Cruiser Februar 2012
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CRUISER Edition <strong>Februar</strong> <strong>2012</strong><br />
Nachgefragt<br />
spielen immer wieder eine Rolle in deinen Arbeiten.<br />
Du bist selber schwul und seit einiger<br />
Zeit mit deinem Partner verheiratet. Wie<br />
gehst du jeweils an deine Arbeiten heran?<br />
Marc Bauer: Meine Arbeit ist mir sehr nahe, sehr<br />
autobiografisch. Das trifft auch auf die Arbeiten<br />
zu, welche nicht wirklich in mein Leben<br />
passen. Es ist eine Kombination aus persönlichen<br />
Dingen, Fantasien und historischen Fakten.<br />
Ja, ich bin ein verheirateter Schwuler, was<br />
ich selbst als überaus amüsant empfinde. Nie<br />
hätte ich gedacht, dass mir so was widerfahren<br />
würde. Meine Homosexualität ist natürlich ein<br />
wichtiger Teil in meiner Kunst. Sie formt meine<br />
Gedanken in spezieller Weise und machte<br />
mich sensibel für viele Aspekte der Realität,<br />
sei es rein ästhetisch, politisch oder sexuell.<br />
Homosexualität funktioniert wie ein weiterer<br />
Filter auf die eigene Wahrnehmung. In meinen<br />
Arbeiten analysiere ich zudem geschichtliche<br />
Ereignisse oder persönliche Erinnerungen und<br />
versuche, diese in einer anderen Perspektive<br />
zu zeigen.<br />
Branko B. Gabriel: Auch die Themen Macht und<br />
Gewalt widerspiegeln sich immer wieder in<br />
deinen Arbeiten. Ein bekanntes Werk von dir<br />
ist «Abendland, Pope» von 2007. Ein nicht besonders<br />
nettes Bild von unserem Heiligen Vater.<br />
Provokant und gefährlich...<br />
Marc Bauer: Ich fühle mich unbehaglich bei Religion<br />
oder patriarchischen Figuren. Als wir<br />
Papst Benedikt das erste Mal in den Nachrichten<br />
sehen konnten, war ich schockiert. Er sieht eher<br />
wie ein Machtmensch aus, statt wie ein gläubiger<br />
Mann. Dies wollte ich versuchen zu zeigen.<br />
Ich mag dieses Portrait sehr. Der Papst sieht darauf<br />
eher tobend und verrückt aus, wir können<br />
nicht erkennen, ob er uns segnet oder droht. Ich<br />
bin fasziniert von Gewalt und es ist schrecklich<br />
das zu sagen, aber Gewalt ist sehr fotogen. Ich<br />
kann mich darin wirklich gehen lassen.<br />
Branko B. Gabriel: Deine Wurzeln sind in Genf,<br />
seit Jahren lebst du mit deinem Mann in Berlin,<br />
dem Gay- und Sündenbabel schlechthin.<br />
Was bedeutet dir persönlich dein Umfeld<br />
und wie wirkt es sich auf deinen künstlerischen<br />
Prozess aus?<br />
Marc Bauer: Obwohl ich nun schon seit vier<br />
Jahren in Berlin lebe, fühle ich mich oft noch<br />
fremd. Noch kenne ich Berlin nicht so gut und<br />
mein Deutsch ist eher chaotisch. Aber ich bevorzuge<br />
es, nicht wirklich ein Teil der Stadt zu sein.<br />
Sicher, die Gay-Szene in Berlin ist vielfältig, in<br />
welcher Stimmung du auch bist, es gibt immer<br />
einen Event, der sich dir anpasst. Meine Heimatstadt<br />
besuche ich dagegen selten. Mit Genf fühle<br />
ich mich nicht wirklich verbunden.<br />
Branko B. Gabriel: Im Moment bist du mit anderen<br />
Künstler an der Gruppenausstellung<br />
Reality Manifesto, or Can Dialectics Break<br />
Brick in der Kunsthalle Exnergasse in Wien<br />
zu sehen. Steht bald eine Ausstellung in der<br />
Schweiz auf dem Programm?<br />
Marc Bauer: Stimmt, gerade war ich in Wien für<br />
diese Ausstellung und ich muss sagen, Wien ist<br />
eine tolle Stadt, sehr exotisch. Und die Wiener<br />
sind an sich lustige Menschen. Nun konzentriere<br />
ich mich auf meine Ausstellung im Kunsthaus<br />
Baselland. Sie wird am 18. Mai eröffnet. Ich<br />
werde einige neue Arbeiten dafür kreieren, ich<br />
hoffe, du wirst kommen! Vorher, im März oder<br />
April, werden aber auch noch Zeichnungen von<br />
mir in der Galerie Freymond-Guth in Zürich<br />
gezeigt werden.<br />
Aktuelle Ausstellung: Wien, WUK / Kunsthalle<br />
Exnergasse, bis 3.März <strong>2012</strong><br />
Marc Bauer<br />
Marc Bauer, geb. 1975 in Genf, ist ein Schweizer<br />
Künstler, der hauptsächlich in Bleistift zeichnet<br />
und skizziert. Heute lebt er mit seinem Mann<br />
in Berlin. <strong>2012</strong> ist er nominiert für den renommierten<br />
«Drawing Prize Daniel & Florence Guerlain».<br />
Weitere geplante Ausstellungen sind im<br />
Kunsthaus Baselland, in der Galerie Freymond<br />
Guth in Zürich, sowie im La Station in Nizza.<br />
www.marcbauer.ch<br />
Dank an Raphael Gygax<br />
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