2014_Leitfaden-Mindestlohn
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Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn die Zulagen oder Zuschläge zusammen mit anderen<br />
Leistungen des Arbeitgebers ihrem Zweck nach diejenige Arbeitsleistung des Arbeitnehmers<br />
entgelten sollen, die mit dem <strong>Mindestlohn</strong> zu vergüten ist (funktionale<br />
Gleichwertigkeit der zu vergleichenden Leistungen).“<br />
Überträgt man diese auf der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 07.11.2013 –<br />
C-522/12) beruhende Herangehensweise des Zolls auf den gesetzlichen <strong>Mindestlohn</strong> ,<br />
so bedeutet dies, dass Zulagen und Zuschläge, die daran anknüpfen, dass der Arbeitnehmer<br />
zu besonders belastenden Zeiten (z.B. Sonntags, Nachts) oder unter besonders<br />
unangenehmen Bedingungen (z.B. Lärm, Schmutz) arbeitet, wohl nicht angerechnet<br />
werden können.<br />
Geklärt ist die Frage der Anrechnung solcher Zuschläge oder Zulagen aber noch nicht,<br />
daher kann es durchaus sein, dass der Zoll oder ein Arbeitsgericht eine Anrechnung<br />
dieser Zahlungen zulässt, denn der mit dem MiLoG verfolgte Schutz des Arbeitnehmers<br />
wird immer dann erreicht, wenn die Summe aller gezahlten Lohnbestandteile<br />
insgesamt die Höhe des vorgeschriebenen <strong>Mindestlohn</strong>s erreicht. So hat beispielsweise<br />
bereits im Jahr 2002 das Bayerische Oberlandesgericht in einem Fall entschieden,<br />
in dem es um einen Branchenmindestlohn nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz<br />
(AEntG) ging ( BayObLG, Beschluss vom 28.05.2002 – 3 ObOWi 29/02).<br />
Auf den <strong>Mindestlohn</strong> anrechenbar müssen Zuschläge oder Zulagen jedenfalls aber<br />
dann sein, wenn der Zweck des Arbeitsverhältnisses gerade darin besteht, die Arbeiten,<br />
an die diese anknüpfen, auszuführen. Wenn das Verrichten von Arbeiten unter<br />
erschwerten Bedingungen zu der „Normalleistung“ des Arbeitnehmers gehört, sind<br />
daran anknüpfende Zulagen funktionell gleichwertig mit dem <strong>Mindestlohn</strong> und daher<br />
auch auf diesen anzurechnen.<br />
a) Überstundenzuschläge<br />
Ob Überstundenzuschläge bei der Berechnung des <strong>Mindestlohn</strong>s berücksichtigt werden<br />
können, ist derzeit ungeklärt.<br />
Nach Auffassung des EuGH kann eine Leistung, die der Arbeitgeber dafür zahlt, dass<br />
der Arbeitnehmer ein Mehr an Arbeit erbringt, auf einen <strong>Mindestlohn</strong>anspruch nicht<br />
angerechnet werden (Urteil vom 14.04.2005 – C 341/02).<br />
Vom Sinn und Zweck des <strong>Mindestlohn</strong>s aus betrachtet, ist es jedoch völlig irrelevant,<br />
wie Lohnbestandteile bezeichnet werden. Ziel des Gesetzes ist es, sicherzustellen,<br />
dass ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer bei durchschnittlicher Wochenarbeitszeit<br />
ein Einkommen in Höhe der Pfändungsfreigrenze erzielt (s.o. S. 14).<br />
Daraus leitet Prof. Dr. Franzen in der neusten Auflage des renommierten „Erfurter<br />
Kommentars zum Arbeitsrecht“ die Schlussfolgerung ab, dass die Anrechnung von<br />
Überstundenzuschlägen insoweit möglich sein sollte, als das Zeitmaß des vollzeitbeschäftigten<br />
Arbeitnehmers mit durchschnittlicher Wochenarbeitszeit nicht überschritten<br />
wird. Die durchschnittliche Arbeitszeit in Deutschland liegt bei ca. 42 Arbeitsstunden<br />
pro Woche und ca. 176 Arbeitsstunden pro Monat. Folgt man dieser Auffassung,<br />
könnten Zuschläge für Überstunden, die innerhalb dieser Zeitvorgaben liegen, demnach<br />
mindestlohnwirksam angerechnet werden (vgl. ErfK § 1 MiLoG Rn. 13).<br />
b) Zuschläge für Nachtarbeit<br />
Gemäß § 2 Abs. 3 ArbZG gilt die Zeit von 23 Uhr bis 6 Uhr als Nachtzeit. Wird in dieser<br />
Zeit mehr als zwei Stunden gearbeitet, sieht § 6 Abs. 5 ArbZG vor, dass der Arbeitnehmer<br />
dafür entweder einen Freizeitausgleich oder aber eine finanzielle Abgeltung<br />
erhält.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
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