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Lebenswege-2010-Ausgabe-2

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WEGE<br />

im gespräch<br />

Welchen Stellenwert hat die Pflege<br />

in der Sozialpolitik?<br />

Die Betreuung pflegebedürftiger<br />

Menschen ist ein zentrales Thema<br />

für die Zukunft unseres österreichischen<br />

Sozialsystems.<br />

Derzeit beziehen mehr als 400.000<br />

Frauen und Männer – das sind<br />

immerhin rund 5% der österreichischen<br />

Bevölkerung – ein Pflegegeld<br />

nach dem Bundes- oder<br />

einem Landespflegegeldgesetz.<br />

Im Sinne von Solidarität und Gerechtigkeit<br />

muss jeder und jedem<br />

von uns die Sicherheit gegeben<br />

werden, möglichst gleichberechtigt<br />

am sozialen Leben teilnehmen<br />

zu können. Dies gilt nicht zuletzt<br />

insbesondere für pflegebedürftige<br />

Menschen und deren betreuende<br />

Angehörige.<br />

Was ist charakteristisch am österreichischen<br />

System der Pflege?<br />

Im Jahr 1993 wurde eine umfassende<br />

Reform der Pflegevorsorge<br />

durchgeführt. Ziel des neuen Konzeptes<br />

war es, bundeseinheitliche<br />

Geldleistungen zu sichern und die<br />

erforderlichen Dienstleistungen<br />

durch den Ausbau der Pflegestrukturen<br />

zur Verfügung zu stellen.<br />

Bund und Länder gewähren nach<br />

gleichen Grundsätzen ein Pflegegeld<br />

und die Länder verpflichteten<br />

sich darüber hinaus zu einem flächendeckenden<br />

und dezentralen<br />

Ausbau der ambulanten, teilstationären<br />

und stationären Dienste.<br />

Anders als in anderen europäischen<br />

Staaten wird das Pflegegeld in Österreich<br />

ausschließlich aus Budgetmitteln<br />

finanziert.<br />

Wo sehen Sie die Herausforderungen?<br />

In den letzten Jahren haben wir vor<br />

allem Maßnahmen zur Entlastung<br />

der pflegenden Angehörigen gesetzt;<br />

rund 80% aller pflegebedürftigen<br />

Menschen werden von ihren<br />

Angehörigen in der häuslichen<br />

Umgebung gepflegt. Darüber hinaus<br />

wurde das Pflegegeld im Vorjahr<br />

kräftig erhöht und die Einstufung<br />

schwerst behinderter Kinder<br />

und dementer Menschen durch<br />

die Einführung des Erschwerniszuschlages<br />

wesentlich verbessert.<br />

Die größte Herausforderung der<br />

Zukunft wird vor dem Hintergrund<br />

der demografischen Entwicklung<br />

aus meiner Sicht sein, ein<br />

finanzierbares, für die Betroffenen<br />

leistbares, qualitätsgesichertes und<br />

bedarfsgerechtes Sachleistungssystem<br />

zu gewährleisten.<br />

Sie sagten zu Beginn, diese sind<br />

Ländersache?<br />

Nach der Vereinbarung gem. Art.<br />

15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen<br />

des Bundes und der Länder<br />

für pflegebedürftige Personen<br />

haben sich die Vertragsparteien<br />

verpflichtet, im Rahmen der ihnen<br />

verfassungsrechtlich zugeordneten<br />

Kompetenzbereiche ein<br />

umfassendes Pflegeleistungssystem<br />

an Geld- und Sachleistungen zu<br />

schaffen. Nach der verfassungsrechtlichen<br />

Kompetenzlage und<br />

Art. 3 ff der genannten Art. 15a-<br />

Vereinbarung fallen die sozialen<br />

Dienste in den Kompetenzbereich<br />

der Länder.<br />

Im Regierungsprogramm vom November<br />

2008 ist in diesem Kontext<br />

vorgesehen, dass der Bund – nach<br />

Maßgabe der vorhandenen Budgetmittel<br />

– den weiteren Ausbau<br />

der sozialen Dienste für ältere,<br />

pflege- und betreuungsbedürftige<br />

Menschen und Personen mit<br />

Behinderung unterstützt. Dies<br />

betrifft vor allem mobile Dienste<br />

am Wochenende, teilstationäre<br />

Dienste, Kurzzeitpflege im Heim,<br />

Care- und Casemanagement und<br />

alternative Wohnformen.<br />

Als Voraussetzung dafür wurde<br />

durch das Bundesministerium für<br />

Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz<br />

die Schaffung einheitlicher<br />

Qualitätsstandards sowie<br />

Transparenz und Vergleichbarkeit<br />

der angebotenen Leistungen festgelegt.<br />

Bei der LandessozialreferentInnenkonferenz<br />

am 10. Juni<br />

<strong>2010</strong> wurde der Konsens erzielt,<br />

auf Grundlage der diesbezüglichen<br />

Erhebungen weitere Gespräche<br />

über den Ausbau der sozialen<br />

Dienste mit den Ländern und dem<br />

Bundesministerium für Finanzen<br />

zu führen. Mit diesen Gesprächen<br />

wird nun im Herbst begonnen.<br />

Wo sehen Sie die Pflege 2020?<br />

Hauptziel muss es sein, das bewährte<br />

Pflegevorsorgesystem bestmöglich<br />

und nachhaltig abzusichern<br />

sowie weiterhin auszubauen.<br />

Pflegebedürftige Menschen sollen<br />

die Betreuung erhalten, die sie<br />

brauchen, und sie sollen wählen<br />

können, wie sie erbracht wird.<br />

Dies kann entweder zu Hause<br />

ausschließlich durch Familienangehörige<br />

oder mit professioneller<br />

Hilfe sein oder in modernen, lebenswerten<br />

Heimen. ß<br />

WEGE 15

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