SchlossMagazin Bayerisch-Schwaben Mai 2016
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34 | Kunst + kultur | tim: Laboratorium der Moderne<br />
fotos tim bayern / Felix Weinold / Eckhart Matthäus / Sascha Schneider<br />
Laboratorium der Moderne<br />
Wer „museal“ sagt, denkt fast zwingend an Verstaubtes, an Labyrinthe aus Stellwänden,<br />
Langeweile. Es geht auch anders: unterhaltsam, zeitgemäß, anregend. Das tim –<br />
„Staatliches Textil- und Industriemuseum“ – in Augsburg tritt dafür seit Gründung 2010<br />
den Beweis an. „Wir sind ein Laboratorium der Moderne“, definiert sein Chef<br />
Karl-Borromäus Murr das Haus.<br />
text Text Hanns-Rainer Strobl<br />
Das waren Zeiten, als in der ehrwürdigen Textilfabrik<br />
Augsburger Kammgarnspinnerei AKS hunderte Maschinen<br />
ratterten. Heute erinnert dort das tim an die<br />
Textilindustrie und realisiert ein wichtiges Motiv moderner<br />
Museumsarbeit: „Die Spannung zwischen Vergangenheit und<br />
Gegenwart in die Zukunft wenden.“ Murr, der promovierte Historiker<br />
mit Studium in München, Oxford und Harvard formuliert,<br />
was den Besuchern im tim Vergnügen macht. Die „drei<br />
Grazien“ etwa, überlebensgroße, sich drehende Figurinen, auf<br />
die über ein interaktives Terminal Stoffmuster projiziert werden<br />
können. Die mit einem internationalen Designpreis ausgezeichnete<br />
Inszenierung ist, neben funktionstüchtigen alten<br />
Textilmaschinen, eine Attraktion der Dauerausstellung<br />
und ein Musterbeispiel für ein „Mit-Mach-Museum“.<br />
Reicht multimedialer Einsatz aus, damit jährlich 105.000 Besucher<br />
wie im Jahr 2015 ins tim kommen? Nein, nicht allein.<br />
Das Museum hat sich deshalb der Textilkunst geöffnet, „keine<br />
Selbstverständlichkeit für ein Industriemuseum“, betont<br />
Murr. Aber reizvoll für Besucher und Museumsmacher. Aktuell<br />
läuft „Textile Erinnerungen – Remembering Textiles“ zweier<br />
renommierter Textilkünstlerinnen aus Israel bzw. Japan mit<br />
verblüffenden neuen Sichten auf Kleidung und Stoffe. „Textile<br />
Architektur“ heimste 2013 mit Präsentationen moderner Lebensräume<br />
aus der ganzen Welt Aufmerksamkeit ein. Eine<br />
Kulturgeschichte von Dessous und Kleidern „zwischen Anstand<br />
und Erotik“ amüsierte 2011 unter dem Titel „Reiz und<br />
Scham“. In „Kunst-Couture“ kooperierte das tim 2013 mit der<br />
jungen Modemacherin Julia Starp, die die bemalten Leinwände<br />
des Berliner Künstlers Kiddy Citny zu faszinierenden Kleidungsstücken<br />
verarbeitete. Und seit drei Jahren boomt die<br />
Verkaufsausstellung „textilmarkt im tim“. Angenehmer Nebeneffekt<br />
fürs Museum: Kooperationen dieser Art spülen immerhin<br />
fünfstellige Beträge in die Kasse, Geld, das etwa für viel-