play!
73EOM5lel
73EOM5lel
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
93<br />
Als Solist spielt er regelmäßig mit der<br />
internationalen Orchester-Elite; als kommunikationsfreudiger<br />
Kammermusikpartner wird er von vielen<br />
großen Kollegen geschätzt. Seit 2012 steht er als künstlerischer<br />
Leiter des legendären Lockenhaus Festivals<br />
in der Verantwortung; 2015 löste er Ádám Fischer als<br />
Chefdirigent der Österreichisch- Ungarischen Haydn<br />
Philharmonie in Eisenstadt ab. Keine Frage: Nicolas<br />
Altstaedt, 1982 als Sohn deutsch-französischer Eltern<br />
in Heidelberg geboren, ist kein Mann der Begrenzungen,<br />
kein Künstler, der sich in Schubladen sperren lässt.<br />
Neben dem großen klassisch-romantischen Repertoire<br />
setzt er sich intensiv mit der historischen Aufführungspraxis<br />
Alter Musik auseinander; darüber hinaus ist er ein<br />
berufener Interpret der Moderne und arbeitet mit den<br />
wichtigsten Komponisten unserer Zeit zusammen – so<br />
etwa mit Wolfgang Rihm, Sofia Gubaidulina, Jörg Widmann<br />
oder Matthias Pintscher.<br />
Nicolas Altstaedt war einer der letzten Schüler<br />
des großen Boris Pergamenschikow, der ihn künstlerisch<br />
entscheidend prägte. Nachdem er bereits zahlreiche<br />
erste Preise bei internationalen Wettbewerben<br />
gewonnen hatte, wurde er 2010 mit dem Credit Suisse<br />
Young Artist Award ausgezeichnet, wodurch es zum<br />
Debüt mit den Wiener Philharmonikern unter Gustavo<br />
Dudamel kam. Danach wurde er unter anderem<br />
vom Tonhalle Orchester Zürich, der Tschechischen<br />
Philharmonie, dem Tokyo Metropolitan Orchestra und<br />
den Wiener Symphonikern eingeladen. Als „BBC New<br />
Generation Artist“ (2010-2012) konzertierte er mit<br />
allen Orchestern der BBC und war auch bei den sommerlichen<br />
„Proms“ in der Londoner Royal Albert Hall<br />
zu Gast.<br />
Mit den Duisburger Philharmonikern spielte<br />
Nicolas Altstaedt erstmals im November 2015 zusammen<br />
– als Solist in der Deutschen Erstaufführung des<br />
Cellokonzerts von Thomas Agerfeldt Olesen, eines<br />
Auftragswerks des Aarhus Symphony Orchestra und<br />
der Duisburger Philharmoniker. Als deren „Artist<br />
in Residence“ ist er in der Spielzeit 2016/17 gleich<br />
mehrfach präsent: Im Philharmonischen Konzert widmet<br />
er sich Antonín Dvořáks berühmtem h-Moll-<br />
Konzert op. 104; mit den sechs Cellosuiten von Johann<br />
Sebastian Bach und Ludwig van Beethovens fünf Sonaten<br />
für Violoncello und Klavier nimmt er sich an je<br />
einem Abend die bedeutendsten Werkzyklen vor, die<br />
im Barock und in der Wiener Klassik für sein Instrument<br />
geschrieben wurden. Dazu kommt ein in mehrfacher<br />
Hinsicht grenzüberschreitendes Projekt an der Seite<br />
des entdeckungsfreudigen Pianisten und Komponisten<br />
Hauschka: „LOST“ ist die musikalische Adaption eines<br />
Drehbuchs von Federico Fellini, das nie verfilmt wurde.<br />
INTERVIEW MIT NICOLAS ALTSTAEDT<br />
Herr Altstaedt, wann wussten Sie, dass die Musik Ihr<br />
Beruf, Ihr wesentlicher Lebensinhalt sein würde?<br />
Das war von Anfang an gleich klar. Nachdem<br />
ich mit sechs Jahren zum ersten Mal das Cello berührt<br />
hatte, wusste ich, dass ich mein Leben damit verbringen<br />
wollte. Es gab nie einen Zweifel, nie einen Moment, wo<br />
ich mich entscheiden musste.<br />
Sie haben in Detmold, Basel und Berlin studiert; besonders<br />
stark geprägt wurden Sie durch Boris Pergamenschikow<br />
und Eberhard Feltz. Was haben Sie den<br />
beiden zu verdanken?<br />
Vor allem viel Zeit, die sie mir und meinen<br />
Kommilitonen gewidmet haben. Pergamenschikow<br />
hat immer sehr viel unterrichtet, hat uns darüber hinaus<br />
aber auch einen weiten künstlerischen Horizont<br />
vermittelt. Da ging es nicht nur um das Cello spielen,<br />
sondern auch um Literatur und Kunstgeschichte.<br />
Durch Eberhard Feltz habe ich einen ganz neuen<br />
Zugang zu den Partituren bekommen. Er ist einer der<br />
umfassendsten Musiker, die ich kenne. Er hat mir ein<br />
waches Verständnis von Struktur und Sprache in der<br />
Musik vermittelt; er hat mir gezeigt, das Beziehungen in<br />
der Musik nicht ‚erfunden‘, sondern in unserer eigenen<br />
Natur verwurzelt sind.<br />
Als „Artist in Residence“ werden Sie mit den Duisburger<br />
Philharmonikern das Cellokonzert von Antonín<br />
Dvořák spielen. Wie schafft man es, sich so einem<br />
Bestseller immer wieder frisch und unvoreingenommen<br />
zu nähern?<br />
Das ist beim Dvořák-Konzert wie bei<br />
jedem anderen Stück auch. Jede Aufführung ist eine<br />
Ur aufführung. Auf dem Papier hat das Werk nur eine<br />
ideelle Existenz, der man sich ganz unterschiedlich<br />
annähern kann – auch je nach den akustischen Verhältnissen<br />
oder den Partnern, mit denen man spielt.<br />
Es gibt immer sehr viele verschiedene Möglichkeiten,<br />
textgetreu und zugleich lebendig zu interpretieren.<br />
Das schafft man durch die Begeisterung für das Werk,<br />
die Offenheit, mit der man ihm begegnet. Ich werde<br />
das Dvořák-Konzert in der nächsten Saison mehrfach<br />
spielen, und es wird in Duisburg ganz anders sein als in<br />
Moskau oder Budapest.