich<br />

Schmerz und mit Gesundheitspolitikern, um uns für die Rahmenbedingungen stark zu<br />

machen, die eine adäquate Behandlung von Patienten mit chronischen Schmerzen überhaupt<br />

ermöglichen.<br />

Steckbrief<br />

Norbert Schürmann<br />

Leiter des Departments<br />

für Palliativmedizin und<br />

Schmerztherapie, Abteilung<br />

für Anästhesiologie und<br />

Intensivmedizin, St. Josef<br />

Krankenhaus in Moers<br />

Daraus entstehen folgende Aktivitäten und flächendeckende Hilfsangebote:<br />

• Selbsthilfegruppen vor Ort, Unterstützung bei der Gruppengründung<br />

• Patientenveranstaltungen (bundesweit)<br />

• Schmerztelefon 3 x wöchentlich<br />

• Broschürenversand<br />

• Adressdateien von qualifizierten Schmerzärzten, Kliniken, »NetzwerkApotheken<br />

Schmerz« und Physiotherapeuten<br />

• Mitgliederzeitschrift SCHMERZLIGA (4 x jährlich)<br />

• Persönliche Telefonsprechstunde zu medizinischen und/oder sozialrechtlichen Fragen<br />

l<br />

l Was ist Ihrer Erfahrung nach die Rolle des Physiotherapeuten in der chronischen<br />

Schmerzbegleitung?<br />

l Neben der medizinischen Schmerzbehandlung durch einen qualifizierten Arzt (optimalerweise<br />

einen Schmerzarzt mit entsprechender Ausbildung) nimmt die Physiotherapie<br />

eine führende Rolle in der multimodalen Schmerztherapie ein. Die Physiotherapie sorgt<br />

für eine Linderung der Schmerzen, wenn sie adäquat und in Abstimmung mit dem behandelnden<br />

Arzt erfolgt.<br />

22 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>


VORGESTELLT<br />

l Welche Qualitäten sollte Ihrer Meinung nach ein guter Physiotherapeut bei der<br />

Behandlung von Schmerzen aufweisen?<br />

l Nur der qualifizierte Physiotherapeut, der Kenntnisse über den Unterschied zwischen<br />

akutem und chronischem Schmerz und bei Letzterem über die vielfältigen Ursachen hat,<br />

kann dem oft so unbeweglichen Schmerzpatienten zu einer Linderung seiner Schmerzen<br />

verhelfen. Grundlage der Behandlung ist das Ernstnehmen des chronischen Schmerzpatienten<br />

mit seinem »Leid«, das für ihn oft zu einem Partner und Bestandteil seines<br />

Lebens geworden ist. Hier ist Einfühlsamkeit und Empathie gefragt.<br />

Der Physiotherapeut wird den Patienten im Rahmen der Therapie »anleiten« und ihm<br />

individuelle Übungen vermitteln, die er auch zu Hause selbst durchführen kann. So können<br />

auch Verhaltensmuster in der Bewegung durchbrochen werden, die sich im Alltag<br />

eingeschlichen und die Schmerzen verstärkt oder auch nur manifestiert haben. Wichtig<br />

ist hier, dass während der Therapie die Übungen immer wieder auf ihre therapeutische<br />

Richtigkeit überprüft werden, bis der Patient sie wirklich beherrscht.<br />

l Die Fortbildungsmöglichkeiten im Bereich Schmerztherapie steigen an. Auch das<br />

Curriculum vieler <strong>physio</strong>therapeutischen Studiengänge integriert neurowissenschaftliche<br />

Erkenntnisse und kognitive Aspekte der Verhaltenstherapie.<br />

Wie machen sich diese Entwicklungen in der <strong>physio</strong>therapeutischen Behandlung<br />

bemerkbar?<br />

l Es ist notwendig, dass Physiotherapeuten um die neurowissenschaftlichen Erkenntnisse<br />

und kognitiven Aspekte der Verhaltenstherapie für die Behandlung von chronischen<br />

Schmerzpatienten wissen. Nur so kann der Patient mit seinem oft sehr komplexen<br />

Krankheitsbild adäquat behandelt werden. Jeder chronisch Schmerzkranke braucht eine<br />

individuelle Behandlung. Anders als ein Patient mit Akutschmerz hat er meist eine lange<br />

Leidensgeschichte mit seinem häufig verselbstständigten, vom Nervensystem erlernten<br />

Schmerz (Schmerzgedächtnis) hinter sich, die auch seine psychische und soziale Situation<br />

so verändert hat, dass es der Geduld und – zumindest am Anfang der Therapie – der<br />

ständigen Motivation durch den Therapeuten bedarf.<br />

REZEPTABRECHNUNG<br />

» Keine Grund-/ Mindestgebühr<br />

» Versicherungsschutz der Verordnungen<br />

bereits in Ihrer Praxis<br />

» Keine Verpflichtung zur regelmäßigen Einreichung<br />

» Verordnungsprüfung vor Abrechnung mit den Kostenträgern<br />

(Einzelheiten finden Sie untere www.srzh.de)<br />

» Bilderzeugung & –archivierung der Originalverordnung<br />

» Statistische Auswertung z.B. nach Arzt & Position<br />

» Webportal mit Kundenbereich<br />

ab 0,95 %*<br />

* Bsp. für eine Abrechnung mit vierwöchiger Auszahlung<br />

inklusive kostenfreier Banküberweisung<br />

& zzgl. MwSt.<br />

l Herr Schürmann, bei welchen Schmerzformen profitieren Patienten besonders von<br />

<strong>physio</strong>therapeutischen Maßnahmen?<br />

l Das sind zum größten Teil Patienten mit muskulären Erkrankungen, Gelenkblockaden<br />

und neuropathischen Erkrankungen. Diese profitieren extrem gut von physikalischer<br />

Therapie. Entscheidend für mich sind der zeitliche Zusammenhang und die Absprache<br />

zwischen Therapeut und Arzt. Nehmen wir als Beispiel die Blockade des Iliosakralgelenks<br />

(ISG). Eine medikamentöse Therapie mit Infiltrationen macht erst im Zusammenspiel mit<br />

dem Physiotherapeuten Sinn. Das zeitliche Zusammenspiel ist dabei entscheidend.<br />

Die Verbesserung der Gelenkfunktion ist unter der vorherigen Ausschaltung des<br />

Schmerzes durch die Infiltration ein entscheidender Faktor, ja fast eine Symbiose. Die<br />

Schmerztherapie ist dabei nur Mittel zum Zweck. Die Mobilisation, die Beweglichkeit<br />

und Wiederherstellung des Gelenks geschieht durch den Physiotherapeuten. Er<br />

hat einen hohen Anteil an der Rekonvaleszenz des Patienten. Wichtig erscheint mir,<br />

dass Terminabsprachen in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Infiltration<br />

stehen und dass der Arzt entweder mit dem Physiotherapeuten spricht oder über<br />

die Verordnung gezielte Hinweise und Anweisungen weitergibt, die der Physiotherapeut<br />

benötigt, z. B. ISG-Blockade links, Aufdehnung des Iliosakralgelenks erbeten.<br />

Die muskulären Strukturen gerade in dieser Region sind häufig komplex. Wenn wir<br />

heute von einer ISG-Blockade sprechen, kommen mehrere Muskel oder Muskelgruppen<br />

mit ihren Faszien und Bindegewebsstrukturen in Betracht, die dieses Beschwerdebild<br />

verstärken.<br />

INNOVATIVE PRAXISVERWALTUNGS-<br />

SOFTWARE » prothea «<br />

» Absetzungen minimieren durch detaillierte Kontrolle<br />

aller Eingaben<br />

» Kassenbuch, Rechnungs- und Mahnwesen<br />

» Benutzerfreundliche Terminplanung<br />

» Umfangreiche Dokumentationsmöglichkeiten<br />

» Mehrplatzfähigkeit und detaillierte Zugriffs- &<br />

Rechteverwaltung<br />

» JETZT – kostenfrei & unverbindlich Ihre Demo-CD<br />

bestellen<br />

SCHWERINER RECHENZENTRUM<br />

FÜR HEILBERUFE GMBH<br />

Schwerin | Berlin | Erfurt | Grimma | Augsburg<br />

INFORMATIONEN UNTER:<br />

0385 / 20 221 - 660<br />

WWW.SRZH.DE<br />

<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 23


VORGESTELLT<br />

INTERVIEWS | LEUTE<br />

BIRGITTA GIBSON<br />

UND<br />

NORBERT<br />

SCHÜRMANN<br />

»<br />

»<br />

Die Physiotherapie<br />

sorgt für eine<br />

Linderung der<br />

Schmerzen, wenn …<br />

Entscheidend für mich<br />

sind der zeitliche<br />

Zusammenhang und die<br />

Absprache zwischen<br />

Therapeut und Arzt.<br />

«<br />

«<br />

Der Physiotherapeut hat die Möglichkeit, den Spannungs- und Aktivitätszustand des<br />

einzelnen Muskels zu testen und diese zu behandeln – immer mit Sicht auf das Ganze<br />

und das ist in diesem Falle der Rücken. Beschwerdesymtomatiken lassen sich bei Blockaden,<br />

»Kreuzschmerzen« und Muskelverhärtungen nie als lokal gesehenes Problem<br />

behandeln, sondern immer im Zusammenhang mit dem gesamten Rücken. Stabilitätsunterschiede<br />

resultieren häufig durch Imbalancen und einseitige Belastungen. Daher sind<br />

lokale Schmerzexazerbationen immer Warnhinweise auf Stabilitätsverluste des gesamten<br />

Rückens.<br />

l Wie kann nach Ihrer Meinung eine vorbildliche interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />

von Ärzten, Psycho- und Physiotherapeuten aussehen?<br />

l Die Kontaktpflege untereinander ist dabei schon sehr wesentlich. Im Krankenhaus haben<br />

wir täglichen Kontakt zu den Physiotherapeuten. Zudem finden einmal in der Woche<br />

Teamsitzungen statt, sodass wir uns in ständigem Austausch bewegen. Das ist im<br />

ambulanten Bereich in den seltensten Fällen so möglich. Leider – muss man sagen.<br />

Dennoch kann jeder Arzt dem Therapeuten wichtige Hinweise auf der Verordnung mitgeben.<br />

Die Verordnung von 10-mal Krankengymnastik ist dabei kein wichtiger Hinweis<br />

und eine völlig unzureichende Information für den Behandler. Im einzelnen Fall bietet<br />

sich immer das Telefongespräch an, um den Sachverhalt zu klären. Auch dabei gilt: »Es<br />

gib keine doofen Fragen«. Fragen entstehen aus nicht eindeutiger Aussage der Verordnung.<br />

Tauschen Sie sich mit Ihren Ärzten aus! Fragen Sie nach, wenn Ihnen etwas nicht<br />

klar ist.<br />

l Sie fordern, dass die Schmerztherapie- und diagnostik auch in die Approbationsordnung<br />

der Ärzte aufgenommen wird.<br />

Sehen Sie in der Ausbildung von Physiotherapeuten ebenfalls einen Verbesserungsbedarf?<br />

l Ich halte es für enorm wichtig, jungen Medizinern die Grundlagen der Schmerzdiagnostik<br />

und das Aufstellen von Arbeitshypothesen zu vermitteln, ohne (bis auf einige<br />

Ausnahmen) eine Schnittbilddiagnostik heranzuziehen. Dazu sind das Erlernen von Untersuchungstechniken,<br />

eine sichere Bewandtnis in der Anatomie und differenzialdiagnostisches<br />

Denken vonnöten.<br />

Sichere Kenntnisse in der Anatomie können für beide Berufsgruppen vorausgesetzt werden.<br />

Die Differentialdiagnose ist in der <strong>physio</strong>therapeutischen Ausbildung aber noch zu<br />

wenig repräsentiert und müsste daher im Unterricht mehr behandelt werden.<br />

Eine verbesserte Ausbildung würde aber auch nur dann Sinn machen, wenn sich in<br />

der Zusammenarbeit von Ärzten und Physiotherapeuten etwas Gravierendes ändert:<br />

Eine bessere Kommunikation zwischen Ärzten und Physiotherapeuten, eine größere Behandlungsfreiheit<br />

für die zuletzt genannte Berufsgruppe und das Aufbrechen veralteter<br />

verkrusteter Strukturen.<br />

Vielen Dank für die Interviews.<br />

ll<br />

ll<br />

24 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>


VORGESTELLT<br />

Text: Mittelkurs der Berufsfachschule für Physiotherapie in Bayreuth<br />

BLITZUMFRAGE IN DER<br />

BAYREUTHER INNENSTADT:<br />

ORGANSPENDE JA ODER NEIN?<br />

L Immer wieder wird über das Thema »Organspende«<br />

diskutiert und die Meinungen dazu könnten unterschiedlicher<br />

nicht sein. Die einen halten noch fest an den<br />

letzten Skandalen, die anderen haben einen Ausweis<br />

und sind klar für Organspende. Ein großer Teil jedoch<br />

sieht sich das Spektakel von Weitem an und weiß nicht<br />

so recht, was nun wahr ist und wie oder ob man sich<br />

dafür oder dagegen entscheiden soll.<br />

Schließlich bleiben viele Fragen offen: Wie läuft so eine<br />

Organspende überhaupt ab? Und warum ist gerade<br />

dieses Thema so wichtig?<br />

In diesem Artikel sollen einige Mythen und Fakten<br />

geklärt und der genaue Ablauf einer Organspende<br />

beschrieben werden. Zudem haben 276 Bayreuther an<br />

einer Umfrage zum Thema »Organspende« teilgenommen<br />

und ihre Meinung zu diesem Thema gesagt.<br />

Wer wir sind …<br />

Wir sind der Mittelkurs der Berufsfachschule für Physiotherapie<br />

in Bayreuth und haben, nachdem wir das Thema »Organspende«<br />

im Unterricht hatten, die nachfolgende Umfrage<br />

in Bayreuth durchgeführt. Für uns war es wichtig zu sehen,<br />

wie die Leute auf das Thema reagieren und was überhaupt<br />

darüber bekannt ist. Natürlich auch, wie die Bereitschaft zum<br />

Spenden in unserer Stadt ist.<br />

Was wäre ein Artikel ohne Zahlen …?<br />

t Momentan warten allein in Deutschland rund 10.000<br />

Menschen auf ein Organ.<br />

t 8.000 davon brauchen dringend eine Niere – die Wartezeit<br />

beträgt durchschnittlich 5–6 Jahre. (Im Jahr 2014<br />

konnten 2.128 Patienten transplantiert werden.)<br />

t Täglich versterben durchschnittlich 3 Patienten, die auf der<br />

Warteliste stehen.<br />

t Im Jahr 2014 betrug die Anzahl der Spender/innen in<br />

Deutschland 864 – zum Vergleich: 2010 waren es noch<br />

1.269.<br />

Ablauf einer Organspende<br />

1. Durch einen Unfall oder eine Hirnblutung kommt es bei<br />

einem Patienten zum Hirntod.<br />

2. Feststellung des Hirntods<br />

3. Rücksprache mit der DSO (Deutsche Stiftung Organtransplantation)<br />

über eine mögliche Organspende<br />

4. Gespräch mit den Angehörigen (Ist ein Organspendeausweis<br />

vorhanden? Was wäre der Wille des Patienten?)<br />

Wenn eine Einwilligung vorliegt:<br />

5. Der Patient wird untersucht und es werden alle nötigen<br />

Labor-und Blutwerte überprüft.<br />

6. Nach der Untersuchung werden alle Daten an Eurotransplant<br />

geschickt und die Organvermittlung kann beginnen.<br />

7. Über die DSO wird die Organentnahme organisiert und<br />

dann durchgeführt.<br />

8. Transport der Organe<br />

9. Transplantation<br />

Die Ergebnisse der Umfrage<br />

Insgesamt haben 276 Bayreuther an unserer Umfrage teilgenommen,<br />

davon 152 Frauen und 124 Männer. Grundsätzlich<br />

würden 81,7 % von ihnen spenden und nur 18,3 % nicht.<br />

Ein Unterschied zwischen Frauen und Männern bzgl. dieser<br />

Frage ist kaum vorhanden. Interessanter wurde es schon bei<br />

der Frage, wer denn ein Organ annehmen würde. Insgesamt<br />

würden 239, also 86,6 % unserer Probanden, ein Organ<br />

<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 25


VORGESTELLT<br />

Wie wird der Hirntod festgestellt?<br />

1. Eine schwere primäre/sekundäre Hirnschädigung muss<br />

nachgewiesen werden; reversible Ursachen müssen<br />

ausgeschlossen sein.<br />

2. Bewusstlosigkeit (Koma), Ausfall der Hirnstammreflexe<br />

(Hirnstamm-Areflexie) und Ausfall der Spontanatmung<br />

(Apnoe) müssen festgestellt werden.<br />

3. Durch klinische Verlaufsuntersuchungen und Abwarten<br />

der vorgeschriebenen Wartezeiten wird die Irreversibilität<br />

nachgewiesen.<br />

Die Feststellung des Hirntods muss durch zwei Ärzte, die die<br />

oben genannten drei Stufen unabhängig voneinander testen,<br />

erfolgen. Beide dürfen nicht an der Entnahme oder Übertragung<br />

der Organe beteiligt sein und müssen schon mehrjährige<br />

Erfahrung in der Intensivbehandlung von Patienten mit akuter<br />

Hirnschädigung haben. Zudem dürfen sie nicht der Weisung eines<br />

beteiligten Arztes unterstehen. Einer der beiden Ärzte muss<br />

Facharzt für Neurologie oder Neurochirurgie sein.<br />

Was ist der Unterschied zwischen<br />

Koma und Hirntod?<br />

Koma<br />

Das Koma ist eine tiefe Form der Bewusstlosigkeit. Zwar reagieren<br />

Koma-Patienten auf keine äußeren Reize, jedoch ist eine<br />

Hirnaktivität messbar und auch die Hirnstammreflexe sind auslösbar.<br />

Aus dem Koma kann ein Mensch wieder aufwachen, da<br />

das Gehirn immerhin funktionsfähig ist.<br />

Hirntod<br />

Der Hirntod ist ein Zustand, bei dem das Gehirn nicht mehr durchblutet<br />

wird. Es ist keine Aktivität feststellbar und der Tod des<br />

Menschen ist eingetreten. Das heißt auch, dass dieser Mensch<br />

nicht mehr aufwachen wird.<br />

Fotolia © euthymia<br />

annehmen, davon 108 Männer und 131 Frauen. 31 Probanden<br />

haben angegeben, sie würden kein Organ annehmen,<br />

und es gab 6 Enthaltungen. Was auffällt: Sowohl Männer als<br />

auch Frauen ohne Bereitschaft zur Organspende würden aber<br />

selbst ein Organ annehmen, so bspw. bei den Männern: 22<br />

gaben an, nicht spenden zu wollen – jedoch würden über<br />

50 % von ihnen ein Organ annehmen. Bei den Frauen, die<br />

nicht spenden wollen (27), kamen wir zu ähnlichen Ergebnissen:<br />

55 % würden ein Organ annehmen. Wir hatten auch das<br />

genaue Gegenteil: Insgesamt würden von den 227 Probanden<br />

mit Bereitschaft zur Organspende 5,3 % kein Organ annehmen.<br />

Für viele Menschen ist nicht jedes Organ wie das andere.<br />

Oft verbinden wir bspw. mit den Augen eines Menschen etwas<br />

ganz Besonderes. Wir wollten wissen, wie viele unserer<br />

Probanden alle Organe spenden würden und, wenn nicht alle,<br />

welche nicht.<br />

Von 227 zur Organspende bereiten Befragten gaben 190<br />

an, alle Organe zu spenden. Während 5 nicht auf die Frage<br />

antworten wollten, gaben immerhin 32 (14 %) an, nicht alle<br />

Organe spenden zu wollen. Die drei Organe, die hierbei mit<br />

Abstand am häufigsten genannt wurden, waren Herz, Augen<br />

und Haut.<br />

Eine weitere Fragestellung bezog sich darauf, wie gut die<br />

Probanden über die Voraussetzungen für eine Organspende<br />

Bescheid wissen. Wir fragten danach, ob bekannt ist, dass die<br />

Grundvoraussetzung für die Spende der Hirntod ist. 78,3 %<br />

wussten das, aber immerhin 21 % wussten es nicht. Überraschenderweise<br />

würden aber von diesen 21 % (entspricht 58<br />

Personen) 69 %, also 40 Probanden, trotzdem spenden. Von<br />

insgesamt 152 Teilnehmerinnen wussten 124, dass die Grundvoraussetzung<br />

für eine Spende der Hirntod ist.<br />

Abschließend haben wir noch die Frage gestellt, wer für<br />

und wer gegen Organspende ist und warum. Dafür waren<br />

245 Befragte, also 88,8 %, und dagegen 8,7 % (24). Es gab 7<br />

Enthaltungen. Von den Probanden ohne Spendenbereitschaft<br />

sind immerhin 36,7 % für die Spenden. Keiner der spendenbereiten<br />

Befragten ist gegen Organspende. Nun hat uns interessiert,<br />

warum die Probanden dafür bzw. dagegen sind.<br />

Hauptgrund für Organspende: Man kann Leben retten. Einige<br />

nannten als Grund auch, dass man die Organe nach dem<br />

Tod nicht mehr gebrauchen könne.<br />

Hauptgründe gegen Organspende: zu wenig Transparenz<br />

und der Glaube. Einige gaben auch den letzten Skandal als<br />

Grund für ihre Entscheidung an.<br />

Weitere Ergebnisse<br />

• Von den 276 Befragten haben 113 einen Spenderausweis.<br />

• 58 Personen, die keinen Ausweis haben, wollen später einen<br />

ausfüllen.<br />

Unsere Meinung<br />

Kurz bevor wir uns in die Bayreuther Innenstadt begaben,<br />

füllte jeder von uns den Fragebogen selbst aus. Anschließend<br />

stellten wir zu jeder Frage eine Hypothese auf, wie sich die<br />

Mehrzahl unserer Probanden entscheiden würde.<br />

r Von 24 Teilnehmern in unserem Kurs sind 23 für Organspenden<br />

und würden spenden.<br />

r 23 würden ein Organ annehmen.<br />

r Fast 50 % von uns haben einen Organspendeausweis.<br />

r Wir hatten vermutet, dass der Anteil derer, die nicht spenden<br />

wollen, höher sein würde.<br />

Literatur<br />

www.dso.de; www.eurotransplant.org<br />

26 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>


Innervation<br />

Bildgebung<br />

VORGESTELLT<br />

Gleitflächen<br />

L Vom 18.–20. September 2015 fand der 4. Fascia Research<br />

Kongress in Washington D. C. statt. Die Fascia Research Society<br />

richtete die Veranstaltung aus und sorgte für hochkarätige<br />

Vorträge, interdisziplinäre Workshops und konstruktiven<br />

Austausch. Wie international die Veranstaltung geworden ist,<br />

wurde bereits während der Begrüßung klar. Insgesamt waren<br />

ca. 800 Teilnehmer aus 35 Ländern vertreten. Zentrale Themen<br />

waren neben der Anatomie und Innervation die bildgebende<br />

Diagnostik faszialer Läsionen und die Bedeutung von<br />

Narbengewebe.<br />

Während der Hauptvorträge im Plenum ging es um wissenschaftliche<br />

Fragestellungen auf hohem Niveau und die daraus<br />

gewonnenen Erkenntnisse. In kleineren Vortragseinheiten<br />

wurden speziellere Themen abgehandelt, bei denen auch der<br />

Praxisbezug größer war. Zusätzlich gab es eine Ausstellerhalle<br />

der Sponsoren und regelmäßige Postersessions, die eine bunte<br />

Vielfalt an Studien und Innovationen zu bieten hatten.<br />

Erfreulich war die Teilnahme der unterschiedlichsten Berufe.<br />

Neben Ärzten und Physiotherapeuten waren Osteopathen,<br />

Chiropraktiker, Sportwissenschaftler, Yogalehrer,<br />

Masseure, Tierärzte und Ingenieure anzutreffen. Dement-<br />

Kraftübertragung<br />

4. Fascia<br />

Research<br />

Congress<br />

Biomechanik<br />

Anatomie<br />

und Physiologie<br />

Muskelsteifheit<br />

FASCIA RESEARCH<br />

KONGRESS 2015<br />

WASHINGTON D.C.<br />

Text: Klaas Stechmann<br />

Fotolia © sborisov<br />

sprechend spannend war der gegenseitige Austausch und die<br />

Vernetzung, welche unter anderem durch die Fascia Research<br />

Society vorangetrieben wurde.<br />

Im Anschluss an den Kongress wurden mehrere praktische<br />

Workshops veranstaltet, bei denen Therapiemethoden vorgestellt<br />

wurden oder diagnostische Geräte im Detail ausprobiert<br />

werden konnten. Auch wenn es weniger bahnbrechende Erkenntnisse<br />

zu veröffentlichen gab als es bei den letzten Kongressen,<br />

so wurden andererseits viele Thesen der letzten Jahre<br />

weiter vertieft und bestätigt. Es war gut zu erkennen, dass die<br />

Faszienforschung mittlerweile den Mittelpunkt vieler universitärer<br />

Institutionen darstellt und somit als ernstzunehmende<br />

wissenschaftliche Disziplin bereits etabliert ist. Der Kongress<br />

war sehr gut organisiert und die Atmosphäre positiv.<br />

Neben dem Kongress blieb noch die Möglichkeit, bei spätsommerlicher<br />

Hitze die Hauptstadt der USA zu erkunden, die<br />

mit vielen Denkmälern, Museen und städtischem Flair eine<br />

Reise wert ist. Wer das Event verpasst hat, jedoch an den vorgestellten<br />

Themen interessiert ist, kann sämtliche Veröffentlichungen<br />

in dem Buch zur Kongresszusammenfassung »Fascia<br />

Research IV« nachverfolgen.<br />

<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 27


NEU<br />

Bestellung auf<br />

www.dieFachwelt.de<br />

oder mit<br />

beiliegender<br />

Postkarte!<br />

Bindegewebsmassage<br />

Faszien und Strukturen<br />

gezielt behandeln<br />

28 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong><br />

212 Seiten, 360 Abbildungen, Softcover, 1. Auflage <strong>2016</strong><br />

Bestell-Nr: 30990<br />

€ 24,95


Exklusiv erhältlich unter<br />

www.dieFachwelt.de<br />

• Die Bindegewebsmassage ist ein sehr wirksames und effektives Verfahren, die Faszien und das gesamte Fasziensystem<br />

des Körpers gezielt zu behandeln. Sie bewirkt eine rasche und nachhaltige Linderung bei vielen funktionellen Erkrankungen und<br />

Schmerzzuständen. In diesem Buch werden neben den anatomischen und <strong>physio</strong>logischen Grundlagen die einzelnen Techniken<br />

detailliert erläutert. Anschließend werden die Behandlungsmöglichkeiten der Bindegewebs- bzw. Faszienmassage an zahlreichen<br />

Beschwerdebildern ausführlich beschrieben.<br />

Bildserien dokumentieren präzise<br />

das praktische Vorgehen am Patienten<br />

Einfach und gut formulierte Texte erläutern<br />

das grundlegende Wissen zur Behandlungsmethode<br />

<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 29


30 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>


Trailguide Anatomie<br />

Palpation und Anatomie<br />

444 Seiten, 1.400 Abbildungen, spiralgebunden, Format: 210 x 273 mm, € 29,95<br />

Trailguide – Bewegung und Biomechanik<br />

Schritt-für-Schritt Erläuterungen biomechanischer Grundprinzipien<br />

280 Seiten, 980 Abbildungen, Softcover, Format: 210 x 273 mm, € 24,95<br />

Trailguide – Das Arbeitsbuch<br />

Inkl. Malvorlagen, Lückentext Aufgaben, Frage- und Antwortteil<br />

236 Seiten, 500 Abbildungen, spiralgebunden, Format: 210 x 273 mm, € 19,95<br />

Trailguide – Lernkarten-Set Muskulatur und Skelettsystem<br />

Bewährtes Lernkartenkonzept<br />

Insgesamt 366 Karten (mit Stülpdeckelkarton), Format: 102 x 140 mm, € 34,95<br />

Erstmals in deutscher Sprache – Jetzt bestellen!<br />

Bestellung auf www.dieFachwelt.de<br />

oder mit beiliegender Postkarte!<br />

TRAILGUIDE ANATOMIE<br />

ANATOMISCHE STRUKTUREN ERSPÜREN LERNEN!<br />

Einzigartiges didaktisches Konzept, herausragende Abbildungen,<br />

speziell für die Physiotherapieausbildung konzipiert.<br />

<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 31


BRAINTUNING<br />

Text: Wiebke Meisgeier<br />

LERNSTRATEGIEN<br />

LERNTYPEN<br />

LERNSTILE<br />

UND<br />

ARBEITSZEITGESTALTUNG<br />

Tomorrow's illiterate will not be the man<br />

who can't read; he will be the man<br />

who has not learned how to learn.<br />

Herbert Gerjuoy (nach Alvin Toffler, 1971)<br />

Fotolia © Picture-Factory<br />

Was sind Lernstrategien?<br />

Lernstrategien erleichtern die Aufnahme, Verarbeitung und<br />

Speicherung neuer Informationen, wobei zwischen »oberflächlichen«<br />

Wiederholungsstrategien und »tiefen« Elaborationsstrategien<br />

unterschieden werden kann. Klassische<br />

Gedächtnistechniken erleichtern das Behalten neuartiger<br />

Informationen vor allem dann, wenn es sich um sinnarmes,<br />

unverbundenes Lernmaterial handelt. Formal betrachtet beschreiben<br />

Lernstrategien Verhaltensweisen, die der Bewältigung<br />

von Lernaufgaben dienen können.<br />

Lernstrategien lassen sich in drei Bereiche einteilen:<br />

Mit kognitiven Lernstrategien sind jene Aspekte gemeint,<br />

die mit der unmittelbaren Informationsaufnahme zu tun haben,<br />

etwa konkrete Arbeitstechniken, die man zum Einprägen<br />

von neuen Informationen anwendet. Dazu gehören Organisieren<br />

(Skizzen anfertigen, Schlüsselwörter unterstreichen bzw.<br />

markieren), Elaborieren (Ausdenken von konkreten Beispielen,<br />

Bildung von Analogien zu bereits bekanntem Wissen),<br />

kritisches Prüfen von Argumentationszusammenhängen, das<br />

Nachdenken über Alternativen zum gerade Erlernten, das<br />

Wiederholen durch mehrmaliges Lesen oder auch das Auswendiglernen<br />

von Schlüsselbegriffen.<br />

Metakognitive Lernstrategien beziehen sich weniger auf<br />

den eigentlichen Lernvorgang, sondern mehr auf die Kontrolle<br />

des eigenen Lernfortschritts, also das selbständige Planen der<br />

Lernschritte (Reihenfolge festlegen, Relevantes von Irrelevantem<br />

trennen), das Überwachen von Lernerfolg und Lernschritten<br />

(Beispielaufgaben durcharbeiten, anderen den Lernstoff<br />

zu erklären versuchen).<br />

Ressourcenbezogene Lernstrategien beziehen sich in erster<br />

Linie auf die Organisation und die Rahmenbedingungen<br />

des Lernens. Dazu gehören das Zeitmanagement (Lernzeiten,<br />

Pausen festlegen und einhalten), die Arbeitsplatzgestaltung,<br />

das Vermeiden von Ablenkungen (z. B. TV, Haustier, Kollegen)<br />

und der Zugriff auf notwendige Hilfsmittel (Stifte, Rechner, Papier).<br />

Aber auch Anstrengung, Aufmerksamkeit, Willensstärke<br />

und Konzentration bei ungeliebten Stoffgebieten sowie das<br />

Ausdehnen der Lernzeiten auf Abendstunden und Wochenenden<br />

gehören dazu. Nicht zuletzt können dem Bereich auch<br />

die Nutzung zusätzlicher Informationsquellen (Lexika, Wörterbücher,<br />

Internet, Bibliothek) und das Lernen in Gemeinschaften<br />

(Lerngruppen, E-Mail an Lehrer) zugeordnet werden.<br />

Über das bereichsspezifische Wissen hinaus sind das Wissen<br />

über das eigene kognitive System und prozedurales Wissen<br />

(Kenntnisse über Strategien und Vorgehensweisen) von Belang,<br />

weil diese Wissensanteile darüber mitentscheiden, welche<br />

Lernwege eingeschlagen und welche Vorgehensweisen<br />

bei Lernschwierigkeiten ergriffen werden. Ganz wesentlich<br />

beteiligt sind auch motivationale Prozesse, denn Lernen erfordert<br />

vielfältige Aktivitäten, Anstrengungsbereitschaft sowie<br />

Selbstwirksamkeitserwartungen. Die Steuerung der Aktivi-<br />

32 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>


täten, ihre Ausrichtung auf die Aneignung von Lerninhalten,<br />

die Mobilisierung von Anstrengungen und die Bereitstellung<br />

der entsprechenden Ressourcen (etwa Zeit zum Üben, Repetieren<br />

von Lernmaterial, Durcharbeiten von Texten) sollte der<br />

Lernende möglichst eigenständig vornehmen oder sich zumindest<br />

durch Lehrer oder Trainer dazu bewegen lassen.<br />

Neuere Untersuchungen zum sogenannten »Expert« oder<br />

»Independent Learning« zeigen, dass gerade in diesem Bereich<br />

große Unterschiede zwischen guten und schlechten Lernern<br />

bestehen, wobei die guten Lerner eine deutlich größere<br />

Frustrationstoleranz an den Tag legen, sich länger und dauerhafter<br />

mit einem Lerngegenstand auseinandersetzen und ein<br />

ausgeprägteres Interesse aufweisen.<br />

Neben den Anteilen des Lernenden selbst sind auch die<br />

Kontextbedingungen des Lernens zu erwähnen: die Konkretheit<br />

der angebotenen Lerninhalte, die Qualität und Vollständigkeit<br />

der Instruktion bzw. des Unterrichts und die Stellung<br />

des Lernenden in der Gruppe. In der Schule wird oft abstraktes<br />

Wissen gefordert, ohne dass den Schülern die Verwendbarkeit<br />

und der Situationsbezug klar sind. Dieses Lernen verlangt<br />

vom Schüler eher reproduktive Leistungen bzw. eigenständige<br />

Konkretisierungen. Das Lernen unter diesen Bedingungen erfordert<br />

andere Merkmale als projektartige, konkretere Unterrichtsformen.<br />

Es ist zu vermuten, dass das Phänomen der »Six<br />

Hours Retarded« (Schüler, die bei schulischen Lernaufgaben<br />

versagen, in ihrer Alltagsumgebung aber äußerst intelligent<br />

und lernfähig sind) ganz wesentlich mit diesen Lernbedingungen<br />

zusammenhängt. Untersuchungen zur Qualität und<br />

Vollständigkeit des Unterrichts zeigen, dass schulisches Lernen<br />

zumeist ein Lernen anhand von unvollständigen Instruktionen<br />

ist. Regelerkennung, Strategieableitung und Transferleistungen<br />

bleiben dem einzelnen Schüler selbst überlassen, ohne<br />

dass ausreichende Vorsorge für vertiefenden Lernprozesse getroffen<br />

wird – ein Sachverhalt, der die Notwendigkeit eigenständigen<br />

Lernens und vermehrter Lernaktivitäten zur Schließung<br />

der »Lücken« erhöht und das Lernen für einen Teil der<br />

Schüler erschwert.<br />

Lernen und Zeit<br />

BRAINTUNING<br />

Eine gut vorbereitete Arbeitszeitgestaltung fördert Lernerfolg<br />

und Zufriedenheit.<br />

Wenn von Zeitmanagement die Rede ist, bedeutet dies<br />

vor allem ein gutes Energie- und Selbstmanagement, was die<br />

Menschen letztlich zufriedener macht. Es geht dabei auch<br />

um die innere Einstellung auf dem Weg, seine Ziele zu verwirklichen,<br />

denn Selbstmanagement beginnt immer im Kopf.<br />

Viele Menschen verlieren zu viel Energie, um sich vor Dingen<br />

zu drücken, die sie am liebsten gar nicht erledigen möchten.<br />

Daher spielt die Motivation eine große Rolle. In zahlreichen<br />

Seminaren wird auch heute noch der »Irrglaube« verbreitet,<br />

durch eine gute und genaue Zeitplanung ließe sich der Druck<br />

reduzieren. Allerdings vergrößert sich der Druck eher, wenn<br />

die Zeit sehr kleinteilig verplant wird. Gerät nämlich eine solche<br />

Taktung durch einen Zufall durcheinander, wird wiederum<br />

viel Zeit benötigt, um sich neu zu organisieren.<br />

Zeitmanagement bedeutet systematisches und diszipliniertes<br />

Planen der eigenen Zeit, um auf diese Weise Zeit zu sparen,<br />

sodass mehr Zeit für die »wichtigen« Dinge in Beruf und<br />

Freizeit bleibt. Das Mehr an verfügbarer Zeit sollte aber nicht<br />

zu einem Mehr an Zeit für Arbeit führen, sondern mehr Zeit<br />

für Vorhaben schaffen, die einem selber als Person wichtig<br />

sind. Zeitmanagement soll daher letztlich mehr Zeit für Erholung<br />

und Möglichkeiten, wieder neue Energie zu tanken,<br />

freimachen. Zeitmanagement hilft also nicht nur dabei, Zeit<br />

zu sparen, sondern auch, sich auf die wesentlichen Dinge zu<br />

konzentrieren, was letztlich zu einer zufriedeneren Lebensgestaltung<br />

führt.<br />

Die Hauptursache für Lernschwierigkeiten bei Schülern,<br />

Studenten und auch Berufstätigen liegt häufig im Mangel an<br />

adäquaten Lerngewohnheiten, und dabei besonders im Umgang<br />

mit der Arbeits- und Lernzeit.<br />

Mögliche Ursachen von<br />

Lernschwierigkeiten<br />

Zeitverschwendung<br />

Viele Schüler und Studenten wollen zu viel auf einmal erledigen.<br />

Doch was sie dann tun, ist nicht lang und intensiv genug,<br />

um wirklich brauchbare Resultate zu erzielen. So erreichen sie<br />

im Grunde gar nichts und ihre Arbeitszeit ist verschwendet.<br />

Anfangshemmungen<br />

Die Entscheidung und damit verbundene Überwindung, nun<br />

endlich anzufangen, fallen vielen außerordentlich schwer. Sie<br />

lassen sich von jeder sich bietenden Möglichkeit ablenken<br />

oder verzetteln sich in überflüssigen und vorgeschobenen Tätigkeiten,<br />

die sie als Alibi benützen.<br />

Schlechtes Gewissen<br />

Dieses Alibi brauchen viele, weil sie durchaus das Gefühl haben,<br />

eigentlich nicht genug zu leisten bzw. mehr leisten zu<br />

können. Ein schlechtes Gewissen plagt sie konsequenterweise<br />

auch dann, wenn sie sich entspannen wollen, und hindert sie<br />

so zusätzlich auch noch an einer wirklich effektvollen Entspannung.<br />

Dadurch verpassen sie beides, nämlich Arbeit und Entspannung.<br />

e<br />

Fotolia © Andrey Bandurenko<br />

<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 33


BRAINTUNING<br />

Praktische Tipps<br />

Hier einige Tipps von Lothar Seiwert, einem Spezialisten des<br />

Zeitmanagements!<br />

Mehr Überblick durch O-Termine<br />

Damit das Chaos keine Chance hat, trage Dir jeden Tag eine<br />

halbe Stunde »O« in den Terminkalender ein. Diese Zeit ist<br />

reserviert fürs Organisieren und Ordnen: Stapel abtragen, Papiere<br />

abheften, E-Mails löschen, eine Schublade entrümpeln<br />

usw. Die O-Termine helfen auch gegen Ablenker und Zeitdiebe,<br />

denn an einem aufgeräumten Schreibtisch fällt es Dir<br />

leichter, an einer Aufgabe dranzubleiben, bis sie fertig ist. Und<br />

das spart letztendlich mehr als eine halbe Stunde täglich.<br />

Das Direkt-Prinzip<br />

Aufgaben, die nicht länger als fünf Minuten beanspruchen,<br />

erledige nach Möglichkeit sofort, denn alles, was Du sofort<br />

abarbeitest, kannst Du nicht vergessen. Das Problem an vielen<br />

kleinen Aufgaben ist nämlich, dass sie allmählich zu einem abschreckenden<br />

Berg werden, den man ewig vor sich herschiebt.<br />

Dadurch entsteht Druck, der mit der Zeit auch die anderen<br />

normalen Arbeiten beeinträchtigen kann. Eine schnelle Erledigung<br />

mit sichtbaren Erfolgserlebnissen hingegen motiviert<br />

und verschafft erneuten Überblick.<br />

Selbstmanagement: So geht’s!<br />

Durch eine konsequente Ausrichtung auf das Wesentliche und<br />

systematisches Vorgehen hast Du letztlich weniger Arbeit.<br />

Deine Entscheidung für Zeitmanagement sollte die bewusste<br />

Entscheidung sein, dass Du wirklich mehr Zeit haben<br />

willst. Ist das nicht der Fall, helfen alle Techniken des Zeitmanagements<br />

nichts.<br />

Dies ist der erste Schritt, um den eigenen Umgang mit Zeit<br />

zu verbessern: Schaue Dir an, womit Du hauptsächlich Deine<br />

Zeit verbringst. Dann beseitige die Dinge, die Dir unnötig »die<br />

Zeit stehlen«.<br />

Der zweite Schritt ist: Mache Dir klar, in welche Bereiche<br />

sich Dein Leben aufteilt und wie viel Zeit Du für den jeweiligen<br />

Bereich verwendest (Haushalt, Freunde, Sport usw.). Wichtig<br />

ist Dein klarer Blick auf die momentane Lebenssituation. Nachdem<br />

Du einen Überblick über die Aufgaben und das, was Du<br />

erreichen willst, gewonnen hast, kannst Du mit der konkreten<br />

Zeitplanung beginnen. Planen spart viel Zeit und verbessert<br />

das Arbeitsergebnis. Am besten ist es, wenn Du Dir am Tag<br />

5 bis 15 Minuten Zeit nimmst, um den aktuellen Tag oder<br />

aber auch am Abend den kommenden Tag zu planen. Auch<br />

eine komplette Wochenplanung ist hilfreich und hat den Vorteil,<br />

dass der Fokus mehr auf den langfristigen und strategischen<br />

Ergebnissen liegt (z. B. Prüfungsvorbereitung). Doch<br />

es ist notwendig, den Wochenplan flexibel umzugestalten,<br />

wenn es notwendig ist und Unvorhergesehenes eintritt. Die<br />

Zeitplanung solltest Du am besten schriftlich festhalten. Bei<br />

der Planung ist es übrigens ratsam, mit den wichtigsten Aufgaben<br />

des Tages oder der Woche zu beginnen. Auch ist es<br />

notwendig, Aufgaben nach Wichtigkeit und Dringlichkeit zu<br />

unterscheiden. Dringende Aufgaben sind schnell zu erledigen,<br />

da ein naher Termin feststeht, an dem sie abzuschließen sind.<br />

Wichtige Aufgaben sind dagegen meistens langfristiger und<br />

strategischer Natur.<br />

Bei der Planung und Umsetzung<br />

Deiner Lernstrategien wünsche ich Dir viel Erfolg.<br />

Literatur<br />

Stangl W. (<strong>2016</strong>): Lernstrategien – Lerntypen – Lernstile. Zugriff am 18.02.<strong>2016</strong>: http://www.stangl-taller.at/ARBEITSBLAETTER/LERNEN/Lernstrategien.shtml<br />

Krapp A., Ryan R. M. (2002): Selbstwirksamkeit und Lernmotivation. Eine kritische Betrachtung der Theorie von Bandura aus der Sicht der Selbstbestimmungstheorie<br />

und der pädagogisch-psychologischen Interessentheorie. Zeitschrift für Pädagogik, Beiheft 44: 54–82.<br />

Schlag B. (2013): Lern- und Leistungsmotivation. 4., überarbeitete u. aktualisierte Aufl. Springer VS (Lehrbuch), Wiesbaden.<br />

Siebert H., Jäger C. (2006): Lernmotivation und Bildungsbeteiligung. WBV, Bielefeld.<br />

Stuhlmann K. (2005): Entwicklung der Lern- und Leistungsmotivation im Übergang von der Adoleszenz ins frühe Erwachsenenalter.<br />

Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation 25 (1): 67–81.<br />

Gerjuoy H., nach Toffler A. (1971). Future Shock. Pan, London.<br />

34 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>


REFRESHER- UND<br />

PRÜFUNGSFRAGEN<br />

?<br />

BRAINTUNING<br />

Egal ob man gerade in der Ausbildung steckt, oder diese<br />

schon absolviert hat – man muss als Physiotherapeut eine<br />

ganze Menge wissen. Dabei weiß man häufig gar nicht<br />

mehr, mit was man sich schon alles beschäftigt hat. Hier<br />

findet Ihr einige Fragen, die in Prüfungen häufig abgefragt<br />

werden und mit denen Ihr testen könnt, was<br />

Ihr noch alles wisst. Die passenden Antworten findet<br />

Ihr in der nächsten Ausgabe des <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>s.<br />

Viel Spaß beim Lösen.<br />

1. Nennen Sie die Merkmale eines »Plattfußes«?<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

2. Welche Gefäßmissbildung ist die Hauptursache für eine<br />

Subarachnoidalblutung?<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

3. Welche Struktur ist bei einem positiven drop-arm-sign<br />

wahrscheinlich betroffen?<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

4. Wie wird der Gelenkknorpel mit Nährstoffen versorgt?<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

5. Was versteht man unter einem Bewegungssegment?<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

6. Nennen Sie einen Puffer.<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

7. Beschreiben Sie die Blätter und Funktion der Pleura.<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

8. Woran erkennt man eine Mangelgeburt?<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

9. Nennen Sie drei Erkrankungen, die vorzeitig zu<br />

Arteriosklerose führen können.<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

10. Welche Risikofaktoren tragen zur Entstehung einer<br />

Herzinsuffizienz bei?<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

11. Welche Formen der Lokalanästhesie lassen sich<br />

unterscheiden?<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

12. Was versteht man unter einer HWS-Distorsion?<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

..............................................................................................<br />

Übrigens: Viele dieser Fragen stammen<br />

aus dem Heller-Skript, einer Skript-Reihe,<br />

die kurz und bündig die wesentlichen<br />

Themen der einzelnen Fächer<br />

zusammenfasst.<br />

Mehr Infos unter<br />

www.hellerskripte.de<br />

Damit der Pool an Fragen und Aufgaben immer weiter wachsen kann, brauchen wir Dich!<br />

Schicke uns Fragen, die Dir in Klausuren gestellt wurden, die Du Deinen Vorgängern aus der Nase ziehen konntest<br />

oder die im Dunstkreis geheimer Ordner in deiner Schule kursieren.<br />

<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 35


!<br />

BRAINTUNING<br />

ANTWORTEN<br />

ZUM WISSENSCHECK<br />

DER 8. AUSGABE<br />

In Heft 3/2015 haben wir Euch einige examensrelevante Fragen<br />

aus den Hellerskripten vorgestellt. Die dazugehörigen Antworten<br />

wollen wir Euch natürlich nicht vorenthalten! Falls Ihr noch<br />

weitere Fragen und Antworten als Lernhilfe benötigt, dann<br />

schaut einfach mal in die Hellerskripte rein!<br />

Mehr Infos unter www.hellerskripte.de<br />

Frage 1:<br />

Eine Spondylolisthesis kann man nach Meyerding einteilen.<br />

• Meyerding I: Ventralverschiebung des Wirbelkörpers um<br />

weniger als 25 % der Wirbelkörpertiefe<br />

• Meyerding II: Ventralverschiebung um 25–50 %<br />

• Meyerding III: Ventralverschiebung um 50–75 %<br />

• Meyerding IV: Ventralverschiebung um mehr als 75 %<br />

Frage 2:<br />

Bei Verdacht auf ein Mamma-Ca können folgende diagnostische<br />

Maßnahmen durchgeführt werden:<br />

• Röntgen: Zur Frühdiagnostik eignet sich die<br />

Mammographie in zwei Ebenen.<br />

• Biopsie<br />

Frage 3:<br />

Die Stand- und Gangsicherheit kann mit dem Rhomberg-<br />

Versuch untersucht werden:<br />

• Der Patient steht mit eng aneinander stehenden Füßen<br />

(zuerst Augen geöffnet, dann geschlossen).<br />

• Physiologisch: Standsicherheit, kaum Schwankungen<br />

• Pathologisch: Fallneigung, Standunsicherheit bei geschlossenen<br />

Augen deutet auf eine Läsion der sensiblen Afferenzen<br />

hin.<br />

Frage 4:<br />

Unter einem Pseudokrupp versteht man eine stenosierende<br />

subglottische Laryngitis (unspezifische Kehlkopfentzündung<br />

unterhalb der Stimmritze).<br />

Frage 5:<br />

Durch eine Arteriosklerose können folgende Folgeerkrankungen<br />

entstehen:<br />

• KHK<br />

• Schlaganfall<br />

• Arterielle Hypertonie<br />

• pAVK<br />

Frage 6:<br />

Nach der Geburt findet der Gasaustausch im fetalen Kreislauf<br />

nicht mehr in der Plazenta statt, sondern in den kindlichen<br />

Lungen. Die fetalen Shunts (Foramen ovale, Ductus<br />

venosus, Ductus arteriosus) werden geschlossen.<br />

Frage 7:<br />

Unter einer primären Knochenbruchheilung versteht man,<br />

dass Frakturfragmente ohne Kallusbildung zusammenwachsen.<br />

Eine sekundäre Knochenbruchheilung bedeutet hingegen<br />

eine Frakturheilung mit Kallusbildung.<br />

Frage 8:<br />

Durch eine konstitutionell bedingte Plus-Oberlänge kann<br />

beim Bückvorgang eine vermehrte Belastung der extensorischen<br />

lumbosakralen Muskulatur entstehen.<br />

Frage 9:<br />

Wichtige Symptome bei Mukoviszidose sind:<br />

• Chronische Bronchitis<br />

• Maldigestion<br />

• Gedeihstörungen<br />

• Vorgewölbtes Abdomen<br />

• Appetitlosigkeit<br />

Frage 10:<br />

Im Alter nimmt die Elastizität der Gefäße ab, somit wird die<br />

Windkesselfunktion schwächer. Zudem muss das Herz auch<br />

die Blutsäule beschleunigen. Insgesamt steigt der systolische<br />

Wert.<br />

Frage 11:<br />

Risikofaktoren für eine Phlebothrombose sind:<br />

• Gravidität<br />

• Tumor<br />

• Immobilität<br />

• Einnahme von Ovulationshemmern<br />

• Krankhaft bedingte Gerinnungsstörungen<br />

Frage 12:<br />

Die Glasgow Coma Scale (GCS) dient zur Einschätzung einer<br />

Bewusstseins- und Hirnfunktionsstörung.<br />

36 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>


BRAINTUNING<br />

ANATOMIE ZUM SAMMELN<br />

M. piriformis<br />

In der nächsten Ausgabe:<br />

<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong><br />

M. latissimus dorsi<br />

.<br />

<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 37


BRAINTUNING<br />

MT BEFUNDBOGEN<br />

»FINGERGRUNDGELENK«<br />

Inspektion<br />

Rechts<br />

Name:<br />

Datum:<br />

Links<br />

Palpation<br />

Aktive Flexion<br />

Passives Weiterbewegen in Flexion<br />

Passive Flexion<br />

Aktive Extension<br />

Passives Weiterbewegen in Extension<br />

Passive Extension<br />

Aktive Abduktion<br />

Passives Weiterbewegen in Abduktion<br />

Passive Abduktion<br />

Aktive Adduktion<br />

Passives Weiterbewegen in Adduktion<br />

Passive Adduktion<br />

Ausmaß/Quantität Qualität/EG Ausmaß/Quantität Qualität/EG<br />

Traktion (Carpometacarpalgelenk)<br />

Kompression (Carpometacarpalgelenk)<br />

Gleiten nach dorsal (Carpometacarpalgelenk)<br />

Gleiten nach volar (Carpometacarpalgelenk)<br />

Gleiten nach dorsal (proximales Intermetacarpalgelenk)<br />

Gleiten nach volar (proximales Intermetacarpalgelenk)<br />

Gleiten nach dorsal (distale intermetacarpale Syndesmose)<br />

Gleiten nach volar (distale intermetacarpale Syndesmose)<br />

Traktion (Metacarpophalangealgelenk)<br />

Kompression (Metacarpophalangealgelenk)<br />

Gleiten nach dorsal (Metacarpophalangealgelenk)<br />

Gleiten nach volar (Metacarpophalangealgelenk)<br />

Gleiten nach ulnar (Metacarpophalangealgelenk)<br />

Gleiten nach radial (Metacarpophalangealgelenk)<br />

Widerstandstest Flexion<br />

Widerstandstest Extension<br />

Widerstandstest radial<br />

Widerstandstest ulnar<br />

Kraft Schmerzen Kraft Schmerzen<br />

.<br />

38 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>


BRAINTUNING<br />

Fotolia © Eric Isselée<br />

Viel Spaß und Erfolg beim Lesen und Verstehen!<br />

SHORTIES PHYSIOLOGIE<br />

Jeder kennt das: Die Ausbildung und das Studium zum Physiotherapeuten<br />

beinhalten vor allem in den Fächern Physiologie, Anatomie<br />

und in den klinischen Fächern zahlreiche sehr komplexe Themengebiete,<br />

die man sich immer wieder durchlesen muss, um sie endlich<br />

zu verstehen. Leider sind in der Fachliteratur die spannenden<br />

und kniffligen Themen auch sehr komplex und langatmig beschrieben.<br />

Deshalb wollen wir Euch gerne ein bisschen unterstützen und<br />

kleine Shorties verzehrfertig servieren. Hier findet Ihr knifflige Themengebiete<br />

häppchenweise kurz und prägnant zusammengefasst.<br />

Immunsystem Teil 2 – die Physiologie<br />

Text: Lina Wirtz<br />

L Im ersten Teil in Heft 3/2015 wurden die Bestandteile<br />

unseren Immunsystems beschrieben. In diesem Artikel<br />

soll es hauptsächlich um deren Funktion und das dahinterstehende<br />

Wirkprinzip, also die Physiologie gehen.<br />

Wir starten dort, wo wir das letzte Mal aufgehört haben<br />

– bei der Einteilung der spezifischen und unspezifischen<br />

Immunabwehr.<br />

Unspezifisches Immunsystem<br />

Die Abwehr, die uns Menschen von Beginn an zur Verfügung<br />

steht, ist die unspezifische Immunabwehr. Hier werden erst<br />

einmal alle körperfremden Zellen und Stoffe phagozytiert.<br />

Dies bedeutet, dass durch eine chemische Reaktion in unserem<br />

Körper die neutrophilen Granulozyten, Makrophagen<br />

und Monozyten aktiviert werden und sich um die gnadenlose<br />

Zerstörung der ungebetenen Gäste kümmern. Hierbei entstehen<br />

dann auch unsere klassischen Entzündungszeichen (Rubor,<br />

Calor, Dolor, Tumor, Functio laesa). Zusätzlich bildet sich<br />

häufig Eiter aus den Zelltrümmern, den Überresten der Zellen<br />

und abgestorbenen Granulozyten.<br />

Aber woher weiß denn die Immunabwehr, welche Zellen und<br />

Stoffe körperfremd sind? Alle Zellen unseres Körpers besitzen<br />

eine Art Strichcode als Erkennungsmerkmal. Dies ist das<br />

MHC-Protein oder auch HLA-I- und HLA-II-Protein genannt.<br />

Ist dieses Protein vorhanden, weiß der Körper, dass dies eigene<br />

Zellen und somit keine Antigene sind.<br />

Zusätzlich gehören auch noch die natürlichen Killerzellen zur<br />

unspezifischen Immunabwehr. Diese sind auf Viren, Bakterien<br />

und Tumorzellen spezialisiert. Es sind große Lymphozyten, die<br />

von virusinfizierten Zellen durch die Freisetzung von Interferonen<br />

aktiviert werden. Die natürlichen Killerzellen attackieren<br />

die infizierte Zelle und perforieren diese.<br />

Daraufhin stirbt die Zelle ab und der Virus<br />

verliert somit seine Wirtszelle und<br />

kann sich nicht weiterverbreiten.<br />

Neben der zellulären Abwehr gibt es<br />

auch noch die humorale unspezifische<br />

Immunabwehr. Hierfür produzieren die<br />

Monozyten und Makrophagen sogenannte<br />

Zytokine, welche die vermehrte Produktion der Immunzellen<br />

und der unspezifischen Immunabwehr einleiten.<br />

Dabei erhalten sie Unterstützung durch das Komplementsystem<br />

und das Lysozym.<br />

Spezifisches Immunsystem<br />

Wesentlich differenzierter ist die spezifische Immunabwehr,<br />

ein System, welches sich in unserem Körper stetig verändert<br />

und sich den Umweltfaktoren anpasst. Hier beginnt es mit der<br />

Antigenpräsentation durch die Makrophagen. Als wichtiger<br />

Mediator zwischen der spezifischen und unspezifischen Immunabwehr<br />

haben diese Zellen eine überaus relevante Rolle<br />

für unsere Gesundheit. Sie nehmen Erregerfragmente nach<br />

der Phagozytose auf und bauen sie in ihre eigene Membran<br />

ein, so können diese den T-Lymphozyten präsentiert werden.<br />

Bei diesen unterscheidet man die T-Helferzellen, T-Suppressorzellen<br />

und T-Killerzellen.<br />

Aufgaben der spezifischen T-Lymphozyten<br />

T-Helferzellen T-Supressorzellen T-Killerzellen<br />

• Produzieren<br />

Interleukine und<br />

beschleunigen<br />

deren klonale<br />

Vermehrung<br />

• Interleukine<br />

regen die Reifung<br />

der B-Lymphozyten<br />

an<br />

Komplementsystem<br />

Lösliche Plasmaproteine, die Bestandteile<br />

einer Enzymkaskade sind.<br />

Dieses wird aktiviert durch die<br />

Kohlenhydrate bakterieller Zellwände<br />

oder aber auch durch den<br />

Antigen-Antikörper-Komplex.<br />

• Beenden die<br />

Immunreaktion<br />

• Zerstören<br />

körpereigene,<br />

virusinfizierte<br />

oder entartete<br />

Zellen<br />

Neben den T-Lymphozyten betätigen sich auch noch die<br />

B-Lymphozyten an der Immunabwehr. Diese unterstützen<br />

die Immunabwehr insbesondere durch<br />

sogenannte »Frühantikörper«, welche<br />

an der Oberfläche der B-Lymphozyten<br />

zu finden sind. Diese Antikörper erkennen<br />

frühzeitig ein Antigen und binden<br />

sich an dieses. Für jedes Antigen sind<br />

B-Lymphozyten vorhanden, welche auf<br />

die Antigene spezialisiert sind (Schlüssel-<br />

<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 39


BRAINTUNING<br />

SHORTIES PHYSIOLOGIE<br />

Schloss-Prinzip). Der Antigen-Antikörper-Komplex wird von<br />

B-Lymphozyten aufgenommen und kleinere Teilstücke hiervon<br />

werden an die MHC-Proteine der B-Lymphozyten weitergegeben,<br />

sodass diese auch als Antigen präsentiert werden<br />

können. Spezifische T-Helferzellen können nun das präsentierte<br />

Antigen erkennen und die B-Lymphozyten aktivieren,<br />

woraufhin diese proliferieren und Antikörper sezernieren.<br />

Aber was bedeutet denn nun eigentlich Immunisierung?<br />

Wie sichert unser Körper uns beispielsweise<br />

vor Krankheiten?<br />

Unser Körper ist imstande, sich selbst zu immunisieren. Das<br />

bedeutet, dass ein Teil der Zellen, die Kontakt mit dem Antigen<br />

hatten, als Gedächtniszellen erhalten bleiben. Sie wandern<br />

aus dem Blutkreislauf in die lymphatischen Gewebe ein<br />

und verweilen dort teilweise über Jahrzehnte. Kommt es also<br />

zu einem erneuten Kontakt mit einem bestimmten Antigen<br />

wie Windpocken oder Röteln, werden die Gedächtniszellen<br />

wieder aktiviert und arbeiten dann nach dem Schlüssel-<br />

Schloss-Prinzip. Die Gedächtniszellen haben im Grunde genommen<br />

einen direkten Weg, das Antigen unschädlich zu<br />

machen oder deutlich zu schwächen. Somit kann das Immunsystem<br />

mit den Erfahrungen der Gedächtniszellen schneller<br />

auf eine drohende Infektion reagieren. Im Laufe unseres<br />

Lebens wird dieses natürlich ausgeprägter und wir werden<br />

immuner.<br />

FUNCTIONAL<br />

FLOSS®BAND<br />

Functional FLOSS® Band: hergestellt aus 100 % Naturkautschuk und<br />

in verschiedenen Längen von ca. 1,03 bis 2,06 m erhältlich.<br />

Die Breite des Bandes für die Anwendungen an Armen, Beinen und Körper<br />

beträgt 5 cm. Für die Anwendung an kleinen Gelenken und<br />

den Händen gibt es das schmalere, 2,5 cm breite<br />

und kürzere Functional FLOSS® Band.<br />

FLOSS-Band<br />

BLAU<br />

€ 14,90<br />

Bestellung online unter<br />

www.functional-flossing.de<br />

FLOSS-Band<br />

GRÜN<br />

€ 12,90<br />

40 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>


FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />

Text: Silke Wolf<br />

TESTS UND ASSESSMENTS<br />

PAIN DISABILITY INDEX<br />

Schmerz – ein vielschichtiges Symptom und eines der wichtigsten<br />

<strong>physio</strong>logischen Signale, an denen sich <strong>physio</strong>therapeutische und medizinische<br />

Therapien orientieren. Allein in Deutschland leben Schätzungen<br />

zufolge etwa 15 Millionen Menschen, die unter chronischen<br />

Schmerzen leiden. Verschiedenste Ausprägungen und unterschiedlichste<br />

Ursachen können vorliegen. Die Befundung und die Evaluation<br />

des Schmerzes stellen daher grundlegende Elemente einer <strong>physio</strong>therapeutischen<br />

Behandlung dar. Häufig wird in der Praxis die Numerische<br />

Rating Skala (NRS) zur quantitativen Schmerzerfassung genutzt.<br />

Aber auch ganz individuelle Einschränkungen können durch Schmerz<br />

bedingt sein und sollten erfasst werden. Zur Darstellung des subjektiven<br />

Schmerzerlebens eignen sich spezielle Fragebögen und Instrumente<br />

wie der Pain Disability Index (PDI).<br />

Fotolia © n_eri<br />

Was ist das?<br />

Der Pain Disability Index (PDI) ist ein Instrument zur Erfassung<br />

von schmerzbedingten Beeinträchtigungen bzw. Behinderungen.<br />

Der PDI ist nicht krankheitsspezifisch und kann somit diagnoseübergreifend<br />

eingesetzt werden. Damit eignet er sich<br />

sehr gut zum Einsatz bei diversen Schmerzerkrankungen wie<br />

Rücken-, Kopf-, Nerven- oder Tumorschmerzen.<br />

Mit dem PDI werden verschiedene Lebensbereiche abgefragt<br />

und hinsichtlich der Beeinträchtigung durch Schmerzen<br />

beurteilt. Somit erfolgt eine Messung der schmerzbedingten<br />

Behinderung, welche als Schnittstelle von körperlicher und<br />

psychischer Symptomatik interpretiert werden kann. Denn gerade<br />

chronische Schmerzen wirken sich auf das gesamte Leben<br />

des Patienten – also auf körperlicher, sozialer und psychischer<br />

Ebene – aus und sollten daher umfassend erhoben werden.<br />

Personen im Alter von 14 bis 90 Jahre können mit dem<br />

PDI erfasst werden, sofern keine kognitiven oder sprachlichen<br />

Einschränkungen bestehen.<br />

Warum?<br />

Die Messung bzw. Darstellung von Schmerz (R Info-Box,<br />

nächste Seite) und dessen Folgen stellen die moderne Medizin<br />

weiterhin vor eine Herausforderung, denn bildgebende und<br />

neuro<strong>physio</strong>logische Verfahren sind nicht (oder nur bedingt)<br />

geeignet, Schmerzen zu quantifizieren. Daher sind Selbsteinschätzungsskalen<br />

und Fragebögen das Mittel der Wahl, um<br />

Schmerzen und ihren Verlauf darzustellen. Meist zielen diese<br />

Instrumente auf eine Angabe des Schmerzes in Zahlenwerten<br />

ab. Zur sinnvollen Erhebung von Schmerz, vor allem bei<br />

Behandlung chronischer Schmerzerkrankungen, sollten die<br />

gewonnenen Befunde aber vor dem Kontext von Funktionsbeeinträchtigungen<br />

und subjektiv empfundenen Einschränkungen<br />

diskutiert werden. Ihre Ermittlung leistet der PDI, indem<br />

er hauptsächlich auf den Partizipationslevel – also den<br />

Grad der Teilhabe – fokussiert.<br />

Wie geht das?<br />

Die Fragen des PDI zielen auf den Selbstreport von schmerzbedingten<br />

Einschränkungen. Es werden insgesamt sieben Lebensbereiche<br />

abgefragt, die im Fragebogen näher erläutert<br />

werden: familiäre und häusliche Verpflichtungen, Erholung,<br />

soziale Aktivitäten, Beruf, Sexualleben, Selbstversorgung und<br />

lebensnotwendige Tätigkeiten.<br />

Jede Frage kann auf einer numerischen 11-Item-Skala bewertet<br />

werden. Dabei bedeutet »0 = keine Beeinträchtigung«<br />

und »10 = völlige Beeinträchtigung«. Im Gegensatz zu Instrumenten<br />

zur Quantifizierung der Schmerzstärke (bspw. NRS)<br />

wird mit dem PDI der Grad der Beeinträchtigung erhoben. Zusätzlich<br />

sollte eine Erhebung der Schmerzstärke sowie der Lokalisation<br />

und Qualität des Schmerzes durchgeführt werden.<br />

Beides kann in jedem Fall hilfreich sein, die wahrgenommene<br />

Beeinträchtigung in einen Kontext zu setzen.<br />

Die Bearbeitungszeit für das Selbstbeurteilungsinstrument<br />

beträgt etwa fünf Minuten. Mit einer Auswertungszeit von<br />

etwa einer Minute lässt sich der PDI gut in die tägliche Behandlungspraxis<br />

integrieren und auch effizient in Forschungsprojekten<br />

zum Schmerz einsetzen.<br />

e<br />

<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 41


FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />

Wie gut?<br />

Der PDI wurde mehrfach in Studien evaluiert. Dabei konnten<br />

seine Objektivität, Validität (Gültigkeit) sowie Reliabilität<br />

(Zuverlässigkeit) empirisch für verschiedene Krankheitsbilder<br />

belegt werden. Verschiedene Faktorenanalysen bescheinigten<br />

die Eindimensionalität des Tests, d. h, mittels statistischer Verfahren<br />

wurde ermittelt, dass der PDI auch bei unterschiedlichen<br />

Krankheitsbildern genau ein Merkmal erfasst – den<br />

Schmerz und durch ihn bedingte Beeinträchtigung.<br />

Zusammenfassung<br />

Schmerzbedingte Behinderung bzw. Beeinträchtigung stellt<br />

eine wichtige Variable im Behandlungsprozess von (chronischen)<br />

Schmerzerkrankungen dar. Um einen umfassenden<br />

Befund zu erstellen und um den Verlauf einer Behandlung zu<br />

dokumentieren, ist es daher sinnvoll, den Schmerz und dessen<br />

Auswirkungen zu erfassen. Dies kann durch den Einsatz des<br />

PDI geleistet werden.<br />

Ein kostenloser Download der deutschen Version ist unter<br />

anderem beim Institut für Qualitätssicherung in Prävention<br />

und Rehabilitation GmbH an der Deutschen Sporthochschule<br />

Köln möglich (www.assessment-info.de).<br />

INFO<br />

BOX<br />

Schmerz – ein komplexes Symptom<br />

Schmerzen quantitativ zu erfassen und zu<br />

differenzieren, stellt eine der großen Schwierigkeiten<br />

in der Medizin dar. Neben der zeitlichen<br />

Charakterisierung in akute, subakute oder<br />

chronische Schmerzen lassen sich viele weitere Unterscheidungsmerkmale<br />

bestimmen, die unter Umständen<br />

Rückschlüsse auf die Ursache zulassen. Eine spezielle<br />

Schmerzanamnese sollte daher Faktoren wie Lokalisation,<br />

Häufigkeit, Verlauf, Qualität, Abhängigkeit von Körperhaltung/Bewegung/Tageszeit,<br />

biographische Schmerzerfahrungen<br />

u. Ä. erfassen.<br />

Neben somatischen Aspekten können auch psychische<br />

und soziale Ereignisse das Schmerzerlebnis hervorrufen<br />

und beeinflussen. Dabei sind Einwirkungen auf allen<br />

Ebenen der Schmerzverarbeitung möglich: vom Schmerzrezeptor<br />

über die Reizweiterleitung bis hin zur zentralen<br />

Verarbeitung von Schmerz.<br />

Der Schmerz kann dementsprechend Symptom verschiedener<br />

Patho<strong>physio</strong>logien sein und vielfältige Funktionen<br />

annehmen: Alarmsignal für drohende (Gewebs-) Schädigung,<br />

Warnsignal für schwerwiegende Erkrankungen<br />

(Red Flag) oder Hinweis auf psychische Erkrankungen.<br />

Chronische Schmerzen lassen sich, entsprechend der Leitlinien<br />

für die Begutachtung von Schmerz, in drei Hauptkategorien<br />

einteilen: Schmerz als Leitsymptom einer Gewebsschädigung,<br />

Schmerz bei Gewebsschädigung mit<br />

psychischer Komorbidität und Schmerz als Leitsymptom<br />

einer psychischen Erkrankung. Ob Schmerzen überhaupt<br />

chronifizieren, ist dabei von verschiedenen Faktoren abhängig,<br />

die sich in umweltbezogene Faktoren (bspw. Arbeitsplatz<br />

oder Familie) und personenbezogene Faktoren<br />

(bspw. Soziodemographie oder somatische und psychosoziale<br />

Einflüsse) unterteilen lassen.<br />

Weitere Informationen, Schmerzfragebögen und Assessmentinstrumente<br />

finden sich auch unter folgenden Links:<br />

http://www.schmerzliga.de/<br />

http://www.dgss.org/startseite/<br />

http://www.dgss.org/deutscher-schmerzfragebogen/<br />

http://www.dnqp.de/38368.html<br />

http://www.drk-schmerz-zentrum.de/mz/06_downloads/6-2_aerzte.php<br />

Literatur<br />

Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) – Deutsche Gesellschaft für Neurologie u. a. –<br />

Leitlinie für die ärztliche Begutachtung von Menschen mit chronischen Schmerzen. Stand 31.05.2012. Registernummer 030 – 102.<br />

Zugriff am 16.02.<strong>2016</strong>: http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/030-102.html (zuletzt abgerufen: 16.02.<strong>2016</strong>)<br />

Dillmann U., Nilges P., Saile H., Gerbershagen, H. U. (1994): Behinderungseinschätzung bei chronischen Schmerzpatienten. Der Schmerz 8 (2): 100–110.<br />

Grönblad M., Hupli M., Wennerstrand P., Jaävinen E., Lukinmaa A., Kouri J. P., Karahaharju E.O. (1993): Intercorrelation and test-retest reliability<br />

of the Pain Disability Index (PDI) and the Oswestry Disability Questionnaire (ODQ) and their correlation with pain intensity in low back pain patients.<br />

Clinical <strong>Journal</strong> of Pain 9 (3): 189–195.<br />

Pollard C.A. (1984): Preliminary validity study of the pain disability index. Perceptual and Motor Skills. 59 (3): 974.<br />

Soer R., Köke A.J., Vroomen P.C., Stegeman P., Smeets R.J., Coppes M.H., Reneman M.F. (2013): Extensive validation of the pain disability index in<br />

3 groups of patients with musculoskeletal pain. Spine 38 (9): E562–E568.<br />

Tait R.C., Chibnall J.T., Krause S. (1990): The Pain Disability Index: psychometric properties. Pain 40 (2): 171–182.<br />

Tait R.C., Pollard C.A., Margolis R.B., Duckro P.N., Krause S.J. (1987): The Pain Disability Index: psychometric and validity data.<br />

Archives of Physical Medicine and Rehabilitation. 68 (7): 438–441.<br />

42 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>


FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />

DIAGNOSTIK<br />

C-REAKTIVES PROTEIN (CRP)<br />

Text: Susanne Klotz<br />

Fotolia © ugreen<br />

L Herzlich willkommen zu einer neuen Folge in der Diagnostik-Reihe.<br />

Nachdem wir in der letzten Ausgabe mit der<br />

Blutsenkungsgeschwindigkeit ein neues Kapitel aufgeschlagen<br />

haben, werden wir uns in diesem Beitrag erneut mit<br />

der Bestimmung von Entzündungsparametern beschäftigen,<br />

dieses Mal mit dem C-reaktiven Protein (CRP). Vielleicht erinnert<br />

Ihr Euch noch, dass ein großer Schwachpunkt bei der<br />

Bestimmung der Blutsenkungsgeschwindigkeit das Auftreten<br />

von falsch positiven oder falsch negativen Ergebnissen war.<br />

Demgegenüber hat die Bestimmung der Konzentration von C-<br />

reaktivem Protein den Vorteil, dass sie ein sensitiver Indikator<br />

für Entzündungen darstellt. Sie reagiert außerdem schneller<br />

auf Veränderungen im Krankheitsgeschehen, weswegen der<br />

CRP-Bestimmung bei der Verlaufskontrolle eine besondere Bedeutung<br />

zukommt. Ähnlich wie die Blutsenkungsgeschwindigkeit<br />

ist eine Erhöhung des CRP nicht spezifisch und tritt<br />

bei vielen klinischen Situationen auf, die mit Entzündungen<br />

einhergehen.<br />

Bevor wir darauf näher eingehen, schauen wir uns zunächst<br />

an, wie das C-reaktive Protein zu seinem Namen gekommen<br />

ist. Den verdankt es den beiden amerikanischen<br />

Ärzten William S. Tillet und Thomas Francis Jr., die es erstmals<br />

1930 beschrieben. Tillet und Francis konnten bei Untersuchungen<br />

von Pneumonie-Patienten eine deutlich erhöhte Konzentration<br />

von CRP (das zu diesem Zeitpunkt noch namenlos war)<br />

im Serum nachweisen. Sie beobachteten auch, dass die Konzentration<br />

bei Patienten, die an Pneumonie verstarben, bis zu<br />

deren Tod hoch blieb und erst anschließend sank, wohingegen<br />

bei Patienten, die auf dem Weg der Besserung waren,<br />

die Konzentration mit fortschreitender Genesung absank. Das<br />

unbekannte Protein reagierte mit der sogenannten Fraktion C,<br />

einem spezifischen Anteil der Polysaccharide in der Zellwand<br />

der Pneumokokken, welche die Pneumonie verursachten. Aufgrund<br />

dieser hohen Bindungsaffinität des Proteins zur Fraktion<br />

C erhielt es den Namen C-reaktives Protein.Die Fraktion C<br />

der Zellmembran der Pneumokokken war die erste bekannte<br />

Andockstelle für CRP. Inzwischen sind auch andere Strukturen<br />

bekannt, an denen sich CRP binden kann. Bei körpereigenen<br />

Zellen dockt das C-reaktive Protein am Phosphocholin<br />

an, jedoch ist diese Bindungsstelle in gesunden Zellen für<br />

CRP nicht erreichbar. Nur in beschädigten oder apoptotischen<br />

Zellen kann sich das CRP anbinden. Mikroskopisch betrachtet<br />

besteht das CRP übrigens aus fünf identischen Polypeptideinheiten,<br />

sogenannten Protomeren, die zu einem Ring mit einer<br />

zentralen Pore angeordnet sind und in ihrer Gesamtstruktur<br />

als Pentraxin bezeichnet werden.<br />

Patho<strong>physio</strong>logie<br />

Klären wir nun die Frage, wie das C-reaktive Protein überhaupt<br />

gebildet wird und welche Wirkungen es im Entzündungsprozess<br />

spielt. Das C-reaktive Protein ist ein Akute-Phase-Protein<br />

und damit Teil der unspezifischen Immunabwehr. Diese Reaktion<br />

tritt im Rahmen von Entzündungsprozessen nach Gewebeschädigungen<br />

wie Infektionen oder Traumata auf. Es<br />

kommt zur Aktivierung von Makrophagen (Fresszellen), die<br />

die Zytokine – Interleukin-1 (IL-1), Interleukin-6 (IL-6) und Tumornekrosefaktor<br />

α (TNF-α) – produzieren. Zytokine sind Proteine,<br />

die das Wachstum von Zellen regulieren. Vor allem IL-6<br />

regt die Leberzellen (Hepatozyten) zur Bildung von CRP an.<br />

Der Abbau von CRP wird ebenfalls durch die Hepatozyten reguliert.<br />

Nachdem das C-reaktive Protein von den Leberzellen<br />

ausgeschüttet wurde, bindet es – wie bereits erwähnt – an<br />

Oberflächenstrukturen von Pathogenen. Dadurch wird das<br />

Komplementsystem über den Faktor C1 aktiviert. Das Komplementsystem<br />

ist ebenfalls ein Teil der unspezifischen Immunabwehr<br />

und besteht aus einer Gruppe von mehr als 20<br />

Proteinen, die zur Eliminierung von Pathogenen beitragen. Der<br />

Faktor C1 bindet an CRP, wodurch das Pathogen für die Phagozytose<br />

markiert ist (R Abbildung 1, nächste Seite). Neben<br />

dieser Aufgabe sorgt CRP unter anderem auch dafür, dass bestimmte<br />

Zytokine vermehrt und andere verringert freigesetzt<br />

werden.<br />

e<br />

<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 43


FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />

Wirkmechanismus CRP<br />

a) Abwesenheit von CRP b) Anwesenheit von CRP<br />

C1<br />

Pathogen<br />

Komplementfaktor<br />

Zellwand<br />

C1<br />

CRP<br />

Pathogen<br />

… Der Faktor C1 bindet<br />

an CRP, wodurch das<br />

Pathogen für die<br />

Phagozytose markiert ist. …<br />

Abbildung 1<br />

Klinische Anwendung<br />

Prinzip Immunturbidimetrie und<br />

Immunnephelometrie<br />

Nachdem Ihr die Rolle von CRP bei der Immunantwort kennengelernt<br />

habt, kommen wir zur Anwendung als Indikator<br />

für Entzündungsprozesse. Da die Konzentration des C-reaktiven<br />

Proteins innerhalb der ersten 6–10 Stunden nach Beginn<br />

Lösung<br />

Antigen (Ag) und verklumpt mit dem Antikörper zu Antigen-<br />

der Entzündungsreaktion ansteigt, wird die Bestimmung mit des<br />

Lichtquelle<br />

Antigen-<br />

CRP-Levels im Serum als schneller, einfach Antikörper- durchzuführender<br />

eintretende<br />

Komplex<br />

und darüber hinaus kostengünstiger LichtstrahlungTest eingesetzt. Die Halbwertszeit<br />

von CRP beträgt (Strahlung) 19 Stunden, weswegen der Wert<br />

im Laufe der folgenden 2 Tage deutlich absinkt. Der Normalwert<br />

für die CRP-Konzentration im Serum beträgt bis zu 3 mg/<br />

Liter. Bei Entzündungen kann dieser Wert auf das 1.000- bis<br />

sogar 10.000-Fache ansteigen, wobei der Anstieg des CRP-<br />

Levels oft, aber nicht immer, proportional zum Grad der Gewebsschädigung<br />

ist. Als Faustregel gilt im Allgemeinen, dass<br />

der Anstieg bei bakteriellen bzw. akuten Entzündungen höher<br />

Wirkmechanismus CRP<br />

ist als bei viralen bzw. chronischen Entzündungen (natürlich<br />

gibt es auch hier Ausnahmen).<br />

Messverfahren<br />

bestimmter Medikamente berücksichtigt werden, die den<br />

CRP-Level C1<br />

Komplementfaktor<br />

senken können. Zum einen sind das logischerweise<br />

entzündungshemmende Substanzen wie nichtsteroidale Antirheumatika<br />

(z. B. COX-Hemmer) und zum anderen Substanzen,<br />

die vor allem bei kardiovaskulären Erkrankungen eingesetzt<br />

Pathogen werden wie Gerinnungshemmer, Lipidsenker (Statine),<br />

Zellwand<br />

ACE-Hemmer und Beta-Blocker. Hierbei muss natürlich unterschieden<br />

werden, ob die Medikamente schon vorher eingenommen<br />

wurden und damit einer Störgröße darstellen oder<br />

zur Therapie des aktuellen Entzündungsgeschehens eingesetzt<br />

werden und die Abnahme der CRP-Konzentration eine<br />

gewünschte Folgeerscheinung ist (Verlaufskontrolle).<br />

Bei etwa zwei Drittel der Weltbevölkerung liegen die CRP-<br />

Werte im Bereich bis zu 3 mg/Liter. Bis vor wenigen Jahren<br />

galten auch noch Werte bis zu 10 mg/Liter als normal, aber<br />

austretende<br />

inzwischen Strahlung konnte nachgewiesen werden, dass leicht erhöhte<br />

Werte bis zu 10 mg/Liter Photorezeptoren einen Risikofaktor für arteriosklerotische<br />

und onkologische Erkrankungen sowie metabolisches<br />

Syndrom darstellen. Besonders für kardiovaskuläre Erkrankungen<br />

bedeuten bereits Werte im oberen Drittel des Norm-<br />

gebrochene<br />

bereichs Strahlung zwischen 2 bis 3 mg/Liter ein erhöhtes Risiko. Die<br />

Bestimmung dieser normalen bis gering erhöhten CRP-Konzentration<br />

wird als hochsensitive CRP-Messmethode (hsCRP)<br />

bezeichnet.<br />

C1<br />

a) Abwesenheit Bei der Interpretation von CRP des CRP-Levels muss die Einnahme b) Anwesenheit Die gängigsten von CRP Bestimmungsverfahren der CRP-Konzentration<br />

sind die Immunturbidimetrie und die Immunnephelometrie.<br />

Bei beiden Verfahren werden dem Serum des Patienten<br />

Antikörper (AK) gegen CRP zugesetzt. CRP fungiert hier als<br />

CRP<br />

Antikörper-Komplexen (auch als Immunkomplexe bezeichnet).<br />

Pathogen Die Flüssigkeit wird mit Licht einer bestimmten Wellenlänge,<br />

z. B. Laser, bestrahlt. Abhängig von der Größe und Anzahl der<br />

Ag-AK-Komplexe wird das Licht unterschiedlich absorbiert,<br />

Prinzip Immunturbidimetrie und<br />

Immunnephelometrie<br />

Lichtquelle<br />

eintretende<br />

Lichtstrahlung<br />

(Strahlung)<br />

Lösung<br />

mit<br />

Antigen-<br />

Antikörper-<br />

Komplex<br />

austretende<br />

Strahlung<br />

Photorezeptoren<br />

… Aus diesen Messdaten<br />

kann der CRP-Level<br />

errechnet werden …<br />

gebrochene<br />

Strahlung<br />

Abbildung 2<br />

44 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>


FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />

reflektiert und gestreut. Rezeptoren in Form von Photodetektoren,<br />

auf die das gestreute Licht fällt, registrieren die Lichtintensität.<br />

Aus diesen Messdaten kann der CRP-Level errechnet<br />

werden (R Abbildung 2). Bei der Immunturbidimetrie wird der<br />

Intensitätsrest des eingestrahlten Lichts nach Durchtritt durch<br />

die Lösung im austretenden Lichtstrahl bei einer Wellenlänge<br />

von ca. 340 nm gemessen, wohingegen bei der Immunnephelometrie<br />

nur die Intensität der Streulichtsignale erfasst wird.<br />

Daher sind die Messsignale hier geringer.<br />

Indikationen<br />

Im einleitenden Abschnitt habt Ihr schon gelernt, dass ein erhöhter<br />

CRP-Level ein sensitiver Marker für ein Entzündungsgeschehen<br />

ist, aber keine spezifischen Aussagen über die<br />

Entzündungsursache liefern kann. Hier erfahrt Ihr, wie unterschiedlich<br />

die Gründe für eine Erhöhung des C-reaktiven Proteins<br />

sein können:<br />

Infektionen<br />

Sowohl bei bakteriellen als auch bei viralen Entzündungsprozessen<br />

kann es zu einem Anstieg des CRP kommen, daher<br />

ist keine sichere Unterscheidung allein durch die CRP-Bestimmung<br />

möglich. In der Regel steigt das CRP aber bei bakteriellen<br />

Infektionen stärker als bei viralen.<br />

Postoperative Komplikationen<br />

Ein anhaltend hoher CRP-Wert über den 3.–4. postoperativen<br />

Tag oder ein Anstieg über das übliche Maß von 50–150 mg/Liter<br />

können Anzeichen für Infektionen oder Gewebsnekrosen sein.<br />

Akute, nicht infektiöse Entzündungen<br />

Z. B. akute Pankreatitis<br />

DIAGNOSTIK<br />

C-REAKTIVES PROTEIN (CRP)<br />

Zusammenfassend können wir sagen, dass die Bestimmung<br />

des CRP-Levels im klinischen Alltag aufgrund seiner Sensitivität<br />

bei der Diagnose von Entzündungen weit verbreitet ist.<br />

Wie im letzten Abschnitt beschrieben, kann das CRP allerdings<br />

bei verschiedenen Entzündungsprozessen ansteigen, weshalb<br />

der Test nicht spezifisch ist. Ein Vorteil ist die schnelle Verfügbarkeit,<br />

da sich die Konzentration des C-reaktiven Proteins<br />

innerhalb der ersten 6–10 Stunden nach Entzündungsbeginn<br />

erhöht. Hier gilt in den meisten Fällen: Je höher der Wert<br />

steigt, desto akuter und größer die Gewebsschädigung und<br />

desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um eine<br />

bakterielle Infektion handelt.<br />

Chronische Entzündungen<br />

Auch chronische, nicht infektiöse Entzündungen wie Erkrankungen<br />

aus dem rheumatischen Formenkreis und andere Autoimmunerkrankungen<br />

(z. B. Colitis ulcerosa, Morbus Crohn,<br />

systemischer Lupus erythematodes) können einen Anstieg des<br />

CRP bewirken, allerdings kann der CRP-Spiegel auch im normalen<br />

oder leicht erhöhten Bereich liegen.<br />

Maligne Tumoren<br />

In der Umgebung von malignen Zellen kommt es infolge von<br />

Gewebsschädigung und Nekrosen immer auch zu chronischen<br />

Entzündungsprozessen mit Beteiligung von Leukozyten, Lymphozyten<br />

und Makrophagen. Diese sezernieren u. a. IL-6, welches<br />

wiederum die Hepatozyten zur Bildung von C-reaktivem<br />

Protein anregt.<br />

Arteriosklerotische Erkrankungen<br />

Z. B. Myokardinfarkt und instabile Angina pectoris, da arteriosklerotische<br />

Prozesse auch mit subklinischen Entzündungsprozessen<br />

einhergehen, bei denen es zur Sekretion von Zytokinen<br />

und damit zur Synthese von CRP kommt.<br />

Literatur<br />

Black S., Kushner I., Samols D. (2004):<br />

C-reactive protein.<br />

<strong>Journal</strong> of Biological Chemistry 279 (47): 48.487–48.490.<br />

Chang S., Malter L., Hudesman D. (2015):<br />

Disease monitoring in inflammatory bowel disease.<br />

World <strong>Journal</strong> of Gastroenterology 21 (40): 11.246–11.259.<br />

Hallbach J. (2011):<br />

Klinische Chemie und Hämatologie.<br />

Biomedizinische Analytik für MTLA und Studium.<br />

3. Auflage. Georg Thieme Verlag Stuttgart: 63–64.<br />

Pearson T. A., Mensah G. A., Alexander R. W., Anderson J. L., Cannon R. O.,<br />

Criqui M., Fadl Y. Y., Fortmann S. P., Hong Y., Myers G.L., Rifai N., Smith<br />

S. C., Taubert K., Tracy R. P., Vinicor F. (2003):<br />

Markers of inflammation and cardiovascular disease. Application to clinical<br />

and public health practice.<br />

A statement for healthcare professionals from the Centers for<br />

Disease Control and Prevention; American Heart Association.<br />

Circulation 107: 499–511.<br />

Tillett W. S., Francis T. (1930):<br />

Serological reactions in pneumonia with a non-protein somatic fraction<br />

of pneumococcus.<br />

<strong>Journal</strong> of Experimental Medicine 52 (4): 561–571.<br />

Wang C. S., Sun C. F. (2009):<br />

C-reactive protein and malignancy: Clinico-pathological association<br />

and therapeutic implication.<br />

Chang Gung Medical <strong>Journal</strong> 32: 471–482.<br />

<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 45


ANZEIGEN<br />

Werden<br />

Sie Teil<br />

der Zukunft<br />

Wir haben alles, was Sie dafür brauchen –<br />

Abrechnung und Software sinnvoll verknüpft<br />

Mit der azh können Sie alles: Sicher abrechnen, effizient<br />

organisieren und dabei immer alles perfekt vernetzen.<br />

Einfach Rezepte einsenden, die Auszahlung erfolgt schnell<br />

und zuverlässig. Minimierte Rezepteinbehalte durch<br />

Kostenträger und Übersicht Ihrer gescannten Rezepte<br />

im Online-Portal. Volle Effizienz dank Schnittstelle zur<br />

Praxissoftware!<br />

Mit der Praxissoftware für Therapeuten und den Gesundheitssport<br />

trifft moderne Patienten- und Rezeptverwaltung<br />

auf innovative Features wie Befundungscockpit, Patienten -<br />

Erinnerung und die passenden Apps.<br />

Werden Sie jetzt einer von heute bereits 21.000 Kunden,<br />

die die azh mit Top-Zufriedenheitsnoten bewerten.<br />

KOMPLETT VERNETZTE LÖSUNGEN<br />

Modernes, innovatives und<br />

nachhaltiges Therapiemanagement,<br />

www.Physio-MINT.de<br />

azh Abrechnungs- und IT-Dienstleistungszentrum für Heilberufe GmbH<br />

Einsteinring 41-43 | 85609 Aschheim bei München | (0 89) 9 21 08-0 | www.azh.de<br />

16_0082 AZH_<strong>physio</strong><strong>Journal</strong>_215x146_LA01_RZ.indd 1 09.02.16 15:12<br />

Lehrinstitut<br />

für Manuelle Lymphdrainage,<br />

Komplexe Physikalische Entstauungstherapie<br />

4-wöchige Ausbildung<br />

bundesweit in zahlreichen Kursorten<br />

Földischule GmbH<br />

Zum Engelberg 18<br />

D-79249 Merzhausen<br />

Tel. 0761 40 69 21<br />

Fax 0761 40 69 83<br />

E-mail: info@foeldischule.de<br />

www.foeldischule.de<br />

Bochum<br />

Stadthagen<br />

Berlin<br />

Hoyerswerda<br />

Dresden<br />

Zwickau<br />

Reichenbach<br />

Bad Neustadt<br />

Bad Elster<br />

Schweinfurt<br />

Bad Mergentheim<br />

Der schnellste Weg zur<br />

Anmeldung: online unter<br />

www.foeldischule.de<br />

Zertifikatskurs<br />

berechtigt zur Abrechnung<br />

mit den Krankenkassen<br />

Refresher-Kurse<br />

aktuelles Programm online<br />

Freiburg<br />

Hinterzarten<br />

Bad Krozingen<br />

München<br />

Passau<br />

Bad Füssing<br />

Die Kurse der Földischule sind förderungswürdig!<br />

Wir beraten Sie gerne.<br />

46 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>


ANZEIGEN<br />

Institut für Fort- und Weiterbildung<br />

im medizinischen Bereich<br />

Qualität in der Fort- und Weiterbildung.<br />

Für Sie – für Ihre Patienten.<br />

Unsere nächsten Kurse:<br />

Selos Therapie Teil 1<br />

mit Dr. Gregor Comploi<br />

vom 4. bis 5. Juni <strong>2016</strong><br />

Faszienfitness Grundlagenseminar<br />

mit Markus Roßman<br />

vom 18. bis 19. Juni <strong>2016</strong><br />

Mulligan-Concept –<br />

Mobilisation with Movement<br />

mit Johannes Bessler<br />

vom 23. bis 25. Juni <strong>2016</strong><br />

Tuina für Therapeuten –<br />

tuina et fascia Teil 1<br />

mit Richard Langmair<br />

vom 1. bis 3. Juli <strong>2016</strong><br />

Myofasziale Integration<br />

Obere Extremität, HWS, Thorax<br />

mit Benno Geißler<br />

vom 11. bis 13. Juli <strong>2016</strong><br />

Der Bildatlas Manuelle Therapie umfasst<br />

alle Techniken, Handgriffe, Untersuchungs-<br />

und Behandlungsalgorythmen die man<br />

während der schulischen Ausbildung und<br />

später im Berufsleben braucht.<br />

Es ist somit ein sehr nachhaltiges Standardwerk,<br />

das sowohl zum theoretischen<br />

und praktischen Erlernen der Manuellen<br />

Therapie dient, und aber auch ein Nachschlagewerk<br />

für erfahrene Physiotherapeuten<br />

ist.<br />

• sehr preiswert<br />

• sehr gute Abbildungen<br />

• alles in einem Buch<br />

• geeignet für Schule und Berufsalltag<br />

Bibliografische Angaben<br />

976 Seiten, 2.800 Abbildungen<br />

Hardcover, Format: 220 x 250 mm<br />

3., erweiterte Auflage 2012<br />

€ 39,80<br />

Cmmm – Complete myofazial<br />

management model Teil 1<br />

mit Julian Gaidys<br />

vom 15. bis 18. Juli <strong>2016</strong><br />

Faszien verstehen –<br />

Faszien therapieren<br />

mit Armin Neumeier<br />

vom 23. bis 25. September <strong>2016</strong><br />

Ortho-Bionomy ® – Ausbildung Teil 1<br />

mit Stefan Andrecht<br />

vom 29. September bis 2. Oktober <strong>2016</strong><br />

Manuelle Therapie<br />

nach Lutz M. Scheuerer<br />

Kursleitung: Lutz M. Scheuerer BSc<br />

Start der Ausbildung<br />

vom 17. bis 20. November <strong>2016</strong><br />

Infomed · Institut für Fort- und<br />

Weiterbildung im medizinischen Bereich<br />

Bayerwaldstr. 12 · 93073 Neutraubling<br />

Tel. 09401-912307 · Fax -912308<br />

Exklusiv erhältlich unter<br />

www.dieFachwelt.de<br />

Weitere Kurse auf:<br />

www.fortbildungszentrum.net<br />

<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 47<br />

mediABC AZ_68x295_150724 RZ.indd 1 24.07.15 11:37


FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />

STUDIENZUSAMMENFASSUNGEN<br />

fotolia: © Amero<br />

Studien liefern uns interessante und wichtige Informationen<br />

zur Behandlung unserer Patienten. Doch<br />

leider hat man nicht immer die<br />

Zeit, sich intensiv mit wissenschaftlichen<br />

Arbeiten zu beschäftigen.<br />

Damit Ihr trotzdem einen Einblick in neue<br />

wissenschaftliche Erkenntnisse bekommt, findet Ihr<br />

hier verschiedene Zusammenfassungen von Studien,<br />

die für die Therapie interessant sein könnten.<br />

Chronischer unspezifischer Rückenschmerz: Langzeiteffekte einer verhaltensbezogenen Rehabilitation<br />

Sarah Klamroth<br />

L In Deutschland ist der chronische unspezifische<br />

Rückenschmerz eine der Hauptindikationen<br />

für eine orthopädische Rehabilitation.<br />

In einer randomisierten, kontrollierten<br />

Studie (n = 536) haben Semrau et al. (2015)<br />

eine verhaltensbezogene Rehabilitation (Experimentalgruppe),<br />

basierend auf dem biopsychosozialen<br />

Modell, mit dem Standardrehabilitationsprogramm<br />

(Kontrollgruppe) in<br />

Deutschland verglichen. Die verhaltensbezogene<br />

Rehabilitation beinhaltete 6 Therapiemodule:<br />

Rückenschmerzbezogenes Wissen‚<br />

verhaltensbezogene Bewegungstherapie,<br />

Umgang mit Schmerz, Entspannungsverfahren,<br />

arbeitsplatzbezogene Informationen,<br />

interdisziplinäre Teamsitzungen. Beide Grup-<br />

pen erhielten während ihres 3-wöchigen<br />

stationären Rehabilitationsaufenthalts den<br />

gleichen Umfang an Therapie (48 Stunden).<br />

Im Vergleich zur Kontrollgruppe zeigten die<br />

Teilnehmer des verhaltensbezogenen Programms<br />

ein Jahr nach Abschluss der Rehabilitation<br />

leichte bis mittlere Verbesserungen<br />

der Funktionsfähigkeit (Hannover Functional<br />

Ability Questionnaire) und der körperlichen<br />

Aktivität (Freiburger Fragebogen zur körperlichen<br />

Aktivität) sowie eine Verminderung<br />

der Schmerzwahrnehmung (Numerische Ratingskala)<br />

und der Arbeitsunfähigkeitsdauer.<br />

Die Rehabilitation, basierend auf dem biopsychosozialen<br />

Modell, zeigte einige positive<br />

Langzeiteffekte, welche insbesondere dem<br />

Chronifizierungsprozess von unspezifischem<br />

Rückenschmerz entgegenwirken können.<br />

Um den Wirkmechanismus solcher komplexer<br />

Interventionsprogramme besser zu<br />

verstehen und diese Therapieansätze in das<br />

klinische Setting zu implementieren, ist eine<br />

enge Zusammenarbeit von Forschung und<br />

Praxis erforderlich.<br />

Literatur<br />

Semrau J., Hentschke C., Buchmann J., Meng<br />

K., Vogel H., Faller H., Bork H., Pfeifer K. (2015):<br />

Long-Term Effects of Interprofessional Biopsychosocial<br />

Rehabilitation for Adults with Chronic<br />

Non-Specific Low Back Pain: A Multicentre, Quasi-<br />

Experimental Study. PLoS ONE 10 (3): e0118609.<br />

Wirkung von Techniken zur Bewegungsrepräsentation bei Extremitätenschmerz<br />

Silke Wolf<br />

L Ziel der systematischen Literaturübersicht<br />

und Metaanalyse von Thieme und Kollegen<br />

war die Darstellung und Zusammenfassung<br />

der aktuellen Evidenz von Techniken zur<br />

Bewegungsrepräsentation (wie Spiegeltherapie<br />

oder Bewegungsvorstellung) zur<br />

Behandlung von Extremitätenschmerz. Als<br />

primäres Outcome wurde die Schmerzintensität,<br />

meist gemessen mittels Visueller Analog<br />

Skala (VAS), gewählt. Als sekundäres<br />

Outcome wurde unter anderem die gesundheitsbezogene<br />

Lebensqualität untersucht.<br />

Pathologische Schmerzen der Extremitäten<br />

sind beispielsweise bedingt durch Phantomschmerz,<br />

ein komplexes regionales Schmerzsyndrom<br />

(CRPS) oder zentrale Schmerzereignisse.<br />

Kommt es zu einer Chronifizierung<br />

von Schmerzen, ist diese häufig mit Verän-<br />

derungen der betreffenden sensorischen<br />

und motorischen kortikalen Netzwerke<br />

assoziiert. Techniken zur Bewegungsrepräsentation<br />

sollen genau an diesen Veränderungen<br />

ansetzen und die Funktionsfähigkeit<br />

dieser Bereiche wiederherstellen.<br />

4.373 Arbeiten wurden durch die systematische<br />

Suche in den Datenbanken CENTRAL,<br />

MEDLINE, CINAHL, EMBASE, AMED, Psych-<br />

Info, Physiotherapy Evidence Database und<br />

OTseeker identifiziert, von denen 15 randomisiert<br />

kontrollierte Studien eingeschlossen<br />

wurden.<br />

Insgesamt stellten die Autoren des Reviews<br />

einen moderat positiven (also schmerzverringernder)<br />

Effekt auf Extremitätenschmerz<br />

durch Techniken wie Spiegeltherapie, Bewegungsvorstellung<br />

oder Handlungsbeobachtung<br />

fest. Auch die Lebensqualität scheint<br />

durch diese Ansätze positiv beeinflussbar.<br />

Allerdings ist die schmerzverringernde Wirkung<br />

abhängig vom Krankheitsbild und der<br />

angewendeten Technik. Vor allem Spiegeltherapie<br />

und Graded Motor Imagery stellen<br />

sinnvolle Behandlungen für Patienten<br />

mit CRPS und akuten, nicht pathologischen<br />

Schmerzen dar. Die Schmerzreduktion für<br />

Phantomschmerz und Schmerzen nach<br />

Schlaganfall konnte nicht herausgestellt<br />

werden.<br />

Literatur<br />

Thieme H., Morkisch N., Rietz C., Dohle C.,<br />

Borgetto B. (<strong>2016</strong>): The Efficacy of Movement<br />

Representation Techniques for Treatment of Limb<br />

Pain – A Systematic Review and Meta-Analysis.<br />

The <strong>Journal</strong> of Pain 17 (2): 167–180.<br />

48 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>


FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />

Übungsprogramme bei posturaler Instabilität von Parkinsonpatienten sollten Gleichgewichtskomponenten enthalten<br />

Noemie Hagemann<br />

L Patienten mit einer Parkinson-Krankheit<br />

profitieren am meisten von Übungsprogrammen,<br />

die das Gleichgewicht herausfordern.<br />

Dieser Zusammenhang konnte in<br />

einer aktuellen Metaanalyse mit 1.072 Parkinsonpatienten<br />

gezeigt werden. Übungsprogramme,<br />

welche Kraft-, Ausdauer- oder<br />

Dehnungsübungen enthielten oder als<br />

Heimübungsprogramm ausgeführt wurden,<br />

hatten keinen signifikanten Einfluss auf die<br />

posturale Instabilität.<br />

Ein erfolgreiches Übungsprogramm enthielt<br />

die folgenden Komponenten: Gleichgewicht<br />

im ruhigen Stand, Pertubationstraining, antizipatorisches<br />

posturales Anpassen vor<br />

willentlichen Bewegungen sowie dynamische<br />

Gleichgewichtsübungen bei Bewegung.<br />

Übungen aus dem Tai Chi oder<br />

Tanzen konnten aufgrund der hohen Anforderungen<br />

an das Gleichgewicht ebenfalls als<br />

sehr effektiv eingestuft werden. Kurzfristig<br />

zeigten sich verbesserte Werte in Tests zur<br />

posturalen Instabilität.<br />

Diese Ergebnisse sind vielversprechend, da<br />

die posturale Instabilität nicht auf eine Therapie<br />

durch L-Dopa oder tiefe Hirnstimulation<br />

anspricht. Die signifikanten Effekte<br />

des Balancetrainings beruhen auf einem<br />

Übungsumfang von 2–4 Übungseinheiten<br />

pro Woche und einer Trainingsdauer von<br />

40–60 Minuten.<br />

Die Metaanalyse verdeutlicht die Bedeutung<br />

des Gleichgewichtstrainings zur Verringerung<br />

der postoralen Instabilität. Das stark<br />

erhöhte Sturzrisiko bei Morbus Parkinson<br />

steht in direktem Zusammenhang mit posturaler<br />

Instabilität. Physiotherapeutisches<br />

Training spielt daher eine bedeutsame Rolle<br />

zur Sturzprävention und Verbesserung von<br />

Bewegungsqualität bei Morbus Parkinson.<br />

Klamroth und Kollegen sprechen eine deutliche<br />

Empfehlung für das Gleichgewichtstraining<br />

von Parkinsonpatienten aus.<br />

Literatur<br />

Klamroth S., Steib S., Devan S., Pfeifer K. (<strong>2016</strong>).<br />

Effects of Exercise Therapy on Postural Instability<br />

in Parkinson Disease: A Meta-analysis. <strong>Journal</strong> of<br />

Neurologic Physical Therapy : 40 (1): 3–14.<br />

Körperliches Training bei Patienten nach einem Schlaganfall<br />

Michael Meyer<br />

L Neben der für gesunde ältere Menschen<br />

und auch Patienten allgemeinen Empfehlung,<br />

körperlich aktiv zu sein, existieren<br />

bereits Trainingsempfehlungen für Patientengruppen<br />

mit speziellen Erkrankungen<br />

wie dem Schlaganfall. Obwohl Training und<br />

körperliche Aktivität scheinbar generelle förderliche<br />

und positive Einflüsse haben, ist die<br />

Evidenz bezüglich der Wirksamkeit vieler Interventionen<br />

weiterhin unklar.<br />

Das primäre Ziel des systematischen Reviews<br />

von Saunders et al. (2013) ist es zu<br />

bestimmen, ob sportliches Training nach einem<br />

Schlaganfall das Sterberisiko senkt, den<br />

Grad der Abhängigkeit reduziert sowie das<br />

Ausmaß der körperlichen Behinderung verringert.<br />

Als sekundäres Ziel wurden die Trainingseffekte<br />

bezüglich körperlicher Fitness,<br />

Mobilität, körperlicher Funktion, Lebensqualität,<br />

Stimmung sowie des Auftretens<br />

von Nebenwirkungen untersucht.<br />

Entsprechend den Vorschriften der<br />

Cochrane Collaboration für die Erstellung<br />

eines Reviews wurden zunächst die Ein-/<br />

Ausschlusskriterien definiert, eine einheitliche<br />

Suchstrategie entwickelt und mit dieser<br />

Foto: Colourbox.de<br />

dann alle gängigen Datenbanken durchsucht.<br />

Es konnten so 45 Studien (2.188 Teilnehmer<br />

insgesamt: 995 Teilnehmer kardiorespiratorisches<br />

Training, 275 Teilnehmer<br />

Krafttraining, 918 Teilnehmer Mischform)<br />

eingeschlossen werden, die zwei voneinander<br />

unabhängige Reviewer sichteten und<br />

bewerteten.<br />

Das Fazit der Autoren lautet, dass kardiorespiratorisches<br />

Training die körperliche Behinderung<br />

von Schlaganfallpatienten reduziert,<br />

was vermutlich durch eine Verbesserung<br />

der Mobilität und des Gleichgewichts vermittelt<br />

wird. Es besteht ferner ausreichende<br />

Evidenz, dass kardiorespiratorisches Training<br />

und Gehen als eine Mischform von<br />

verschiedenen Trainingsformen besonders<br />

die Ganggeschwindigkeit sowie die Gangsicherheit<br />

verbessern, weshalb beides in<br />

der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten<br />

Anwendung finden sollte. Der Einsatz<br />

von Krafttraining zeigte hingegen nur eine<br />

unzureichende Evidenz in der Anwendung<br />

bei der Schlaganfallrehabilitation. Auch die<br />

Effekte hinsichtlich der Abhängigkeit der Patienten<br />

und der Sterblichkeit durch ein körperliches<br />

Training bleiben weiterhin unklar.<br />

Literatur<br />

Saunders D.H., Sanderson M., Brazzelli M., Greig<br />

C.A., Mead G.E. (2013):<br />

Physical fitness training for stroke patients. The<br />

Cochrane Database of Systematic Reviews 10:<br />

CD003316.<br />

Hast Du auch eine Studie, die interessant ist und die jeder kennen sollte?<br />

Dann schreibe eine Mail an folgende Adresse: kruft@dieFachwelt.de.<br />

<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 49


FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />

§§ GESETZE §§<br />

Text:<br />

Anne Riethmüller<br />

Für viele Schüler und Studierende zählt das Fach »Berufskunde«<br />

nicht gerade zu den spannendsten Fächern in der Physiotherapieausbildung.<br />

Allerdings kann das Wissen über Regelungen<br />

und Gesetze für die spätere Arbeit sehr wichtig sein. In dieser<br />

Rubrik bekommt Ihr einen Einblick, welche Gesetze und Regelungen<br />

besonders relevant sind und was sie genau bedeuten.<br />

HEILMITTELVERORDNUNG<br />

Fotolia © vege<br />

Wie ist eine Heilmittelverordnung<br />

aufgebaut?<br />

VORDERSEITE<br />

Oben links:<br />

Angabe, ob Patient von der Zuzahlung befreit/nicht befreit<br />

ist (DMRZ, 2015).<br />

Oben:<br />

Versichertenangaben: Name, Adresse, Geburtsdatum, Versichertennummer<br />

des Patienten; Betriebsstättennummer<br />

und Arztnummer, Rezeptausstellungsdatum, Verordnung<br />

(Erstverordnung, Folgeverordnung und Verordnung außerhalb<br />

des Regelfalls), Behandlungsbeginn, Hausbesuch<br />

(ja/nein), Therapiebericht (ja/nein) (DMRZ, 2015).<br />

R Diese eben genannten Angaben werden alle vom Arzt ausgefüllt<br />

(DMRZ, 2015).<br />

Oben rechts:<br />

Auszufüllen am Ende aller Therapieeinheiten/Abrechnung des<br />

Rezepts: Institutionskennzeichen des Leistungserbringers,<br />

Gesamtzuzahlung/Gesamtbrutto; Heilmittelpositionsnummer;<br />

Wegegeldpauschale & Hausbesuch (nur<br />

bei Hausbesuch zu berücksichtigen); Rechnungsnummer<br />

und Belegnummer (DMRZ, 2015).<br />

Unten:<br />

Verordnungsmenge: richtet sich nach Heilmittelkatalog<br />

(IntelliMed GmbH, 2015).<br />

Therapiemaßnahme: Es können zwei Heilmittel pro Rezept<br />

angegeben werden, wobei als zweites Heilmittel nur passive<br />

Maßnahmen, wie beispielsweise Elektrotherapie oder Fango,<br />

angegeben werden dürfen (HausMed, 2015).<br />

Therapiefrequenz: wöchentliche Anzahl der Behandlungen<br />

(IntelliMed GmbH, 2015).<br />

Indikationsschlüssel: Es gibt vier Diagnosegruppen (Haus-<br />

Med, 2015). Jede hat eine Abkürzung, den sogenannten Indikationsschlüssel:<br />

Wirbelsäulenerkrankungen (WS1, WS2);<br />

Erkrankungen der Extremitäten (EX1 bis EX4); neurologische<br />

Erkrankungen (ZN1, ZN2, PN); Atemwegserkrankungen (AT1,<br />

AT2, AT3, GE); Erkrankungen des Lymphgefäßsystems (LY1,<br />

LY2, LY3) (HausMed, 2015).<br />

ICD-Code & wünschenswert: ausgeschriebene Diagnose<br />

(IntelliMed GmbH, 2015).<br />

Unten rechts:<br />

Stempel und Unterschrift des Arztes<br />

(IntelliMed GmbH, 2015).<br />

RÜCKSEITE<br />

Mitte:<br />

Die entsprechende Therapiemaßnahme wird notiert und<br />

der Versicherte quittiert durch seine Unterschrift die empfangene<br />

Therapieleistung (DMRZ, 2015).<br />

R Für den Fall, dass die Therapie abgebrochen werden muss,<br />

sind im entsprechenden Begründungsfeld Abbruchdatum<br />

und -grund zu notieren (DMRZ, 2015).<br />

Unten rechts:<br />

Stempel der Physiotherapiepraxis und Unterschrift des<br />

behandelnden Therapeuten (DMRZ, 2015).<br />

Verordnungsregelungen<br />

R Grundsätzlich verordnet ein Arzt entsprechend der Diagnose<br />

des Patienten ein bestimmtes Heilmittel, beispielsweise<br />

Krankengymnastik (IntelliMed GmbH, 2015). Die<br />

Rezeptkosten (gesetzlich krankenversicherter Patient) übernimmt<br />

die entsprechende Krankenkasse, jedoch bezahlt<br />

der Patient eine Rezeptgebühr in Höhe von 10 Euro zuzüglich<br />

10 % der Behandlungskosten, die je nach Art und<br />

Menge der verordneten <strong>physio</strong>therapeutischen Maßnahme<br />

variieren (HausMed, 2015).<br />

R Im Allgemeinen muss eine <strong>physio</strong>therapeutische Behandlung<br />

innerhalb von 14 Tagen beginnen (ab Rezeptausstel-<br />

50 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>


FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />

lungsdatum) – es sei denn, der Arzt hat einen späteren<br />

Behandlungsbeginn ausdrücklich vermerkt (DMRZ, 2015).<br />

R Ein laufendes Rezept darf maximal 14 Tage mit entsprechenden<br />

Hinweisen unterbrochen werden. Falls der Patient/Therapeut<br />

wegen Krankheit/Urlaub das Intervall von<br />

14 Tagen nicht einhalten kann, sollte dies auf der Rückseite<br />

des Rezepts vermerkt und der Abstand ausnahmsweise<br />

überschritten werden (BIG direkt gesund, 2015).<br />

R Im Allgemeinen kann eine Folgeverordnung ausgestellt<br />

werden, wenn eine weitere Behandlung nach der Erstverordnung<br />

erforderlich wird (IntelliMed GmbH, 2015). Jedoch<br />

können nicht unzählige Folgerezepte abgerechnet werden,<br />

da für jede bestehende Diagnosegruppe eine Gesamtverordnungsmenge<br />

festgelegt ist (IntelliMed GmbH, 2015;<br />

HausMed, 2015). Nach »Ausschöpfung« der Gesamtverordnungsmenge<br />

muss ein behandlungsfreies Intervall von<br />

12 Wochen erfolgen. Erst danach kann eine Erstverordnung<br />

erneut ausgestellt werden (IntelliMed GmbH, 2015).<br />

Verordnung außerhalb des Regelfalls<br />

Eine Verordnung außerhalb des Regelfalls kann ausgestellt<br />

werden, wenn im individuellen Einzelfall die Überschreitung<br />

der Gesamtverordnungsmenge (innerhalb des vorgeschriebenen<br />

therapiefreien Intervalls von 12 Wochen) notwendig wird<br />

(IntelliMed GmbH, 2015).<br />

R Hierfür müssen besondere Gründe vorliegen (IntelliMed<br />

GmbH, 2015). Auf dem Rezept muss der Arzt dementsprechend<br />

eine Begründung mit prognostischer Einschätzung<br />

vermerken (IntelliMed GmbH, 2015).<br />

Achtung: Die Krankenkassen müssen vor dem Behandlungsbeginn<br />

eine Genehmigung erteilen (IntelliMed GmbH, 2015).<br />

Erst nach Eingang dieser Genehmigung darf mit der Therapie<br />

begonnen werden (IntelliMed GmbH, 2015). Die Genehmigung<br />

kann zeitlich befristet werden (HausMed, 2015).<br />

Es ist wichtig, dass Ihr die Vollständigkeit einer ärztlichen<br />

Verordnung vor Behandlungsbeginn überprüft und gegebenenfalls<br />

dem Arzt zur Korrektur gebt, damit die Krankenkasse<br />

die Rezeptkosten erstattet (HausMed, 2015).<br />

Literatur<br />

Becker eHealth GmbH (2015): Ärztliche Verordnung.<br />

Zugriff am 06.09.2015: http://www.hausmed.de/gesund-leben/<strong>physio</strong>therapie/aerztliche-verordnung.<br />

BIG-Direkt-gesund – BundesInnungskrankenkasse Gesundheit (2015): Heilmittel.<br />

Zugriff am 06.09.2015: https://www.big-direkt.de/leistungen/behandlungsunterstuetzende_leistungen/heilmittel/ faqs_heilmittel.html#anker9.<br />

DMRZ – Deutsches Medizinrechenzentrum GmbH (2015): Heilmittelverordnung richtig abrechnen und ausfüllen.<br />

Zugriff am 06.09.2015: http://www.dmrz.de/heilmittelverordnung-richtig-abrechnen-2013.html.<br />

IntelliMed GmbH (2015): Prinzip der Heilmittelverordnung.<br />

Zugriff am 06.09.2015: http://www.heilmittelkatalog.de/prinzip-der-heilmittelverordnung.html.<br />

IntelliMed GmbH (2015). Physikalische Therapie – Der Verordnungsvordruck.<br />

Zugriff am 06.09.2015: http://www.heilmittelkatalog.de/physikalische-therapie-der-verordnungsvordruck-67.html.<br />

Hervorragende Osteopathieausbildung<br />

auf höchstem Niveau.<br />

Deutsches<br />

OsteOpathie<br />

KOlleg DOK<br />

sie bekommen bei uns:<br />

- eine praxisorientierte 5-jährige berufsbegleitende<br />

Ausbildung (BAO anerkannt)<br />

- bei einem erfahrenen international renommierten<br />

Dozententeam (Osteopathen D.O., Ärzte)<br />

- über 20 Jahre Erfahrung in der Osteopathie-<br />

Ausbildung in Deutschland<br />

- über 35 Jahre Erfahrung in Kanada<br />

- eine individuelle, persönliche Betreuung<br />

sie sind:<br />

Physiotherapeut, Heilpraktiker, Arzt, oder Masseur<br />

mit MT-Ausbildung<br />

ausbildungsbeginn: im September<br />

Weiterbildung: Kurse in vielen osteopathischen<br />

Bereichen<br />

schulleitung: Philippe Druelle D.O.<br />

(Leiter des Kanadischen Schulverbands CEO)<br />

Deutsches Osteopathie Kolleg GmbH<br />

Anzengruberstraße 12<br />

83101 Rohrdorf<br />

Tel: +49 8032-98 89 19 13<br />

www.osteopathie-kolleg.com<br />

info@osteopathie-kolleg.com<br />

Wir freuen uns auf Ihren Anruf:<br />

Tel: +49 8032-98 89 19 13<br />

<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 51


FRISCH EINGETROFFEN<br />

»HELLER-SKRIPTE« ZUR<br />

PRÜFUNGSVORBEREITUNG<br />

Text: Nils Ahlandt<br />

Bücher, Lehr-Videos, CD-Roms, Lernkarten – heutzutage<br />

gibt es eine große Fülle an Informationsquellen.<br />

Aber woher weiß man eigentlich, welche sich zu kaufen<br />

lohnen?<br />

Auf genau diese Frage findet Ihr hier eine Antwort.<br />

In dieser Kolumne werden wir in jeder Ausgabe<br />

Bücher und Medien vorstellen, auf die das Wort<br />

»empfehlenswert« zutrifft.<br />

L Die Reihe der »Heller-Skripte« umfasst mittlerweile 9<br />

Bände. Der 1. Band wurde 2010 veröffentlicht. Seitdem wurden<br />

die einzelnen Skripte laufend überarbeitet und um Prüfungsfragen<br />

und Antworten ergänzt. Lieferbar sind aktuell<br />

folgende Skripte:<br />

Orthopädie • Physiologie • Chirurgie • Neurologie • Innere<br />

Medizin • Pädiatrie • Physik & Biomechanik • Gynäkologie &<br />

Geburtshilfe • Trainingslehre<br />

Die Autorin der Skripte, Anna Heller, machte in der Examensvorbereitung<br />

die Erfahrung, dass es speziell für die Physiotherapie<br />

Prüfungsvorbereitung keine geeignete Fachliteratur<br />

gab. Sie lernte aus folgenden Quellen: aus ihren eigenen<br />

Unterrichtsmitschriften, aus Fachbüchern und aus Dozentenskripten.<br />

Aus diesen drei Quellen fasste sie die wichtigsten<br />

Inhalte kurz und knapp zusammen. Mit ihren eigenen Zusammenfassungen<br />

bereitete sie sich dann auf die Prüfungen vor.<br />

Viele Ihrer Mitschüler waren beeindruckt von der Genauigkeit<br />

und Struktur der »Skripte«. Daraus entstand die Idee, die<br />

Zusammenfassungen auch anderen Schülern und Studenten<br />

zugänglich zu machen. Ein Vertriebspartner für die Skripte war<br />

schnell gefunden und die Erstauflagen wurden nach einem<br />

gründlichen Fachlektorat 2010 gedruckt. Die Resonanz der<br />

Schulen und Schüler auf das Erscheinen der Skriptenreihe war<br />

enorm. Viele Dozenten, die die Skripte kritisch prüften, schickten<br />

Anna konstruktive Verbesserungsvorschläge und Ergänzungen.<br />

In jeder Neuauflage wurden diese Rückmeldungen<br />

eingearbeitet. Besonders erwähnenswert sind die vielen Prüfungsfragen,<br />

die Anna von (ehemaligen) Schülern zugeschickt<br />

bekam. In jedem Skript wurden die Prüfungsfragen am Kapitelende<br />

eingearbeitet (natürlich auch mit einem direkt darauf<br />

folgenden Antwortteil).<br />

Die Fragen bzw. die Beantwortung haben zwei Funktionen:<br />

1. Wiederholung des Stoffes und 2. Prüfungsvorbereitung.<br />

Anna ging es so, dass sie Texte las und auch verstand, aber<br />

Schwierigkeiten hatte, die Kernaussage in einer Prüfung auf<br />

den Punkt bringen. Die Fragen und Antworten stellen eine<br />

hilfreiche Lernhilfe da, um für die Prüfungssituation optimal<br />

vorbereitet zu sein.<br />

Inhaltlich wurden die Skripten nach dem bundesweit geltenden<br />

Curriculum des ZVK (Zentraler Verband der Krankengymnasten,<br />

heute »<strong>physio</strong>-Deutschland«) gegliedert.<br />

Die Skripte sind nicht im Buchhandel erhältlich sondern ausschließlich online unter:<br />

www.dieFachwelt.de<br />

Der Preis je Skript beträgt € 9,–.<br />

Im Set kosten alle Skripte zusammen € 72,90 (+ dazu gibt es gratis den »KeepCup« Kaffeebecher).<br />

52 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>


Dein Artikel im <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>!<br />

MITMACHEN & GEWINNEN<br />

Sei es eine Hausarbeit, eine Bachelor-Thesis oder auch ein Artikel über Deine Schule,<br />

Du kannst ihn uns zuschicken und Teil dieser Zeitschrift werden.<br />

Haben wir Dein Interesse geweckt oder hast Du noch Fragen? Dann sende eine Mail an:<br />

kruft@dieFachwelt.de<br />

Wir freuen uns auf Deine Ideen!<br />

MACHT MIT!! MACHT MIT!! MACHT MIT!! MACHT MIT!<br />

Manuelle Lymphdrainage<br />

in Zusammenarbeit mit der Feldbergklinik Dr. Asdonk<br />

Anerkannt durch die Krankenkassen!<br />

(Der Kurs wird bei entsprechender Voraussetzung von der Arbeitsagentur nach AZAV gefördert!)<br />

Wir bieten Ihnen u. a.<br />

• P atientenvorstellung durch Arzt bzw. Fachlehrer<br />

• Intensi ve praxisbezogene “Klinische Tage”<br />

• B ehandlung von Patienten unter Supervision<br />

• U nterrichtsbezogenes ausführliches Lehrmaterial<br />

Fachlehrer: Joachim Diestmann und Team<br />

Physiotherapeut, Dipl. med. Pädagoge, Fachlehrer für Lymphdrainage und Ödemtherapie seit 1982<br />

Ödemzentrum Feldberg/St. Blasien GmbH & Co. Lehrinstitut KG Joachim Diestmann<br />

Gallusstraße 11 • 79843 Löffingen • Tel: (07654) 808 434 • Fax: (07654) 808 436<br />

Internet: www.oedemzentrum.de • E-Mail: kontakt@oedemzentrum.de<br />

<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 53


AUTOREN<br />

Die Autoren dieser Ausgabe:<br />

Florian Hockenholz<br />

Verena Gesing<br />

Friederike Keifel<br />

Noemi Hagemann<br />

BFS Bayreuth<br />

Klaus Stechmann<br />

Wiebke Meisgeier<br />

Lina Wirtz<br />

Silke Wolf<br />

Susanne Klotz<br />

Sarah Klamroth<br />

Michael Meyer<br />

Anne Riethmüller<br />

Anna Heller<br />

Stephan Kruft<br />

54 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>


VERANSTALTUNGEN & TERMINE<br />

Datum Veranstaltung Ort Internet<br />

MAI<br />

03.05.–04.05.<strong>2016</strong> 11. Kongress für Gesundheitsnetzwerker Berlin www.gesundheitsnetzwerker.de<br />

03.05.–06.05.<strong>2016</strong> OTWorld Leipzig www.ot-world.com<br />

20.05.–21.05.<strong>2016</strong> 40. Fortbildungstagung der Bobath Vereinigung Berlin www.bobath-vereinigung.de<br />

25.05.–28.05.<strong>2016</strong> 29. Jahrestagung der Deutschsprachigen Medizinischen Gesellschaft für Paraplegie e. V. Hamburg www.dmgp-kongress.de<br />

JUNI<br />

08.06.–10.06.<strong>2016</strong> Hauptstadtkongress Berlin www.hauptstadtkongress.de<br />

08.06.–10.06.<strong>2016</strong><br />

48. Gemeinsame Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin<br />

und Notfallmedizin und der Österreichischen Gesellschaft für Internistische und Allgemeine<br />

Intensivmedizin und Notfallmedizin<br />

Berlin<br />

09.06.–11.06.<strong>2016</strong> 23. Jahreskongress der Deutschen Vereinigung für Schulter- und Ellenbogenchirurgie (DVSE) Bremen www.<strong>2016</strong>.dvse-kongress.de<br />

11.06.<strong>2016</strong> 5. Deutsches McKenzie Symposium Berlin www.mckenzie.de/symposium<br />

12.06.–15.06.<strong>2016</strong> 67. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie (DGNC) Frankfurt/Main www.dgnc.de<br />

16.06.–17.06.<strong>2016</strong> Kongress Problem-based Learning Zürich (CH) www.pbl<strong>2016</strong>.ch<br />

16.06.–18.06.<strong>2016</strong><br />

31. Jahreskongress der Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin<br />

(GOTS)<br />

München<br />

www.gots-kongress.org<br />

17.06.–18.06.<strong>2016</strong> Physioswiss Congress Basel (CH)<br />

www.<strong>physio</strong>swiss.ch/<strong>physio</strong>swisscongress<br />

25.06.<strong>2016</strong> Interdisziplinäre ALS-Fortbildung für Therapeuten Würzburg<br />

JULI<br />

04.07.–08.07.<strong>2016</strong> EUROPEAN Summer School in Evidence-Based Public Health (EBPH) München<br />

04.07.–15.07.<strong>2016</strong><br />

SEPTEMBER<br />

Summer School »Assistive Technology in Physiotherapy and Rehabilitation: From<br />

Wheelchairs to Robotics«<br />

Utrecht (NL)<br />

05.09.–09.09.<strong>2016</strong> 2. International Summer School »Physical activity promotion in Physiotherapy« Winterthur (CH)<br />

07.09.–10.09.<strong>2016</strong> 11. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin Leipzig www.palliativkongress.de<br />

08.09.–10.09.<strong>2016</strong> Physiotherapy Summer School Leuven (B)<br />

17.09.<strong>2016</strong> 2. Juniorenkongress Hessen, NRW, Rheinland-Pfalz, Saarland Köln<br />

07.09.–10.09.<strong>2016</strong> Gerontologie und Geriatrie Kongress <strong>2016</strong> Stuttgart<br />

22.09.–24.09.<strong>2016</strong> Kongress der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie Frankfurt/Main http://dgh-kongress.de/<br />

28.09.–01.10.<strong>2016</strong> Rehacare Düsseldorf www.rehacare.de<br />

30.09.–01.10.<strong>2016</strong><br />

OKTOBER<br />

Frankfurt/Main<br />

19.10.–22.10.<strong>2016</strong> Deutscher Schmerzkongress Mannheim http://schmerzkongress<strong>2016</strong>.de/<br />

20.10.–21.10.<strong>2016</strong> 15. Europäischer Gesundheitskongress München http://gesundheitskongress.de/<br />

21.10.–22.10.<strong>2016</strong> Bundeskongress Physiotherapie »Physiotherapie mit Hand und Fuss« Radebeul<br />

Gemeinsamer Kongress der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention<br />

und der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />

www.bundeskongress-<strong>physio</strong>therapie.de<br />

25.10.–28.10.<strong>2016</strong> Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie DKOU Berlin http://dkou.org<br />

27.10.<strong>2016</strong> Tagung Gesundheit und Technologie – eHealth in Interaktionen Bochum<br />

Quellen Veranstaltungskalender<br />

– AWMF – Kongresskalender, AWMF online Das Portal der wissenschaftlichen Medizin,<br />

http://www.awmf.org/service/kongresskalender.html<br />

– Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e.V.,<br />

http://www.ebm-netzwerk.de/ebm-events/kalender<br />

– Physio Deutschland Deutscher Verband für Physiotherapie (ZVK) e.V.,<br />

http://www.<strong>physio</strong>-deutschland.de/bundesverband/fachkreise/veranstaltungen.html<br />

– PT – Portal für Physiotherapeuten, https://www.<strong>physio</strong>therapeuten.de/termines/<br />

– Thieme.de Themenwelten Physiotherapie, Thieme Verlag,<br />

https://www.thieme.de/de/<strong>physio</strong>therapie/<strong>physio</strong>termine-30453.htm<br />

<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 55


AUSBLICK<br />

<strong>physio</strong><br />

<strong>Journal</strong><br />

DAS ERWARTET EUCH<br />

IN DER 10. AUSGABE<br />

TITELTHEMA: TRIGGERPUNKTTHERAPIE<br />

Triggerpunkte<br />

Hintergründe über Triggerpunkte und deren Behandlung<br />

Wissenschaftlicher Hintergrund<br />

Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse gibt es im Bereich der Triggerpunkttherapie?<br />

Fallbeispiel »Triggerpunkte«<br />

Vorstellen einer Triggerpunkttherapie anhand eines Fallbeispiels<br />

Diagnostik<br />

Was ist eigentlich ein Blutbild?<br />

Weiteres:<br />

Studienzusammenfassungen<br />

Muskelplakat<br />

Assessments<br />

Prüfungsfragen<br />

Veranstaltungskalender<br />

… und vieles mehr<br />

56 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>


Bestellung exklusiv<br />

online unter<br />

www.dieFachwelt.de<br />

Günstige Mengenpreise!<br />

Winkelmesser ab € 2,95<br />

Maßband ab € 1,95


www.dieFachwelt.de<br />

Die Onlinebuchhandlung für<br />

Physiotherapeuten<br />

Unsere besonderen Serviceangebote<br />

Stellenmarkt<br />

Bei uns suchen Praxen und Kliniken gezielt nach Berufseinsteigern. Der Physio-Stellenmarkt<br />

online unter: www.dieFachwelt.de<br />

Sammelbestellungen<br />

Gerne helfen wir bei der Organisation von Sammel- und Klassensatzbestellungen.<br />

Fachweltpreise<br />

Unsere Exklusivausgaben bieten wir zu besonders günstigen<br />

Schüler- und Studentenpreisen an. Nur bei uns online unter:<br />

www.dieFachwelt.de<br />

Zahlarten<br />

Um eine einfache und sichere Zahlungsabwicklung zu<br />

gewähren, können Sie bei uns per Rechnung, Kreditkarte,<br />

Lastschrift oder PayPal bezahlen.<br />

Ratenkauf<br />

Exklusiv für Schüler und Studenten besteht die Möglichkeit<br />

ohne Zusatzkosten und Zinsen ab € 100,– Bestellwert<br />

den Bücherkauf per Ratenzahlung (6, 9 oder 12<br />

Raten) zu begleichen.<br />

Sendungsverfolgung<br />

Im persönlichen Kundenkonto können Sie jederzeit den aktuellen<br />

Lieferstatus ihrer Sendung abrufen und per DHL-Sendungsverfolgung<br />

den genauen Zustellungstermin erfahren.<br />

www.dieFachwelt.de ∙ info@dieFachwelt.de

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!