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OCEAN7 2010-01-02

Das ist Segelspaß pur: Testbericht von einem kleinen, sportlichen Segelboot aus Slowenien.

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Regatta<br />

93<br />

Selbst der Segelprofi und dreimalige America’s Cup-Gewinner<br />

Russel Coutts, dem ja schnelle Boote nicht unbekannt sind,<br />

gesteht ein, dass es sich bei der BOR 90 um die ultimative<br />

Rennmaschine handelt, die selbst ihn in ihrer Leistung überraschte<br />

und schwer beeindruckt. Es ist nicht nur die höhere<br />

Geschwindigkeit, die mit dem Flügelrigg erzielt werden kann,<br />

sondern auch die bessere Manövrierfähigkeit, die bei einem<br />

Rennen den Ausschlag geben kann. Aus der Sicht eines der<br />

besten und erfolgreichsten Segler der Welt zeigt sich der Vorteil<br />

des Wings gegenüber einem herkömmlichen Segel in seiner<br />

absoluten Trimmbarkeit, die es der Crew ermöglicht, das in<br />

acht Segmente unterteilte Segel optimal auf den Wind einzustellen<br />

und das Maximum an Vortrieb zu erzeugen. Die Entwicklung<br />

des Schiffes, das anfänglich als Allrounder gebaut<br />

wurde, war eine Evolution, die Hand in Hand mit der Offenbarung<br />

der Fakten wie Austragungsort, zu erwartende Wetterbedingungen<br />

und Wettkampfbedingungen ging. Den wesentlichsten<br />

Ausschlag gab aber das gewaltige Flügelrigg. Russel<br />

Coutts sagt: „Ich habe selbst noch nie eine einzelne technische<br />

Komponente gesehen, die ein Schiff und seine Eigenschaften<br />

so extrem verbessern konnte wie eben dieser Flügel“.<br />

Der Flügel<br />

Das revolutionäre Flügelrigg der BOR 90 ist mit 57 Metern<br />

Höhe größer als der längste jemals gebaute Flugzeugflügel,<br />

selbst die Tragfläche des neuen Airbus 380 erscheint mit 43,5<br />

Metern fast handlich gegen die Konstruktion von BMW. Die<br />

Fläche des Segels beträgt 625 m² und setzt sich im Wesentlichen<br />

aus zwei Teilen zusammen. Das Hauptelement, das um die<br />

Achse des Mastfußes gedreht werden kann, besteht aus einem<br />

zusammenhängenden Stück und bildet die vordere Kante des<br />

aerodynamischen Profils. Hinter diesem Profil liegt, getrennt<br />

durch einen schmalen Spalt, eine Reihe von elf einzeln beweglichen<br />

Klappen, die von neun Gelenken zusammengehalten<br />

werden. Angesteuert werden diese Klappen durch Seilzüge, die<br />

über acht Umlenkhebel die Kraft auf die hinteren Profilsegmente<br />

übertragen. Außerdem kann über einen zusätzlichen<br />

Seilzug eine Wende so gefahren werden, dass das Profil nach<br />

dem Kreuzen des Windes automatisch wieder die gleiche, strömungstechnisch<br />

optimale Einstellung zum Wind einnimmt. Als<br />

Materialien wurden für die Konstruktion Karbon und Kevlar<br />

verwendet, um das Gewicht möglichst gering zu halten. Die<br />

strömungsrelevanten Flächen sind mit einer dünnen, flexib len,<br />

jedoch widerstandsfähigen Haut überzogen, die sonst in der<br />

Luftfahrttechnik ihre Anwendung findet. In die Kons truktion<br />

des Riesenflügels wurden allein 40.000 Arbeitsstunden investiert,<br />

um das gesamte Rigg so stabil zu machen, dass es den<br />

hohen Beanspruchungen bei einer Wettfahrt standhält, gleichzeitig<br />

aber möglichst leicht wird. Mit einem Gewicht von nur<br />

3.500 Kilogramm ist es dem Team von Spezialisten um den<br />

Leiter des Wing Design-Projekts Joseph Ozanne aus Frankreich<br />

gelungen, diese beiden wesentlichen Fak toren perfekt zu verbinden.<br />

Getrimmt wird nach den Instrumenten,<br />

nicht nach dem Blick nach oben<br />

Der Luft- und Raumfahrttechniker, der sein volles Know-how<br />

in die Konstruktion einfließen ließ, beantwortet die sich aufdrängende<br />

Frage nach dem Hauptvorteil gegenüber einem<br />

herkömmlichen Segel damit, dass sich der Flügel entscheidend<br />

gezielter trimmen lässt. Das bisherige Segel war deshalb schwerer<br />

in die gewünschte, optimale Form zu bringen, weil es nur<br />

an drei Punkten – dem Kopf, dem Hals und dem Schothorn<br />

– beeinflusst werden konnte. Bei dem Wing kann die gewünschte,<br />

vortriebsstärkste Form wesentlich einfacher und gezielter<br />

erreicht werden, indem man den Anstellwinkel der einzelnen<br />

Wingsegmente relativ zum Hauptsegment verändert.<br />

Die Frage, die allen Segelbegeisterten nun auf der Zunge liegt<br />

lautet: Wie wird so ein Hightech-Flügelsegel eigentlich getrimmt?<br />

Im Fall der BOR 90 war die Umstellung gewaltig, da<br />

die Crewmitglieder, die es sonst gewohnt waren nach oben ins<br />

Segel zu schauen, um am Profil und den Windspionen zu erkennen,<br />

ob der Trimm perfekt ist, jetzt an dem Flügel genau<br />

diese Dinge mit freiem Auge nur noch schwer erkennen konnten.<br />

Also musste sich die Crew beim Segeln mit dem neuen<br />

Wing viel mehr auf die Anzeigen der Instrumenten konzentrieren<br />

und – da das neue Segel ja nicht durchsichtig<br />

ist – untereinander kommunizieren,<br />

um einen Eindruck<br />

von der anderen<br />

Seite der Fläche zu<br />

Evolution<br />

Die Entwicklung vom Allrounder zur ultimativen Rennmaschine

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