2014_Leitfaden-Mindestlohn
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Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong><br />
<strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
Dezember <strong>2014</strong><br />
Sabine Dresbach<br />
Mathias Stanke<br />
[Geben Sie Text ein]
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
Inhalt<br />
<strong>Mindestlohn</strong> in der Druckindustrie ............................................................................................................................... 6<br />
I. Wer bekommt den <strong>Mindestlohn</strong>? ....................................................................................................... 7<br />
1. Abschlussarbeiten – Bachelor, Master & Co. ............................................................................................... 7<br />
2. Altersteilzeit ............................................................................................................................................... 7<br />
3. Ausländische Arbeitskräfte oder Arbeitgeber ............................................................................................. 7<br />
4. Aushilfen, Saisonkräfte ............................................................................................................................... 8<br />
5. Auszubildende ............................................................................................................................................ 8<br />
6. Behinderte Menschen ................................................................................................................................. 8<br />
7. Ehrenamtlich Tätige ................................................................................................................................... 9<br />
8. Einstiegsqualifizierungen ............................................................................................................................ 9<br />
9. Familienangehörige .................................................................................................................................... 9<br />
10. Freie Mitarbeiter, Solo-Selbständige .......................................................................................................... 9<br />
11. Geringfügig Beschäftigte/Mini-Jobber ........................................................................................................ 9<br />
12. Heimarbeiter ............................................................................................................................................ 10<br />
13. Kinder und Jugendliche ............................................................................................................................. 10<br />
14. Langzeitarbeitslose .................................................................................................................................. 10<br />
15. Praktikanten ............................................................................................................................................. 10<br />
a) Pflichtpraktika (§ 22 Abs. 1 Nr. 1 MiloG) ................................................................................................ 11<br />
b) Orientierungspraktika (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 MiLoG) ................................................................................... 11<br />
c) Freiwillige ausbildungsbegleitende Praktika (§ 22 Abs. 1 Nr. 3 MiloG) ................................................... 12<br />
d) Sonstige Praktika, Traineeprogramme ................................................................................................. 12<br />
16. Strafgefangene ......................................................................................................................................... 12<br />
17. Studenten in dualen Studiengängen ......................................................................................................... 13<br />
18. Volontäre ................................................................................................................................................. 13<br />
19. Werksstudenten ....................................................................................................................................... 13<br />
II. Höhe des <strong>Mindestlohn</strong>s ................................................................................................................... 14<br />
1. Hintergrund .............................................................................................................................................. 14<br />
2. Anpassung des <strong>Mindestlohn</strong>s .................................................................................................................... 14<br />
3. <strong>Mindestlohn</strong>anspruch nur bei geleisteter Arbeit ....................................................................................... 15<br />
a) Bereitschaftszeiten ............................................................................................................................... 15<br />
b) Lohn ohne Arbeit: Entgeltfortzahlung und Urlaub ................................................................................ 15<br />
4. Übergangsregelungen .............................................................................................................................. 16<br />
a) Sonderregelungen für Zusteller ............................................................................................................ 16<br />
b) Abweichen durch Tarifvertrag .............................................................................................................. 16<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
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Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
III. Anrechenbarkeit von Arbeitgeberleistungen .................................................................................... 17<br />
1. Beiträge zur Sozialversicherung, Pauschalabgaben bei Minijobs .............................................................. 17<br />
2. Zuschläge und Zulagen ............................................................................................................................. 17<br />
a) Überstundenzuschläge ......................................................................................................................... 18<br />
b) Zuschläge für Nachtarbeit .................................................................................................................... 18<br />
c) Samstagszuschläge, Sonn- und Feiertagszuschläge, Antrittsgebühr .................................................... 19<br />
d) Schichtzuschläge .................................................................................................................................. 19<br />
e) Erschwerniszulagen .............................................................................................................................. 19<br />
3. Variable Vergütungen ............................................................................................................................... 19<br />
4. Sonderzahlungen (Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Jahresleistung) ............................................................ 20<br />
5. Sachbezüge .............................................................................................................................................. 20<br />
6. Aufwendungsersatz, Wegegeld ................................................................................................................ 21<br />
7. Vermögenswirksame Leistungen .............................................................................................................. 21<br />
8. Betriebliche Altersversorgung, Entgeltumwandlung ................................................................................. 21<br />
9. Trinkgelder ............................................................................................................................................... 21<br />
IV. Fälligkeit des <strong>Mindestlohn</strong>s und Arbeitszeitkonten ........................................................................... 22<br />
1. Grundsatz: Zwei-Monats-Rhythmus ........................................................................................................ 22<br />
2. Gleich bleibender Monatslohn .................................................................................................................. 22<br />
3. Arbeitszeitkonten ..................................................................................................................................... 22<br />
4. Arbeitszeitkonten mit Ausgleichszeiträumen über 12 Monate ................................................................. 23<br />
a) Ausnahme: Erfüllung des <strong>Mindestlohn</strong>s durch verstetigtes Entgelt ....................................................... 23<br />
b) Einrichtung von getrennten Arbeitszeitkonten ..................................................................................... 24<br />
5. Langzeitkonten, Altersteilzeit ................................................................................................................... 25<br />
V. Kann der <strong>Mindestlohn</strong>-Anspruch entfallen? ...................................................................................... 26<br />
1. Verzicht .................................................................................................................................................... 26<br />
2. Ausschlussfristen ...................................................................................................................................... 26<br />
a) Greift § 3 MiLoG bei Vergütung oberhalb des <strong>Mindestlohn</strong>s? ................................................................ 27<br />
b) Ausschlussfristen insgesamt unwirksam? ............................................................................................. 27<br />
c) Ausschlussfrist unwirksam, soweit <strong>Mindestlohn</strong>anteil betroffen? ......................................................... 28<br />
d) Fazit und Vorschläge für die Formulierung von Ausschlussfristen ......................................................... 28<br />
3. Unbezahlte Überstunden .......................................................................................................................... 29<br />
4. Verjährung und Verwirkung ...................................................................................................................... 30<br />
VI. Akkord- und Stücklohn ................................................................................................................... 31<br />
1. Akkord- und Stücklohnvereinbarungen bleiben möglich ........................................................................... 31<br />
2. Besonderheiten und Probleme bei Akkord- und Stücklohnvereinbarungen .............................................. 31<br />
a) Individuelle oder durchschnittliche Arbeitsleistung ............................................................................... 31<br />
b) Einheitliche Stückpreise ....................................................................................................................... 31<br />
c) Durchschnittliche Arbeitszeitbetrachtung möglich? ............................................................................. 31<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
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Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
VII. Anpassung von Arbeitsverträgen und Betriebsvereinbarungen .......................................................... 33<br />
1. Arbeitsverträge ........................................................................................................................................ 33<br />
a) Generelle Überprüfung ......................................................................................................................... 33<br />
b) Überprüfung bestehender Stücklohnverträge ...................................................................................... 33<br />
c) Überprüfung bestehender Verträge geringfügig Beschäftigter ............................................................. 34<br />
d) Anpassungswege .................................................................................................................................. 34<br />
2. Betriebsvereinbarungen ........................................................................................................................... 34<br />
VIII. Aufzeichnungs- und Meldepflichten ................................................................................................. 36<br />
1. Aufzeichnungspflicht ................................................................................................................................ 36<br />
a) Grundsatz ............................................................................................................................................. 36<br />
b) Vereinfachungen, insbesondere für Zusteller ........................................................................................ 37<br />
2. Bereithalten sonstiger Unterlagen ............................................................................................................ 38<br />
3. Melde- und Versicherungspflicht .............................................................................................................. 38<br />
a) Grundsatz ............................................................................................................................................. 38<br />
b) Ergänzende Verordnung ....................................................................................................................... 38<br />
IX. Haftung des Auftraggebers ............................................................................................................. 39<br />
1. Wer haftet für den <strong>Mindestlohn</strong>? .............................................................................................................. 39<br />
a) Weiter Unternehmerbegriff .................................................................................................................. 39<br />
b) Engerer Unternehmerbegriff ................................................................................................................ 39<br />
c) Unternehmerbegriff im MiLoG ............................................................................................................. 39<br />
2. Art der Haftung ........................................................................................................................................ 41<br />
3. Anspruchsinhaber ..................................................................................................................................... 41<br />
4. Haftungsumfang ...................................................................................................................................... 41<br />
5. Einwände, Ausschlussfristen, Verjährung ................................................................................................. 42<br />
6. Denkbare Maßnahmen zur Risikosenkung ................................................................................................ 43<br />
a) Bei Auswahl des Auftragnehmers ......................................................................................................... 43<br />
b) Bei Vertragsgestaltung und bei Durchführung des Vertrages ................................................................ 43<br />
X. Kontrolle und Durchsetzung des MiLoG ............................................................................................ 44<br />
XI. Folgen bei Verstößen gegen das MiLoG ............................................................................................ 45<br />
1. Bußgeldvorschriften ................................................................................................................................. 45<br />
a) Nichtzahlung des <strong>Mindestlohn</strong> ............................................................................................................. 45<br />
b) Fehlende Zusammenarbeit mit den Behörden ...................................................................................... 45<br />
c) Nichteinhaltung der Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht .......................................................... 45<br />
d) Bußgeldvorschriften außerhalb des MiLoG .......................................................................................... 45<br />
2. Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge .................................................................................... 46<br />
3. Unterrichtung anderer Behörden .............................................................................................................. 46<br />
4. Vorenthaltung von Arbeitsentgelt ............................................................................................................ 46<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
4
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
XII. Anlagen ......................................................................................................................................... 47<br />
Anlage 1 Auftraggeberhaftung – Klauseln für Werk- oder Dienstverträge ......................................................... 47<br />
Anlage 2 Gesetzestexte ..................................................................................................................................... 49<br />
1. <strong>Mindestlohn</strong>gesetz – MiLoG ................................................................................................................. 49<br />
2. Arbeitnehmer-Entsendegesetz – AEntG (Auszug )................................................................................ 58<br />
3. <strong>Mindestlohn</strong>aufzeichnungsverordnung – MiLoAufzV (Entwurf) ............................................................ 59<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
bvdm<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
Friedrichstraße 194-199<br />
10117 Berlin<br />
www.bvdm-online.de<br />
Dezember <strong>2014</strong><br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
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Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
<strong>Mindestlohn</strong> in der Druckindustrie<br />
Nach dem neuen <strong>Mindestlohn</strong>gesetz hat jeder Arbeitnehmer ab dem 1. Januar 2015<br />
Anspruch auf Zahlung eines <strong>Mindestlohn</strong>s in Höhe von 8,50 € brutto pro Stunde.<br />
Die Druck- und Medienindustrie ist auf Grund der Höhe der gezahlten Tariflöhne auf<br />
den ersten Blick nicht direkt von der Einführung des gesetzlichen <strong>Mindestlohn</strong>s betroffen.<br />
Allerdings wird das Gesetz auch weit reichende Auswirkungen auf Arbeitsverhältnisse<br />
haben, deren Lohn deutlich über 8,50 € pro Stunde liegt. Dies betrifft insbesondere<br />
die Geltung von Ausschlussfristen sowie den Umgang mit flexiblen Arbeitszeiten und<br />
Arbeitszeitkonten. Ferner müssen Betriebe neue Regelungen bei der Beschäftigung<br />
von Praktikanten, geringfügig Beschäftigten und bisher nach Stück- oder Akkordlöhnen<br />
bezahlten Arbeitnehmern beachten. Nicht zu unterschätzen sind auch die sich aus<br />
dem Gesetz ergebenden erheblichen Haftungsrisiken beim Einsatz von Werkverträgen<br />
oder Dienstverträgen.<br />
Dieser <strong>Leitfaden</strong> soll den Betrieben der Druck- und Medienindustrie den Umgang mit<br />
den neuen Regelungen erleichtern und, soweit derzeit möglich, Hinweise zur praktischen<br />
Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen geben.<br />
Bundesverband Druck und Medien<br />
Berlin, Dezember <strong>2014</strong><br />
Hinweis:<br />
Da noch keine Rechtsprechung zur Auslegung des neuen <strong>Mindestlohn</strong>gesetzes vorliegt, stellen<br />
die in diesem <strong>Leitfaden</strong> gegebenen Empfehlungen und Hinweise lediglich Schlussfolgerungen<br />
aus den bekannten Gesetzesmaterialien und der dazu bisher erschienenen Literatur dar. Dieser<br />
<strong>Leitfaden</strong> ist mit großer Sorgfalt erstellt worden, ersetzt aber dennoch die Beratung im Einzelfall<br />
nicht. Wir bitten um Verständnis, dass keinerlei Haftung übernommen wird.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
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Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
I. Wer bekommt den <strong>Mindestlohn</strong>?<br />
Anspruch auf den <strong>Mindestlohn</strong> haben grundsätzlich alle Arbeitnehmer und Praktikanten,<br />
die in Deutschland tätig sind.<br />
Das Gesetz sieht jedoch einige Ausnahmeregelungen vor. Nachfolgend finden Sie<br />
einen Überblick über die zu beachtenden Besonderheiten bei bestimmten Personengruppen<br />
bzw. in bestimmten Situationen in alphabetischer Reihenfolge:<br />
1. Abschlussarbeiten – Bachelor, Master & Co.<br />
Personen, die im Unternehmen ihre Abschlussarbeit oder andere wissenschaftliche<br />
Arbeiten im Rahmen ihrer Ausbildung oder ihres Studiums anfertigen (Seminararbeit,<br />
Projektarbeit, Bachelorarbeit, Masterarbeit, Diplomarbeit, Doktorarbeit), sind weder<br />
Praktikanten noch Arbeitnehmer und haben daher grundsätzlich auch keinen Anspruch<br />
auf den <strong>Mindestlohn</strong>.<br />
Etwas anderes gilt jedoch, wenn sie neben der wissenschaftlichen Tätigkeit zur Arbeitsleistung<br />
verpflichtet sind. Sofern diese Personen in den betrieblichen Ablauf<br />
eingegliedert werden und direkte Arbeitsanweisungen durch Arbeitnehmer des Betriebes<br />
erhalten, Iiegt die Vermutung nahe, dass es sich in Wahrheit um ein Arbeitsverhältnis<br />
handelt. In diesem Fall besteht Anspruch auf den <strong>Mindestlohn</strong>. Anhaltspunkte<br />
für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses können insbesondere auch die<br />
Verpflichtung zu bestimmten Anwesenheitszeiten und die Teilnahme an der Zeiterfassung<br />
sein.<br />
2. Altersteilzeit<br />
Arbeitnehmer in verblockten Altersteilzeit-Arbeitsverhältnissen haben während der<br />
Arbeitsphase ebenfalls Anspruch auf den <strong>Mindestlohn</strong>. Allerdings gilt die Fälligkeitsregelung<br />
nach § 2 Abs. 1 des MiLoG (s.u. S. 23) für sie nicht, d.h. der <strong>Mindestlohn</strong>anspruch<br />
kann auch später (während der Freistellungsphase) ausgezahlt werden. Während<br />
der Freistellungsphase besteht kein Anspruch auf den <strong>Mindestlohn</strong>, da dieser nur<br />
für „Arbeitsleistung“ zu zahlen ist (s.u. S. 13).<br />
3. Ausländische Arbeitskräfte oder Arbeitgeber<br />
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong> muss nach § 20 MiLoG nur gezahlt werden, wenn Arbeitnehmer<br />
in Deutschland beschäftigt werden.<br />
Beschäftigung in<br />
Deutschland<br />
Auch ausländische Arbeitskräfte, die in Deutschland tätig sind, haben einen Anspruch<br />
auf den <strong>Mindestlohn</strong>.<br />
Gleiches gilt für Arbeitnehmer eines ausländischen Arbeitgebers, die in Deutschland<br />
arbeiten, auch wenn auf das Arbeitsverhältnis im Übrigen ausländisches Recht Anwendung<br />
findet. Für die Zeit des Einsatzes in Deutschland haben sie einen Anspruch<br />
auf Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>es. Auf die Dauer des Einsatzes in Deutschland kommt es<br />
dabei nicht an. Dies spielt für deutsche Unternehmen insbesondere mit Blick auf die<br />
Auftraggeberhaftung (s.u. S. 39 ff.) eine Rolle.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
7
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
Beispiel:<br />
Ein LKW-Fahrer, der für seinen ausländischen Arbeitgeber mit einem LKW Waren<br />
nach Deutschland oder durch Deutschland hindurch transportiert, hat nach<br />
dem Gesetz Anspruch auf die Zahlung des gesetzlichen <strong>Mindestlohn</strong>es für die<br />
Zeit der Beschäftigung in Deutschland.<br />
Grundsätzlich kein Anspruch auf den <strong>Mindestlohn</strong> besteht, wenn ein Arbeitnehmer im<br />
Ausland tätig ist. In diesem Fall gelten unter Umständen dortige <strong>Mindestlohn</strong>-<br />
Regelungen.<br />
4. Aushilfen, Saisonkräfte<br />
Der <strong>Mindestlohn</strong> gilt auch für Saisonkräfte und Aushilfen, auch wenn diese im Rahmen<br />
einer kurzfristigen sozialversicherungsfreien Beschäftigung im Sinne von<br />
§ 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV eingestellt werden.<br />
Im Zuge der Einführung des <strong>Mindestlohn</strong>es wurde die Möglichkeit der kurzfristigen<br />
sozialversicherungsfreien Beschäftigung von bisher 2 auf 3 Monate (bzw. von 50 auf<br />
70 Tage) im Jahr ausgedehnt. Diese Regelung ist auf vier Jahre, bis zum 31.12.2018,<br />
befristet.<br />
5. Auszubildende<br />
Die Vergütung von Auszubildenden regelt das Gesetz nach § 22 Abs. 3 MiLoG ausdrücklich<br />
nicht. Zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte haben daher keinen Anspruch<br />
auf den <strong>Mindestlohn</strong>. Für sonstige von § 26 des Berufsbildungsgesetzes erfasste Vertragsverhältnisse,<br />
die keine Arbeitsverhältnisse oder Praktikantenverhältnisse sind,<br />
findet das MiLoG ebenfalls keine Anwendung.<br />
Azubis sind nicht erfasst<br />
6. Behinderte Menschen<br />
Grundsätzlich haben behinderte Menschen als Arbeitnehmer ebenfalls Anspruch auf<br />
den gesetzlichen <strong>Mindestlohn</strong>. Das gilt auch bei einer verminderten Leistungsfähigkeit.<br />
Arbeitgeber können für diese Arbeitnehmer zum Ausgleich der entstehenden<br />
Belastungen unter Umständen Eingliederungs- bzw. Lohnkostenzuschüsse von der<br />
Agentur für Arbeit erhalten.<br />
Behinderte Menschen, die im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen<br />
(WfbM) beschäftigt sind, stehen gemäß § 138 SGB IX in einem arbeitnehmerähnlichen<br />
Rechtsverhältnis, sind aber keine Arbeitnehmer. Sie erhalten als voll<br />
erwerbsgeminderte Menschen zur Sicherstellung ihres Lebensunterhalts Leistungen<br />
der Grundsicherung oder eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Zudem erhalten<br />
sie in der WfbM rehabilitative Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Anspruch<br />
auf den <strong>Mindestlohn</strong> besteht nicht.<br />
Anderes gilt für in Integrationsprojekten beschäftige Menschen mit Behinderung.<br />
Integrationsprojekte sind Unternehmen, die überdurchschnittlich viele schwerbehinderte<br />
Menschen beschäftigen (mind. 25 Prozent) mit dem Ziel, diese in den<br />
allgemeinen Arbeitsmarkt zu integrieren. Dort beschäftigte Menschen (mit und ohne<br />
Behinderung) haben Anspruch auf den gesetzlichen <strong>Mindestlohn</strong>.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
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Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
7. Ehrenamtlich Tätige<br />
Ehrenamtlich Tätige haben nach § 22 Abs. 3 MiLoG keinen Anspruch auf den <strong>Mindestlohn</strong>.<br />
8. Einstiegsqualifizierungen<br />
Nicht unter den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen nach § 22 Abs. 1 Nr. 4 MiLoG<br />
Personen, die an einer Einstiegsqualifizierung nach § 54a SGB III oder einer Berufsausbildungsvorbereitung<br />
nach §§ 68-70 BBiG teilnehmen.<br />
9. Familienangehörige<br />
Bei Dienstleistungen von Ehepartnern, Lebenspartnern oder Kindern im Betrieb ist zu<br />
prüfen, ob diese auf der Basis eines Arbeitsvertrages, eines Gesellschaftsverhältnisses<br />
oder auf familienrechtlicher Grundlage (§§ 1353, 1619 BGB) tätig werden.<br />
Die Abgrenzung muss nach den jeweiligen Umständen erfolgen. Überschreitet die<br />
Mitarbeit das auf familiärer Zusammengehörigkeit beruhende Maß, liegt im Zweifel<br />
ein mindestlohnpflichtiges Arbeitsverhältnis vor.<br />
10. Freie Mitarbeiter, Solo-Selbständige<br />
Freie Mitarbeiter, die auf Grund werkvertraglicher Vereinbarungen oder freier Dienstverträge<br />
tätig werden, haben keinen Anspruch auf den <strong>Mindestlohn</strong>, da es sich nicht<br />
um Arbeitnehmer handelt.<br />
Trotz Bezeichnung des Vertragsverhältnisses als freien Dienst- oder Werkvertrag kann<br />
aber ein mindestlohnpflichtiges Arbeitsverhältnis vorliegen, wenn ein Fall der so genannten<br />
„Scheinselbständigkeit“ vorliegt. Das wichtigste Merkmal zur Abgrenzung ist<br />
das für ein Arbeitsverhältnis typische Weisungsrecht des Arbeitgebers: Je stärker der<br />
Mitarbeiter an Weisungen des Auftraggebers bezüglich Zeit, Ort und Art der Ausführung<br />
seiner Arbeit gebunden ist, umso eher ist ein (mindestlohnpflichtiges) Arbeitsverhältnis<br />
anzunehmen.<br />
Vorsicht<br />
Scheinselbständigkeit!<br />
11. Geringfügig Beschäftigte/Mini-Jobber<br />
Der Anspruch auf Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s ist unabhängig von der Arbeitszeit oder<br />
Sozialversicherungspflicht. Ein Anspruch auf den <strong>Mindestlohn</strong> besteht daher auch für<br />
Teilzeit-Arbeitnehmer, die im Rahmen eines sozialversicherungsfreien geringfügigen<br />
Beschäftigungsverhältnisses nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV tätig sind. Die Verdienstgrenze<br />
liegt derzeit bei 450 € im Monat. Bei einem Stundenlohn von 8,50 € können<br />
Minijobber daher künftig maximal ca. 52 Stunden pro Monat arbeiten, ohne die Geringfügigkeitsgrenze<br />
zu überschreiten. Bestehende Verträge müssen daher gegebenenfalls<br />
angepasst werden, wenn die Sozialversicherungsfreiheit erhalten bleiben soll<br />
(vgl. dazu unten S. 34).<br />
<strong>Mindestlohn</strong> auch für<br />
Mini-Jobber<br />
Obergrenze 52 Stunden<br />
Der <strong>Mindestlohn</strong>anspruch gilt auch für Arbeitnehmer, die im Rahmen einer kurzfristigen<br />
sozialversicherungsfreien Beschäftigung im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV<br />
eingestellt werden (s.o. S. 8).<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
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Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
12. Heimarbeiter<br />
Da Heimarbeiter zwar arbeitnehmerähnliche Personen, aber keine Arbeitnehmer sind,<br />
ist der Anwendungsbereich des <strong>Mindestlohn</strong>gesetzes für sie nicht eröffnet.<br />
13. Kinder und Jugendliche<br />
Für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre, die über keine abgeschlossene Berufsausbildung<br />
verfügen, gilt das MiLoG nach § 22 Abs. 2 MiLoG nicht, d.h. sie haben keinen<br />
Anspruch auf den <strong>Mindestlohn</strong>. Durch die Ausnahme soll sichergestellt werden, dass<br />
der <strong>Mindestlohn</strong> für junge Menschen keine Fehlanreize setzt, zugunsten einer mit<br />
dem <strong>Mindestlohn</strong> vergüteten Beschäftigung auf eine Berufsausbildung zu verzichten.<br />
Altersgrenze 18 Jahre<br />
14. Langzeitarbeitslose<br />
Um Langzeitarbeitslosen den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern, kann in den<br />
ersten sechs Monaten nach der Neueinstellung vom <strong>Mindestlohn</strong> nach unten abgewichen<br />
werden, § 22 Abs. 4 MiLoG.<br />
Als langzeitarbeitslos gilt nach § 18 Abs. 1 SGB III, wer mindestens ein Jahr arbeitslos<br />
war. Ob ein Bewerber diese Voraussetzung erfüllt oder nicht, kann nur die zuständige<br />
Agentur für Arbeit bzw. das Jobcenter rechtsverbindlich feststellen. Eine entsprechende<br />
Bescheinigung sollen die zuständigen Behörden auf Antrag des Betreffenden<br />
ausstellen. Diese sollten Arbeitgeber sich vorlegen lassen.<br />
6 Monate Abweichung vom<br />
<strong>Mindestlohn</strong> möglich<br />
Nachweis<br />
Ob diese Regelung der Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen dient, wird die<br />
Bundesregierung zum 1. Juni 2016 prüfen und dann entscheiden, ob sie fortbestehen<br />
soll.<br />
15. Praktikanten<br />
Grundsätzlich haben auch Praktikanten einen Anspruch auf die Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s.<br />
Allerdings sind in § 22 Abs. 1 Nr.1-3 MiLoG Ausnahmen geregelt.<br />
Praktikanten sind dann vom <strong>Mindestlohn</strong> ausgenommen, wenn es sich um Pflichtpraktika<br />
im Rahmen von Ausbildung oder Studium bzw. um Orientierungspraktika<br />
oder freiwillige ausbildungsbegleitende Praktika von bis zu drei Monaten handelt.<br />
Grundsätzlich ist auch bei Praktikanten-Verträgen zu prüfen, ob es sich um ein echtes<br />
Praktikum oder möglicherweise tatsächlich eher um ein Arbeitsverhältnis handelt.<br />
Praktikant ist nach der Definition des § 22 Abs. 1 S. 3 MiLoG,<br />
„unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses, wer sich nach der tatsächlichen<br />
Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte<br />
Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen<br />
Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich<br />
dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes oder um eine damit<br />
vergleichbare praktische Ausbildung handelt.“<br />
Definition Praktikum<br />
Entscheidend ist daher nicht die Bezeichnung des Vertrages, sondern die tatsächlichen<br />
Verhältnisse im Betrieb. Steht nicht der „Erwerb praktischer Kenntnisse und<br />
Erfahrungen“ im Vordergrund, sondern das Erbringen einer bestimmten Arbeitsleistung,<br />
handelt es sich um ein mindestlohnpflichtiges Arbeitsverhältnis.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
10
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
a) Pflichtpraktika (§ 22 Abs. 1 Nr. 1 MiloG)<br />
Wird ein Praktikum verpflichtend auf der Grundlage einer (hoch-)schulrechtlichen<br />
Bestimmung, Ausbildungsordnung oder im Rahmen einer Ausbildung an einer Berufsakademie<br />
geleistet, so besteht kein <strong>Mindestlohn</strong>anspruch.<br />
Kein <strong>Mindestlohn</strong>anspruch<br />
bei Pflichtpraktika<br />
Der Begriff „schulrechtliche Bestimmung“ ist weit zu verstehen; dazu gehören beispielsweise<br />
auch Praktika zur Erlangung eines schulischen Abschlusses (Jahrespraktikum<br />
zur Erlangung der Fachhochschulreife).<br />
Einige Studienordnungen sehen verpflichtende Betriebspraktika bereits vor Beginn<br />
eines Studiums vor. Ob das Pflichtpraktikum vor oder während des Studiums/der<br />
Ausbildung stattfindet, ist jedoch für den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch unerheblich.<br />
Die maximale Dauer des Pflichtpraktikums wird durch das MiLoG nicht begrenzt, dies<br />
richtet sich nach der zu Grunde liegenden Schul- oder Studienordnung.<br />
Um beurteilen zu können, ob es sich um ein Pflichtpraktikum handelt oder nicht,<br />
sollten Unternehmen sich vor der Einstellung von Praktikanten die entsprechende<br />
Schul- oder Studienordnung vorlegen lassen. Ferner sollte der Praktikant schriftlich<br />
bestätigen, dass es sich um ein Pflichtpraktikum handelt und der vorgegebene<br />
Pflichtzeitraum für ein Praktikum nicht bereits durch andere Betriebspraktika ausgeschöpft<br />
wurde.<br />
Die Hochschulen sind in der Regel nicht in der Lage, den Studenten während des Studiums<br />
zu bescheinigen, dass es sich um ein Pflichtpraktikum handelt, da die Praktikumsbescheinigungen<br />
erst bei der Prüfungsanmeldung vorgelegt werden müssen.<br />
Die Hochschule kann daher in der Regel nicht beurteilen, ob vorgegebene Pflichtzeiträume<br />
ggf. bereits ausgeschöpft sind.<br />
b) Orientierungspraktika (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 MiLoG)<br />
Ebenfalls vom <strong>Mindestlohn</strong>anspruch ausgenommen sind freiwillige Orientierungspraktika.<br />
Ziel und Zweck eines solchen Praktikums soll die „Orientierung“ des Praktikanten<br />
vor dem Beginn einer Berufsausbildung oder der Aufnahme eines Studiums<br />
sein. Dabei geht es nicht nur um die Orientierung vor Beginn der Erst-Ausbildung bzw.<br />
eines ersten Studiums, sondern die Praktika können auch der „Neu-Orientierung“ vor<br />
der Aufnahme eines anderen Studiums bzw. dem Beginn einer anderen Berufsausbildung<br />
dienen. Im Rahmen dieser Orientierungspraktika besteht kein <strong>Mindestlohn</strong>anspruch,<br />
wenn diese maximal einen Zeitraum von drei Monaten umfassen. Auf die<br />
Anzahl der Anwesenheitstage im Betrieb kommt es dabei nicht an.<br />
Kein <strong>Mindestlohn</strong>anspruch<br />
bei Orientierungspraktika<br />
bis 3 Monate<br />
Wird ein Orientierungspraktikum von Beginn an für einen Zeitraum von mehr als drei<br />
Monaten abgeschlossen, so besteht bereits ab dem ersten Tag der Anspruch auf Zahlung<br />
des <strong>Mindestlohn</strong>s, sofern der Praktikant mindestens 18 Jahre alt ist.<br />
Etwas Anderes könnte gelten, wenn ein zunächst auf drei Monate abgeschlossenes<br />
Praktikum später verlängert wird und dabei gleichzeitig ein wesentlicher Tätigkeitswechsel<br />
stattfindet. In diesem Fall könnte es sich um ein neues Orientierungspraktikum<br />
handeln, mit der Folge, dass der <strong>Mindestlohn</strong>anspruch weiterhin nicht besteht.<br />
Um sich nicht dem Vorwurf der Umgehung der 3-Monats-Regelung auszusetzen,<br />
sollte diese Möglichkeit aber nur genutzt werden, wenn sich der Schwerpunkt der<br />
Tätigkeit tatsächlich so ändert, dass es sich um eine Orientierung für eine andere<br />
Berufsausbildung bzw. ein anderes Studium handelt als zuvor.<br />
In jedem Fall sollte der Zweck der Orientierung im Praktikumsvertrag festgehalten<br />
und etwaige Verlängerungen nachvollziehbar mit Gründen dokumentiert werden.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
11
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
c) Freiwillige ausbildungsbegleitende Praktika (§ 22 Abs. 1 Nr. 3 MiloG)<br />
Freiwillige Praktika begleitend zu einer Berufsausbildung oder einem Studium sind<br />
ebenfalls mindestlohnfrei, wenn der Zeitrahmen von drei Monaten nicht überschritten<br />
wird. Auf die Anzahl der Anwesenheitstage im Betrieb kommt es dabei nicht an.<br />
Kein <strong>Mindestlohn</strong>anspruch<br />
bei ausbildungsbegleitenden<br />
Praktika bis 3 Monate<br />
Erforderlich ist ein inhaltlicher Bezug zu der Ausbildung bzw. dem Studium, es muss<br />
sich aber nicht um ein vorgeschriebenes Praktikum handeln.<br />
Wird ein ausbildungsbegleitendes Praktikum für einen Zeitraum von mehr als drei<br />
Monaten abgeschossen, so besteht bereits ab dem ersten Tag der Anspruch auf Zahlung<br />
des <strong>Mindestlohn</strong>s, sofern der Praktikant mindestens 18 Jahre alt ist.<br />
Nach dem Gesetzestext besteht bei einem freiwilligen ausbildungsbegleitenden Praktikum<br />
nur dann kein <strong>Mindestlohn</strong>anspruch, „wenn nicht zuvor ein solches Praktikumsverhältnis<br />
mit demselben Ausbildenden bestanden hat“.<br />
Diese Regelung erinnert an das „Vorbeschäftigungsverbot“ im Rahmen der sachgrundlosen<br />
Befristung nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG. Damit ist nur ein freiwilliges ausbildungsbegleitendes<br />
Praktikum ohne <strong>Mindestlohn</strong>anspruch beim gleichen Unternehmen<br />
möglich.<br />
Ein vorheriges Orientierungspraktikum oder Pflichtpraktikum (s.o.) löst dagegen keine<br />
<strong>Mindestlohn</strong>pflicht aus, da das Gesetz hier von einem „solchen“ Praktikumsverhältnis,<br />
d.h. einem freiwilligen ausbildungsbegleitenden Praktikum spricht.<br />
Beispiel:<br />
Nach dem Abitur ist ein Praktikant für 4 Wochen im Rahmen eines Orientierungspraktikums<br />
in einem Betrieb tätig. Zwei Jahre später, während des Studiums,<br />
absolviert er ein sechsmonatiges, in der Studienordnung vorgeschriebenes<br />
Betriebspraktikum. Im Jahr darauf absolviert der Student ein dreimonatiges,<br />
freiwilliges, ausbildungsbegleitendes Studium im gleichen Unternehmen.<br />
Ein <strong>Mindestlohn</strong>anspruch besteht nicht.<br />
d) Sonstige Praktika, Traineeprogramme<br />
Praktika von über drei Monaten, die nicht im Rahmen einer (hoch-)schulrechtlichen<br />
Bestimmung oder Ausbildungsordnung vorgesehen sind, sind mindestlohnpflichtig.<br />
Gleiches gilt für alle Arten von Praktika nach Abschluss des Studiums oder der Berufsausbildung.<br />
Eine Ausnahme gilt nur, wenn es sich um ein 3-Monats-Praktikum zur<br />
„Neu-Orientierung“ handelt, s.o. S. 11.<br />
Praktika nach Abschluss der<br />
Ausbildung: <strong>Mindestlohn</strong>anspruch<br />
Praktika oder Traineeprogramme, die nach Abschluss der Ausbildung zur Überbrückung<br />
während der Arbeitssuche oder zum Einstieg in einen Beruf absolviert werden,<br />
lösen für volljährige Praktikanten einen <strong>Mindestlohn</strong>anspruch aus.<br />
16. Strafgefangene<br />
Strafgefangene, denen innerhalb der Haftanstalt Arbeit gem. § 37 StVollzG zugewiesen<br />
wird, sind als solche keine Arbeitnehmer und haben keinen Anspruch auf den<br />
<strong>Mindestlohn</strong>. Auch wenn sie außerhalb der Haftanstalt in einem privaten Betrieb beschäftigt<br />
werden, wird die ihnen zugeteilte Arbeit nicht auf Grund eines Arbeitsvertrags<br />
geleistet. Es besteht allerdings die Möglichkeit, nach § 39 StVollzG ein normales<br />
Arbeitsverhältnis zu begründen, in diesem Fall greift auch der <strong>Mindestlohn</strong>.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
12
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
17. Studenten in dualen Studiengängen<br />
Studenten in dualen Studiengängen sind während der im Rahmen des Studiums absolvierten<br />
Praxisphasen im Betrieb nicht vom MiLoG erfasst. Nach § 22 Abs. 1 Nr. 1<br />
MiLoG fallen sie nicht in den Anwendungsbereich des Gesetzes, da Praktikumsphasen,<br />
„aufgrund hochschulrechtlicher Bestimmungen oder im Rahmen einer Ausbildung<br />
an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie“ ausdrücklich ausgenommen sind.<br />
MiLoG erfasst duale<br />
Studenten nicht<br />
Sofern es sich um ein ausbildungsintegriertes duales Studium handelt, das Berufsausbildung<br />
und Hochschulstudium kombiniert, liegt im Verhältnis zwischen Betrieb und<br />
Student ein Ausbildungsvertrag im Sinne des BBiG vor. Da das MiLoG für zu ihrer<br />
Berufsausbildung Beschäftigte nicht gilt (§ 22 Abs. 3 MiLoG), besteht kein Anspruch<br />
auf den <strong>Mindestlohn</strong>.<br />
18. Volontäre<br />
Der Begriff des Volontariats ist gesetzlich nicht definiert. Die Abgrenzung, ob ein<br />
Arbeits-, Ausbildungs-, Praktikums- oder Volontariatsverhältnis im eigentlichen Sinn<br />
vorliegt, richtet sich nach der konkreten Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses.<br />
Ein Volontär im eigentlichen Sinn ist nur derjenige, der zum Zwecke der Ausbildung<br />
tätig wird, ohne dass mit der Ausbildung eine vollständig abgeschlossene Fachausbildung<br />
in einem anerkannten Ausbildungsberuf beabsichtigt ist. In diesem Fall stellt das<br />
Volontariat ein Rechtsverhältnis im Sinne von § 26 BBiG dar, dessen Vergütung nicht<br />
durch das MiLoG, sondern durch § 17 des BBiG geregelt wird.<br />
Redaktionsvolontariate im Bereich der Tageszeitungen sind „Ausbildungen“ iSd § 26<br />
BBiG, wenn der Lernzweck im Vordergrund steht (BAG 01.12.2004 – 7 AZR 129/04;<br />
BAG 23.06.1983 – 6 AZR 595/80). Voraussetzung ist, dass ein geordneter Ausbildungsgang<br />
vorgeschrieben ist und die Dauer der Ausbildung der gesetzlichen Mindestanforderung<br />
für staatlich anerkannte Ausbildungsberufe von mindestens zwei<br />
Jahren entspricht. Dies ist beispielsweise bei Volontariaten nach dem zwischen dem<br />
Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und der Gewerkschaft ver.di<br />
abgeschlossenen Volontärs-Tarifvertrag der Fall.<br />
Definition Volontariat<br />
„Echtes“ Volontariat nicht<br />
mindestlohnpflichtig<br />
Steht nach der konkreten Ausgestaltung des Volontariats nicht die Ausbildung, sondern<br />
die Arbeitsleistung des Volontärs im Vordergrund, so handelt es sich um ein<br />
(mindestlohnpflichtiges) Arbeitsverhältnis.<br />
19. Werksstudenten<br />
Studenten, die während ihres Studiums oder der Semesterferien im Betrieb arbeiten,<br />
sind Arbeitnehmer und haben Anspruch auf den <strong>Mindestlohn</strong>.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
13
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
II.<br />
Höhe des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong> beträgt gemäß § 1 Abs. 1 des MiLoG ab 1. Januar 2015 für<br />
alle Arbeitnehmer 8,50 € brutto pro Zeitstunde.<br />
1. Hintergrund<br />
Der <strong>Mindestlohn</strong> soll es nach dem Willen des Gesetzgebers jedem Arbeitnehmer ermöglichen,<br />
bei einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten<br />
(42 Stunden) ein Monatseinkommen oberhalb der Pfändungsfreigrenze (§ 850c<br />
Abs. 1 ZPO) zu erzielen.<br />
Diese Pfändungsfreigrenze, die einem Arbeitnehmer auch bei einer Pfändung seines<br />
Lohns durch einen Gläubiger ausgezahlt werden muss, stellt nach Auffassung des<br />
Gesetzgebers das Existenzminimum dar. Dieser unpfändbare Betrag liegt ausweislich<br />
der zu § 850c Abs. 1 ZPO veröffentlichten Pfändungstabelle für einen Arbeitnehmer<br />
ohne Unterhaltspflichten derzeit bei 1.045,04 € netto pro Monat. Bei einer durchschnittlichen<br />
42-Stunden-Woche und einem Stundenlohn von 8,50 € brutto wird je<br />
nach den persönlichen Verhältnissen des Arbeitnehmers in der Regel ein Nettoentgelt<br />
erzielt, das leicht über diesem unpfändbaren Betrag liegt.<br />
Sicherung des<br />
Existenzminimums<br />
2. Anpassung des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />
Die Höhe des <strong>Mindestlohn</strong>s wird alle 2 Jahre von einer neuen <strong>Mindestlohn</strong>kommission<br />
überprüft. Erstmals im Jahr 2016 wird diese Kommission darüber beraten, wie hoch<br />
der <strong>Mindestlohn</strong> ab dem 1. Januar 2017 sein wird. Das Verfahren ist in den §§ 4-12<br />
MiLoG geregelt.<br />
Die Kommission setzt sich aus je drei stimmberechtigten Vertretern der Arbeitgeber<br />
und der Arbeitnehmer zusammen. Hinzu kommen je ein beratender Wissenschaftler<br />
der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite sowie ein stimmberechtigter Vorsitzender,<br />
der von der Bundesregierung auf gemeinsamen Vorschlag der Spitzenorganisationen<br />
der Arbeitgeber (BDA) und der Arbeitnehmer (DGB) berufen wird.<br />
<strong>Mindestlohn</strong>kommission<br />
Können sich BDA und DGB nicht auf einen gemeinsamen Vorschlag einigen, so beruft<br />
die Bundesregierung jeweils einen Vorsitzenden für jede Seite. In diesem Fall wechselt<br />
der Vorsitz nach jeder Anpassungsentscheidung; über den erstmaligen Vorsitz entscheidet<br />
das Los.<br />
Die Kommission orientiert sich bei der Festsetzung des <strong>Mindestlohn</strong>s an der Tarifentwicklung<br />
in Deutschland seit der letzten Anpassung des <strong>Mindestlohn</strong>es. Dabei ist<br />
theoretisch auch eine Anpassung nach unten möglich. Entschieden wird durch einfache<br />
Stimmenmehrheit.<br />
Den Vorschlag der <strong>Mindestlohn</strong>kommission zur Anpassung des <strong>Mindestlohn</strong>es kann<br />
das Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung umsetzen.<br />
Verpflichtet ist das Ministerium dazu jedoch nicht. Lehnt das Bundesministerium die<br />
Umsetzung des Vorschlages ab, so erfolgt keine Anpassung des <strong>Mindestlohn</strong>es, eine<br />
selbständige Anpassung des <strong>Mindestlohn</strong>es durch die Bundesregierung ohne entsprechende<br />
Entscheidung der <strong>Mindestlohn</strong>kommission ist nicht möglich.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
14
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
3. <strong>Mindestlohn</strong>anspruch nur bei geleisteter Arbeit<br />
Der <strong>Mindestlohn</strong> ist nach der Formulierung des § 2 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 S. 1 MiLoG<br />
nur für „erbrachte Arbeitsleistung“ bzw. „geleistete Arbeitsstunden“ als Arbeitsentgelt<br />
zu zahlen. Daher fällt der <strong>Mindestlohn</strong> nur für Zeiten an, die als vergütungspflichtige<br />
Arbeitszeit anzusehen sind.<br />
a) Bereitschaftszeiten<br />
Zeiten, in denen sich ein Arbeitnehmer zur Arbeit bereithalten muss bzw. zur Arbeit<br />
herangezogen werden kann, sind nur dann mit dem <strong>Mindestlohn</strong> zu vergüten, wenn<br />
es sich um vergütungspflichtige Arbeitszeit handelt. Dies ist häufig im Arbeitsvertrag<br />
geregelt.<br />
Keine Arbeitszeit – kein<br />
<strong>Mindestlohn</strong>anspruch<br />
Während der Arbeitsbereitschaft hält sich der Arbeitnehmer an seinem Arbeitsplatz<br />
auf, ohne jedoch zu arbeiten. Er muss sich jedoch zur sofortigen Aufnahme der Arbeitstätigkeit<br />
bei Bedarf bereithalten. Arbeitsbereitschaft gilt in vollem Umfang als<br />
Arbeitszeit, selbst wenn die Arbeitsleistung nicht abgerufen wird und ist daher mit<br />
dem <strong>Mindestlohn</strong> zu vergüten.<br />
Bereitschaftsdienste sind in der Regel dadurch gekennzeichnet, dass diese außerhalb<br />
der regelmäßigen Arbeitszeit erbracht werden. Der Arbeitnehmer muss sich an einem<br />
vom Arbeitgeber bestimmten Ort innerhalb oder außerhalb des Betriebs aufhalten,<br />
damit er erforderlichenfalls seine Arbeitstätigkeit auf Anforderung unverzüglich aufnehmen<br />
kann. Da der Arbeitnehmer nicht frei über seinen Aufenthaltsort bestimmen<br />
kann, sind Bereitschaftsdienste grundsätzlich wie Arbeitszeit und daher mit dem <strong>Mindestlohn</strong><br />
zu vergüten.<br />
Bei Rufbereitschaft ist der Arbeitnehmer zwar ebenfalls verpflichtet, auf Abruf die<br />
Arbeit aufzunehmen, er kann sich hierfür aber an einem Ort seiner Wahl aufhalten.<br />
Dabei muss der Arbeitnehmer seine jederzeitige Erreichbarkeit sicherstellen. Rufbereitschaft<br />
ist in der Regel nicht wie Arbeitszeit zu vergüten, solange der Arbeitnehmer<br />
nicht tatsächlich zur Arbeit herangezogen wird.<br />
b) Lohn ohne Arbeit: Entgeltfortzahlung und Urlaub<br />
Die Vorschriften des <strong>Mindestlohn</strong>gesetzes finden auf Entgeltfortzahlungs- und Urlaubsentgeltansprüche<br />
keine Anwendung.<br />
Rufbereitschaft nicht<br />
mindestlohnpflichtig<br />
MiLoG gilt nicht für Urlaub<br />
und Entgeltfortzahlung<br />
Der Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts während einer Erkrankung, an Feiertagen<br />
oder während des Urlaubs ergibt sich aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz bzw. § 11<br />
Abs. 1 S. 1 BUrlG, dem Arbeitsvertrag und ggf. einschlägigen Tarifverträgen.<br />
Danach erhält der Arbeitnehmer in der Regel das Entgelt, das er auch erhalten hätte,<br />
wenn er gearbeitet hätte bzw. das er im Durchschnitt der letzten 13 Wochen verdient<br />
hat. Insofern wird das fortgezahlte Entgelt den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch nicht unterschreiten.<br />
Die Regelungen des MiLoG, wie etwa die Unabdingbarkeit, die Auftraggeberhaftung<br />
sowie Sanktionen bei Nichtzahlung gelten aber nicht.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
15
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
4. Übergangsregelungen<br />
a) Sonderregelungen für Zusteller<br />
Nach § 24 Abs. 2 MiLoG können Zeitungszusteller vom 1. Januar 2015 bis zum<br />
31. Dezember 2015 einen reduzierten <strong>Mindestlohn</strong> in Höhe von 75 % des <strong>Mindestlohn</strong>es<br />
= 6,37 € pro Zeitstunde; in der Zeit vom 1. Januar 2016 bis zum 31. Dezember<br />
2016 in Höhe von 86 % = 7,22 € pro Zeitstunde und in der Zeit vom 1. Januar 2017 bis<br />
zum 31. Dezember 2017 in Höhe von 8,50 € pro Zeitstunde erhalten.<br />
Abgesenkter <strong>Mindestlohn</strong><br />
Ab 2018 müssen auch Zeitungszusteller mindestens 8,50 € pro Stunde bzw. den dann<br />
geltenden <strong>Mindestlohn</strong> erhalten.<br />
Nach der Definition des § 24 Abs. 2 MiLoG sind Zeitungszusteller „Personen, die in<br />
einem Arbeitsverhältnis ausschließlich periodische Zeitungen und Zeitschriften an Endkunden<br />
zustellen“. Anzeigenblätter mit redaktionellem Inhalt sowie Werbebeilagen,<br />
die verlagsseitig in die Zeitungen und Zeitschriften eingelegt werden, sind ebenfalls<br />
erfasst.<br />
Was jedoch gilt, wenn so genannte „Hybridzusteller“ neben Zeitungen und Zeitschriften<br />
auch andere Sendungen zustellen, wie Kataloge, Werbeprospekte oder Briefe, ist<br />
derzeit noch nicht abschließend geklärt.<br />
Definition Zeitungszusteller<br />
Hybridzusteller<br />
Die Formulierung, dass Zeitungszusteller Personen sind, die „ausschließlich“ Zeitungen<br />
und Zeitschriften zustellen, könnte darauf schließen lassen, dass die Ausnahmeregelung<br />
nicht gilt, wenn der Arbeitnehmer auf Grund desselben Arbeitsverhältnisses<br />
noch weitere Arbeitsaufgaben erledigt, insbesondere auch nicht privilegierte<br />
Produkte zustellt.<br />
Nach Auffassung des Bundesverbandes der Deutschen Zeitungsverleger (BDZV) ist<br />
bei gleichzeitiger Zustellung von Katalogen, Briefen etc. und Tageszeitungen das<br />
Verhältnis der im jeweiligen Lohnabrechnungszeitraum bearbeiteten sonstigen zugestellten<br />
Druckerzeugnisse zu den Tageszeitungszustellungen zu berechnen.<br />
Eine Klärung dieser Frage könnte nur durch eine entsprechende Durchführungsverordnung<br />
des zuständigen Ministeriums erreicht werden.<br />
b) Abweichen durch Tarifvertrag<br />
Der <strong>Mindestlohn</strong> gilt für alle Branchen. Für einen Übergangszeitraum bis Ende 2017<br />
sind unter den Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 MiLoG noch abweichende Regelungen<br />
in Tarifverträgen zulässig.<br />
Um den Branchen, deren Löhne bisher deutlich unter 8,50 € liegen, eine schrittweise<br />
Anpassung an den geltenden <strong>Mindestlohn</strong> zu ermöglichen, wurde im Gesetz eine<br />
dreijährige Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2017 definiert, in der Abweichungen<br />
nach unten erlaubt sind. Dies gilt nur, wenn es einen allgemein verbindlichen Branchenmindestlohn<br />
nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz oder dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz<br />
gibt.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
16
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
III.<br />
Anrechenbarkeit von<br />
Arbeitgeberleistungen<br />
Der <strong>Mindestlohn</strong>anspruch ist ein Stundenlohn. Fraglich ist, ob auch andere Zahlungen<br />
und Leistungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer als der Grundlohn auf den<br />
<strong>Mindestlohn</strong>anspruch angerechnet werden können und so einen unter dem gesetzlichen<br />
<strong>Mindestlohn</strong> von 8,50 € brutto pro Stunde liegenden Grundlohn ausgleichen<br />
können.<br />
Das Gesetz trifft dazu keine Aussage. Eine zu diesem Thema angekündigte Durchführungsverordnung<br />
liegt bisher noch nicht vor, daher können nicht alle Fragen derzeit<br />
schon zu 100 % rechtssicher beantwortet werden. Dies betrifft insbesondere die Frage<br />
der Anrechnung von Zulagen und Zuschlägen.<br />
Die Einhaltung des MiLoG wird durch die Behörden des Zolls überwacht, daher wird<br />
insbesondere die Auslegung der gesetzlichen Regelungen durch den Zoll für die Arbeitgeber<br />
von besonderem Interesse sein.<br />
Der Zoll ist bereits mit der Überwachung von nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz<br />
(AEntG) verbindlichen Branchenmindestlöhnen befasst. Auf der Internetseite des<br />
Zolls finden sich Hinweise, welche Leistungen der Zoll als anrechenbar betrachtet. Es<br />
ist zu erwarten, dass die Behörden des Zolls die dort für die Branchenmindestlöhne<br />
festgehaltenen Grundsätze auch auf den gesetzlichen <strong>Mindestlohn</strong> übertragen werden,<br />
sofern der Gesetzgeber nicht durch eine Durchführungsverordnung doch noch<br />
andere Vorgaben macht.<br />
Informationen unter<br />
www.zoll.de<br />
1. Beiträge zur Sozialversicherung,<br />
Pauschalabgaben bei Minijobs<br />
Der <strong>Mindestlohn</strong>anspruch ist ein Bruttoanspruch, d.h. die vom Arbeitnehmer zu tragenden<br />
Sozialversicherungsbeiträge werden davon abgezogen. Der vom Arbeitgeber<br />
zu tragende Teil der Sozialversicherungsbeiträge kann jedoch nicht vom <strong>Mindestlohn</strong><br />
abgezogen werden.<br />
Arbeitgeberbeiträge<br />
nicht anrechenbar<br />
Auch der vom Arbeitgeber zu tragende Pauschalbeitrag zur Sozialversicherung bei<br />
geringfügig Beschäftigten in Höhe von 30 % kann nicht auf den Arbeitnehmer abgewälzt<br />
und damit auch nicht auf den <strong>Mindestlohn</strong> angerechnet werden. Im Ergebnis<br />
erhält daher der geringfügig Beschäftigte einen deutlich höheren Netto-<strong>Mindestlohn</strong><br />
als sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Nur die 2 % Pauschalversteuerung nach<br />
§ 40 a Abs. 2 EStG können durch vertragliche Vereinbarung auf den Arbeitnehmer<br />
abgewälzt und damit auch vom <strong>Mindestlohn</strong> abgezogen werden.<br />
2. Zuschläge und Zulagen<br />
Zuschläge und Zulagen zum Stundenlohn sind nach jetzigem Stand der Erkenntnisse<br />
nicht auf den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch anrechenbar, wenn der Arbeitnehmer sie dafür<br />
erhält, dass er seine Arbeit unter besonderen/erschwerten Bedingungen erbringen<br />
muss.<br />
So heißt es auf der Internetseite des Zolls zu Branchenmindestlöhnen:<br />
„Vom Arbeitgeber gezahlte Zulagen oder Zuschläge werden als Bestandteile des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />
berücksichtigt, wenn ihre Zahlung nicht von einer Arbeitsleistung des Arbeitnehmers<br />
abhängt, die von der im Tarifvertrag vorgesehenen Normalleistung abweicht.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
17
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn die Zulagen oder Zuschläge zusammen mit anderen<br />
Leistungen des Arbeitgebers ihrem Zweck nach diejenige Arbeitsleistung des Arbeitnehmers<br />
entgelten sollen, die mit dem <strong>Mindestlohn</strong> zu vergüten ist (funktionale<br />
Gleichwertigkeit der zu vergleichenden Leistungen).“<br />
Überträgt man diese auf der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 07.11.2013 –<br />
C-522/12) beruhende Herangehensweise des Zolls auf den gesetzlichen <strong>Mindestlohn</strong> ,<br />
so bedeutet dies, dass Zulagen und Zuschläge, die daran anknüpfen, dass der Arbeitnehmer<br />
zu besonders belastenden Zeiten (z.B. Sonntags, Nachts) oder unter besonders<br />
unangenehmen Bedingungen (z.B. Lärm, Schmutz) arbeitet, wohl nicht angerechnet<br />
werden können.<br />
Geklärt ist die Frage der Anrechnung solcher Zuschläge oder Zulagen aber noch nicht,<br />
daher kann es durchaus sein, dass der Zoll oder ein Arbeitsgericht eine Anrechnung<br />
dieser Zahlungen zulässt, denn der mit dem MiLoG verfolgte Schutz des Arbeitnehmers<br />
wird immer dann erreicht, wenn die Summe aller gezahlten Lohnbestandteile<br />
insgesamt die Höhe des vorgeschriebenen <strong>Mindestlohn</strong>s erreicht. So hat beispielsweise<br />
bereits im Jahr 2002 das Bayerische Oberlandesgericht in einem Fall entschieden,<br />
in dem es um einen Branchenmindestlohn nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz<br />
(AEntG) ging ( BayObLG, Beschluss vom 28.05.2002 – 3 ObOWi 29/02).<br />
Auf den <strong>Mindestlohn</strong> anrechenbar müssen Zuschläge oder Zulagen jedenfalls aber<br />
dann sein, wenn der Zweck des Arbeitsverhältnisses gerade darin besteht, die Arbeiten,<br />
an die diese anknüpfen, auszuführen. Wenn das Verrichten von Arbeiten unter<br />
erschwerten Bedingungen zu der „Normalleistung“ des Arbeitnehmers gehört, sind<br />
daran anknüpfende Zulagen funktionell gleichwertig mit dem <strong>Mindestlohn</strong> und daher<br />
auch auf diesen anzurechnen.<br />
a) Überstundenzuschläge<br />
Ob Überstundenzuschläge bei der Berechnung des <strong>Mindestlohn</strong>s berücksichtigt werden<br />
können, ist derzeit ungeklärt.<br />
Nach Auffassung des EuGH kann eine Leistung, die der Arbeitgeber dafür zahlt, dass<br />
der Arbeitnehmer ein Mehr an Arbeit erbringt, auf einen <strong>Mindestlohn</strong>anspruch nicht<br />
angerechnet werden (Urteil vom 14.04.2005 – C 341/02).<br />
Vom Sinn und Zweck des <strong>Mindestlohn</strong>s aus betrachtet, ist es jedoch völlig irrelevant,<br />
wie Lohnbestandteile bezeichnet werden. Ziel des Gesetzes ist es, sicherzustellen,<br />
dass ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer bei durchschnittlicher Wochenarbeitszeit<br />
ein Einkommen in Höhe der Pfändungsfreigrenze erzielt (s.o. S. 14).<br />
Daraus leitet Prof. Dr. Franzen in der neusten Auflage des renommierten „Erfurter<br />
Kommentars zum Arbeitsrecht“ die Schlussfolgerung ab, dass die Anrechnung von<br />
Überstundenzuschlägen insoweit möglich sein sollte, als das Zeitmaß des vollzeitbeschäftigten<br />
Arbeitnehmers mit durchschnittlicher Wochenarbeitszeit nicht überschritten<br />
wird. Die durchschnittliche Arbeitszeit in Deutschland liegt bei ca. 42 Arbeitsstunden<br />
pro Woche und ca. 176 Arbeitsstunden pro Monat. Folgt man dieser Auffassung,<br />
könnten Zuschläge für Überstunden, die innerhalb dieser Zeitvorgaben liegen, demnach<br />
mindestlohnwirksam angerechnet werden (vgl. ErfK § 1 MiLoG Rn. 13).<br />
b) Zuschläge für Nachtarbeit<br />
Gemäß § 2 Abs. 3 ArbZG gilt die Zeit von 23 Uhr bis 6 Uhr als Nachtzeit. Wird in dieser<br />
Zeit mehr als zwei Stunden gearbeitet, sieht § 6 Abs. 5 ArbZG vor, dass der Arbeitnehmer<br />
dafür entweder einen Freizeitausgleich oder aber eine finanzielle Abgeltung<br />
erhält.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
18
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
Daraus leitet das BAG in seiner Entscheidung vom 16.04.<strong>2014</strong> – 4 AZR 802/11 ab, dass<br />
diese auf den (in dem entschiedenen Fall tariflichen) <strong>Mindestlohn</strong>anspruch nicht anrechenbar<br />
sind.<br />
Etwas anderes könnte aber unter Umständen für Nachtzuschläge gelten, die außerhalb<br />
des gesetzlichen Nachtarbeitszeitraums von 23-6 Uhr gezahlt werden. So beginnt<br />
die zuschlagspflichtige „Nachtzeit“ nach § 8 Ziff.1 a) MTV Druck bereits um 18<br />
Uhr. Somit stünde jedenfalls die gesetzliche Regelung des § 6 Abs. 5 ArbZG einer<br />
Anrechnung nicht entgegen.<br />
c) Samstagszuschläge, Sonn- und Feiertagszuschläge, Antrittsgebühr<br />
Zuschläge für Arbeit an Wochenenden und Feiertagen, die auf Grund des Arbeitsvertrages<br />
oder nach § 8 MTV Druck gezahlt werden, einschließlich der Antrittsgebühr<br />
nach § 7 Ziff. 4 MTV Druck, sind nach den oben bereits dargestellten Grundsätzen<br />
wohl nicht auf den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch anzurechnen. Denn diese Zuschläge sollen<br />
eine Tätigkeit zu „besonders unangenehmen Zeiten“ abgelten. Etwas anderes kann<br />
dann gelten, wenn der Arbeitnehmer ausschließlich an Wochenenden oder Feiertagen<br />
tätig ist und dies also zu seiner „Normalleistung“ gehört. Dann müsste ein gezahlter<br />
Zuschlag auf den <strong>Mindestlohn</strong> anrechenbar sein.<br />
d) Schichtzuschläge<br />
Geht man davon aus, dass Schicht- bzw. Wechselschichtzuschläge eine Arbeitsleistung<br />
unter besonderen/erschwerten Bedingungen abgelten sollen, so sind diese Zuschläge<br />
wahrscheinlich nicht auf den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch anzurechnen.<br />
Etwas anderes kann dann gelten, wenn der Arbeitnehmer ausschließlich im Schichtdienst<br />
tätig ist und dies also zu seiner „Normalleistung“ gehört. Dann müsste ein<br />
Schichtzuschlag auf den <strong>Mindestlohn</strong> anrechenbar sein.<br />
e) Erschwerniszulagen<br />
Für Erschwerniszulagen wie Schmutzzulagen, Gefahrenzulagen und andere an besonders<br />
unangenehme, beschwerliche oder gefährliche Umstände anknüpfende Zulagen<br />
gilt, dass diese in der Regel besondere Umstände der Arbeitserbringung ausgleichen<br />
sollen, die über die „Normalleistung“ des Arbeitnehmers hinausgehen. Demzufolge<br />
sind diese Zulagen wahrscheinlich nicht berücksichtigungsfähig.<br />
Auf den <strong>Mindestlohn</strong> anrechenbar müssten Erschwerniszulagen aber dann sein, wenn<br />
das Verrichten von Arbeiten unter erschwerten Bedingungen zu seiner „Normalleistung“<br />
gehört.<br />
3. Variable Vergütungen<br />
Ob Ansprüche auf variable Vergütungen wie Provisionen, Erfolgsbeteiligungen, Prämien<br />
o.Ä. auf den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch angerechnet werden können, hängt davon<br />
ab, ob sie zum Fälligkeitszeitpunkt tatsächlich und unwiderruflich ausgezahlt wurden.<br />
Variable Vergütungen<br />
müssen <strong>Mindestlohn</strong><br />
garantieren<br />
Beispiel:<br />
Ein Vertreter mit monatlich 160 Arbeitsstunden erhält ein Gehalt von 1.000 €,<br />
hinzu kommen Provisionen. Sein monatliches Gehalt beträgt damit in der<br />
Regel insgesamt etwa 2.000 €.<br />
Der <strong>Mindestlohn</strong>anspruch beträgt bei 160 Stunden 1.360 €. Sofern der Arbeitnehmer<br />
in jedem Monat tatsächlich mindestens diesen Betrag erhält und die<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
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Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
Provisionszahlung auch nicht unter dem Vorbehalt späterer Rückforderungen<br />
oder Verrechnungen mit Lohnansprüchen in anderen Monaten erfolgt, ist der<br />
<strong>Mindestlohn</strong>anspruch erfüllt.<br />
Liegt das Gesamteinkommen auf Grund eines schlechten Provisionsergebnisses<br />
in einem Monat jedoch darunter, so muss der Arbeitgeber eine Mindestprovision<br />
auszahlen, die den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch zusammen mit dem Festgehalt<br />
abdeckt.<br />
4. Sonderzahlungen (Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld,<br />
Jahresleistung)<br />
Sonderzahlungen, die nur einmal jährlich ausgezahlt werden, können jeweils nur im<br />
Auszahlungsmonat auf den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch angerechnet werden. Zu diesen<br />
Sonder- oder Einmalzahlungen zählen beispielsweise Urlaubs- und Weihnachtsgeld<br />
oder die tarifliche Jahresleistung.<br />
Anrechnung bei monatlicher<br />
Auszahlung<br />
Sollen diese Leistungen auf den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch angerechnet werden, müssen<br />
sie künftig anteilig in monatlichen Raten ausgezahlt werden.<br />
Eine Anrechnung dieser anteiligen Zahlungen auf den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch ist jedoch<br />
nur dann möglich, wenn der Arbeitgeber diese unwiderruflich auszahlt und nicht<br />
später (z.B. wegen des Endes des Arbeitsverhältnisses oder weil Urlaub nicht genommen<br />
wurde) wieder zurückfordern kann.<br />
Sofern der Arbeitgeber die Auszahlungsweise von Einmalzahlungen ändern will, ist<br />
dazu eine Änderung des Arbeitsvertrages sowie eine Änderung ggf. bestehender betrieblicher<br />
Regelungen unter Mitwirkung des Betriebsrates erforderlich.<br />
5. Sachbezüge<br />
Sachbezüge, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gewährt, wie Gutscheine, Kost<br />
und Logis, Nutzung eines Dienstwagens etc., können grundsätzlich auf den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch<br />
angerechnet werden.<br />
Für die Umrechnung des Werts der Sachbezüge in Geld kann die Sozialversicherungsentgeltverordnung<br />
herangezogen werden. Das Bundesministerium für Arbeit und<br />
Soziales sowie das Bundesfinanzministerium haben angekündigt, hierzu Leitlinien zu<br />
erarbeiten, die auch für die Kontrollen der Zollbehörden verbindlich sein sollen.<br />
In der Praxis wird aber wahrscheinlich für eine Anrechnung von Sachleistungen auf<br />
den <strong>Mindestlohn</strong> nach derzeitiger Rechtslage wenig Raum bleiben, da nach § 107<br />
Abs. 2 S. 1 GewO der unpfändbare Teil des Arbeitseinkommens stets in Geld ausgezahlt<br />
werden muss. Dieser unpfändbare Betrag liegt ausweislich der zu § 850c Abs. 1<br />
ZPO veröffentlichten Pfändungstabelle für einen Arbeitnehmer ohne Unterhaltspflichten<br />
derzeit bei 1.045,04 € netto pro Monat; bei bestehenden Unterhaltspflichten<br />
für Ehe- bzw. Lebenspartner oder Kinder erhöht sich dieser Betrag.<br />
Leitlinien von BMAS<br />
und BMF angekündigt<br />
kaum Spielraum für<br />
Sachbezüge<br />
Das Nettoeinkommen bei einer Bezahlung auf <strong>Mindestlohn</strong>-Niveau liegt damit je<br />
nach bestehenden Unterhaltspflichten kaum über bzw. sogar deutlich unter der Pfändungsfreigrenze<br />
nach § 850c Abs. 1 ZPO.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
20
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
6. Aufwendungsersatz, Wegegeld<br />
Zahlungen, die nur einen dem Arbeitnehmer entstandenen Aufwand ausgleichen<br />
sollen, können nicht auf den <strong>Mindestlohn</strong> angerechnet werden, weil sie keine Gegenleistung<br />
für die Arbeitsleistung darstellen. Dazu gehören auch die Erstattungen von<br />
Reise- und Fortbildungskosten durch den Arbeitgeber.<br />
Wegegelder können dann auf den <strong>Mindestlohn</strong> angerechnet werden, wenn sie als<br />
Vergütung der für die Zurücklegung des Wegs erforderlichen Zeit bestimmt sind.<br />
Wegegelder können<br />
Arbeitslohn sein<br />
7. Vermögenswirksame Leistungen<br />
Vermögenswirksame Leistungen im Sinne des Fünften Vermögensbildungsgesetzes,<br />
auf die der Arbeitnehmer nach seinem Arbeitsvertrag oder einem geltenden Tarifvertrag<br />
einen Anspruch hat, sind auf den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch nicht anrechenbar. Nach<br />
der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 07.11.2013 – C-522/12) und des BAG (Urteil<br />
vom 16.04.<strong>2014</strong> – 4 AZR 802/11) dienen vermögenswirksame Leistungen nicht in erster<br />
Linie als Gegenleistung für die Arbeitsleistung, sondern dem langfristigen Vermögensaufbau<br />
auf Seiten des Arbeitnehmers.<br />
8. Betriebliche Altersversorgung, Entgeltumwandlung<br />
Nach § 1a Betriebsrentengesetz (BetrAVG) kann der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber<br />
verlangen, dass von seinen künftigen Entgeltansprüchen bis maximal 4 %<br />
der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung<br />
durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersvorsorge verwendet werden.<br />
Das MiLoG lässt eine solche Entgeltumwandlung unberührt; sie bleibt weiterhin möglich.<br />
Vereinbaren Arbeitnehmer und Arbeitgeber nach § 1a BetrAVG, dass der Arbeitnehmer<br />
Teile seines Arbeitsentgelts für die Zwecke der Betrieblichen Altersvorsorge<br />
verwenden will, so kann der dann verbleibende ausgezahlte Stundenlohn rechnerisch<br />
unterhalb von 8,50 € pro Stunde liegen. Entgeltumwandlungsbeträge werden also auf<br />
den <strong>Mindestlohn</strong> angerechnet.<br />
Entgeltumwandlung kann<br />
zu niedrigerem Stundenlohn<br />
führen<br />
Anders ist dies allerdings wohl bei Arbeitgeber-Beiträgen zur Betrieblichen Altersvorsorge.<br />
Diese dienen ebenso wie Vermögenswirksame Leistungen (s.o.) dem langfristigen<br />
Vermögensaufbau, nicht aber der Bestreitung des regelmäßigen Lebensunterhalts.<br />
Daher können arbeitgeberfinanzierte Beiträge zur Betrieblichen Altersvorsorge<br />
wahrscheinlich nicht auf den <strong>Mindestlohn</strong> angerechnet werden.<br />
9. Trinkgelder<br />
Trinkgelder, die von Dritten freiwillig an Arbeitnehmer gezahlt werden, sind grundsätzlich<br />
kein Arbeitsentgelt und können daher in der Regel nicht auf den <strong>Mindestlohn</strong><br />
angerechnet werden.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
21
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
IV.<br />
Fälligkeit des <strong>Mindestlohn</strong>s und<br />
Arbeitszeitkonten<br />
1. Grundsatz: Zwei-Monats-Rhythmus<br />
Die Fälligkeit des <strong>Mindestlohn</strong>s, also der Zeitpunkt der Auszahlung an den Arbeitnehmer,<br />
ist in § 2 Abs. 1 MiLoG geregelt.<br />
Der <strong>Mindestlohn</strong> ist grundsätzlich zum im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag festgelegten<br />
Zeitpunkt zu zahlen.<br />
Spätestens (d.h. wenn keine frühere Fälligkeit vereinbart ist) muss der Arbeitgeber<br />
den <strong>Mindestlohn</strong> jedoch bis zum letzten Bankarbeitstag (Frankfurt am Main) des Monats<br />
auszahlen, der auf den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde.<br />
Eine spätere Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s stellt eine nach § 21 Abs. 1 Nr. 9 bußgeldbewehrte<br />
Ordnungswidrigkeit dar.<br />
Bis zu diesem Zeitpunkt sind grundsätzlich nicht nur die vereinbarten Arbeitsstunden,<br />
sondern sämtliche tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden zum <strong>Mindestlohn</strong>satz auszuzahlen,<br />
es sei denn, sie werden in ein <strong>Mindestlohn</strong>-konformes Arbeitszeitkonto<br />
eingestellt (s.u.).<br />
2. Gleich bleibender Monatslohn<br />
Da der <strong>Mindestlohn</strong> ein Stundenlohn ist, ist es fraglich, ob bei einer Bezahlung genau<br />
in Höhe des <strong>Mindestlohn</strong>s künftig noch eine Zahlung eines gleich bleibenden Monatslohns<br />
möglich ist.<br />
<strong>Mindestlohn</strong> und<br />
verstetigter Monatslohn<br />
Nach dem MiLoG hat der Arbeitnehmer Anspruch auf 8,50 € pro Arbeitsstunde, die<br />
Anzahl der gearbeiteten Stunden schwankt aber regelmäßig pro Monat, da die Monate<br />
unterschiedlich viele Arbeitstage haben.<br />
Beispiel:<br />
Ein Arbeitnehmer (Berlin) arbeitet 40 Stunden pro Woche, 8 Stunden pro Tag<br />
bei einer 5-Tage-Woche. Der Arbeitgeber will genau den <strong>Mindestlohn</strong> zahlen.<br />
Der <strong>Mindestlohn</strong>-Anspruch schwankt auf Grund der unterschiedlichen Zahl der<br />
Arbeitstage im Jahr 2015 pro Monat zwischen 1.224 € bei 18 Arbeitstagen und<br />
1.564 € bei 23 Arbeitstagen.<br />
Die Zahlung eines gleich bleibenden Monatslohns wäre hier möglich, wenn jeden<br />
Monat mindestens 1.564 € ausgezahlt würden, dann würde aber in einigen<br />
Monaten mehr als der <strong>Mindestlohn</strong> gezahlt. Eine Alternative wäre die Nutzung<br />
von Arbeitszeitkonten, s. dazu das Beispiel auf S. 21.<br />
3. Arbeitszeitkonten<br />
Von den oben dargestellten Grundsätzen abweichend können nach § 2 Abs. 2 MiLoG<br />
bei verstetigten Arbeitseinkommen (z.B. bei einem regelmäßig in gleicher Höhe gezahlten<br />
Monatslohn) die Arbeitsstunden, die über die vertraglich vereinbarte<br />
Arbeitszeit hinaus geleistet worden sind, auf ein Arbeitszeitkonto eingestellt werden,<br />
wenn dem Arbeitszeitkonto eine schriftliche Vereinbarung zugrunde liegt.<br />
Arbeitszeitkonten = nur<br />
„Überstunden“<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
22
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
Eine schriftliche Vereinbarung liegt auch vor, wenn das Arbeitszeitkonto in einer Betriebsvereinbarung<br />
oder in einem normativ bzw. infolge schriftlicher Inbezugnahme<br />
geltenden Tarifvertrag geregelt ist. Auf dem Arbeitszeitkonto dürfen monatlich jeweils<br />
nicht mehr als 50 % der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit eingestellt werden.<br />
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Arbeitsstunden, die auf einem solchen Arbeitszeitkonto<br />
eingestellt worden sind, spätestens innerhalb von zwölf Kalendermonaten nach<br />
ihrer Erfassung durch bezahlte Freizeitgewährung oder durch Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />
auszugleichen.<br />
Schriftliche Vereinbarung<br />
max. 50% der vereinbarten<br />
Arbeitszeit<br />
Ausgleich nach 12 Monaten<br />
Diese Regelung zu Arbeitszeitkonten könnte genutzt werden, um die Zahlung eines<br />
gleich bleibenden Monatslohns in einem <strong>Mindestlohn</strong>-Arbeitsverhältnis zu erreichen.<br />
Beispiel:<br />
Ein Arbeitnehmer arbeitet 8 Stunden pro Tag bei einer 5-Tage-Woche. Es wird<br />
eine monatliche Arbeitszeit von 144 Stunden und ein darauf basierender gleich<br />
bleibender Monatslohn in Höhe von 1.224 € vereinbart. Zusätzlich kann der<br />
Arbeitgeber bis zu 40 Überstunden pro Monat anordnen.<br />
Geleistete Überstunden werden in ein Arbeitszeitkonto gebucht und innerhalb<br />
von 12 Monaten durch Freizeit oder Auszahlung ausgeglichen.<br />
Wird das Arbeitsverhältnis beendet, muss der Arbeitgeber die auf dem Arbeitszeitkonto<br />
eingestellten Arbeitsstunden am Ende des auf die Beendigung folgenden Kalendermonats<br />
ausgleichen.<br />
Ausgleich bei Ende des<br />
Arbeitsverhältnisses<br />
4. Arbeitszeitkonten mit Ausgleichszeiträumen über 12 Monate<br />
In der Praxis werden Arbeitszeitkonten (auch Flexikonten genannt) häufig mit Ausgleichszeiträumen<br />
geführt, die über 12 Monate hinausgehen. Aufgebautes Zeitguthaben<br />
wird oftmals erst innerhalb von 2 oder 3 Jahren durch Freizeit oder Auszahlung<br />
ausgeglichen. Diese Möglichkeit sieht auch der MTV Druck vor. Insbesondere bei Arbeitsverhältnissen,<br />
die mit einem Lohn nahe dem <strong>Mindestlohn</strong> vergütet werden, wird<br />
dies so in Zukunft nicht mehr zulässig sein. Bestehende Betriebsvereinbarungen zur<br />
Nutzung von Arbeitszeitkonten sollten daher überprüft werden.<br />
Längere Ausgleichszeiträume<br />
nur bei Bezahlung über<br />
<strong>Mindestlohn</strong><br />
a) Ausnahme: Erfüllung des <strong>Mindestlohn</strong>s durch verstetigtes Entgelt<br />
Die Verpflichtung zum Ausgleich von Überstunden innerhalb von 12 Monaten und die<br />
Begrenzung einzustellender Überstunden auf 50 % der vereinbarten Arbeitszeit gelten<br />
nicht, wenn der <strong>Mindestlohn</strong>anspruch für die geleisteten Arbeitsstunden rechnerisch<br />
bereits durch die Zahlung eines verstetigen (Monats-)Entgelts erfüllt ist, § 2 Abs.<br />
2 MiLoG.<br />
Berechnung: Monatslohn ÷ geleistete Arbeitsstunden ≥ 8,50€<br />
Es empfiehlt sich daher, insbesondere für <strong>Mindestlohn</strong>-nahe Arbeitsverhältnisse oder<br />
bei Arbeitsverhältnissen, innerhalb derer die geleisteten Arbeitsstunden stark<br />
schwanken, an Hand des gezahlten Monatslohns eine <strong>Mindestlohn</strong>-spezifische monatliche<br />
Arbeitszeitgrenze zu ermitteln.<br />
Monatliche Arbeitszeit-<br />
Obergrenze festlegen<br />
Beispiel:<br />
Bei einem Monatslohn von 1.500€ sind 176 Stunden vom <strong>Mindestlohn</strong>anspruch<br />
gedeckt: 176 × 8,50 € = 1.496€.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
23
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
Wird diese Zeitgrenze nicht überschritten, so greifen die Regelungen des MiLoG zum<br />
Ausgleich von Arbeitszeitkonten nicht. In Arbeitszeitkonten eingestellte Überstunden<br />
können in diesem Fall auch später als nach 12 Monaten ausgeglichen werden.<br />
Wenn jedoch nur genau der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong> gezahlt wird, sind Zeitguthaben<br />
immer nach Ablauf von 12 Monaten auszugleichen.<br />
Die Grenze, oberhalb derer (bei dem derzeitigen <strong>Mindestlohn</strong> von 8,50 €/Std.) keine<br />
Verpflichtung zum Ausgleich von Zeitguthaben nach 12 Monaten besteht, liegt bei<br />
einem Monatslohn von 2.295 €. Bei diesem Monatslohn ist in jedem Fall die nach dem<br />
Arbeitszeitgesetz maximal erreichbare Stundenanzahl mit dem <strong>Mindestlohn</strong> abgegolten:<br />
Orientierungsgröße<br />
2.295 €<br />
Bei nach dem Arbeitszeitgesetz maximal zulässigen 60 Stunden Arbeit pro Woche<br />
und 10 Stunden pro Tag ergeben sich bei einem Monat mit 31 Tagen maximal erreichbare<br />
270 Arbeitsstunden (4 Wochen × 60 Stunden + 3 Tage × 10 Stunden). Diese müssen<br />
bei einem <strong>Mindestlohn</strong> von derzeit 8,50 € mit einem <strong>Mindestlohn</strong> in diesem Monat<br />
in Höhe von 2.295 € vergütet werden.<br />
Bei Einhaltung der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes sind somit alle maximal in<br />
einem Monat anfallenden Arbeitsstunden mit dem Monatsentgelt mindestlohnkonform<br />
abgegolten.<br />
b) Einrichtung von getrennten Arbeitszeitkonten<br />
Soweit die geleisteten Arbeitsstunden nicht durch das ausgezahlte verstetigte Entgelt<br />
mit dem <strong>Mindestlohn</strong> vergütet sind, sind die in Arbeitszeitkonten eingestellten Zeitguthaben<br />
innerhalb von 12 Monaten durch Freizeit oder Auszahlung auszugleichen.<br />
MiLoG-Arbeitszeitkonto<br />
Offen ist dabei, ob in solchen Fällen das gesamte Arbeitszeitkonto betroffen ist oder<br />
ob es zweigeteilt werden muss - nämlich in ein „normales Arbeitszeitkonto“ und ein<br />
„MiLoG-Arbeitszeitkonto“. Der Gesetzeswortlaut spricht für eine Zweiteilung.<br />
Der Arbeitgeber muss also immer genau berechnen, in welcher Höhe mit dem verstetigten<br />
Arbeitsentgelt eventuelle Mehrarbeit noch in <strong>Mindestlohn</strong>höhe abgegolten<br />
wird. Bis zu dieser Grenze kann Zeitguthaben wie bisher in ein Arbeitszeitkonto mit<br />
einem längeren Ausgleichszeitraum als 12 Monate gebucht werden.<br />
Bei Überschreiten dieser Grenze muss er für betroffene Arbeitnehmer jeweils ein<br />
zusätzliches Arbeitszeitkonto nach dem <strong>Mindestlohn</strong>gesetz einrichten, führen und<br />
ausgleichen.<br />
Beispiel 1: Zwei Arbeitszeitkonten – Monatsbetrachtung<br />
Ein Arbeitnehmer arbeitet 80 Stunden pro Monat und erhält dafür einen Monatslohn<br />
in Höhe von 760 €. Dies ergibt einen rechnerischen Stundenlohn von<br />
9,50 €/Std.<br />
Nach der bisherigen Vereinbarung arbeitet der Arbeitnehmer häufig einige<br />
Stunden mehr pro Monat, diese werden später durch Freizeit ausgeglichen,<br />
eine zusätzliche Vergütung erfolgt nicht.<br />
Im Januar 2015 arbeitet der Arbeitnehmer 100 Stunden, leistet also 20 Überstunden.<br />
Sein rechnerischer Stunden-Lohn beträgt daher 7,60 €.<br />
Der <strong>Mindestlohn</strong>anspruch für 100 Stunden beträgt aber 850 €, d.h. in Höhe von<br />
90 € ist der <strong>Mindestlohn</strong>anspruch nicht erfüllt.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
24
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
Diese 90 € muss der Arbeitgeber spätestens am nächsten Monatsende auszahlen<br />
oder in ein schriftlich vereinbartes Arbeitszeitkonto einstellen und innerhalb<br />
von 12 Monaten durch Freizeit oder Auszahlung ausgleichen.<br />
Weitere 100 € (Differenz <strong>Mindestlohn</strong>-Stundenlohn für die 20 Überstunden)<br />
können auch zu späterem Zeitpunkt (durch Freizeit oder Auszahlung) ausgeglichen<br />
werden. Hierzu kann ein zweites Arbeitszeitkonto mit einem längeren<br />
Ausgleichszeitraum geführt werden.<br />
Beispiel 2: Zwei Arbeitszeitkonten – Jahresbetrachtung<br />
Ein Arbeitnehmer arbeitet 80 Stunden pro Monat bei einem Monatslohn iHv<br />
760 € (d.h. 9,50 €/Std.). Geleistete Überstunden werden monatlich in ein<br />
schriftlich vereinbartes Arbeitszeitkonto gebucht. Einmal im Jahr (Dezember)<br />
wird das Arbeitszeitkonto durch Auszahlung der Plusstunden ausgeglichen.<br />
Das AZ-Konto weist im Dezember 200 Plusstunden auf, d.h. der Arbeitnehmer<br />
hat im Jahr 1.160 Stunden gearbeitet: (12 × 80)+200 = 1.160 Stunden<br />
Der Arbeitnehmer hat im Jahr 2015 erhalten: 12 × 760 € = 9.120 €<br />
Maximal 1.072 Stunden wären vom <strong>Mindestlohn</strong> abgedeckt:<br />
9.120 € ÷ 8,50 € = 1072,94<br />
Der <strong>Mindestlohn</strong>-Anspruch für die geleisteten 1.160 Stunden beträgt 9.860 €:<br />
1.160 × 8,50 € = 9.860 €<br />
Daraus ergibt sich eine Differenz des gezahlten Jahres-Lohns zum <strong>Mindestlohn</strong>-Anspruch<br />
in Höhe von 740 €: 9.860 – 9.120 = 740 €<br />
Diese 740 € müssen im Dezember ausgezahlt werden.<br />
Auf Grund seines vereinbarten Stundenlohns von 9,50 € stehen ihm für die geleisteten<br />
200 Überstunden jedoch insgesamt 1.900 € zu.<br />
Die nach Abzug des im Dezember auszugleichenden <strong>Mindestlohn</strong>-Anteils i.H.v.<br />
740 € verbleibenden 1.160 € können zu einem späteren Zeitpunkt ausgeglichen<br />
werden. Hierzu kann ein zweites Arbeitszeitkonto mit einem längeren Ausgleichszeitraum<br />
eingerichtet werden.<br />
5. Langzeitkonten, Altersteilzeit<br />
Die Regelung in § 2 Abs. 3 MiLoG stellt klar, dass für Wertguthabenvereinbarungen im<br />
Sinne des §§ 7b ff. SGB IV (Langzeitkonten/Lebensarbeitszeitkonten einschließlich<br />
Altersteilzeitvereinbarungen) die Fälligkeitsregelung nach § 2 Abs. 1 MiLoG und die<br />
Ausgleichspflicht nach 12 Monaten nach § 2 Abs.2 MiLoG nicht gilt. Diese Zeitguthaben<br />
werden aufgebaut, um z.B. bezahlte Freistellungen oder Teilzeitvereinbarungen<br />
vor der Rente, während Eltern-, Familien- oder Pflegezeiten bzw. zu Fortbildungszwecken<br />
zu finanzieren. Die Auszahlung von Arbeitsentgelt, das in solche Wertguthaben<br />
eingebracht wird, ist nach Ansicht des Gesetzgebers durch die einschlägigen Regelungen<br />
im Sozialgesetzbuch hinreichend gesichert.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
25
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
V. Kann der <strong>Mindestlohn</strong>-Anspruch entfallen?<br />
Nach dem MiLoG ist der <strong>Mindestlohn</strong>anspruch „unabdingbar“. Vereinbarungen, die<br />
den Anspruch auf den <strong>Mindestlohn</strong> unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken<br />
oder ausschließen, sind insoweit unwirksam (§ 3 Satz 1 MiLoG).<br />
Auch wenn der Arbeitnehmer demnach einem Arbeitsvertrag zustimmt, der einen<br />
unter dem <strong>Mindestlohn</strong> liegenden Lohn vorsieht, hat der Arbeitnehmer trotzdem<br />
Anspruch auf den <strong>Mindestlohn</strong>.<br />
Vereinbarungen unterhalb<br />
des <strong>Mindestlohn</strong>s sind<br />
unwirksam<br />
Außer in den Übergangsfällen des § 24 kann von der Verpflichtung zur Zahlung des<br />
<strong>Mindestlohn</strong>es nach § 1 nicht abgewichen werden, soweit dies für den Arbeitnehmer<br />
ungünstiger wäre.<br />
1. Verzicht<br />
Nach § 3 S. 2 MiLoG ist ein Verzicht des Arbeitnehmers auf den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch<br />
grundsätzlich unzulässig.<br />
Zulässig ist nur ein Verzicht auf bereits entstandene (= nicht zukünftige!) <strong>Mindestlohn</strong>ansprüche<br />
im Wege des gerichtlichen Vergleichs, weil dies nach der Gesetzesbegründung<br />
einen „ausreichenden Schutz des Arbeitnehmers vor einem ungerechtfertigten<br />
Verlust des <strong>Mindestlohn</strong>anspruchs“ sicherstellt.<br />
Verzicht nur durch<br />
gerichtlichen Vergleich<br />
Ein gerichtlicher Vergleich kann in einem anhängigen Gerichtsverfahren zwischen<br />
Arbeitgeber und Arbeitnehmer innerhalb der Güteverhandlung oder später im Laufe<br />
des Verfahrens geschlossen werden.<br />
Unklar ist nach der Formulierung des Gesetzes, ob es ausreicht, wenn Arbeitgeber und<br />
Arbeitnehmer selbst dem Gericht einen Vergleichsvorschlag unterbreiten und das<br />
Zustandekommen dieses Vorschlags anschließend durch das Gericht nur noch durch<br />
Beschluss festgestellt wird (§ 278 Abs. 6 S. 1 Alt. 1, S. 2 ZPO).<br />
Der Arbeitgeber sollte daher darauf hinwirken, dass das Gericht einen Vorschlag der<br />
Parteien inhaltlich aufgreift und als eigenen Vorschlag unterbreitet.<br />
Ein außergerichtlicher Vergleich, eine Aufhebungsvereinbarung oder ein Abwicklungsvertrag<br />
zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, der einen Verzicht auf <strong>Mindestlohn</strong>-Ansprüche<br />
enthält, ist unzulässig. Der <strong>Mindestlohn</strong>anspruch bliebe in diesem<br />
Fall bestehen.<br />
Auf Ansprüche, die vom <strong>Mindestlohn</strong>gesetz nicht erfasst werden, kann der Arbeitnehmer<br />
jedoch weiterhin wirksam außerhalb eines gerichtlichen Vergleichs verzichten.<br />
2. Ausschlussfristen<br />
Ausschlussfristen (teilweise auch als Verfallklauseln oder Verwirkungsklauseln bezeichnet)<br />
sind in fast allen Arbeits- und Tarifverträgen enthalten. Gemeint sind Regelungen,<br />
die nach Ablauf einer genannten Frist einen Anspruch aus dem Arbeits- oder<br />
Tarifvertrag zum Erlöschen bringen, es sei denn, dieser wurde rechtzeitig gegenüber<br />
dem Vertragspartner geltend gemacht. Sie dienen dazu, eine Klärung gegenseitiger<br />
Ansprüche zu beschleunigen und damit zur raschen Wiederherstellung des „Rechtsfriedens“<br />
im Arbeitsverhältnis beizutragen.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
26
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
Bisher ist unklar, ob Ausschlussfristen künftig wirksam sind, sofern sie Ansprüche<br />
nach dem <strong>Mindestlohn</strong>gesetz nicht ausdrücklich ausnehmen.<br />
Der Gesetzgeber geht offenbar davon aus, dass der <strong>Mindestlohn</strong> von 8,50 € pro Stunde<br />
in jedem Lohn oder Gehalt als gesetzlich garantierter Mindestanspruch enthalten<br />
ist. Da Vereinbarungen, die die Geltendmachung des <strong>Mindestlohn</strong>anspruchs beschränken<br />
oder ausschließen, unwirksam sind (3 § S. 2 MiLoG), könnten Ausschlussfristen<br />
demzufolge den Anteil des Lohns oder Gehalts, der in seiner Höhe dem <strong>Mindestlohn</strong><br />
entspricht, nicht zum Erlöschen bringen.<br />
Wenn es tatsächlich so ist, dass jedes Arbeitsverhältnis auch ein <strong>Mindestlohn</strong>-<br />
Arbeitsverhältnis ist, stellt sich die Frage, ob in Tarifverträgen oder Arbeitsverträgen<br />
enthaltene Regelungen zu Ausschlussfristen so angepasst werden müssten, dass der<br />
<strong>Mindestlohn</strong>-Anspruch nicht erfasst ist.<br />
Ist jeder Arbeitnehmer auch<br />
ein „Mindestlöhner“?<br />
Derzeit sind zu dieser – bisher nicht geklärten Frage – drei Auslegungen denkbar:<br />
a) Greift § 3 MiLoG bei Vergütung oberhalb des <strong>Mindestlohn</strong>s?<br />
Nach einer Auslegung greift die Regelung in § 3 S. 1 MiLoG, dass Vereinbarungen, die<br />
die Geltendmachung des <strong>Mindestlohn</strong>es ausschließen oder beschränken, insoweit<br />
unwirksam sind, nicht, wenn es sich nicht um ein „<strong>Mindestlohn</strong>-Arbeitsverhältnis“<br />
handelt, d.h. der vereinbarte oder tarifliche Lohn (deutlich) über 8,50 € liegt.<br />
Dann wären alle Ausschlussfristen in Arbeitsverhältnissen oberhalb des <strong>Mindestlohn</strong>bereichs<br />
in ihrer bisherigen Fassung unverändert wirksam, es bestünde kein Änderungsbedarf<br />
bei entsprechenden Klauseln im Arbeits- oder Tarifvertrag. Sofern der<br />
Arbeitnehmer einen Anspruch auf einen Lohn oberhalb von 8,50 € hat, würde weiterhin<br />
der gesamte Lohnanspruch (auch ein fiktiver „<strong>Mindestlohn</strong>-Anteil“) nach Ablauf<br />
der Ausschlussfristen verfallen.<br />
Diese Position ist vom Sinn und Zweck des <strong>Mindestlohn</strong>gesetzes her betrachtet, nämlich<br />
einen Mindestschutz in Höhe des Existenzminimums für gering entlohnte Arbeitnehmer<br />
zu schaffen, zutreffend. Ein vergleichbares Schutzbedürfnis besteht bei Arbeitnehmern,<br />
deren Lohn oder Gehalt unter Umständen um ein Vielfaches darüber<br />
liegt, nicht.<br />
Schwierig ist hier jedoch, eine Grenze festzulegen, wann eine so deutliche Überschreitung<br />
des <strong>Mindestlohn</strong>anspruchs gegeben ist, dass der Schutz der Unabdingbarkeit<br />
nach § 3 MiLoG nicht mehr benötigt wird. Ein Stundenlohn von 8,51 € dürfte jedenfalls<br />
nicht ausreichend sein.<br />
b) Ausschlussfristen insgesamt unwirksam?<br />
Nach einer anderen denkbaren Auslegung sind Ausschlussfristen, die den <strong>Mindestlohn</strong>anteil<br />
des Arbeitsentgeltes nicht ausdrücklich ausnehmen, insgesamt unwirksam.<br />
Das würde bedeuten, dass auch nicht vom <strong>Mindestlohn</strong>gesetz erfasste Ansprüche,<br />
wie über 8,50 € pro Stunde liegende Entgeltbestandteile, Zuschläge, Sonderzahlungen<br />
etc. nicht mehr verfallen könnten.<br />
Zur Begründung wird hier die so genannte AGB-Kontrolle nach §§ 305 BGB ff. herangezogen.<br />
Nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB sind Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />
(zu denen auch vorformulierte Vertragsbedingungen eines Arbeitsvertrages<br />
zählen können) unwirksam, wenn sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligen.<br />
Eine solche unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,<br />
dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
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Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
Geht man also davon aus, dass in jedem Arbeitsentgelt ein <strong>Mindestlohn</strong>-Anteil enthalten<br />
ist, der nicht verfallen kann, so könnte eine Ausschlussklausel, aus der dies nicht<br />
deutlich hervorgeht, unklar und damit unwirksam sein.<br />
Für Altfälle, also Arbeitsverträge, die vor dem Inkrafttreten des MiLoG geschlossen<br />
wurden, kann eine solche Folge bereits aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht<br />
angemessen sein.<br />
Aber auch für Neuverträge ist diese Auslegung zu weit gehend und daher abzulehnen.<br />
Eine solche Interpretation schießt deutlich über den Sinn und Zweck der Regelung,<br />
den Arbeitnehmer vor einem Verlust des existenzsichernden <strong>Mindestlohn</strong>s zu schützen,<br />
hinaus.<br />
c) Ausschlussfrist unwirksam, soweit <strong>Mindestlohn</strong>anteil betroffen?<br />
Wenn man davon ausgeht, dass in jedem Lohn oder Gehalt ein nicht abdingbarer<br />
<strong>Mindestlohn</strong>anteil enthalten ist, kann eine Ausschlussklausel im Arbeits- oder Tarifvertrag<br />
auch im Wege der so genannten geltungserhaltenden Reduktion gesetzeskonform<br />
ausgelegt werden.<br />
Eine solche Auslegung der Ausschlussfrist führt dazu, dass die Ausschlussfrist lediglich<br />
nicht wirksam ist, soweit sie den <strong>Mindestlohn</strong>anteil betrifft, d.h. der Arbeitnehmer<br />
behält in jedem Fall seinen Anspruch auf 8,50 € pro Stunde. Darüber hinaus ist die<br />
Ausschlussfrist aber wirksam.<br />
Für die Richtigkeit dieser Auslegung spricht schon der Gesetzestext selbst. Die Unwirksamkeit<br />
tariflicher Ausschlussfristen ist nach § 3 S. 1 MiLoG auf den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch<br />
beschränkt („insoweit“). Eine darüber hinaus gehende Unwirksamkeit von<br />
Ausschlussklauseln war nicht Intention des Gesetzes.<br />
Sofern sich diese Ansicht durchsetzen sollte, besteht an bestehenden Verträgen wie<br />
auch an Neuverträgen eigentlich kein Änderungsbedarf bezüglich der Formulierung<br />
von Ausschlussklauseln.<br />
d) Fazit und Vorschläge für die Formulierung von Ausschlussfristen<br />
Welche der oben dargestellten Auslegungsvarianten zu bestehenden Ausschlussfristen<br />
sich durchsetzen wird, ist derzeit offen.<br />
Für die unter c) genannte Auffassung spricht der Wortlaut des Gesetzes. Um jedoch<br />
möglichst kein Risiko einzugehen, dass ein Arbeitsgericht Ausschlussklauseln, die<br />
<strong>Mindestlohn</strong>ansprüche nicht ausdrücklich ausnehmen, für insgesamt unwirksam erklärt,<br />
mit der Folge, dass auch über den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch hinausgehende Ansprüche<br />
nicht mehr verfallen würden, empfiehlt es sich, folgende Klauseln in neu abzuschließende<br />
oder geänderte Arbeitsverträge aufzunehmen:<br />
aa) Vorschlag Ausschlussfrist bei Tarifbindung<br />
(1) Geldansprüche aus dem Manteltarifvertrag und den Lohntarifverträgen<br />
verfallen, wenn sie nicht unter Einhaltung der tariflichen Ausschlussfristen<br />
geltend gemacht werden.<br />
(2) Alle übrigen Ansprüche des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin und des<br />
Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis, die nicht auf einer Betriebsvereinbarung<br />
oder einem Tarifvertrag beruhen, verfallen, wenn sie nicht spätestens<br />
innerhalb von 3 Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend<br />
gemacht werden.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
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Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
(3) Lehnt der andere Teil den Anspruch schriftlich ab oder erklärt er sich nicht<br />
innerhalb von 2 Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so<br />
verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb einer weiteren Frist von 3 Monaten<br />
nach der Ablehnung oder nach Fristablauf gerichtlich geltend gemacht<br />
wird.<br />
(4) Von dieser Regelung ausgenommen sind Schadensersatzansprüche, die<br />
auf vorsätzlichem Verhalten beruhen, sowie gesetzlich unabdingbare Ansprüche<br />
nach dem <strong>Mindestlohn</strong>gesetz.<br />
bb) Vorschlag Ausschlussfrist ohne Tarifbindung (oT)<br />
(1) Ansprüche des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin und des Arbeitgebers<br />
aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht spätestens innerhalb<br />
von 3 Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.<br />
(2) Lehnt der andere Teil den Anspruch schriftlich ab oder erklärt er sich nicht<br />
innerhalb von 2 Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so<br />
verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb einer weiteren Frist von 3 Monaten<br />
nach der Ablehnung oder nach Fristablauf gerichtlich geltend gemacht<br />
wird.<br />
(3) Von dieser Regelung ausgenommen sind Schadensersatzansprüche, die<br />
auf vorsätzlichem Verhalten beruhen.<br />
(4) Von dieser Regelung ausgenommen sind Schadensersatzansprüche, die<br />
auf vorsätzlichem Verhalten beruhen, sowie gesetzlich unabdingbare Ansprüche<br />
nach dem <strong>Mindestlohn</strong>gesetz.<br />
3. Unbezahlte Überstunden<br />
Nach § 1 Abs. 2 S. 1 MiLoG beträgt der <strong>Mindestlohn</strong> 8,50 € brutto pro Zeitstunde.<br />
Fraglich ist daher, ob Regelungen in Arbeitsverträgen, die vorsehen, dass eine bestimmte<br />
Anzahl von Überstunden unbezahlt geleistet wird bzw. diese mit dem Gehalt<br />
bereits abgegolten sind, weiterhin möglich sind.<br />
Entscheidend ist hier jedoch eine rechnerische Durchschnittsbetrachtung: ein Verstoß<br />
gegen das MiloG durch unbezahlte Überstunden kann nur dann vorliegen, wenn rechnerisch<br />
ein Stundenlohn von 8,50 € unterschritten wird.<br />
Wenn, etwa durch ein verstetigtes Monatsentgelt, im Durchschnitt für jede geleistete<br />
Arbeitsstunde der <strong>Mindestlohn</strong> gezahlt wird, sind die Vorgaben des MiLoG erfüllt.<br />
Kontrollrechnung: Monatslohn ÷ geleistete Arbeitsstunden ≥ 8,50 €<br />
Je größer dabei der Abstand des gezahlten Lohns zum <strong>Mindestlohn</strong> ist, desto größer<br />
ist der „<strong>Mindestlohn</strong>-Puffer“ für Überstunden ohne zusätzliche Bezahlung.<br />
Sieht jedoch ein Arbeitsvertrag nur eine Vergütung genau in Höhe des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />
vor, wäre eine pauschale Abgeltung von Überstunden mit dem gezahlten Lohn wegen<br />
Verstoßes gegen § 3 Satz 1 MiLoG unwirksam. Die entsprechenden Überstunden<br />
müssten mindestens mit 8,50 € pro Stunde nachvergütet bzw. in ein Arbeitszeitkonto<br />
eingestellt und ausgeglichen werden (s.o. S. 20 f.).<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
29
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
4. Verjährung und Verwirkung<br />
Der <strong>Mindestlohn</strong>anspruch unterliegt der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist<br />
nach § 195 BGB. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Lohnanspruch<br />
entstanden ist und der Arbeitnehmer von den anspruchsbegründenden Tatsachen<br />
Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1<br />
BGB).<br />
Verjährungsfrist 3 Jahre<br />
Die Verwirkung des Anspruchs des Arbeitnehmers auf das Mindestarbeitsentgelt ist<br />
ausgeschlossen (§ 3 Satz 3 MiLoG). Allein die Tatsache, dass ein Arbeitnehmer seinen<br />
<strong>Mindestlohn</strong>anspruch längere Zeit nicht geltend macht und der Arbeitgeber daher<br />
gegebenenfalls darauf vertraut, die Entgeltansprüche seien erledigt, führt demnach<br />
nicht dazu, dass der Anspruch wegen „rechtsmissbräuchlicher verspäteter Rechtsausübung“<br />
nicht mehr geltend gemacht werden könnte. Es greift also nur die dreijährige<br />
Verjährungsfrist.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
30
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
VI.<br />
Akkord- und Stücklohn<br />
Der Wortlaut von § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG legt fest, dass die Höhe des <strong>Mindestlohn</strong>s ab<br />
dem 1. Januar 2015 brutto 8,50 € pro Zeitstunde beträgt. Damit haben zukünftig auch<br />
solche Arbeitnehmer einen Anspruch auf 8,50 € pro Stunde, die bisher nach Akkordoder<br />
Stücklohn bezahlt wurden.<br />
1. Akkord- und Stücklohnvereinbarungen bleiben möglich<br />
Ausweislich der Gesetzesbegründung sind zwar ausdrücklich auch nach Einführung<br />
des <strong>Mindestlohn</strong>s Vereinbarungen über einen leistungsbezogenen Lohn, insbesondere<br />
von Akkord- oder Stücklöhnen möglich. In sämtlichen Fällen muss jedoch sichergestellt<br />
werden, dass für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde mindestens ein Lohn<br />
von 8,50 € gezahlt wird.<br />
Weiterhin Akkord- und<br />
Stücklöhne möglich<br />
Jeder vereinbarte Leistungslohn basiert dabei immer auch auf einer – ggf. nur gedachten<br />
– Leistungszeit, innerhalb derer die Arbeitsleistung zu erfüllen ist. Konsequenz ist,<br />
dass durch die zu erbringende „normale“ Arbeitsleistung tatsächlich auch ein Stundenlohn<br />
von 8,50 € erreicht werden kann.<br />
2. Besonderheiten und Probleme bei Akkord- und Stücklohnvereinbarungen<br />
a) Individuelle oder durchschnittliche Arbeitsleistung<br />
Ungeklärt ist derzeit noch, ob darauf abgestellt werden muss, welche Arbeitsleistung<br />
ein durchschnittlicher Arbeitnehmer in einer Stunde durchschnittlich erbringen kann<br />
oder ob auf die individuelle Durchschnittsleistung jedes einzelnen Arbeitnehmers<br />
abgestellt werden muss.<br />
Individualleistung oder<br />
Durchschnittsleistung<br />
Zieht man zur Ermittlung der „Normalarbeitsleistung“ die allgemeinen Grundsätze<br />
heran, ist auf das individuelle Leistungsvermögen des Arbeitnehmers abzustellen.<br />
(BAG: „Der Arbeitnehmer muss tun, was er soll, so gut, wie er kann“.)<br />
Bei Zeitungszustellern bedeutet dies beispielsweise, dass die Vergütung, die ein Arbeitnehmer<br />
pro verteilter Zeitung erhält, so bemessen sein muss, dass seine individuelle<br />
„normale“ Arbeitsleistung im Ergebnis mit einem Stundenlohn von 8,50 € vergütet<br />
wird.<br />
b) Einheitliche Stückpreise<br />
Dies führt allerdings zu dem Folgeproblem, den ein einheitlicher Stückpreis pro verteilter<br />
Zeitung mit sich bringt: Ein unterschiedliches Arbeitstempo führt regelmäßig<br />
zu unterschiedlichen „Normalarbeitsleistungen“. Es kann daher nicht sichergestellt<br />
werden, dass bei einheitlichen Stückpreisen jeder Arbeitnehmer mit seiner individuellen<br />
ermittelten „Normalarbeitsleistung“ tatsächlich auch den <strong>Mindestlohn</strong> von 8,50 €<br />
erreicht. Insoweit könnte sich die Festlegung eines festen oder engeren Zustellzeitfensters<br />
als Basis für den Stundenlohn anbieten.<br />
c) Durchschnittliche Arbeitszeitbetrachtung möglich?<br />
Unabhängig davon kann selbst bei individueller Ermittlung der „Normalleistung“ ein<br />
unterschiedliches Arbeitstempo des Arbeitnehmers zu unterschiedlichen Stunden<br />
oder an unterschiedlichen Tagen dazu führen, dass seine tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung<br />
hinter seiner ermittelten „Normalleistung“ zurückbleibt oder sie<br />
Problemfelder bei einheitlichen<br />
Stückpreisen<br />
Problem der schwankenden<br />
„Normalarbeitsleistung“<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
31
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
überschreitet. Dies würde zu mehr oder weniger stark schwankenden Stundenentgelten<br />
führen. Sichergestellt werden muss auch in diesen Fällen, dass der Arbeitnehmer<br />
pro geleisteter Arbeitsstunde eine Vergütung von 8,50 € erhält. Dies gilt selbst dann,<br />
wenn er hinter der individuell ermittelten „Normalarbeitsleistung“ zurückbleibt.<br />
Ebenfalls ungeklärt in diesem Zusammenhang ist die Frage, ob der Arbeitnehmer<br />
einen Anspruch darauf hat, für jede einzelne Stunde mit mindestens 8,50 € vergütet<br />
zu werden oder, ob eine (tages-, wochen- oder monats-)durchschnittliche Betrachtung<br />
möglich ist und dadurch Arbeitsstunden, die die „Normalarbeitsleistung“ unterschreiten,<br />
durch Arbeitsstunden, die die „Normalarbeitsleistung“ überschreiten ausgeglichen<br />
werden können.<br />
Monatsdurchschnittliche<br />
Betrachtung möglich?<br />
Beispiel:<br />
Ein Arbeitnehmer bekommt einen Stücklohn auf Akkordbasis. Bei durchschnittlicher<br />
Leistung ergibt sich dabei eine Vergütung in Höhe von 9,50 €. An<br />
einem 8-Stunden-Arbeitstag erfüllt er in 4 Stunden den Akkord. In den übrigen<br />
4 Stunden erreicht er den Akkord nicht, so dass sich für diese Stunden ein<br />
Stundenlohn in Höhe von 8,00 € ergibt, der unterhalb des <strong>Mindestlohn</strong>s läge.<br />
Betrachtet man in diesem Beispielsfall jede Arbeitsstunde gesondert, wäre ein<br />
Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung der Differenz auf den <strong>Mindestlohn</strong><br />
von je 0,50 € für die letzten 4 Arbeitsstunden begründet.<br />
Die Durchschnittsbetrachtung sämtlicher an diesem Tag geleisteten Arbeitsstunden<br />
[Rechenweg: (4 × 9,50 €) + (4 × 8,00 €) = 70€ ÷ 8 Stunden = 8,75 €] würde<br />
einen durchschnittlichen Stundenlohn in Höhe von 8,75 €, und somit einen<br />
Betrag über dem <strong>Mindestlohn</strong>, ergeben.<br />
Eine dritte Ansicht stellt darauf ab, ob der Durchschnitt von 8,50 € im Monat<br />
oder dem Fälligkeitszeitraum nach § 2 MiLoG erreicht wird.<br />
Eine allgemein gültige Regelung oder Vorgaben zur Umrechnung von Stück- auf<br />
Stundenlohn sind aktuell nicht bekannt. Vielmehr müssen betroffene Unternehmen<br />
sicherstellen, dass sie dem Zoll nachvollziehbar und transparent ihr jeweils genutztes<br />
Verfahren darlegen können.<br />
Einzelfallbetrachtung im<br />
Unternehmen erforderlich<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
32
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
VII. Anpassung von Arbeitsverträgen und<br />
Betriebsvereinbarungen<br />
Im Hinblick auf die anstehenden Veränderungen, die das MiLoG mit sich bringt, stellt<br />
sich die Frage, inwieweit bestehende Arbeitsverträge und/oder Betriebsvereinbarungen<br />
einer entsprechenden Anpassung bedürfen.<br />
1. Arbeitsverträge<br />
a) Generelle Überprüfung<br />
Soweit in Arbeitsverträgen Regelungen enthalten sind, die im Zuge der Einführung<br />
des <strong>Mindestlohn</strong>s geändert werden sollen, empfiehlt es sich, sämtliche Verträge auf<br />
entsprechenden Anpassungsbedarf zu überprüfen. Solche Regelungen können z.B.<br />
sein:<br />
Anpassungsbedarf ermitteln<br />
Ausschlussfristen (siehe oben: S. 26)<br />
<br />
<br />
<br />
Regelungen zur Auszahlungsweise von Einmalzahlungen,<br />
Regelungen zur Verteilung der Arbeitszeit oder<br />
Regelungen zur Ersetzung nicht anrechenbarer Entgeltbestandteile, wie Zuschläge,<br />
durch ein erhöhtes Grundgehalt.<br />
Abhängig vom anzupassenden Regelungsinhalt können Mitbestimmungsrechte des<br />
Betriebsrats zu berücksichtigen sein. Überdies kann die Einführung des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />
und die damit ggf. erforderlichen Vertragsanpassungen eine Gelegenheit bieten,<br />
veraltete Verträge einer Aktualisierung auch im Übrigen zu unterziehen.<br />
ggf. Betriebsrat berücksichtigen<br />
b) Überprüfung bestehender Stücklohnverträge<br />
Grundsätzlich empfiehlt es sich, Arbeitsverträge, die von einer Umstellung von Stückauf<br />
Stundenlohn betroffen sind, wie z.B. die von Zustellern, einer gründlichen Überprüfung<br />
zu unterziehen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, ob in sämtlichen<br />
Fällen sichergestellt ist, dass für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde mindestens<br />
ein Lohn von 8,50 € gezahlt wird.<br />
Da, wie bereits erwähnt, starre Regelungen zur Umrechnung von Stücklohn auf Stundenlohn<br />
derzeit nicht bekannt sind, sind die Unternehmen frei darin, das für sie individuell<br />
beste Verfahren zu ermitteln und umzusetzen. Dabei ist es jeweils eine Frage des<br />
Einzelfalls und der Gesamtumstände im Unternehmen, welches Verfahren letztlich als<br />
beste und praktikabelste Lösung ermittelt wird.<br />
Umrechnung von Stückauf<br />
Stundenlohn individuell<br />
ausgestalten<br />
Abhängig von den jeweiligen Änderungen am System, wirken sich diese regelmäßig<br />
unterschiedlich auf die im Unternehmen vorhandenen individual- und kollektivrechtlichen<br />
Vereinbarungen aus, so dass an dieser Stelle lediglich generelle Hinweise möglich<br />
sind und im Übrigen auf die Einzelfallberatung in den Landesverbänden Druck und<br />
Medien verwiesen werden muss.<br />
Dabei bietet es sich an, das gewählte Verfahren anschaulich auszugestalten, um insbesondere<br />
auch eine spätere Prüfung durch den Zoll zu vereinfachen und dadurch ggf.<br />
zu beschleunigen.<br />
Transparenz des Verfahrens<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
33
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
c) Überprüfung bestehender Verträge geringfügig Beschäftigter<br />
Daneben sollten auch Verträge mit geringfügig Beschäftigten geprüft werden. So ist<br />
bei 450 €-Jobbern durch die Kombination aus monatlicher Verdienstobergrenze und<br />
gesetzlichem <strong>Mindestlohn</strong> die tatsächlich geleistete Arbeitszeit maßgeblich für den<br />
Status des Arbeitnehmers als geringfügig Beschäftigter. Diese beiden Bedingungen<br />
führen zu einer rechnerischen Obergrenze der monatlichen Arbeitszeit von maximal<br />
52,94 Stunden (450 € ÷ 8,50 €/Stunde). Das Überschreiten dieser Arbeitszeitgrenze<br />
führt dazu, dass der Arbeitnehmer seinen Status als geringfügig Beschäftigter verliert.<br />
Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze<br />
verhindern<br />
Vor diesem Hintergrund ist eine Prüfung und entsprechende Anpassung der arbeitsvertraglichen<br />
Vereinbarung mit geringfügig Beschäftigten hinsichtlich der monatlichen<br />
Arbeitszeit empfehlenswert, um die Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze<br />
zu verhindern.<br />
d) Anpassungswege<br />
Es kann sinnvoll sein, Änderungen bestehender Verträge einvernehmlich durch Änderungsvertrag<br />
vorzunehmen. Dies bietet deutlich mehr Rechtssicherheit als der Ausspruch<br />
einer Änderungskündigung.<br />
Änderungsverträge<br />
empfehlenswert<br />
Bei einem Änderungsvertrag vereinbart der Arbeitnehmer gemeinsam mit dem Arbeitnehmer,<br />
die bestehenden Konditionen zu ändern. Dies bietet die Möglichkeit, in<br />
persönlichen Gesprächen Fragen der Arbeitnehmer zu beantworten und Hintergründe<br />
zu erläutern, wodurch wiederum Ängste über die anstehenden Vertragsänderungen<br />
abgebaut werden können.<br />
Änderungskündigungen ohne die Gelegenheit für Erklärungen und Erläuterungen<br />
führen oft zum Gegenteil. Zudem dürfte fraglich sein, inwieweit Änderungskündigungen<br />
zur Anpassungen von Vertragsbedingungen anlässlich der Einführung des gesetzlichen<br />
<strong>Mindestlohn</strong>s vor den Arbeitsgerichten standhalten.<br />
Es ist davon auszugehen, dass sich insbesondere geringfügig Beschäftigte Gesprächen<br />
über die Anpassung ihres Arbeitsvertrages nicht verschließen werden. Denn der<br />
Verlust des insbesondere steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Sonderstatus´,<br />
den die Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze bei fehlender Anpassung mit sich<br />
bringen kann, dürfte dazu führen, dass gerade diese Arbeitnehmergruppe auch ein<br />
eigenes Interesse an einer Anpassung der vertraglichen Regelungen hat.<br />
2. Betriebsvereinbarungen<br />
Neben arbeitsvertraglichen Inhalten kann die Einführung des <strong>Mindestlohn</strong>s es ebenso<br />
erforderlich machen, getroffene Betriebsvereinbarungen auf den Prüfstand zu stellen<br />
und ggf. anzupassen.<br />
Anpassungsbedarf<br />
gemeinsam mit Betriebsrat<br />
ermitteln<br />
Auch insoweit ist zunächst – idealerweise gemeinsam mit dem Betriebsrat als Vertragspartner<br />
– zu ermitteln, ob und inwieweit in bestehenden Betriebsvereinbarungen<br />
Regelungen enthalten sind, die an die Gegebenheiten angepasst werden müssen, die<br />
die Pflicht zur Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s mit sich bringt. Maßgebend sind dabei insbesondere<br />
die individuellen Ausgestaltungen der betrieblichen Vereinbarungen im<br />
Unternehmen.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
34
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
Daher sei an dieser Stelle lediglich auf einige Regelungsinhalte hingewiesen, die häufig<br />
auf betrieblicher Ebene in Betriebsvereinbarungen abgeschlossen werden und bei<br />
denen die Einführung des <strong>Mindestlohn</strong>s – je nach Einzelfall – zu Anpassungsbedarf<br />
führen kann:<br />
<br />
<br />
<br />
Betriebsvereinbarungen zu Zeitkonten (insbesondere auch in Bezug auf den<br />
Ausgleichszeitraum),<br />
Betriebsvereinbarungen zu Vergütungssystemen (insbesondere auch in Bezug<br />
auf Auszahlungszeitpunkte),<br />
Betriebsvereinbarungen zu Sonderzahlungen oder nicht anrechenbaren Entgeltbestandteilen,<br />
wie Zuschlägen (auch insoweit insbesondere in Bezug auf<br />
Auszahlungszeitpunkte, wie z.B. eine monatliche Zahlungsweise).<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
35
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
VIII. Aufzeichnungs- und Meldepflichten<br />
Der Gesetzgeber hat im MiLoG zahlreiche Aufzeichnungs- und Meldepflichten festgeschrieben,<br />
die die Arbeitgeber zu berücksichtigen haben. Dabei spielt es keine Rolle,<br />
ob der Arbeitgeber Entgelte lediglich in Höhe des <strong>Mindestlohn</strong>s von 8,50 € zahlt oder<br />
darüber.<br />
Hintergrund ist, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Verpflichtung zur Zahlung<br />
des <strong>Mindestlohn</strong>s bei bestimmten Arbeitnehmergruppen nur durch die vorgesehenen<br />
Aufzeichnungs- und Meldepflichten nachvollziehbar geprüft werden kann.<br />
1. Aufzeichnungspflicht<br />
a) Grundsatz<br />
Das MiLoG sieht in seinem § 17 Abs. 1 vor, dass<br />
<br />
Arbeitgeber, die geringfügig Beschäftigte im Sinne von § 8 Abs. 1 des Vierten<br />
Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) (450 €-Minijob) beschäftigen,<br />
Betroffene<br />
Arbeitnehmergruppen<br />
<br />
<br />
<br />
Arbeitgeber, die kurzfristig Beschäftigte im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB IV<br />
(„Saisonkräfte“) beschäftigen,<br />
Arbeitgeber, die Arbeitnehmer in den in § 2a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz<br />
(SchwarzArbG) genannten Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen<br />
beschäftigen oder<br />
Entleiher, denen Zeitarbeitskräfte für Arbeitsleistungen in diesen Wirtschaftszweigen<br />
überlassen werden,<br />
verpflichtet sind, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit dieser Arbeitnehmer<br />
aufzuzeichnen. Dabei ist die Ist-Arbeitszeit zu erfassen, d.h. die Zeit vom Beginn<br />
bis zum Ende der Arbeit ohne Ruhepausen.<br />
Dies muss spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung<br />
folgenden Kalendertages geschehen. Die Aufzeichnungen müssen mindestens zwei<br />
Jahre aufbewahrt werden.<br />
Die in § 2a SchwarzArbG aufgeführten Wirtschaftsbereiche sind das Baugewerbe; das<br />
Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe; das Personenbeförderungsgewerbe; das<br />
Speditions-, Transport- und Logistikgewerbe; das Schaustellergewerbe; Unternehmen<br />
der Forstwirtschaft; das Gebäudereinigungsgewerbe; die Fleischwirtschaft sowie<br />
Unternehmen die sich am Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen beteiligen.<br />
In den Fällen der geringfügigen Beschäftigung gelten die Aufzeichnungspflichten<br />
unabhängig davon, in welcher Branche der einzelne Arbeitnehmer tätig ist. Ausnahmen<br />
bilden geringfügig Beschäftigte in Privathaushalten.<br />
Umfang der<br />
Aufzeichnungspflicht<br />
Fristen<br />
Wirtschaftsbereiche des<br />
§ 2a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz<br />
Geringfügig Beschäftigte<br />
Begründet wird diese Aufzeichnungspflicht damit, dass bei kurzfristig Beschäftigten<br />
insbesondere die Zahl der gearbeiteten Tage maßgebend für die Sozialversicherungsfreiheit<br />
ist.<br />
Bei Minijobbern kommt der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit auf Grund der Verdienstobergrenze<br />
von monatlich 450 €, die ausschlaggebend für den Arbeitnehmerstatus<br />
als geringfügig Beschäftigter ist, eine entscheidende Rolle zu. So ergibt sich bei<br />
einer monatlichen Verdienstobergrenze von 450 € und einem <strong>Mindestlohn</strong> von 8,50 €<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
36
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
brutto, rechnerisch eine monatliche Arbeitszeit von maximal 52,94 Stunden<br />
(450 € ÷ 8,50 €/Stunde), deren Einhaltung nur durch entsprechende Aufzeichnungen<br />
geprüft werden kann.<br />
Bei der Aufzeichnungspflicht handelt es sich zwar um eine Pflicht des Arbeitgebers<br />
bzw. Verleihers. Es handelt sich jedoch nicht um eine höchstpersönliche Pflicht, so<br />
dass sie beispielsweise auch von den Arbeitnehmern selbst vorgenommen werden<br />
kann. Eine solche Delegierung der Aufzeichnung lässt aber die Verantwortlichkeit des<br />
Arbeitgebers nicht entfallen, er bleibt für Vollständigkeit und Richtigkeit der Aufzeichnungen<br />
verantwortlich. Daher sind – zumindest stichprobenartige – Kontrollen<br />
durch den Arbeitgeber empfehlenswert.<br />
Keine höchstpersönliche<br />
Pflicht<br />
b) Vereinfachungen, insbesondere für Zusteller<br />
Mitte November <strong>2014</strong> wurde durch die zuständigen Ministerien eine Verordnung gemäß<br />
§ 17 Abs. 4 MiLoG beschlossen. Sie bedarf zu ihrer Wirksamkeit noch der Unterschrift<br />
des Bundesfinanzministers und der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt.<br />
Die endgültige Fassung steht daher zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses nicht zur<br />
Verfügung, den Entwurf finden Sie in Anlage 2 unter 3.<br />
Nach den uns im Vorfeld bekannt gewordenen Informationen aus dem Entwurf der<br />
Regelung soll diese „<strong>Mindestlohn</strong>aufzeichnungsverordnung“ (MiLoAufzV) die Aufzeichnungspflicht<br />
bei mobilen Tätigkeiten vereinfachen und sieht Ausnahmeregelungen<br />
bezüglich der Pflicht zur Arbeitszeitaufzeichnung nach dem <strong>Mindestlohn</strong>gesetz,<br />
insbesondere auch für Zusteller vor.<br />
So soll ein Arbeitgeber nach der MiLoAufzV abweichend von § 17 Abs. 1 MiLoG seiner<br />
Aufzeichnungspflicht bereits dann genügen, soweit er Arbeitnehmer<br />
<br />
<br />
<br />
mit ausschließlich mobilen Tätigkeiten beschäftigt,<br />
diese keinen Vorgaben zur konkreten täglichen Arbeitszeit (Beginn und<br />
Ende) unterliegen und<br />
sich ihre tägliche Arbeitszeit eigenverantwortlich einteilen,<br />
wenn für diese Arbeitnehmer nur die Dauer der tatsächlichen täglichen Arbeitszeit<br />
aufgezeichnet wird. Das bedeutet, dass die Aufzeichnung von täglichem Arbeitsbeginn<br />
und -ende entbehrlich ist. Möglich wäre es somit, pro Arbeitnehmer eine tägliche<br />
„standardisierte“ Arbeitszeit festzuhalten (z.B.: täglich 8 Stunden) und in der Folge<br />
nur noch etwaige Abweichungen von dieser (z.B.: Dienstag, den 13. Januar 2015: – 1<br />
Stunde; Donnerstag, den 15. Januar 2015: +2 Stunden) aufzuzeichnen.<br />
Eine solche ausschließlich mobile Tätigkeit im Sinne der MiLoAufzV soll nach dessen<br />
§ 1 Abs. 2 vorliegen, wenn es sich um eine Tätigkeit handelt, die nicht an Beschäftigungsorte<br />
gebunden ist. Dies sei insbesondere bei der Zustellung von Briefen, Paketen<br />
und Druckerzeugnissen, der Abfallsammlung, der Straßenreinigung, dem Winterdienst,<br />
dem Gütertransport und der Personenbeförderung der Fall.<br />
Keiner Vorgabe zur konkreten täglichen Arbeitszeit sollen Arbeitnehmer dann unterliegen,<br />
wenn die Arbeit lediglich innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens<br />
geleistet werden muss, ohne dass die konkrete Lage (Beginn und Ende) der Arbeitszeit<br />
durch den Arbeitgeber festgelegt wird.<br />
Arbeitnehmer sollen ihre Arbeitszeit eigenverantwortlich im Sinne der Verordnung<br />
einteilen können, wenn sie während ihrer täglichen Arbeitszeit regelmäßig nicht<br />
durch ihren Arbeitgeber oder Dritte Arbeitsaufträge entgegennehmen oder für entsprechende<br />
Arbeitsaufträge zur Verfügung stehen müssen, die zeitliche Ausführung<br />
des täglichen Arbeitsauftrags somit in der Verantwortung des Arbeitnehmers liegt.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
Voraussetzungen für die<br />
Vereinfachung der Aufzeichnungspflichten<br />
Ausschließlich mobile<br />
Tätigkeiten<br />
Keine Vorgaben zur konkreten<br />
täglichen Arbeitszeit<br />
Eigenverantwortliche Zeiteinteilung<br />
37
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
2. Bereithalten sonstiger Unterlagen<br />
In § 17 Abs. 2 MiLoG wird der Arbeitgeber, der geringfügige Beschäftigte oder Arbeitnehmer<br />
einer der in § 2a SchwarzArbG genannten Branchen beschäftigt, dazu verpflichtet,<br />
weitere Unterlagen bereitzuhalten, die für die Kontrolle der ordnungsgemäßen<br />
Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s erforderlich sind. Dies sind gemäß § 20 i.V.m. § 2<br />
Abs. 1 S. 1 Nr. 2 MiLoG solche Dokumente, die sich auf die Zahlung des Mindeststundenlohns<br />
zum gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkt beziehen.<br />
Bereitzuhalten sind die Unterlagen innerhalb Deutschlands und in deutscher Sprache<br />
und zwar für die gesamte Dauer der tatsächlichen Beschäftigung der Arbeitnehmer im<br />
Geltungsbereich des Gesetzes, mindestens für die Dauer der gesamten Werk- und<br />
Dienstleistung, insgesamt jedoch nicht länger als zwei Jahre.<br />
Dauer der Bereithaltungspflicht<br />
Die in § 17 Abs. 2 S. 2 MiLoG enthaltene Befugnis der Prüfbehörde, zu verlangen die<br />
Unterlagen auch am Ort der Beschäftigung bereitzuhalten, soll Entsendefälle erfassen<br />
und nach Aussagen der Zollverwaltung Kontrollen z.B. auch in Fällen ermöglichen,<br />
wenn die Unterlagen an einem Ort aufbewahrt werden, an dem keine Prüfung möglich<br />
ist.<br />
3. Melde- und Versicherungspflicht<br />
a) Grundsatz<br />
Ein Arbeitgeber mit Sitz im Ausland, der mindestens einen Arbeitnehmer in den in<br />
§ 2a SchwarzArbG genannten Branchen innerhalb des Anwendungsbereichs des<br />
MiLoG beschäftigt, ist gemäß § 16 MiLoG verpflichtet, die nach Deutschland entsandten<br />
Arbeitnehmer bei der Zollverwaltung anzumelden. Dieser Anmeldung hat der<br />
Arbeitgeber eine Versicherung beizufügen, dass er den <strong>Mindestlohn</strong> zahlt.<br />
Meldepflicht für ausländische<br />
Arbeitgeber<br />
b) Ergänzende Verordnung<br />
Zeitgleich mit der o.g. <strong>Mindestlohn</strong>aufzeichnungsverordnung haben die zuständigen<br />
Ministerien gemäß § 16 Abs. 5 Nr. 2 und 3 MiLoG eine „<strong>Mindestlohn</strong>meldeverordnung“<br />
(MiLoMeldV) erlassen. Auch insoweit lag bis Redaktionsschluss keine endgültige<br />
Fassung vor.<br />
Nach den uns bekannten Informationen aus dem Entwurf zu dieser Regelung konkretisiert<br />
die Verordnung die Anmeldung dahingehend, dass für diese ein von der Zollverwaltung<br />
vorgesehener Vordruck verwendet werden soll.<br />
Konkretisierung der Anmeldepflicht<br />
durch MiLoMeldV<br />
Ferner soll danach ein Arbeitgeber mit Sitz im Ausland, der Arbeitnehmer<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
an einem Beschäftigungsort zumindest teilweise vor 6:00 Uhr oder nach<br />
22:00 Uhr oder in Schichtarbeit,<br />
an mehreren Beschäftigungsorten am selben Tag,<br />
in ausschließlich mobiler Tätigkeit oder<br />
mit kurzzeitigen und grenznahen Werk- und Dienstleistungen<br />
beschäftigt, eine Einsatzplanung vorzulegen haben.<br />
In diesen Einsatzplanungen sollen, abhängig vom jeweiligen Sachverhalt, konkrete<br />
Informationen über Beschäftigungsort und -dauer sowie die eingesetzten Arbeitnehmer<br />
anzugeben sein. Nachträgliche Änderungen der gemeldeten Einsatzplanung<br />
wären ggf. zu melden.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
38
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
IX.<br />
Haftung des Auftraggebers<br />
Die Haftung des Auftraggebers stellt das MiLoG – nach mehrfacher Änderung der<br />
Regelung im Gesetzgebungsverfahren – nunmehr durch einen Verweis in § 13 MiLoG<br />
auf den bereits seit längerem bestehenden § 14 des Arbeitnehmerentsendegesetzes<br />
(AEntG) sicher.<br />
Dabei könnte es insoweit als Vorteil gereichen, dass einschlägige Rechtsprechung und<br />
Kommentarliteratur zu dieser Norm bereits vorliegt. Nicht aus dem Auge gelassen<br />
werden darf dabei jedoch der Umstand, dass die einschlägige Norm im AEntG ursprünglich<br />
auf Sachverhalte in der Bauindustrie zugeschnitten war und somit Schwierigkeiten<br />
zu erwarten sind, wenn sie auf andere Lebenssachverhalte ausgedehnt wird.<br />
1. Wer haftet für den <strong>Mindestlohn</strong>?<br />
Neben der Haftung des Arbeitgebers auf Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s für eigene Arbeitnehmer,<br />
sieht § 13 MiLoG i.V.m. § 14 AEntG vor, dass Unternehmer, die andere Unternehmer<br />
mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragen, für die<br />
Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s an die Arbeitnehmer der beauftragten Unternehmen, Subunternehmen<br />
und Verleiher haften. Erfasst sind sowohl inländische als auch ausländische<br />
Auftraggeber.<br />
Haftung auch für Arbeitnehmer<br />
beauftragter Unternehmern,<br />
Subunternehmen,<br />
Verleiher<br />
a) Weiter Unternehmerbegriff<br />
Jeder Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werkoder<br />
Dienstleistungen beauftragt (Auftraggeber), ist nach dem Wortlaut des<br />
§ 14 AEntG von dem weitreichenden Haftungsrisiko betroffen.<br />
Beauftragt z.B. ein Subunternehmer weitere Nachunternehmer oder Verleiher, haftet<br />
dieser – neben dem ursprünglichen Arbeitgeber – selbst für die <strong>Mindestlohn</strong>ansprüche<br />
der Arbeitnehmer in den von ihm beauftragten Unternehmen.<br />
Unternehmer ist nach § 14 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) jede natürliche oder juristische<br />
Person, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen<br />
oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.<br />
Geltung für sämtliche<br />
Unternehmer<br />
b) Engerer Unternehmerbegriff<br />
Dieses sich aus dem Wortlaut des § 14 AEntG ergebende weite Haftungsrisiko resultiert<br />
aus der Historie der Norm, die ihren Ursprung in der Bauindustrie hat. Die Rechtsprechung<br />
zur entsprechenden Bürgenhaftung in der Vorgängernorm des § 14 AEntG<br />
legte die Regelung jedoch einschränkend aus:<br />
Danach sollte die Bürgenhaftung (Bau-)Generalunternehmen treffen, also Unternehmen,<br />
die andere Unternehmen zur Erfüllung ihrer Aufträge einsetzen. Nicht alle Unternehmer<br />
sollten erfasst werden, z.B. nicht solche Unternehmer, die als Bauherren<br />
eine Bauleistung in Auftrag geben.<br />
Beschränkung nur auf<br />
Generalunternehmer<br />
Hintergrund der Durchgriffshaftung war, dass Generalunternehmer im Baugewerbe<br />
auf Grund ihrer Branchenkenntnisse darum wissen, dass die von Nachunternehmern<br />
angebotenen Preise mit vernünftigen Arbeitsbedingungen nicht zu erbringen sind.<br />
c) Unternehmerbegriff im MiLoG<br />
Seitdem das AEntG 2009 neugefasst und auf weitere Branchen ausgedehnt wurde, ist<br />
offen, ob diese einschränkende Rechtsprechung auf die derzeit geltende Fassung des<br />
§ 14 AEntG übertragbar ist. Dafür spricht, dass eine so weitgehende Haftung nur dann<br />
Argumente für engeren<br />
Unternehmerbegriff<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
39
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
zu rechtfertigen ist, wenn der Auftraggeber wegen seiner Branchenkenntnisse erkennen<br />
kann, dass bei dem angebotenen Preis der <strong>Mindestlohn</strong> nicht an die Arbeitnehmer<br />
gezahlt werden kann.<br />
Dies wäre z.B. dann der Fall, wenn sich ein Unternehmer zur Erfüllung eigener Pflichten<br />
aus Werk- oder Dienstleistungsverträgen eines Dritten bedient. Umgekehrt wäre<br />
dies nicht der Fall, wenn der Unternehmer lediglich seinen „eigenen Bedarf“ an „unternehmensfremden“<br />
Werk- oder Dienstleistungen deckt, so z.B. im Falle einer Druckerei<br />
bei der Beauftragung einer „druckfremden“ Werk- oder Dienstleistung, wie<br />
beispielsweise Klempner- oder Reinigungsarbeiten.<br />
Diese Ansicht wird auch unterstützt durch die Gesetzesbegründung:<br />
„Die Regelung zur Haftung des Auftraggebers in § 13 wird durch Verweis auf die<br />
entsprechende Vorschrift des § 14 Arbeitnehmer-Entsendegesetz an die dortige<br />
Rechtslage angeglichen. Die dortige Ausgestaltung der Haftung – wie sie insbesondere<br />
durch die Rechtsprechung stattgefunden hat – hat sich über Jahre bewährt.“<br />
Im Ergebnis kann derzeit ein unbeschränktes Haftungsrisiko für die gesamte Auftragskette<br />
jedoch nicht ausgeschlossen werden. Insoweit müssen zunächst die Entwicklungen<br />
in der Rechtsprechung abgewartet werden.<br />
Haftungsrisiko nicht<br />
ausgeschlossen<br />
Die unterschiedlichen Auswirkungen der beiden dargestellten Rechtsauffassungen auf<br />
die einzelnen Glieder in der Haftungskette soll das nachfolgende Beispiel verdeutlichen:<br />
Beispiel:<br />
Das Versandhaus V vergibt Druck und Weiterverarbeitung seines Katalogs an die<br />
mittelständische Druckerei M. Bei M kommt es auf Grund eines Unwetters zu Beschädigungen<br />
am Dach der Druckerei und dadurch zu Einschränkungen bei der<br />
Weiterverarbeitung. Daraufhin vergibt M die Weiterverarbeitung an die kleine<br />
Druckerei K als Subunternehmer weiter. Zeitgleich beauftragt M Dachdecker D<br />
mit der Reparatur des Daches.<br />
<br />
Haftungskette nach weitem Unternehmerbegriff:<br />
Das Versandhaus V haftet auf Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s an die Mitarbeiter der<br />
mittelständischen Druckerei M sowie der kleinen Druckerei K als Subunternehmer.<br />
Die mittelständische Druckerei M haftet auf Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s an die Arbeitnehmer<br />
der eingeschalteten kleinen Druckerei K als Subunternehmer sowie<br />
auch auf Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s an die Arbeitnehmer des Dachdeckerbetriebs<br />
D.<br />
<br />
Haftungskette nach engerem Unternehmerbegriff:<br />
Das Versandhaus V haftet nicht auf Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s in den Druckereien,<br />
weil die Beauftragung zum Druck eines Katalogs lediglich der Deckung des eigenen<br />
Betriebs dient.<br />
Die mittelständische Druckerei M haftet zwar auf Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s an die<br />
Arbeitnehmer der eingeschalteten kleinen Druckerei K, weil sie sich eines Dritten<br />
bedient, um eigene Pflichten aus dem mit V geschlossenen Vertrag zu erfüllen. M<br />
haftet jedoch nicht auf Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s an die Arbeitnehmer des Dachdeckerbetriebs<br />
D, weil es sich insoweit nur um die Deckung des eigenen Bedarfs<br />
handeln würde.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
40
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
2. Art der Haftung<br />
Die Vorschrift des § 14 AEntG ist so ausgestaltet, dass ein Auftraggeber verschuldensunabhängig<br />
für die Zahlung des gesetzlichen <strong>Mindestlohn</strong>s in der (gesamten)<br />
Auftragskette haftet, und zwar wie ein selbstschuldnerischer Bürge.<br />
Dem betroffenen Arbeitnehmer steht es somit frei zu entscheiden, welches Glied in<br />
der Auftragskette er auf Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s in Anspruch nehmen will. Er muss<br />
nämlich nicht zuerst seinen eigenen Arbeitgeber (Auftragnehmer oder Subunternehmer)<br />
verklagen, sondern kann sich direkt an den beauftragenden Unternehmer wenden.<br />
Verschuldensunabhängige<br />
Bürgenhaftung<br />
Wahlrecht des<br />
Arbeitnehmers<br />
Bei mehreren hintereinander geschalteten Auftragnehmern, haben die Arbeitnehmer<br />
nicht nur ein Wahlrecht zwischen den beteiligten Unternehmen, sondern auch hinsichtlich<br />
der Frage, ob er einen an der Kette Beteiligten ganz oder nur zum Teil in<br />
Anspruch nimmt. Denn die an der Haftungskette beteiligten Unternehmen sind so<br />
genannte Mitbürgen und haften somit gesamtschuldnerisch. Insgesamt muss die<br />
Schuld jedoch nur einmal beglichen werden.<br />
Zahlt der Auftraggeber daraufhin an den Arbeitnehmer, so kann er wegen des von<br />
ihm gezahlten <strong>Mindestlohn</strong>s den Nachunternehmer oder Verleiher in Regress nehmen,<br />
weil die Forderung gegen den Nachunternehmer bzw. Verleiher kraft Gesetzes<br />
auf den Auftraggeber übergeht.<br />
Regress gegenüber<br />
Nachunternehmer möglich<br />
Die im Regierungsentwurf zunächst noch vorgesehene Möglichkeit, dass sich der<br />
betroffene Auftraggeber durch den Nachweis der korrekten Auswahl des Auftragnehmers<br />
von der Haftung befreit, ist im Laufe des Gesetzgebungsprozesses wieder<br />
entfallen.<br />
3. Anspruchsinhaber<br />
Die Haftung für den (Netto-)<strong>Mindestlohn</strong> ist auf die Arbeitsleistung im Hoheitsgebiet<br />
der Bundesrepublik Deutschland beschränkt. Anspruchsberechtigt sind<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Arbeitnehmer des Auftragnehmers,<br />
Arbeitnehmer von Subunternehmern,<br />
also auch aus dem Ausland in diese Unternehmen entsandte Arbeitnehmer und<br />
ggf. eingesetzte Zeitarbeitnehmer eines Subunternehmens.<br />
4. Haftungsumfang<br />
Der Auftraggeber haftet auf das Mindestentgelt der Arbeitnehmer. Davon umfasst ist<br />
gemäß § 14 Satz 2 AEntG nur der Betrag, der nach Abzug der Steuern und der Beiträge<br />
zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung oder entsprechender Aufwendungen<br />
zur sozialen Sicherung an Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen auszuzahlen<br />
ist (Nettoentgelt). Maßgebend für die Höhe des Nettoentgelts sind die individuellen<br />
Steuer- und Sozialversicherungsmerkmale der einzelnen Arbeitnehmer.<br />
Haftung nur auf den<br />
Nettolohn<br />
Insgesamt geht die Auftraggeberhaftung aber nicht über den einschlägigen <strong>Mindestlohn</strong><br />
hinaus. Nicht vom Mindestentgelt umfasst sind daher Ansprüche des Arbeitnehmers,<br />
die er im Einzelfall auf einen höheren tariflichen oder einzelvertraglich vereinbarten<br />
Stundenlohn hat.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
41
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
Ferner ist davon auszugehen, dass der Auftraggeber nur für solche Verpflichtungen<br />
haftet, die sich aus den von ihm beauftragten Werk- und Dienstleistungen ergeben. In<br />
Fällen, in denen der beauftragte Nachunternehmer Werk- und Dienstleistungen auch<br />
für andere Auftraggeber ausführt, wäre mangels Kausalzusammenhangs ein Rückgriff<br />
auf den Auftraggeber nur schwer vorstellbar.<br />
Die Haftung des Auftraggebers ist außerdem beschränkt auf die Vergütung für tatsächlich<br />
geleistete Arbeit, so dass die Vergütung für Annahmeverzug gemäß § 615<br />
BGB oder Ansprüche auf Zahlung von Verzugszinsen davon nicht umfasst sind. Ebenfalls<br />
nicht von der Haftung des Unternehmers umfasst ist die Entgeltfortzahlung bei<br />
Krankheit oder an Feiertagen nach §§ 2 und 3 EFZG.<br />
Haftung nur bei kausalem<br />
Zusammenhang zur erbrachten<br />
Leistung<br />
Haftung nur für tatsächlich<br />
geleistete Arbeit<br />
5. Einwände, Ausschlussfristen, Verjährung<br />
Eine Bürgschaftsschuld, und damit auch die Pflicht des Auftraggebers zur Zahlung des<br />
<strong>Mindestlohn</strong>s, hängt davon ab, ob die Hauptforderung – also der <strong>Mindestlohn</strong>anspruch<br />
des Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber (Auftragnehmer oder Nachunternehmer)<br />
– besteht und durchsetzbar ist (so genannte Akzessorietät).<br />
Akzessorietät<br />
Der Auftraggeber kann daher zur Verteidigung gegen den Anspruch auf Zahlung des<br />
<strong>Mindestlohn</strong>s sämtliche Einreden geltend machen, die auch dem eigentlichen Arbeitgeber<br />
(Auftragnehmer oder Nachunternehmer) gegenüber seinem Arbeitnehmer<br />
zustehen. Denkbar ist insoweit eine Aufrechnung oder ein Verzicht durch gerichtlichen<br />
Vergleich. Die Haftung des Auftraggebers auf Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s entfällt<br />
insbesondere dann, wenn der eigentliche Arbeitgeber den Anspruch seines Arbeitnehmers<br />
auf <strong>Mindestlohn</strong> selbst erfüllt hat.<br />
Der Auftraggeber kann sich jedoch nicht auf arbeitsvertragliche oder tarifvertragliche<br />
Ausschlussfristen berufen, da diese gemäß § 3 Satz 1 MiLoG keine Anwendung auf<br />
den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch finden.<br />
Dem Auftraggeber bleibt jedoch die Einrede der Verjährung. Für <strong>Mindestlohn</strong>ansprüche<br />
gilt die gesetzliche dreijährige Verjährungsfrist. Sie beginnt mit dem Schluss des<br />
Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger (d.h. der Arbeitnehmer)<br />
von den anspruchsbegründenden Tatsachen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit<br />
erlangen müsste. Im Einzelfall kann daher über mehrere Jahre hinweg das<br />
Risiko einer <strong>Mindestlohn</strong>klage von betriebsfremden Arbeitnehmern bestehen.<br />
Letztlich ist auch die Einrede der unzulässigen Rechtsausübung denkbar. Eine solche<br />
ist grundsätzlich dann anzunehmen, wenn der Gläubiger die Interessen des Bürgen<br />
gröblich in besonders schwerer Weise oder arglistig verletzt. Dies kann insbesondere<br />
in Betracht kommen, wenn ein beauftragtes Unternehmen oder Nachunternehmen<br />
mit seinen Arbeitnehmern vereinbart, dass der Arbeitnehmer sich zur Befriedigung<br />
seiner Ansprüche auf Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s direkt an den Auftraggeber halten<br />
soll, weil der eigentliche Arbeitgeber nicht zahlen will oder kann.<br />
Keine Anwendbarkeit von<br />
Ausschlussfristen<br />
Dreijährige Verjährungsfrist<br />
Unzulässige Rechtsausübung<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
42
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
6. Denkbare Maßnahmen zur Risikosenkung<br />
a) Bei Auswahl des Auftragnehmers<br />
Grundsätzlich ist jedem Unternehmen zu empfehlen, im Rahmen der Auftragsvergabe<br />
besondere Sorgfalt walten zu lassen. Dies betrifft zuallererst und insbesondere die<br />
Auswahl des Auftragnehmers. Die kritische Prüfung der Angebotskalkulation unter<br />
dem Gesichtspunkt, ob der angebotene Preis unter Berücksichtigung einer angemessenen<br />
Gewinnspanne tatsächlich den <strong>Mindestlohn</strong> für die kalkulierten Arbeitsstunden<br />
abdecken kann (Plausibilitätsprüfung), kann insoweit einen ersten Schritt bilden. Dies<br />
setzt das Vorliegen einer transparent und nachvollziehbar gestalteten Preiskalkulation<br />
voraus, die sich vorlegen zu lassen empfehlenswert ist. Daneben kann auch die<br />
realistische Einschätzung des Insolvenzrisikos eines Vertragspartners einen weiteren<br />
Anhaltspunkt für eine Abschätzung des eigenen Haftungsrisikos verschaffen. Denn<br />
insbesondere die Insolvenz eines beauftragten Unternehmens kann die Haftung des<br />
Auftraggebers auf den <strong>Mindestlohn</strong> auslösen.<br />
b) Bei Vertragsgestaltung und bei Durchführung des Vertrages<br />
In Betracht kommt zudem auch, sich mit dem Auftragnehmer über die Stellung von<br />
Sicherheiten in Form von Bürgschaften oder Bareinbehalten zu verständigen. Insoweit<br />
ist jedoch zu beachten, dass solche vertragliche Regelungen lediglich im Innenverhältnis<br />
einen angemessen Schutz bieten, die Inanspruchnahme durch fremde Arbeitnehmer<br />
jedoch nicht ausschließen können.<br />
Als weitere Möglichkeiten zur Senkung des Haftungsrisikos sind daneben Vereinbarungen<br />
denkbar, nach denen der Auftragnehmer nur mit ausdrücklicher Zustimmung<br />
des Auftraggebers Dritte (Nachunternehmer oder Zeitarbeitnehmer) einsetzen darf.<br />
Möglich sind auch die Vereinbarung eines Schadensersatzes oder einer Vertragsstrafe<br />
für den Fall, dass der Auftragnehmer oder Nachunternehmer seiner Verpflichtung zur<br />
Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s nicht nachkommt.<br />
Denkbar ist ferner, dass sich der Auftragnehmer ein Kündigungsrecht der Vertragsbeziehungen<br />
vorbehält, für den Fall der Zuwiderhandlungen des Auftragnehmers oder<br />
eines von ihm beauftragten Dritten gegen die Verpflichtung zur Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />
oder gegen vertragliche Vereinbarungen, wie z.B. dem unzulässigen Einsatz von<br />
Dritten.<br />
Auch sind Regelungen denkbar, die den Auftragnehmer verpflichten, regelmäßig<br />
entsprechende Nachweise über die Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s zu erbringen. Die Realisierung<br />
dieser Kontrollmöglichkeit dürfte jedoch im Hinblick auf datenschutzrechtliche<br />
Regelungen, insbesondere bezüglich eines Zugriffsrechtes auf Personalakten,<br />
eher begrenzt sein.<br />
Dagegen sind der vertragliche Ausschluss der Bürgenhaftung zwischen Auftraggeber<br />
und Auftragnehmer ebenso wenig möglich, wie eine Verzichtserklärung der Arbeitnehmer<br />
des Auftragnehmers.<br />
Mögliche Formulierungsvorschläge für die soeben angesprochenen Regelungsinhalte<br />
finden sich in Anlage 1.<br />
Eingehende Prüfung des<br />
Vertragspartners<br />
Vereinbarung von Sicherheiten<br />
Zustimmungspflichten,<br />
Schadensersatz- und<br />
Vertragsstrafenklauseln<br />
Sonderkündigungsrecht<br />
Nachweispflichten<br />
Haftungsausschluss und<br />
Verzicht nicht möglich<br />
Formulierungsvorschläge<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
43
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
X. Kontrolle und Durchsetzung des MiLoG<br />
Gemäß § 14 MiLoG sind die Behörden der Zollverwaltung (konkret die Finanzkontrolle<br />
Schwarzarbeit = FKS) für die Überprüfung der Einhaltung der Pflichten aus dem<br />
MiLoG zuständig und zugleich, nach § 21 Abs. 4 MiLoG Verwaltungsbehörden nach<br />
dem Ordnungswidrigkeitengesetz.<br />
Dabei stehen der Zollverwaltung umfangreiche Rechte zu. So sind Außenprüfungen<br />
vor Ort ohne vorherige Ankündigung möglich. Diese können sowohl auf Grund von<br />
Hinweisen, die beispielsweise über die <strong>Mindestlohn</strong>-Hotline an den Zoll weitergegeben<br />
werden können oder sogar gänzlich verdachtsunabhängig erfolgen.<br />
Zollverwaltung<br />
Befugnisse der Zollverwaltung<br />
Die (z.T. uniformierten und bewaffneten) Beamten haben insoweit das Recht, Geschäftsräume<br />
und Grundstücke von Arbeitgebern, Auftraggebern und Entleihern<br />
während der Arbeitszeit zu betreten und dort Einsicht in Lohnunterlagen, Bücher und<br />
andere Geschäftsunterlagen zu nehmen. Auch dürfen Auskünfte von Arbeitnehmern<br />
eingeholt werden und deren Identität festgestellt werden.<br />
Das Recht zur Durchsuchung (Öffnen von Schränken, Aufhebeln von Türen o.Ä.) steht<br />
den Beamten dagegen nicht zu.<br />
Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben insoweit gemäß § 15 MiLoG i.V.m. § 5<br />
SchwarzArbG Duldungs- und Mitwirkungspflichten. So müssen Unterlagen, wie z.B.<br />
Arbeitsverträge, Lohnlisten, Urlaubspläne, Arbeitszeitnachweise u.a. vorgelegt werden<br />
und Auskünfte erteilt werden.<br />
Ein Auskunftsverweigerungsrecht besteht, wenn sich die Personen selbst oder Angehörige<br />
belasten würden. Die Mitwirkungspflichten enden, wenn ein Ordnungswidrigkeitenverfahren<br />
eingeleitet wird. Sie werden dann durch strafrechtliche Vorschriften<br />
ersetzt.<br />
Daneben werden auch die Arbeitsgerichte für Arbeitssachen mit Streitfällen um Praktikanten<br />
oder der Frage befasst sein, ob der klagende Arbeitnehmer gegen seinen<br />
Arbeitgeber einen Anspruch aus dem MiLoG hat.<br />
Schließlich können auch Sozialversicherungsträger, z. B. im Rahmen von Betriebsprüfungen,<br />
die Einhaltung der Pflichten aus dem MiLoG prüfen. Dies könnte insbesondere<br />
bei Praktikanten hinsichtlich der Frage relevant sein, ob ein Anspruch auf – ggf.<br />
sozialversicherungspflichtigen – <strong>Mindestlohn</strong> bestand, aber nicht erfüllt wurde.<br />
Arbeitsgerichte<br />
Sozialversicherungsträger<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
44
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
XI.<br />
Folgen bei Verstößen gegen das MiLoG<br />
Bei Zuwiderhandlungen gegen das MiLoG sind insbesondere Bußgelder als Sanktion<br />
vorgesehen. Ein umfangreicher Ordnungswidrigkeitenkatalog findet sich in § 21 Mi-<br />
LoG.<br />
1. Bußgeldvorschriften<br />
Der Katalog des § 21 MiLoG gliedert sich in verschiedene Kategorien von Verstößen<br />
gegen das MiLoG.<br />
a) Nichtzahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />
Ordnungswidrig handelt nach dem MiLoG, wer vorsätzlich oder fahrlässig den <strong>Mindestlohn</strong><br />
nicht oder nicht rechtzeitig zahlt. Eine solche Ordnungswidrigkeit kann mit<br />
einer Geldbuße in Höhe von bis zu 500.000 € sanktioniert werden.<br />
Dies gilt auch für Unternehmer, die Werk- oder Dienstleistungen in erheblichem Umfang<br />
ausführen lassen, indem sie einen anderen Unternehmer beauftragen, von dem<br />
sie wissen oder fahrlässig nicht wissen,<br />
Bußgeld auch für Verstöße<br />
von Nachunternehmern<br />
<br />
<br />
dass dieser den <strong>Mindestlohn</strong> nicht oder nicht rechtzeitig zahlt oder<br />
einen Nachunternehmer einsetzt, der den <strong>Mindestlohn</strong> nicht oder nicht<br />
rechtzeitig zahlt.<br />
b) Fehlende Zusammenarbeit mit den Behörden<br />
Das MiLoG sanktioniert daneben z.B. auch Handlungen, die es den zuständigen Behörden<br />
erschwert, die Einhaltung der Vorschriften des MiLoG zu prüfen. So wird beispielsweise<br />
als Ordnungswidrigkeit geahndet, wer eine Prüfung nicht duldet oder<br />
nicht mitwirkt oder etwa das Betreten eines Grundstücks oder Geschäftsraums nicht<br />
duldet.<br />
Mangelnde Kooperation als<br />
Ordnungswidrigkeit<br />
Als Sanktion sieht das MiLoG für solche Verstöße Bußgelder in Höhe von bis zu<br />
30.000 € vor.<br />
c) Nichteinhaltung der Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht<br />
Ebenfalls mit einer Geldbuße von bis zu 30.000 € können Verstöße gegen die Pflicht<br />
zur ordnungsgemäßen Aufzeichnung der Arbeitszeit beim Einsatz geringfügig Beschäftigter<br />
oder von Arbeitnehmern aus den in § 2a SchwarzArbG genannten Wirtschaftszweigen<br />
belegt werden.<br />
Wer die mindestens zweijährige Aufbewahrungspflicht der Dokumente nicht einhält,<br />
handelt ebenso ordnungswidrig. Auch in diesen Fällen kann eine Geldbuße von bis zu<br />
30.000 € verhängt werden.<br />
d) Bußgeldvorschriften außerhalb des MiLoG<br />
Die Bußgeldvorschriften des MiLoG werden ergänzt durch Vorschriften des Ordnungswidrigkeitengesetzes<br />
(OWiG). Über die dortigen § 9 i.V.m. § 130 OWiG können<br />
neben der Sanktion gegen den Handelnden selbst auch gegen die Gesellschaft Geldbußen<br />
auf Grund von Ordnungswidrigkeiten der z.B. vertretungsberechtigten Organe<br />
bei juristischen Personen verhängt werden.<br />
Ergänzende Anwendbarkeit<br />
des OWiG<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
45
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
2. Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge<br />
Wurde ein Unternehmen wegen eines konkreten Verstoßes gegen das MiLoG nach §<br />
21 mit einer Geldbuße von mindestens 2.500 € sanktioniert, soll es gemäß § 19 MiLoG<br />
von der Teilnahme an einer Vergabe öffentlicher Aufträge für eine angemessene Zeit<br />
bis zur nachgewiesenen Wiederherstellung seiner Zuverlässigkeit ausgeschlossen<br />
werden.<br />
3. Unterrichtung anderer Behörden<br />
Die Zollbehörden sind gemäß § 15 MiLoG i.V.m. §§ 6,2 SchwarzArbG zur Übermittlung<br />
von Daten und Ergebnissen an andere Behörden oder Stellen sowie zum gegenseitigen<br />
Informationsaustausch und zur Zusammenarbeit mit diesen verpflichtet. Dazu<br />
zählen insbesondere:<br />
Informationsfluss an andere<br />
Behörden und Stellen<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Finanzbehörden<br />
Bundesagentur für Arbeit<br />
Rentenversicherungsträger<br />
Unfallversicherungsträger<br />
Sozialhilfeträger<br />
Krankenkassen<br />
Arbeitsschutzbehörden<br />
Ausländerbehörden<br />
4. Vorenthaltung von Arbeitsentgelt<br />
Konsequenz dieser Unterrichtungspflicht gegenüber anderen Behörden kann u.U.<br />
auch die Einleitung eines Strafverfahrens gemäß § 266 a Strafgesetzbuch sein, da das<br />
Vorenthalten von Beiträgen zur Sozialversicherung unter Strafe (Geld- oder Freiheitsstrafe)<br />
gestellt ist.<br />
Strafbarkeit<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
46
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
XII. Anlagen<br />
Anlage 1<br />
Auftraggeberhaftung – Klauseln für Werk- oder Dienstverträge<br />
1. Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />
Der Auftragnehmer sichert zu, seinen Arbeitnehmern die gesetzlich vorgeschriebenen<br />
Arbeitsbedingungen, insbesondere den jeweils gültigen <strong>Mindestlohn</strong>, zu gewähren.<br />
2. Einsatz von Dritten (Nachunternehmer, Zeitarbeit)<br />
Der Auftragnehmer ist nicht/nur nach ausdrücklicher Zustimmung des Auftraggebers<br />
berechtigt, zur Erfüllung des Auftrages Dritte (Nachunternehmer oder Zeitarbeit)<br />
einzusetzen. Der Auftragnehmer hat entsprechende Dritte auf ihre Zuverlässigkeit zu<br />
prüfen und diese zur Einhaltung der gesetzlichen Mindestarbeitsbedingungen anzuhalten.<br />
3. Aufzeichnungspflicht<br />
Ferner sichert der Auftragnehmer zu, für eine ordnungsgemäße Aufzeichnung der<br />
Arbeitszeit seiner Arbeitnehmer sowie der von Dritten im Rahmen des Auftrages eingesetzten<br />
Arbeitnehmer Sorge zu tragen.<br />
4. Vorlage von Nachweisen, Zurückbehaltungsrecht<br />
Der Auftraggeber ist berechtigt, über die Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s und die Aufzeichnung<br />
der Arbeitszeit aller zur Erfüllung des Auftrages eingesetzten Arbeitnehmer<br />
(des Auftragnehmers oder eines von diesem eingesetzten Dritten) jederzeit geeignete<br />
aktuelle Nachweise (z.B. Vorlage von Kalkulationen, Stundennachweisen,<br />
Lohnabrechnungen, Mitarbeiterlisten) von dem Auftragnehmer zu verlangen.<br />
Im Falle der Nichtvorlage dieser Nachweise ist der Auftraggeber berechtigt, fällige<br />
Zahlungen bis zur Vorlage einzubehalten.<br />
5. Haftungsfreistellung<br />
Der Auftragnehmer stellt den Auftraggeber von sämtlichen Ansprüchen einer Arbeitnehmer<br />
sowie von ihm veranlasst eingesetzter Arbeitnehmer Dritter (Nachunternehmer,<br />
Zeitarbeit) auf Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>es frei.<br />
Der Auftraggeber ist berechtigt, entsprechende Beträge von der vereinbarten Vergütung<br />
einzubehalten.<br />
6. Kündigungsrecht und Kosten<br />
Im Fall der Zuwiderhandlung des Auftragnehmers oder eines von ihm zur Erfüllung<br />
des Vertrages eingesetzten Dritten gegen die Verpflichtung zur Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s,<br />
dem unzulässigen Einsatz von Dritten oder der Nichtvorlage geforderter Nachweise<br />
innerhalb einer vom Auftraggeber gesetzten, angemessenen Frist ist der Auftraggeber<br />
berechtigt, den Vertrag fristlos zu kündigen.<br />
Im Fall einer solchen fristlosen Kündigung ist der Auftraggeber berechtigt, den noch<br />
nicht vollendeten Teil der Leistung zu Lasten des Auftragnehmers durch einen Dritten<br />
ausführen zu lassen.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
47
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
7. Schadensersatz, Einbehalt der Vergütung<br />
Darüber hinaus haftet der Auftragnehmer gegenüber dem Auftraggeber für alle<br />
Schäden, die aus einer Nichtzahlung des <strong>Mindestlohn</strong>es durch den Auftraggeber oder<br />
von ihm zur Erfüllung des Auftrages eingesetzter Dritter sowie der Nichtvorlage von<br />
geschuldeten Nachweisen entstehen.<br />
Der Auftragnehmer hat dem Auftraggeber ferner alle notwendigen außergerichtlichen<br />
und gerichtlichen Rechtsverteidigungs- und Rechtsverfolgungskosten zu ersetzen,<br />
die der Auftraggeber aufwenden muss, um sich gegen die Inanspruchnahme<br />
durch Arbeitnehmer des Auftraggebers oder von diesem eingesetzter Dritter nach<br />
dem <strong>Mindestlohn</strong>gesetz zur Wehr zu setzen, ihre Folgen abzuwenden oder Ersatzansprüche<br />
geltend zu machen.<br />
Der Auftraggeber ist berechtigt, entsprechende Beträge von der vereinbarten Vergütung<br />
einzubehalten.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
48
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
Anlage 2 Gesetzestexte<br />
1. <strong>Mindestlohn</strong>gesetz - MiLoG<br />
Das G wurde als Art. 1 des G v. 11.08.<strong>2014</strong> I 1348 vom Bundestag mit der Mehrheit<br />
seiner Mitglieder und der Zustimmung des Bundesrates beschlossen. Es tritt gem. Art.<br />
15 Abs. 1 am 16.08.<strong>2014</strong> in Kraft. § 24 tritt gem. Art. 15 Abs. 2 mit Ablauf des<br />
31.12.2017 außer Kraft.<br />
Abschnitt 1<br />
Festsetzung des allgemeinen <strong>Mindestlohn</strong>s<br />
Unterabschnitt 1<br />
Inhalt des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />
§ 1 <strong>Mindestlohn</strong><br />
(1) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf Zahlung eines<br />
Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des <strong>Mindestlohn</strong>s durch den Arbeitgeber.<br />
(2) Die Höhe des <strong>Mindestlohn</strong>s beträgt ab dem 1. Januar 2015 brutto 8,50 Euro je Zeitstunde.<br />
Die Höhe des <strong>Mindestlohn</strong>s kann auf Vorschlag einer ständigen Kommission<br />
der Tarifpartner (<strong>Mindestlohn</strong>kommission) durch Rechtsverordnung der Bundesregierung<br />
geändert werden.<br />
(3) Die Regelungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes<br />
und der auf ihrer Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen gehen<br />
den Regelungen dieses Gesetzes vor, soweit die Höhe der auf ihrer Grundlage festgesetzten<br />
Branchenmindestlöhne die Höhe des <strong>Mindestlohn</strong>s nicht unterschreitet. Der<br />
Vorrang nach Satz 1 gilt entsprechend für einen auf der Grundlage von § 5 des Tarifvertragsgesetzes<br />
für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag im Sinne von § 4<br />
Absatz 1 Nummer 1 sowie §§ 5 und 6 Absatz 2 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes.<br />
§ 2 Fälligkeit des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />
(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer den<br />
<strong>Mindestlohn</strong><br />
1. zum Zeitpunkt der vereinbarten Fälligkeit,<br />
2. spätestens am letzten Bankarbeitstag (Frankfurt am Main) des Monats, der auf<br />
den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde,<br />
zu zahlen. Für den Fall, dass keine Vereinbarung über die Fälligkeit getroffen worden<br />
ist, bleibt § 614 des Bürgerlichen Gesetzbuchs unberührt.<br />
(2) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern<br />
die über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehenden und auf einem schriftlich<br />
vereinbarten Arbeitszeitkonto eingestellten Arbeitsstunden spätestens innerhalb<br />
von zwölf Kalendermonaten nach ihrer monatlichen Erfassung durch bezahlte Freizeitgewährung<br />
oder Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s auszugleichen, soweit der Anspruch<br />
auf den <strong>Mindestlohn</strong> für die geleisteten Arbeitsstunden nach § 1 Absatz 1 nicht bereits<br />
durch Zahlung des verstetigten Arbeitsentgelts erfüllt ist. Im Falle der Beendigung des<br />
Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitgeber nicht ausgeglichene Arbeitsstunden spätestens<br />
in dem auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses folgenden Kalendermonat<br />
auszugleichen. Die auf das Arbeitszeitkonto eingestellten Arbeitsstunden dürfen monatlich<br />
jeweils 50 Prozent der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit nicht übersteigen.<br />
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für Wertguthabenvereinbarungen im Sinne des<br />
Vierten Buches Sozialgesetzbuch. Satz 1 gilt entsprechend für eine im Hinblick auf<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
49
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vergleichbare ausländische<br />
Regelung.<br />
§ 3 Unabdingbarkeit des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />
Vereinbarungen, die den Anspruch auf <strong>Mindestlohn</strong> unterschreiten oder seine Geltendmachung<br />
beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Die Arbeitnehmerin<br />
oder der Arbeitnehmer kann auf den entstandenen Anspruch nach § 1 Absatz<br />
1 nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen.<br />
Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen.<br />
Unterabschnitt 2<br />
<strong>Mindestlohn</strong>kommission<br />
§ 4 Aufgabe und Zusammensetzung<br />
(1) Die Bundesregierung errichtet eine ständige <strong>Mindestlohn</strong>kommission, die über die<br />
Anpassung der Höhe des <strong>Mindestlohn</strong>s befindet.<br />
(2) Die <strong>Mindestlohn</strong>kommission wird alle fünf Jahre neu berufen. Sie besteht aus einer<br />
oder einem Vorsitzen-den, sechs weiteren stimmberechtigten ständigen Mitgliedern<br />
und zwei Mitgliedern aus Kreisen der Wissenschaft ohne Stimmrecht (beratende Mitglieder).<br />
§ 5 Stimmberechtigte Mitglieder<br />
(1) Die Bundesregierung beruft je drei stimmberechtigte Mitglieder auf Vorschlag der<br />
Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer aus Kreisen der Vereinigungen<br />
von Arbeitgebern und Gewerkschaften. Die Spitzenorganisationen der Arbeitgeber<br />
und Arbeitnehmer sollen jeweils mindestens eine Frau und einen Mann als<br />
stimmberechtigte Mitglieder vorschlagen. Werden auf Arbeitgeber- oder auf Arbeitnehmerseite<br />
von den Spitzenorganisationen mehr als drei Personen vorgeschlagen,<br />
erfolgt die Auswahl zwischen den Vorschlägen im Verhältnis zur Bedeutung der jeweiligen<br />
Spitzenorganisationen für die Vertretung der Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerinteressen<br />
im Arbeitsleben des Bundesgebietes. Übt eine Seite ihr Vorschlagsrecht<br />
nicht aus, werden die Mitglieder dieser Seite durch die Bundesregierung aus Kreisen<br />
der Vereinigungen von Arbeitgebern oder Gewerkschaften berufen.<br />
(2) Scheidet ein Mitglied aus, wird nach Maßgabe des Absatzes 1 Satz 1 und 4 ein<br />
neues Mitglied berufen.<br />
§ 6 Vorsitz<br />
(1) Die Bundesregierung beruft die Vorsitzende oder den Vorsitzenden auf gemeinsamen<br />
Vorschlag der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer.<br />
(2) Wird von den Spitzenorganisationen kein gemeinsamer Vorschlag unterbreitet,<br />
beruft die Bundesregierung jeweils eine Vorsitzende oder einen Vorsitzenden auf<br />
Vorschlag der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer. Der<br />
Vorsitz wechselt zwischen den Vorsitzenden nach jeder Beschlussfassung nach § 9.<br />
Über den erstmaligen Vorsitz entscheidet das Los. § 5 Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.<br />
(3) Scheidet die Vorsitzende oder der Vorsitzende aus, wird nach Maßgabe der Absätze<br />
1 und 2 eine neue Vorsitzende oder ein neuer Vorsitzender berufen.<br />
§ 7 Beratende Mitglieder<br />
(1) Die Bundesregierung beruft auf Vorschlag der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber<br />
und Arbeitnehmer zusätzlich je ein beratendes Mitglied aus Kreisen der Wissenschaft.<br />
Die Bundesregierung soll darauf hinwirken, dass die Spitzenorganisationen der<br />
Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Frau und einen Mann als beratendes Mitglied<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
50
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
vorschlagen. Das beratende Mitglied soll in keinem Beschäftigungsverhältnis stehen<br />
zu<br />
1. einer Spitzenorganisation der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer,<br />
2. einer Vereinigung der Arbeitgeber oder einer Gewerkschaft oder<br />
3. einer Einrichtung, die von den in der Nummer 1 oder Nummer 2 genannten Vereinigungen<br />
getragen wird. § 5 Absatz 1 Satz 3 und 4 und Absatz 2 gilt entsprechend.<br />
(2) Die beratenden Mitglieder unterstützen die <strong>Mindestlohn</strong>kommission insbesondere<br />
bei der Prüfung nach § 9 Absatz 2 durch die Einbringung wissenschaftlichen Sachverstands.<br />
Sie haben das Recht, an den Beratungen der <strong>Mindestlohn</strong>kommission teilzunehmen.<br />
§ 8 Rechtsstellung der Mitglieder<br />
(1) Die Mitglieder der <strong>Mindestlohn</strong>kommission unterliegen bei der Wahrnehmung<br />
ihrer Tätigkeit keinen Weisungen.<br />
(2) Die Tätigkeit der Mitglieder der <strong>Mindestlohn</strong>kommission ist ehrenamtlich.<br />
(3) Die Mitglieder der <strong>Mindestlohn</strong>kommission erhalten eine angemessene Entschädigung<br />
für den ihnen bei der Wahrnehmung ihrer Tätigkeit erwachsenden Verdienstausfall<br />
und Aufwand sowie Ersatz der Fahrtkosten entsprechend den für ehrenamtliche<br />
Richterinnen und Richter der Arbeitsgerichte geltenden Vorschriften. Die Entschädigung<br />
und die erstattungsfähigen Fahrtkosten setzt im Einzelfall die oder der Vorsitzende<br />
der <strong>Mindestlohn</strong>kommission fest.<br />
§ 9 Beschluss der <strong>Mindestlohn</strong>kommission<br />
(1) Die <strong>Mindestlohn</strong>kommission hat über eine Anpassung der Höhe des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />
erstmals bis zum 30. Juni 2016 mit Wirkung zum 1. Januar 2017 zu beschließen. Danach<br />
hat die <strong>Mindestlohn</strong>kommission alle zwei Jahre über Anpassungen der Höhe des<br />
<strong>Mindestlohn</strong>s zu beschließen.<br />
(2) Die <strong>Mindestlohn</strong>kommission prüft im Rahmen einer Gesamtabwägung, welche<br />
Höhe des <strong>Mindestlohn</strong>s geeignet ist, zu einem angemessenen Mindestschutz der<br />
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beizutragen, faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen<br />
zu ermöglichen sowie Beschäftigung nicht zu gefährden. Die<br />
<strong>Mindestlohn</strong>kommission orientiert sich bei der Festsetzung des <strong>Mindestlohn</strong>s nachlaufend<br />
an der Tarifentwicklung.<br />
(3) Die <strong>Mindestlohn</strong>kommission hat ihren Beschluss schriftlich zu begründen.<br />
(4) Die <strong>Mindestlohn</strong>kommission evaluiert laufend die Auswirkungen des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />
auf den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Wettbewerbsbedingungen<br />
und die Beschäftigung im Bezug auf bestimmte Branchen und Regionen sowie<br />
die Produktivität und stellt ihre Erkenntnisse der Bundesregierung in einem Bericht<br />
alle zwei Jahre gemeinsam mit ihrem Beschluss zur Verfügung.<br />
§ 10 Verfahren der <strong>Mindestlohn</strong>kommission<br />
(1) Die <strong>Mindestlohn</strong>kommission ist beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte ihrer<br />
stimmberechtigten Mitglieder anwesend ist.<br />
(2) Die Beschlüsse der <strong>Mindestlohn</strong>kommission werden mit einfacher Mehrheit der<br />
Stimmen der anwesenden Mitglieder gefasst. Bei der Beschlussfassung hat sich die<br />
oder der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten. Kommt eine Stimmenmehrheit<br />
nicht zustande, macht die oder der Vorsitzende einen Vermittlungsvorschlag.<br />
Kommt nach Beratung über den Vermittlungsvorschlag keine Stimmenmehrheit zustande,<br />
übt die oder der Vorsitzende ihr oder sein Stimmrecht aus.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
51
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
(3) Die <strong>Mindestlohn</strong>kommission kann Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und<br />
Arbeitnehmer, Vereinigungen von Arbeitgebern und Gewerkschaften, öffentlichrechtliche<br />
Religionsgesellschaften, Wohlfahrtsverbände, Verbände, die wirtschaftliche<br />
und soziale Interessen organisieren, sowie sonstige von der Anpassung des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />
Betroffene vor Beschlussfassung anhören. Sie kann Informationen und<br />
fachliche Einschätzungen von externen Stellen einholen.<br />
(4) Die Sitzungen der <strong>Mindestlohn</strong>kommission sind nicht öffentlich; der Inhalt ihrer<br />
Beratungen ist vertraulich. Die übrigen Verfahrensregelungen trifft die <strong>Mindestlohn</strong>kommission<br />
in einer Geschäftsordnung.<br />
§ 11 Rechtsverordnung<br />
(1) Die Bundesregierung kann die von der <strong>Mindestlohn</strong>kommission vorgeschlagene<br />
Anpassung des <strong>Mindestlohn</strong>s durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates<br />
für alle Arbeitgeber sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbindlich<br />
machen. Die Rechtsverordnung tritt am im Beschluss der <strong>Mindestlohn</strong>kommission<br />
bezeichneten Tag, frühestens aber am Tag nach Verkündung in Kraft. Die Rechtsverordnung<br />
gilt, bis sie durch eine neue Rechtsverordnung abgelöst wird.<br />
(2) Vor Erlass der Rechtsverordnung erhalten die Spitzenorganisationen der Arbeitgeber<br />
und Arbeitnehmer, die Vereinigungen von Arbeitgebern und Gewerkschaften, die<br />
öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften, die Wohlfahrtsverbände sowie die<br />
Verbände, die wirtschaftliche und soziale Interessen organisieren, Gelegenheit zur<br />
schriftlichen Stellungnahme. Die Frist zur Stellungnahme beträgt drei Wochen; sie<br />
beginnt mit der Bekanntmachung des Verordnungsentwurfs.<br />
§ 12 Geschäfts- und Informationsstelle für den <strong>Mindestlohn</strong>; Kostenträgerschaft<br />
(1) Die <strong>Mindestlohn</strong>kommission wird bei der Durchführung ihrer Aufgaben von einer<br />
Geschäftsstelle unter-stützt. Die Geschäftsstelle untersteht insoweit fachlich der oder<br />
dem Vorsitzenden der <strong>Mindestlohn</strong>kommission.<br />
(2) Die Geschäftsstelle wird bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin<br />
als selbständige Organisationeinheit eingerichtet.<br />
(3) Die Geschäftsstelle informiert und berät als Informationsstelle für den <strong>Mindestlohn</strong><br />
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Unternehmen zum Thema <strong>Mindestlohn</strong>.<br />
(4) Die durch die Tätigkeit der <strong>Mindestlohn</strong>kommission und der Geschäftsstelle anfallenden<br />
Kosten trägt der Bund.<br />
Abschnitt 2<br />
Zivilrechtliche Durchsetzung<br />
§ 13 Haftung des Auftraggebers<br />
§ 14 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes findet entsprechende Anwendung.<br />
Abschnitt 3<br />
Kontrolle und Durchsetzung durch staatliche Behörden<br />
§ 14 Zuständigkeit<br />
Für die Prüfung der Einhaltung der Pflichten eines Arbeitgebers nach § 20 sind die<br />
Behörden der Zollverwaltung zuständig.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
52
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
§ 15 Befugnisse der Behörden der Zollverwaltung und anderer Behörden; Mitwirkungspflichten<br />
des Arbeitgebers<br />
Die §§ 2 bis 6, 14, 15, 20, 22 und 23 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes sind<br />
entsprechend anzuwenden mit der Maßgabe, dass<br />
1. die dort genannten Behörden auch Einsicht in Arbeitsverträge, Niederschriften<br />
nach § 2 des Nachweisgesetzes und andere Geschäftsunterlagen nehmen können, die<br />
mittelbar oder unmittelbar Auskunft über die Einhaltung des <strong>Mindestlohn</strong>s nach § 20<br />
geben, und<br />
2. die nach § 5 Absatz 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes zur Mitwirkung<br />
Verpflichteten diese Unterlagen vorzulegen haben.<br />
§ 6 Absatz 3 sowie die §§ 16 bis 19 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes finden<br />
entsprechende Anwendung.<br />
§ 16 Meldepflicht<br />
(1) Ein Arbeitgeber mit Sitz im Ausland, der eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer<br />
oder mehrere Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer in den in § 2a des<br />
Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen<br />
im Anwendungsbereich dieses Gesetzes beschäftigt, ist verpflichtet,<br />
vor Beginn jeder Werk- oder Dienstleistung eine schriftliche Anmeldung in deutscher<br />
Sprache bei der zuständigen Behörde der Zollverwaltung nach Absatz 6 vorzulegen,<br />
die die für die Prüfung wesentlichen Angaben enthält. Wesentlich sind die Angaben<br />
über<br />
1. den Familiennamen, den Vornamen und das Geburtsdatum der von ihm im Geltungsbereich<br />
dieses Gesetzes beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,<br />
2. den Beginn und die voraussichtliche Dauer der Beschäftigung,<br />
3. den Ort der Beschäftigung,<br />
4. den Ort im Inland, an dem die nach § 17 erforderlichen Unterlagen bereitgehalten<br />
werden,<br />
5. den Familiennamen, den Vornamen, das Geburtsdatum und die Anschrift in<br />
Deutschland der oder des verantwortlich Handelnden und<br />
6. den Familiennamen, den Vornamen und die Anschrift in Deutschland einer oder<br />
eines Zustellungsbevollmächtigten, soweit diese oder dieser nicht mit der oder dem in<br />
Nummer 5 genannten verantwortlich Handelnden identisch ist.<br />
Änderungen bezüglich dieser Angaben hat der Arbeitgeber im Sinne des Satzes 1<br />
unverzüglich zu melden.<br />
(2) Der Arbeitgeber hat der Anmeldung eine Versicherung beizufügen, dass er die<br />
Verpflichtungen nach § 20 einhält.<br />
(3) Überlässt ein Verleiher mit Sitz im Ausland eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer<br />
oder mehrere Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung<br />
einem Entleiher, hat der Entleiher in den in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes<br />
genannten Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen unter den Voraussetzungen<br />
des Absatzes 1 Satz 1 vor Beginn jeder Werk- oder Dienstleistung der zuständigen<br />
Behörde der Zollverwaltung eine schriftliche Anmeldung in deutscher Sprache<br />
mit folgenden Angaben zuzuleiten:<br />
1. den Familiennamen, den Vornamen und das Geburtsdatum der überlassenen Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer,<br />
2. den Beginn und die Dauer der Überlassung,<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
53
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
3. den Ort der Beschäftigung,<br />
4. den Ort im Inland, an dem die nach § 17 erforderlichen Unterlagen bereitgehalten<br />
werden,<br />
5. den Familiennamen, den Vornamen und die Anschrift in Deutschland einer oder<br />
eines Zustellungsbevollmächtigten des Verleihers,<br />
6. den Familiennamen, den Vornamen oder die Firma sowie die Anschrift des Verleihers.<br />
Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.<br />
(4) Der Entleiher hat der Anmeldung eine Versicherung des Verleihers beizufügen,<br />
dass dieser die Verpflichtungen nach § 20 einhält.<br />
(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung im Einvernehmen<br />
mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales ohne Zustimmung des<br />
Bundesrates bestimmen,<br />
1. dass, auf welche Weise und unter welchen technischen und organisatorischen<br />
Voraussetzungen eine Anmeldung, eine Änderungsmeldung und die Versicherung<br />
abweichend von Absatz 1 Satz 1 und 3, Absatz 2 und 3 Satz 1 und 2 und Absatz 4 elektronisch<br />
übermittelt werden kann,<br />
2. unter welchen Voraussetzungen eine Änderungsmeldung ausnahmsweise entfallen<br />
kann, und<br />
3. wie das Meldeverfahren vereinfacht oder abgewandelt werden kann, sofern die<br />
entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Rahmen einer regelmäßig wiederkehrenden<br />
Werk- oder Dienstleistung eingesetzt werden oder sonstige Besonderheiten<br />
der zu erbringenden Werk- oder Dienstleistungen dies erfordern.<br />
(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung<br />
des Bundesrates die zuständige Behörde nach Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3<br />
Satz 1 bestimmen.<br />
§ 17 Erstellen und Bereithalten von Dokumenten<br />
(1) Ein Arbeitgeber, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach § 8 Absatz 1 des<br />
Vierten Buches Sozialgesetzbuch oder in den in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes<br />
genannten Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen beschäftigt,<br />
ist verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit dieser Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung<br />
folgenden Kalendertages aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen<br />
mindestens zwei Jahre beginnend ab dem für die Aufzeichnung maßgeblichen Zeitpunkt<br />
aufzubewahren. Satz 1 gilt entsprechend für einen Entleiher, dem ein Verleiher<br />
eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer oder mehrere Arbeitnehmerinnen oder<br />
Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung in einem der in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes<br />
genannten Wirtschaftszweiges überlässt. Satz 1 gilt nicht für Beschäftigungsverhältnisse<br />
nach § 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch.<br />
(2) Arbeitgeber im Sinne des Absatzes 1 haben die für die Kontrolle der Einhaltung der<br />
Verpflichtungen nach § 20 in Verbindung mit § 2 erforderlichen Unterlagen im Inland<br />
in deutscher Sprache für die gesamte Dauer der tatsächlichen Beschäftigung der Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer im Geltungsbereich dieses Gesetzes, mindestens<br />
für die Dauer der gesamten Werk- oder Dienstleistung, insgesamt jedoch nicht länger<br />
als zwei Jahre, bereitzuhalten. Auf Verlangen der Prüfbehörde sind die Unterlagen<br />
auch am Ort der Beschäftigung bereitzuhalten.<br />
(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann durch Rechtsverordnung<br />
ohne Zustimmung des Bundesrates die Verpflichtungen des Arbeitgebers oder eines<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
54
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
Entleihers nach § 16 und den Absätzen 1 und 2 hinsichtlich bestimmter Gruppen von<br />
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern oder der Wirtschaftsbereiche oder den Wirtschaftszweigen<br />
einschränken oder erweitern.<br />
(4) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung im Einvernehmen<br />
mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales ohne Zustimmung des<br />
Bundesrates bestimmen, wie die Verpflichtung des Arbeitgebers, die tägliche Arbeitszeit<br />
bei ihm beschäftigter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufzuzeichnen und<br />
diese Aufzeichnungen aufzubewahren, vereinfacht oder abgewandelt werden kann,<br />
sofern Besonderheiten der zu erbringenden Werk- oder Dienstleistungen oder Besonderheiten<br />
des jeweiligen Wirtschaftsbereiches oder Wirtschaftszweiges dies erfordern.<br />
§ 18 Zusammenarbeit der in- und ausländischen Behörden<br />
(1) Die Behörden der Zollverwaltung unterrichten die zuständigen örtlichen Landesfinanzbehörden<br />
über Meldungen nach § 16 Absatz 1 und 3.<br />
(2) Die Behörden der Zollverwaltung und die übrigen in § 2 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes<br />
genannten Behörden dürfen nach Maßgabe der datenschutzrechtlichen<br />
Vorschriften auch mit Behörden anderer Vertragsstaaten des Abkommens<br />
über den Europäischen Wirtschaftsraum zusammenarbeiten, die diesem Gesetz entsprechende<br />
Aufgaben durchführen oder für die Bekämpfung illegaler Beschäftigung<br />
zuständig sind oder Auskünfte geben können, ob ein Arbeitgeber seine Verpflichtungen<br />
nach § 20 erfüllt. Die Regelungen über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen<br />
bleiben hiervon unberührt.<br />
(3) Die Behörden der Zollverwaltung unterrichten das Gewerbezentralregister über<br />
rechtskräftige Bußgeldentscheidungen nach § 21 Absatz 1 bis 3, sofern die Geldbuße<br />
mehr als zweihundert Euro beträgt.<br />
§ 19 Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge<br />
(1) Von der Teilnahme an einem Wettbewerb um einen Liefer-, Bau- oder Dienstleistungsauftrag<br />
der in § 98 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen genannten<br />
Auftraggeber sollen Bewerberinnen oder Bewerber für eine angemessene Zeit bis<br />
zur nachgewiesenen Wiederherstellung ihrer Zuverlässigkeit ausgeschlossen werden,<br />
die wegen eines Verstoßes nach § 21 mit einer Geldbuße von wenigstens zweitausendfünfhundert<br />
Euro belegt worden sind.<br />
(2) Die für die Verfolgung oder Ahndung der Ordnungswidrigkeiten nach § 21 zuständigen<br />
Behörden dürfen öffentlichen Auftraggebern nach § 98 Nummer 1 bis 3 und 5<br />
des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und solchen Stellen, die von öffentlichen<br />
Auftraggebern zugelassene Präqualifikationsverzeichnisse oder Unternehmer-<br />
und Lieferantenverzeichnisse führen, auf Verlangen die erforderlichen Auskünfte<br />
geben.<br />
(3) Öffentliche Auftraggeber nach Absatz 2 fordern im Rahmen ihrer Tätigkeit beim<br />
Gewerbezentralregister Auskünfte über rechtskräftige Bußgeldentscheidungen wegen<br />
einer Ordnungswidrigkeit nach § 21 Absatz 1 oder Absatz 2 an oder verlangen von<br />
Bewerberinnen oder Bewerbern eine Erklärung, dass die Voraussetzungen für einen<br />
Ausschluss nach Absatz 1 nicht vorliegen. Im Falle einer Erklärung der Bewerberin<br />
oder des Bewerbers können öffentliche Auftraggeber nach Absatz 2 jederzeit zusätzlich<br />
Auskünfte des Gewerbezentralregisters nach § 150a der Gewerbeordnung anfordern.<br />
(4) Bei Aufträgen ab einer Höhe von 30 000 Euro fordert der öffentliche Auftraggeber<br />
nach Absatz 2 für die Bewerberin oder den Bewerber, die oder der den Zuschlag erhalten<br />
soll, vor der Zuschlagserteilung eine Auskunft aus dem Gewerbezentralregister<br />
nach § 150a der Gewerbeordnung an.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
55
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
(5) Vor der Entscheidung über den Ausschluss ist die Bewerberin oder der Bewerber zu<br />
hören.<br />
§ 20 Pflichten des Arbeitgebers zur Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />
Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland sind verpflichtet, ihren im Inland beschäftigten<br />
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe<br />
des <strong>Mindestlohn</strong>s nach § 1 Absatz 2 spätestens zu dem in § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer<br />
2 genannten Zeitpunkt zu zahlen.<br />
§ 21 Bußgeldvorschriften<br />
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig<br />
1. entgegen § 15 Satz 1 in Verbindung mit § 5 Absatz 1 Satz 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes<br />
eine Prüfung nicht duldet oder bei einer Prüfung nicht mitwirkt,<br />
2. entgegen § 15 Satz 1 in Verbindung mit § 5 Absatz 1 Satz 2 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes<br />
das Betreten eines Grundstücks oder Geschäftsraums nicht duldet,<br />
3. entgegen § 15 Satz 1 in Verbindung mit § 5 Absatz 3 Satz 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes<br />
Daten nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen<br />
Weise oder nicht rechtzeitig übermittelt,<br />
4. entgegen § 16 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 3 Satz 1 eine Anmeldung nicht, nicht<br />
richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig<br />
vorlegt oder nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise<br />
oder nicht rechtzeitig zuleitet,<br />
5. entgegen § 16 Absatz 1 Satz 3, auch in Verbindung mit Absatz 3 Satz 2, eine Änderungsmeldung<br />
nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen<br />
Weise oder nicht rechtzeitig macht,<br />
6. entgegen § 16 Absatz 2 oder 4 eine Versicherung nicht, nicht richtig oder nicht<br />
rechtzeitig beifügt,<br />
7. entgegen § 17 Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, eine Aufzeichnung<br />
nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstellt oder nicht oder<br />
nicht mindestens zwei Jahre aufbewahrt,<br />
8. entgegen § 17 Absatz 2 eine Unterlage nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder<br />
nicht in der vorgeschriebenen Weise bereithält oder<br />
9. entgegen § 20 das dort genannte Arbeitsentgelt nicht oder nicht rechtzeitig zahlt.<br />
(2) Ordnungswidrig handelt, wer Werk- oder Dienstleistungen in erheblichem Umfang<br />
ausführen lässt, indem er als Unternehmer einen anderen Unternehmer beauftragt,<br />
von dem er weiß oder fahrlässig nicht weiß, dass dieser bei der Erfüllung dieses Auftrags<br />
1. entgegen § 20 das dort genannte Arbeitsentgelt nicht oder nicht rechtzeitig zahlt<br />
oder<br />
2. einen Nachunternehmer einsetzt oder zulässt, dass ein Nachunternehmer tätig<br />
wird, der entgegen § 20 das dort genannte Arbeitsentgelt nicht oder nicht rechtzeitig<br />
zahlt.<br />
(3) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 9 und des Absatzes<br />
2 mit einer Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro, in den übrigen Fällen mit<br />
einer Geldbuße bis zu dreißigtausend Euro geahndet werden.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
56
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
(4) Verwaltungsbehörden im Sinne des § 36 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über<br />
Ordnungswidrigkeiten sind die in § 14 genannten Behörden jeweils für ihren Geschäftsbereich.<br />
(5) Für die Vollstreckung zugunsten der Behörden des Bundes und der bundesunmittelbaren<br />
juristischen Personen des öffentlichen Rechts sowie für die Vollziehung des<br />
dinglichen Arrestes nach § 111d der Strafprozessordnung in Verbindung mit § 46 des<br />
Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten durch die in § 14 genannten Behörden gilt das<br />
Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes.<br />
Abschnitt 4<br />
Schlussvorschriften<br />
§ 22 Persönlicher Anwendungsbereich<br />
(1) Dieses Gesetz gilt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Praktikantinnen und<br />
Praktikanten im Sinne des § 26 des Berufsbildungsgesetzes gelten als Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes, es sei denn, dass sie<br />
1. ein Praktikum verpflichtend auf Grund einer schulrechtlichen Bestimmung, einer<br />
Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung oder im Rahmen einer<br />
Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie leisten,<br />
2. ein Praktikum von bis zu drei Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung<br />
oder für die Aufnahme eines Studiums leisten,<br />
3. ein Praktikum von bis zu drei Monaten begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung<br />
leisten, wenn nicht zuvor ein solches Praktikumsverhältnis mit demselben<br />
Ausbildenden bestanden hat, oder<br />
4. an einer Einstiegsqualifizierung nach § 54a des Dritten Buches Sozialgesetzbuch<br />
oder an einer Berufsausbildungsvorbereitung nach §§ 68 bis 70 des Berufsbildungsgesetzes<br />
teilnehmen.<br />
Praktikantin oder Praktikant ist unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses,<br />
wer sich nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses<br />
für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und<br />
Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche<br />
Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im<br />
Sinne des Berufsbildungsgesetzes oder um eine damit vergleichbare praktische Ausbildung<br />
handelt.<br />
(2) Personen im Sinne von § 2 Absatz 1 und 2 des Jugendarbeitsschutzgesetzes ohne<br />
abgeschlossene Berufsausbildung gelten nicht als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />
im Sinne dieses Gesetzes.<br />
(3) Von diesem Gesetz nicht geregelt wird die Vergütung von zu ihrer Berufsausbildung<br />
Beschäftigten sowie ehrenamtlich Tätigen.<br />
(4) Für Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die unmittelbar<br />
vor Beginn der Beschäftigung langzeitarbeitslos im Sinne des § 18 Absatz 1 des<br />
Dritten Buches Sozialgesetzbuch waren, gilt der <strong>Mindestlohn</strong> in den ersten sechs<br />
Monaten der Beschäftigung nicht. Die Bundesregierung hat den gesetzgebenden<br />
Körperschaften zum 1. Juni 2016 darüber zu berichten, inwieweit die Regelung nach<br />
Satz 1 die Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt gefördert<br />
hat, und eine Einschätzung darüber abzugeben, ob diese Regelung fortbestehen<br />
soll.<br />
§ 23 Evaluation<br />
Dieses Gesetz ist im Jahr 2020 zu evaluieren.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
57
Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
§ 24 Übergangsregelung<br />
(1) Bis zum 31. Dezember 2017 gehen abweichende Regelungen eines Tarifvertrages<br />
repräsentativer Tarifvertragsparteien dem <strong>Mindestlohn</strong> vor, wenn sie für alle unter<br />
den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitgeber mit Sitz im In- oder<br />
Ausland sowie deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbindlich gemacht<br />
worden sind; ab dem 1. Januar 2017 müssen abweichende Regelungen in diesem Sinne<br />
mindestens ein Entgelt von brutto 8,50 Euro je Zeitstunde vorsehen. Satz 1 gilt<br />
entsprechend für Rechtsverordnungen, die auf der Grundlage von § 11 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes<br />
sowie § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erlassen<br />
worden sind.<br />
(2) Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller haben ab dem 1. Januar 2015 einen<br />
Anspruch auf 75 Prozent und ab dem 1. Januar 2016 auf 85 Prozent des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />
nach § 1 Absatz 2 Satz 1. Vom 1. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2017 beträgt der<br />
<strong>Mindestlohn</strong> für Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller brutto 8,50 Euro je<br />
Zeitstunde. Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller im Sinne der Sätze 1 und 2<br />
sind Personen, die in einem Arbeitsverhältnis ausschließlich periodische Zeitungen<br />
oder Zeitschriften an Endkunden zustellen; dies umfasst auch Zustellerinnen und<br />
Zusteller von Anzeigenblättern mit redaktionellem Inhalt.<br />
2. Arbeitnehmer-Entsendegesetz – AEntG (Auszug )<br />
[…]<br />
Abschnitt 5<br />
Zivilrechtliche Durchsetzung<br />
§ 14 Haftung des Auftraggebers<br />
Ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder<br />
Dienstleistungen beauftragt, haftet für die Verpflichtungen dieses Unternehmers,<br />
eines Nachunternehmers oder eines von dem Unternehmer oder einem Nachunternehmer<br />
beauftragten Verleihers zur Zahlung des Mindestentgelts an Arbeitnehmer<br />
oder Arbeitnehmerinnen oder zur Zahlung von Beiträgen an eine gemeinsame Einrichtung<br />
der Tarifvertragsparteien nach § 8 wie ein Bürge, der auf die Einrede der<br />
Vorausklage verzichtet hat. Das Mindestentgelt im Sinne des Satzes 1 umfasst nur<br />
den Betrag, der nach Abzug der Steuern und der Beiträge zur Sozialversicherung und<br />
zur Arbeitsförderung oder entsprechender Aufwendungen zur sozialen Sicherung an<br />
Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen auszuzahlen ist (Nettoentgelt).<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
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Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />
3. <strong>Mindestlohn</strong>aufzeichnungsverordnung – MiLoAufzV (Entwurf)<br />
Verordnungsentwurf des Bundesministeriums der Finanzen<br />
Verordnung zur Abwandlung der Pflicht zur Arbeitszeitaufzeichnung nach dem<br />
<strong>Mindestlohn</strong>gesetz und dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz<br />
(<strong>Mindestlohn</strong>aufzeichnungsverordnung – MiLoAufzV)<br />
Auf Grund des § 17 Absatz 4 des <strong>Mindestlohn</strong>gesetzes vom 11. August <strong>2014</strong> (BGBl. I S.<br />
1348) und des § 19 Absatz 4 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, der durch Artikel 6<br />
des Gesetzes vom 11. August <strong>2014</strong> eingefügt worden ist (BGBl. I S. 1348) verordnet<br />
das Bundesministerium der Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundesministerium<br />
für Arbeit und Soziales:<br />
Vereinfachung und Abwandlung der Pflicht zur Arbeitszeitaufzeichnung<br />
§ 1 Vereinfachung und Abwandlung der Pflicht zur Arbeitszeitaufzeichnung<br />
(1) Abweichend von §§ 17 Absatz 1 Satz 1 des <strong>Mindestlohn</strong>gesetzes und 19 Absatz 1<br />
Satz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes genügt ein Arbeitgeber, soweit er Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer<br />
- mit ausschließlich mobilen Tätigkeiten beschäftigt,<br />
- diese keinen Vorgaben zur konkreten täglichen Arbeitszeit (Beginn und Ende)<br />
unterliegen und<br />
- sich ihre tägliche Arbeitszeit eigenverantwortlich einteilen,<br />
seiner Aufzeichnungspflicht, wenn für diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />
nur die Dauer der tatsächlichen täglichen Arbeitszeit aufgezeichnet wird.<br />
(2) Bei einer ausschließlich mobilen Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 handelt es sich<br />
um eine Tätigkeit, die nicht an Beschäftigungsorte gebunden ist. Eine ausschließlich<br />
mobile Tätigkeit liegt insbesondere bei der Zustellung von Briefen, Paketen und<br />
Druckerzeugnissen, der Abfallsammlung, der Straßenreinigung, dem Winterdienst,<br />
dem Gütertransport und der Personenbeförderung vor. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />
unterliegen im Sinne des Absatzes 1 keinen Vorgaben zur konkreten täglichen<br />
Arbeitszeit, wenn die Arbeit lediglich innerhalb eines bestimmten zeitlichen<br />
Rahmens geleistet werden muss, ohne dass die konkrete Lage (Beginn und Ende) der<br />
Arbeitszeit durch den Arbeitgeber festgelegt wird. Eine eigenverantwortliche Einteilung<br />
der Arbeitszeit im Sinne des Absatzes 1 liegt vor, wenn Arbeitnehmerinnen oder<br />
Arbeitnehmer während ihrer täglichen Arbeitszeit regelmäßig nicht durch ihren Arbeitgeber<br />
oder Dritte Arbeitsaufträge entgegennehmen oder für entsprechende Arbeitsaufträge<br />
zur Verfügung stehen müssen. Die zeitliche Ausführung des täglichen<br />
Arbeitsauftrages muss in der Verantwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />
liegen.<br />
§ 2 Inkrafttreten<br />
Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2015 in Kraft.<br />
Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />
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