Community CRUISER Edition <strong>Sommer</strong> <strong>2012</strong> The Pink Elefant Das herzhafte <strong>Sommer</strong>-Interview von Lola Sara Arnold Korf 20 Uwe Splittdorf, Alicia Parel, Pierre André Rosselet – © by Stefan Büchi
CRUISER Edition <strong>Sommer</strong> <strong>2012</strong> Community «Pink Cross» hat sich vor allem auch in den letzten <strong>Jahre</strong>n zum modisch daherkommenden Dachverband der Schweizer Homos gewandelt. Ein gewisser Exhibitionismus des scheidenden Geschäftsführers Uwe Splittdorf verhalf zum Erfolg, aber auch die Arbeit eines sachkundigen Vorstands unter der Präsidentschaft von Pierre André Rosselet. Mit der neuen arbeitswütigen Geschäftsführerin Alicia Parel, einer Transfrau mit Herz und Verstand, zeigte «Pink Cross» modernen Mut. Im <strong>Sommer</strong>-Interview spricht Lola Sara Arnold-Korf für den CR mit den Akteuren. CR: Mutig und für den einen oder anderen Mitbewerber äussert überraschend hat sich die 2200 Mitglieder zählende Dachorganisation Schweizer Schwuler «Pink Cross» für die 41-jährige smarte Transfrau Alicia Parel entschieden. Chapeau! In meinen finsteren, grauenvollen Tagen in Berlin sagte mir einst ein Psychologe und strammer Hetero- Hase: «Statistisch bringen sich 80 Prozent der Transsexuellen um, bevor sie 24 <strong>Jahre</strong> alt werden.» Und jetzt? Alicia ParEL: Ich bin nicht einverstanden mit der Aussage dieses Psychologen, denn die Hälfte der Tansgender-Menschen fängt erst mit 40 <strong>Jahre</strong>n an so zu leben, wie sie es zu Recht nach ihrer Façon will. Sozialdruck, Sexismus und eine falsche Wahrnehmung über das, was eigentlich Geschlecht ist, bringt uns in diesem Land nicht weiter. Dank meiner Lebenserfahrung habe ich gelernt, dass es innerhalb eines Menschen drei Aspekte gibt: Mann, Frau und anders/undefiniert. In der heutigen Gesellschaft sehe ich neue Aussichten, ohne Tabus oder Vorurteile. Und da meiner Meinung nach schwule Männer seit jeher Vorreiter einer solchen Gesellschaft waren und sind, klammere ich mich als neue Geschäftsführerin von «Pink Cross» wohl nicht ohne Grund an die Vorstellung, an der Seite der Schweizer Schwulen noch mehr zu erreichen, als wir bisher schon erreicht haben. PIErre André RoSSELET: Es war nie eine Frage, ob Alicia in die Ehe des offenen Hauses «Pink Cross» passt. Aber der eigentliche Grund, warum wir uns gegen die anderen Bewerber und für Alicia entschieden haben, war ihre Überzeugungskraft und Leidenschaft, mit der sie selbst die politischen Granden im Berner Bundeshaus zu beflügeln und bearbeiten versteht. Denn wir brauchen uns nichts vorzumachen: Der Erfolg von «Pink Cross» lebt von einer aktiven Lobbyarbeit. Ganz so wie es Alicias Vorgänger Uwe in den letzten drei <strong>Jahre</strong>n äusserst erfolgreich gemacht hat. Es wird sicher kein leichtes Erbe. UWE SPLITTDorf: Ohne dies selbst beurteilen zu wollen, will ich nur noch hinzufügen, dass ich sehr stolz darauf bin, in Alicia eine taffe und arbeitswütige Nachfolgerin gefunden zu haben. Und ich bin fest davon überzeugt, dass sie die Interessen unseres schwulen Dachverbandes würdig vertreten wird. CR: An dieser Stelle wäre es sicher politisch korrekt die CR-Leser mit euren Meinungen zu den Long-Time-Themen wie «Adoptionsrecht» oder «Aids» zu konfrontieren. Heben wir uns dies für später auf und hinterfragen eure Standpunkte zu einem anderen, bisher eher hinter vorgehaltener Hand diskutierten Thema: Der schwule Big Daddy – reicher Schwuler trifft junges Gemüse. Entgegen aller schwuler Moralapelle: Ist die Schweizer Schwulenszene der heutigen Zeit nicht seelisch, moralisch verkommen? Reichen plakative Kampagnen nach aussen aus, um über die internen Zustände innerhalb der Gay Community hinwegzutäuschen? Was ist mit dem schwulen Raubtier-Kapitalismus? PIErre André RoSSELET: Sicher ist dies auch schwule gesellschaftliche Realität. In erster Linie sehe ich aber viel Mut darin, wenn jemand neben seinem Schwulsein auch zu seiner Leidenschaft steht. Ich persönlich habe mich jahrelang als Politaktivist, Rechtsanwalt und Hedonist öffentlich geoutet und bin permanent dazu gestanden. Vielleicht bin ich da die Ausnahme von der Regel. Ich glaube jedoch, was uns schwule «Erfolgsmenschen», auch mit jüngeren Partnern verbindet, ist die Tatsache und das tiefe Bedürfnis, mehr als nur die Arbeit, nämlich auch das Vergnügen zu wollen. Das mag egoistisch klingen. Letztlich würde ich mich aber freuen, wenn viel mehr Schwule zu ihrem Vergnügen – in aller Offenheit – stehen würden. Und ich glaube, dass dies eine Aufgabe für die Zukunft sein wird. CR: Lieber Pierre, 1996 schrieb die Handelszeitung einen Artikel über dich unter der Überschrift: «Schwul aber tüchtig!». Schaulaufen oder pure Realität? PIErre André RoSSELET: Dieser Artikel hatte mir 1996 gezeigt, dass die Schwulen damals besser sein mussten als ihre Heterokollegen. Leider scheint es für viele Schwule noch immer so zu sein. Liebe Lola, du sprichst wirklich ein Tabuthema an. Aber vielleicht kann auch mein geschätzter Uwe etwas dazu sagen. UWE SPLITTDorf: Auch ich bin ganz klar der Meinung, liebe Lola, dass du hier ein Tabuthema ansprichst. Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass es als 21