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2014_Leitfaden-Mindestlohn

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Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong><br />

<strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

Dezember <strong>2014</strong><br />

Sabine Dresbach<br />

Mathias Stanke<br />

[Geben Sie Text ein]


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

Inhalt<br />

<strong>Mindestlohn</strong> in der Druckindustrie ............................................................................................................................... 6<br />

I. Wer bekommt den <strong>Mindestlohn</strong>? ....................................................................................................... 7<br />

1. Abschlussarbeiten – Bachelor, Master & Co. ............................................................................................... 7<br />

2. Altersteilzeit ............................................................................................................................................... 7<br />

3. Ausländische Arbeitskräfte oder Arbeitgeber ............................................................................................. 7<br />

4. Aushilfen, Saisonkräfte ............................................................................................................................... 8<br />

5. Auszubildende ............................................................................................................................................ 8<br />

6. Behinderte Menschen ................................................................................................................................. 8<br />

7. Ehrenamtlich Tätige ................................................................................................................................... 9<br />

8. Einstiegsqualifizierungen ............................................................................................................................ 9<br />

9. Familienangehörige .................................................................................................................................... 9<br />

10. Freie Mitarbeiter, Solo-Selbständige .......................................................................................................... 9<br />

11. Geringfügig Beschäftigte/Mini-Jobber ........................................................................................................ 9<br />

12. Heimarbeiter ............................................................................................................................................ 10<br />

13. Kinder und Jugendliche ............................................................................................................................. 10<br />

14. Langzeitarbeitslose .................................................................................................................................. 10<br />

15. Praktikanten ............................................................................................................................................. 10<br />

a) Pflichtpraktika (§ 22 Abs. 1 Nr. 1 MiloG) ................................................................................................ 11<br />

b) Orientierungspraktika (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 MiLoG) ................................................................................... 11<br />

c) Freiwillige ausbildungsbegleitende Praktika (§ 22 Abs. 1 Nr. 3 MiloG) ................................................... 12<br />

d) Sonstige Praktika, Traineeprogramme ................................................................................................. 12<br />

16. Strafgefangene ......................................................................................................................................... 12<br />

17. Studenten in dualen Studiengängen ......................................................................................................... 13<br />

18. Volontäre ................................................................................................................................................. 13<br />

19. Werksstudenten ....................................................................................................................................... 13<br />

II. Höhe des <strong>Mindestlohn</strong>s ................................................................................................................... 14<br />

1. Hintergrund .............................................................................................................................................. 14<br />

2. Anpassung des <strong>Mindestlohn</strong>s .................................................................................................................... 14<br />

3. <strong>Mindestlohn</strong>anspruch nur bei geleisteter Arbeit ....................................................................................... 15<br />

a) Bereitschaftszeiten ............................................................................................................................... 15<br />

b) Lohn ohne Arbeit: Entgeltfortzahlung und Urlaub ................................................................................ 15<br />

4. Übergangsregelungen .............................................................................................................................. 16<br />

a) Sonderregelungen für Zusteller ............................................................................................................ 16<br />

b) Abweichen durch Tarifvertrag .............................................................................................................. 16<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

2


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

III. Anrechenbarkeit von Arbeitgeberleistungen .................................................................................... 17<br />

1. Beiträge zur Sozialversicherung, Pauschalabgaben bei Minijobs .............................................................. 17<br />

2. Zuschläge und Zulagen ............................................................................................................................. 17<br />

a) Überstundenzuschläge ......................................................................................................................... 18<br />

b) Zuschläge für Nachtarbeit .................................................................................................................... 18<br />

c) Samstagszuschläge, Sonn- und Feiertagszuschläge, Antrittsgebühr .................................................... 19<br />

d) Schichtzuschläge .................................................................................................................................. 19<br />

e) Erschwerniszulagen .............................................................................................................................. 19<br />

3. Variable Vergütungen ............................................................................................................................... 19<br />

4. Sonderzahlungen (Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Jahresleistung) ............................................................ 20<br />

5. Sachbezüge .............................................................................................................................................. 20<br />

6. Aufwendungsersatz, Wegegeld ................................................................................................................ 21<br />

7. Vermögenswirksame Leistungen .............................................................................................................. 21<br />

8. Betriebliche Altersversorgung, Entgeltumwandlung ................................................................................. 21<br />

9. Trinkgelder ............................................................................................................................................... 21<br />

IV. Fälligkeit des <strong>Mindestlohn</strong>s und Arbeitszeitkonten ........................................................................... 22<br />

1. Grundsatz: Zwei-Monats-Rhythmus ........................................................................................................ 22<br />

2. Gleich bleibender Monatslohn .................................................................................................................. 22<br />

3. Arbeitszeitkonten ..................................................................................................................................... 22<br />

4. Arbeitszeitkonten mit Ausgleichszeiträumen über 12 Monate ................................................................. 23<br />

a) Ausnahme: Erfüllung des <strong>Mindestlohn</strong>s durch verstetigtes Entgelt ....................................................... 23<br />

b) Einrichtung von getrennten Arbeitszeitkonten ..................................................................................... 24<br />

5. Langzeitkonten, Altersteilzeit ................................................................................................................... 25<br />

V. Kann der <strong>Mindestlohn</strong>-Anspruch entfallen? ...................................................................................... 26<br />

1. Verzicht .................................................................................................................................................... 26<br />

2. Ausschlussfristen ...................................................................................................................................... 26<br />

a) Greift § 3 MiLoG bei Vergütung oberhalb des <strong>Mindestlohn</strong>s? ................................................................ 27<br />

b) Ausschlussfristen insgesamt unwirksam? ............................................................................................. 27<br />

c) Ausschlussfrist unwirksam, soweit <strong>Mindestlohn</strong>anteil betroffen? ......................................................... 28<br />

d) Fazit und Vorschläge für die Formulierung von Ausschlussfristen ......................................................... 28<br />

3. Unbezahlte Überstunden .......................................................................................................................... 29<br />

4. Verjährung und Verwirkung ...................................................................................................................... 30<br />

VI. Akkord- und Stücklohn ................................................................................................................... 31<br />

1. Akkord- und Stücklohnvereinbarungen bleiben möglich ........................................................................... 31<br />

2. Besonderheiten und Probleme bei Akkord- und Stücklohnvereinbarungen .............................................. 31<br />

a) Individuelle oder durchschnittliche Arbeitsleistung ............................................................................... 31<br />

b) Einheitliche Stückpreise ....................................................................................................................... 31<br />

c) Durchschnittliche Arbeitszeitbetrachtung möglich? ............................................................................. 31<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

3


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

VII. Anpassung von Arbeitsverträgen und Betriebsvereinbarungen .......................................................... 33<br />

1. Arbeitsverträge ........................................................................................................................................ 33<br />

a) Generelle Überprüfung ......................................................................................................................... 33<br />

b) Überprüfung bestehender Stücklohnverträge ...................................................................................... 33<br />

c) Überprüfung bestehender Verträge geringfügig Beschäftigter ............................................................. 34<br />

d) Anpassungswege .................................................................................................................................. 34<br />

2. Betriebsvereinbarungen ........................................................................................................................... 34<br />

VIII. Aufzeichnungs- und Meldepflichten ................................................................................................. 36<br />

1. Aufzeichnungspflicht ................................................................................................................................ 36<br />

a) Grundsatz ............................................................................................................................................. 36<br />

b) Vereinfachungen, insbesondere für Zusteller ........................................................................................ 37<br />

2. Bereithalten sonstiger Unterlagen ............................................................................................................ 38<br />

3. Melde- und Versicherungspflicht .............................................................................................................. 38<br />

a) Grundsatz ............................................................................................................................................. 38<br />

b) Ergänzende Verordnung ....................................................................................................................... 38<br />

IX. Haftung des Auftraggebers ............................................................................................................. 39<br />

1. Wer haftet für den <strong>Mindestlohn</strong>? .............................................................................................................. 39<br />

a) Weiter Unternehmerbegriff .................................................................................................................. 39<br />

b) Engerer Unternehmerbegriff ................................................................................................................ 39<br />

c) Unternehmerbegriff im MiLoG ............................................................................................................. 39<br />

2. Art der Haftung ........................................................................................................................................ 41<br />

3. Anspruchsinhaber ..................................................................................................................................... 41<br />

4. Haftungsumfang ...................................................................................................................................... 41<br />

5. Einwände, Ausschlussfristen, Verjährung ................................................................................................. 42<br />

6. Denkbare Maßnahmen zur Risikosenkung ................................................................................................ 43<br />

a) Bei Auswahl des Auftragnehmers ......................................................................................................... 43<br />

b) Bei Vertragsgestaltung und bei Durchführung des Vertrages ................................................................ 43<br />

X. Kontrolle und Durchsetzung des MiLoG ............................................................................................ 44<br />

XI. Folgen bei Verstößen gegen das MiLoG ............................................................................................ 45<br />

1. Bußgeldvorschriften ................................................................................................................................. 45<br />

a) Nichtzahlung des <strong>Mindestlohn</strong> ............................................................................................................. 45<br />

b) Fehlende Zusammenarbeit mit den Behörden ...................................................................................... 45<br />

c) Nichteinhaltung der Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht .......................................................... 45<br />

d) Bußgeldvorschriften außerhalb des MiLoG .......................................................................................... 45<br />

2. Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge .................................................................................... 46<br />

3. Unterrichtung anderer Behörden .............................................................................................................. 46<br />

4. Vorenthaltung von Arbeitsentgelt ............................................................................................................ 46<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

4


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

XII. Anlagen ......................................................................................................................................... 47<br />

Anlage 1 Auftraggeberhaftung – Klauseln für Werk- oder Dienstverträge ......................................................... 47<br />

Anlage 2 Gesetzestexte ..................................................................................................................................... 49<br />

1. <strong>Mindestlohn</strong>gesetz – MiLoG ................................................................................................................. 49<br />

2. Arbeitnehmer-Entsendegesetz – AEntG (Auszug )................................................................................ 58<br />

3. <strong>Mindestlohn</strong>aufzeichnungsverordnung – MiLoAufzV (Entwurf) ............................................................ 59<br />

Impressum<br />

Herausgeber:<br />

bvdm<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

Friedrichstraße 194-199<br />

10117 Berlin<br />

www.bvdm-online.de<br />

Dezember <strong>2014</strong><br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

5


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

<strong>Mindestlohn</strong> in der Druckindustrie<br />

Nach dem neuen <strong>Mindestlohn</strong>gesetz hat jeder Arbeitnehmer ab dem 1. Januar 2015<br />

Anspruch auf Zahlung eines <strong>Mindestlohn</strong>s in Höhe von 8,50 € brutto pro Stunde.<br />

Die Druck- und Medienindustrie ist auf Grund der Höhe der gezahlten Tariflöhne auf<br />

den ersten Blick nicht direkt von der Einführung des gesetzlichen <strong>Mindestlohn</strong>s betroffen.<br />

Allerdings wird das Gesetz auch weit reichende Auswirkungen auf Arbeitsverhältnisse<br />

haben, deren Lohn deutlich über 8,50 € pro Stunde liegt. Dies betrifft insbesondere<br />

die Geltung von Ausschlussfristen sowie den Umgang mit flexiblen Arbeitszeiten und<br />

Arbeitszeitkonten. Ferner müssen Betriebe neue Regelungen bei der Beschäftigung<br />

von Praktikanten, geringfügig Beschäftigten und bisher nach Stück- oder Akkordlöhnen<br />

bezahlten Arbeitnehmern beachten. Nicht zu unterschätzen sind auch die sich aus<br />

dem Gesetz ergebenden erheblichen Haftungsrisiken beim Einsatz von Werkverträgen<br />

oder Dienstverträgen.<br />

Dieser <strong>Leitfaden</strong> soll den Betrieben der Druck- und Medienindustrie den Umgang mit<br />

den neuen Regelungen erleichtern und, soweit derzeit möglich, Hinweise zur praktischen<br />

Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen geben.<br />

Bundesverband Druck und Medien<br />

Berlin, Dezember <strong>2014</strong><br />

Hinweis:<br />

Da noch keine Rechtsprechung zur Auslegung des neuen <strong>Mindestlohn</strong>gesetzes vorliegt, stellen<br />

die in diesem <strong>Leitfaden</strong> gegebenen Empfehlungen und Hinweise lediglich Schlussfolgerungen<br />

aus den bekannten Gesetzesmaterialien und der dazu bisher erschienenen Literatur dar. Dieser<br />

<strong>Leitfaden</strong> ist mit großer Sorgfalt erstellt worden, ersetzt aber dennoch die Beratung im Einzelfall<br />

nicht. Wir bitten um Verständnis, dass keinerlei Haftung übernommen wird.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

6


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

I. Wer bekommt den <strong>Mindestlohn</strong>?<br />

Anspruch auf den <strong>Mindestlohn</strong> haben grundsätzlich alle Arbeitnehmer und Praktikanten,<br />

die in Deutschland tätig sind.<br />

Das Gesetz sieht jedoch einige Ausnahmeregelungen vor. Nachfolgend finden Sie<br />

einen Überblick über die zu beachtenden Besonderheiten bei bestimmten Personengruppen<br />

bzw. in bestimmten Situationen in alphabetischer Reihenfolge:<br />

1. Abschlussarbeiten – Bachelor, Master & Co.<br />

Personen, die im Unternehmen ihre Abschlussarbeit oder andere wissenschaftliche<br />

Arbeiten im Rahmen ihrer Ausbildung oder ihres Studiums anfertigen (Seminararbeit,<br />

Projektarbeit, Bachelorarbeit, Masterarbeit, Diplomarbeit, Doktorarbeit), sind weder<br />

Praktikanten noch Arbeitnehmer und haben daher grundsätzlich auch keinen Anspruch<br />

auf den <strong>Mindestlohn</strong>.<br />

Etwas anderes gilt jedoch, wenn sie neben der wissenschaftlichen Tätigkeit zur Arbeitsleistung<br />

verpflichtet sind. Sofern diese Personen in den betrieblichen Ablauf<br />

eingegliedert werden und direkte Arbeitsanweisungen durch Arbeitnehmer des Betriebes<br />

erhalten, Iiegt die Vermutung nahe, dass es sich in Wahrheit um ein Arbeitsverhältnis<br />

handelt. In diesem Fall besteht Anspruch auf den <strong>Mindestlohn</strong>. Anhaltspunkte<br />

für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses können insbesondere auch die<br />

Verpflichtung zu bestimmten Anwesenheitszeiten und die Teilnahme an der Zeiterfassung<br />

sein.<br />

2. Altersteilzeit<br />

Arbeitnehmer in verblockten Altersteilzeit-Arbeitsverhältnissen haben während der<br />

Arbeitsphase ebenfalls Anspruch auf den <strong>Mindestlohn</strong>. Allerdings gilt die Fälligkeitsregelung<br />

nach § 2 Abs. 1 des MiLoG (s.u. S. 23) für sie nicht, d.h. der <strong>Mindestlohn</strong>anspruch<br />

kann auch später (während der Freistellungsphase) ausgezahlt werden. Während<br />

der Freistellungsphase besteht kein Anspruch auf den <strong>Mindestlohn</strong>, da dieser nur<br />

für „Arbeitsleistung“ zu zahlen ist (s.u. S. 13).<br />

3. Ausländische Arbeitskräfte oder Arbeitgeber<br />

Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong> muss nach § 20 MiLoG nur gezahlt werden, wenn Arbeitnehmer<br />

in Deutschland beschäftigt werden.<br />

Beschäftigung in<br />

Deutschland<br />

Auch ausländische Arbeitskräfte, die in Deutschland tätig sind, haben einen Anspruch<br />

auf den <strong>Mindestlohn</strong>.<br />

Gleiches gilt für Arbeitnehmer eines ausländischen Arbeitgebers, die in Deutschland<br />

arbeiten, auch wenn auf das Arbeitsverhältnis im Übrigen ausländisches Recht Anwendung<br />

findet. Für die Zeit des Einsatzes in Deutschland haben sie einen Anspruch<br />

auf Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>es. Auf die Dauer des Einsatzes in Deutschland kommt es<br />

dabei nicht an. Dies spielt für deutsche Unternehmen insbesondere mit Blick auf die<br />

Auftraggeberhaftung (s.u. S. 39 ff.) eine Rolle.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

7


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

Beispiel:<br />

Ein LKW-Fahrer, der für seinen ausländischen Arbeitgeber mit einem LKW Waren<br />

nach Deutschland oder durch Deutschland hindurch transportiert, hat nach<br />

dem Gesetz Anspruch auf die Zahlung des gesetzlichen <strong>Mindestlohn</strong>es für die<br />

Zeit der Beschäftigung in Deutschland.<br />

Grundsätzlich kein Anspruch auf den <strong>Mindestlohn</strong> besteht, wenn ein Arbeitnehmer im<br />

Ausland tätig ist. In diesem Fall gelten unter Umständen dortige <strong>Mindestlohn</strong>-<br />

Regelungen.<br />

4. Aushilfen, Saisonkräfte<br />

Der <strong>Mindestlohn</strong> gilt auch für Saisonkräfte und Aushilfen, auch wenn diese im Rahmen<br />

einer kurzfristigen sozialversicherungsfreien Beschäftigung im Sinne von<br />

§ 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV eingestellt werden.<br />

Im Zuge der Einführung des <strong>Mindestlohn</strong>es wurde die Möglichkeit der kurzfristigen<br />

sozialversicherungsfreien Beschäftigung von bisher 2 auf 3 Monate (bzw. von 50 auf<br />

70 Tage) im Jahr ausgedehnt. Diese Regelung ist auf vier Jahre, bis zum 31.12.2018,<br />

befristet.<br />

5. Auszubildende<br />

Die Vergütung von Auszubildenden regelt das Gesetz nach § 22 Abs. 3 MiLoG ausdrücklich<br />

nicht. Zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte haben daher keinen Anspruch<br />

auf den <strong>Mindestlohn</strong>. Für sonstige von § 26 des Berufsbildungsgesetzes erfasste Vertragsverhältnisse,<br />

die keine Arbeitsverhältnisse oder Praktikantenverhältnisse sind,<br />

findet das MiLoG ebenfalls keine Anwendung.<br />

Azubis sind nicht erfasst<br />

6. Behinderte Menschen<br />

Grundsätzlich haben behinderte Menschen als Arbeitnehmer ebenfalls Anspruch auf<br />

den gesetzlichen <strong>Mindestlohn</strong>. Das gilt auch bei einer verminderten Leistungsfähigkeit.<br />

Arbeitgeber können für diese Arbeitnehmer zum Ausgleich der entstehenden<br />

Belastungen unter Umständen Eingliederungs- bzw. Lohnkostenzuschüsse von der<br />

Agentur für Arbeit erhalten.<br />

Behinderte Menschen, die im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen<br />

(WfbM) beschäftigt sind, stehen gemäß § 138 SGB IX in einem arbeitnehmerähnlichen<br />

Rechtsverhältnis, sind aber keine Arbeitnehmer. Sie erhalten als voll<br />

erwerbsgeminderte Menschen zur Sicherstellung ihres Lebensunterhalts Leistungen<br />

der Grundsicherung oder eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Zudem erhalten<br />

sie in der WfbM rehabilitative Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Anspruch<br />

auf den <strong>Mindestlohn</strong> besteht nicht.<br />

Anderes gilt für in Integrationsprojekten beschäftige Menschen mit Behinderung.<br />

Integrationsprojekte sind Unternehmen, die überdurchschnittlich viele schwerbehinderte<br />

Menschen beschäftigen (mind. 25 Prozent) mit dem Ziel, diese in den<br />

allgemeinen Arbeitsmarkt zu integrieren. Dort beschäftigte Menschen (mit und ohne<br />

Behinderung) haben Anspruch auf den gesetzlichen <strong>Mindestlohn</strong>.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

8


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

7. Ehrenamtlich Tätige<br />

Ehrenamtlich Tätige haben nach § 22 Abs. 3 MiLoG keinen Anspruch auf den <strong>Mindestlohn</strong>.<br />

8. Einstiegsqualifizierungen<br />

Nicht unter den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen nach § 22 Abs. 1 Nr. 4 MiLoG<br />

Personen, die an einer Einstiegsqualifizierung nach § 54a SGB III oder einer Berufsausbildungsvorbereitung<br />

nach §§ 68-70 BBiG teilnehmen.<br />

9. Familienangehörige<br />

Bei Dienstleistungen von Ehepartnern, Lebenspartnern oder Kindern im Betrieb ist zu<br />

prüfen, ob diese auf der Basis eines Arbeitsvertrages, eines Gesellschaftsverhältnisses<br />

oder auf familienrechtlicher Grundlage (§§ 1353, 1619 BGB) tätig werden.<br />

Die Abgrenzung muss nach den jeweiligen Umständen erfolgen. Überschreitet die<br />

Mitarbeit das auf familiärer Zusammengehörigkeit beruhende Maß, liegt im Zweifel<br />

ein mindestlohnpflichtiges Arbeitsverhältnis vor.<br />

10. Freie Mitarbeiter, Solo-Selbständige<br />

Freie Mitarbeiter, die auf Grund werkvertraglicher Vereinbarungen oder freier Dienstverträge<br />

tätig werden, haben keinen Anspruch auf den <strong>Mindestlohn</strong>, da es sich nicht<br />

um Arbeitnehmer handelt.<br />

Trotz Bezeichnung des Vertragsverhältnisses als freien Dienst- oder Werkvertrag kann<br />

aber ein mindestlohnpflichtiges Arbeitsverhältnis vorliegen, wenn ein Fall der so genannten<br />

„Scheinselbständigkeit“ vorliegt. Das wichtigste Merkmal zur Abgrenzung ist<br />

das für ein Arbeitsverhältnis typische Weisungsrecht des Arbeitgebers: Je stärker der<br />

Mitarbeiter an Weisungen des Auftraggebers bezüglich Zeit, Ort und Art der Ausführung<br />

seiner Arbeit gebunden ist, umso eher ist ein (mindestlohnpflichtiges) Arbeitsverhältnis<br />

anzunehmen.<br />

Vorsicht<br />

Scheinselbständigkeit!<br />

11. Geringfügig Beschäftigte/Mini-Jobber<br />

Der Anspruch auf Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s ist unabhängig von der Arbeitszeit oder<br />

Sozialversicherungspflicht. Ein Anspruch auf den <strong>Mindestlohn</strong> besteht daher auch für<br />

Teilzeit-Arbeitnehmer, die im Rahmen eines sozialversicherungsfreien geringfügigen<br />

Beschäftigungsverhältnisses nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV tätig sind. Die Verdienstgrenze<br />

liegt derzeit bei 450 € im Monat. Bei einem Stundenlohn von 8,50 € können<br />

Minijobber daher künftig maximal ca. 52 Stunden pro Monat arbeiten, ohne die Geringfügigkeitsgrenze<br />

zu überschreiten. Bestehende Verträge müssen daher gegebenenfalls<br />

angepasst werden, wenn die Sozialversicherungsfreiheit erhalten bleiben soll<br />

(vgl. dazu unten S. 34).<br />

<strong>Mindestlohn</strong> auch für<br />

Mini-Jobber<br />

Obergrenze 52 Stunden<br />

Der <strong>Mindestlohn</strong>anspruch gilt auch für Arbeitnehmer, die im Rahmen einer kurzfristigen<br />

sozialversicherungsfreien Beschäftigung im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV<br />

eingestellt werden (s.o. S. 8).<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

9


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

12. Heimarbeiter<br />

Da Heimarbeiter zwar arbeitnehmerähnliche Personen, aber keine Arbeitnehmer sind,<br />

ist der Anwendungsbereich des <strong>Mindestlohn</strong>gesetzes für sie nicht eröffnet.<br />

13. Kinder und Jugendliche<br />

Für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre, die über keine abgeschlossene Berufsausbildung<br />

verfügen, gilt das MiLoG nach § 22 Abs. 2 MiLoG nicht, d.h. sie haben keinen<br />

Anspruch auf den <strong>Mindestlohn</strong>. Durch die Ausnahme soll sichergestellt werden, dass<br />

der <strong>Mindestlohn</strong> für junge Menschen keine Fehlanreize setzt, zugunsten einer mit<br />

dem <strong>Mindestlohn</strong> vergüteten Beschäftigung auf eine Berufsausbildung zu verzichten.<br />

Altersgrenze 18 Jahre<br />

14. Langzeitarbeitslose<br />

Um Langzeitarbeitslosen den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern, kann in den<br />

ersten sechs Monaten nach der Neueinstellung vom <strong>Mindestlohn</strong> nach unten abgewichen<br />

werden, § 22 Abs. 4 MiLoG.<br />

Als langzeitarbeitslos gilt nach § 18 Abs. 1 SGB III, wer mindestens ein Jahr arbeitslos<br />

war. Ob ein Bewerber diese Voraussetzung erfüllt oder nicht, kann nur die zuständige<br />

Agentur für Arbeit bzw. das Jobcenter rechtsverbindlich feststellen. Eine entsprechende<br />

Bescheinigung sollen die zuständigen Behörden auf Antrag des Betreffenden<br />

ausstellen. Diese sollten Arbeitgeber sich vorlegen lassen.<br />

6 Monate Abweichung vom<br />

<strong>Mindestlohn</strong> möglich<br />

Nachweis<br />

Ob diese Regelung der Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen dient, wird die<br />

Bundesregierung zum 1. Juni 2016 prüfen und dann entscheiden, ob sie fortbestehen<br />

soll.<br />

15. Praktikanten<br />

Grundsätzlich haben auch Praktikanten einen Anspruch auf die Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s.<br />

Allerdings sind in § 22 Abs. 1 Nr.1-3 MiLoG Ausnahmen geregelt.<br />

Praktikanten sind dann vom <strong>Mindestlohn</strong> ausgenommen, wenn es sich um Pflichtpraktika<br />

im Rahmen von Ausbildung oder Studium bzw. um Orientierungspraktika<br />

oder freiwillige ausbildungsbegleitende Praktika von bis zu drei Monaten handelt.<br />

Grundsätzlich ist auch bei Praktikanten-Verträgen zu prüfen, ob es sich um ein echtes<br />

Praktikum oder möglicherweise tatsächlich eher um ein Arbeitsverhältnis handelt.<br />

Praktikant ist nach der Definition des § 22 Abs. 1 S. 3 MiLoG,<br />

„unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses, wer sich nach der tatsächlichen<br />

Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte<br />

Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen<br />

Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich<br />

dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes oder um eine damit<br />

vergleichbare praktische Ausbildung handelt.“<br />

Definition Praktikum<br />

Entscheidend ist daher nicht die Bezeichnung des Vertrages, sondern die tatsächlichen<br />

Verhältnisse im Betrieb. Steht nicht der „Erwerb praktischer Kenntnisse und<br />

Erfahrungen“ im Vordergrund, sondern das Erbringen einer bestimmten Arbeitsleistung,<br />

handelt es sich um ein mindestlohnpflichtiges Arbeitsverhältnis.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

10


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

a) Pflichtpraktika (§ 22 Abs. 1 Nr. 1 MiloG)<br />

Wird ein Praktikum verpflichtend auf der Grundlage einer (hoch-)schulrechtlichen<br />

Bestimmung, Ausbildungsordnung oder im Rahmen einer Ausbildung an einer Berufsakademie<br />

geleistet, so besteht kein <strong>Mindestlohn</strong>anspruch.<br />

Kein <strong>Mindestlohn</strong>anspruch<br />

bei Pflichtpraktika<br />

Der Begriff „schulrechtliche Bestimmung“ ist weit zu verstehen; dazu gehören beispielsweise<br />

auch Praktika zur Erlangung eines schulischen Abschlusses (Jahrespraktikum<br />

zur Erlangung der Fachhochschulreife).<br />

Einige Studienordnungen sehen verpflichtende Betriebspraktika bereits vor Beginn<br />

eines Studiums vor. Ob das Pflichtpraktikum vor oder während des Studiums/der<br />

Ausbildung stattfindet, ist jedoch für den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch unerheblich.<br />

Die maximale Dauer des Pflichtpraktikums wird durch das MiLoG nicht begrenzt, dies<br />

richtet sich nach der zu Grunde liegenden Schul- oder Studienordnung.<br />

Um beurteilen zu können, ob es sich um ein Pflichtpraktikum handelt oder nicht,<br />

sollten Unternehmen sich vor der Einstellung von Praktikanten die entsprechende<br />

Schul- oder Studienordnung vorlegen lassen. Ferner sollte der Praktikant schriftlich<br />

bestätigen, dass es sich um ein Pflichtpraktikum handelt und der vorgegebene<br />

Pflichtzeitraum für ein Praktikum nicht bereits durch andere Betriebspraktika ausgeschöpft<br />

wurde.<br />

Die Hochschulen sind in der Regel nicht in der Lage, den Studenten während des Studiums<br />

zu bescheinigen, dass es sich um ein Pflichtpraktikum handelt, da die Praktikumsbescheinigungen<br />

erst bei der Prüfungsanmeldung vorgelegt werden müssen.<br />

Die Hochschule kann daher in der Regel nicht beurteilen, ob vorgegebene Pflichtzeiträume<br />

ggf. bereits ausgeschöpft sind.<br />

b) Orientierungspraktika (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 MiLoG)<br />

Ebenfalls vom <strong>Mindestlohn</strong>anspruch ausgenommen sind freiwillige Orientierungspraktika.<br />

Ziel und Zweck eines solchen Praktikums soll die „Orientierung“ des Praktikanten<br />

vor dem Beginn einer Berufsausbildung oder der Aufnahme eines Studiums<br />

sein. Dabei geht es nicht nur um die Orientierung vor Beginn der Erst-Ausbildung bzw.<br />

eines ersten Studiums, sondern die Praktika können auch der „Neu-Orientierung“ vor<br />

der Aufnahme eines anderen Studiums bzw. dem Beginn einer anderen Berufsausbildung<br />

dienen. Im Rahmen dieser Orientierungspraktika besteht kein <strong>Mindestlohn</strong>anspruch,<br />

wenn diese maximal einen Zeitraum von drei Monaten umfassen. Auf die<br />

Anzahl der Anwesenheitstage im Betrieb kommt es dabei nicht an.<br />

Kein <strong>Mindestlohn</strong>anspruch<br />

bei Orientierungspraktika<br />

bis 3 Monate<br />

Wird ein Orientierungspraktikum von Beginn an für einen Zeitraum von mehr als drei<br />

Monaten abgeschlossen, so besteht bereits ab dem ersten Tag der Anspruch auf Zahlung<br />

des <strong>Mindestlohn</strong>s, sofern der Praktikant mindestens 18 Jahre alt ist.<br />

Etwas Anderes könnte gelten, wenn ein zunächst auf drei Monate abgeschlossenes<br />

Praktikum später verlängert wird und dabei gleichzeitig ein wesentlicher Tätigkeitswechsel<br />

stattfindet. In diesem Fall könnte es sich um ein neues Orientierungspraktikum<br />

handeln, mit der Folge, dass der <strong>Mindestlohn</strong>anspruch weiterhin nicht besteht.<br />

Um sich nicht dem Vorwurf der Umgehung der 3-Monats-Regelung auszusetzen,<br />

sollte diese Möglichkeit aber nur genutzt werden, wenn sich der Schwerpunkt der<br />

Tätigkeit tatsächlich so ändert, dass es sich um eine Orientierung für eine andere<br />

Berufsausbildung bzw. ein anderes Studium handelt als zuvor.<br />

In jedem Fall sollte der Zweck der Orientierung im Praktikumsvertrag festgehalten<br />

und etwaige Verlängerungen nachvollziehbar mit Gründen dokumentiert werden.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

11


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

c) Freiwillige ausbildungsbegleitende Praktika (§ 22 Abs. 1 Nr. 3 MiloG)<br />

Freiwillige Praktika begleitend zu einer Berufsausbildung oder einem Studium sind<br />

ebenfalls mindestlohnfrei, wenn der Zeitrahmen von drei Monaten nicht überschritten<br />

wird. Auf die Anzahl der Anwesenheitstage im Betrieb kommt es dabei nicht an.<br />

Kein <strong>Mindestlohn</strong>anspruch<br />

bei ausbildungsbegleitenden<br />

Praktika bis 3 Monate<br />

Erforderlich ist ein inhaltlicher Bezug zu der Ausbildung bzw. dem Studium, es muss<br />

sich aber nicht um ein vorgeschriebenes Praktikum handeln.<br />

Wird ein ausbildungsbegleitendes Praktikum für einen Zeitraum von mehr als drei<br />

Monaten abgeschossen, so besteht bereits ab dem ersten Tag der Anspruch auf Zahlung<br />

des <strong>Mindestlohn</strong>s, sofern der Praktikant mindestens 18 Jahre alt ist.<br />

Nach dem Gesetzestext besteht bei einem freiwilligen ausbildungsbegleitenden Praktikum<br />

nur dann kein <strong>Mindestlohn</strong>anspruch, „wenn nicht zuvor ein solches Praktikumsverhältnis<br />

mit demselben Ausbildenden bestanden hat“.<br />

Diese Regelung erinnert an das „Vorbeschäftigungsverbot“ im Rahmen der sachgrundlosen<br />

Befristung nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG. Damit ist nur ein freiwilliges ausbildungsbegleitendes<br />

Praktikum ohne <strong>Mindestlohn</strong>anspruch beim gleichen Unternehmen<br />

möglich.<br />

Ein vorheriges Orientierungspraktikum oder Pflichtpraktikum (s.o.) löst dagegen keine<br />

<strong>Mindestlohn</strong>pflicht aus, da das Gesetz hier von einem „solchen“ Praktikumsverhältnis,<br />

d.h. einem freiwilligen ausbildungsbegleitenden Praktikum spricht.<br />

Beispiel:<br />

Nach dem Abitur ist ein Praktikant für 4 Wochen im Rahmen eines Orientierungspraktikums<br />

in einem Betrieb tätig. Zwei Jahre später, während des Studiums,<br />

absolviert er ein sechsmonatiges, in der Studienordnung vorgeschriebenes<br />

Betriebspraktikum. Im Jahr darauf absolviert der Student ein dreimonatiges,<br />

freiwilliges, ausbildungsbegleitendes Studium im gleichen Unternehmen.<br />

Ein <strong>Mindestlohn</strong>anspruch besteht nicht.<br />

d) Sonstige Praktika, Traineeprogramme<br />

Praktika von über drei Monaten, die nicht im Rahmen einer (hoch-)schulrechtlichen<br />

Bestimmung oder Ausbildungsordnung vorgesehen sind, sind mindestlohnpflichtig.<br />

Gleiches gilt für alle Arten von Praktika nach Abschluss des Studiums oder der Berufsausbildung.<br />

Eine Ausnahme gilt nur, wenn es sich um ein 3-Monats-Praktikum zur<br />

„Neu-Orientierung“ handelt, s.o. S. 11.<br />

Praktika nach Abschluss der<br />

Ausbildung: <strong>Mindestlohn</strong>anspruch<br />

Praktika oder Traineeprogramme, die nach Abschluss der Ausbildung zur Überbrückung<br />

während der Arbeitssuche oder zum Einstieg in einen Beruf absolviert werden,<br />

lösen für volljährige Praktikanten einen <strong>Mindestlohn</strong>anspruch aus.<br />

16. Strafgefangene<br />

Strafgefangene, denen innerhalb der Haftanstalt Arbeit gem. § 37 StVollzG zugewiesen<br />

wird, sind als solche keine Arbeitnehmer und haben keinen Anspruch auf den<br />

<strong>Mindestlohn</strong>. Auch wenn sie außerhalb der Haftanstalt in einem privaten Betrieb beschäftigt<br />

werden, wird die ihnen zugeteilte Arbeit nicht auf Grund eines Arbeitsvertrags<br />

geleistet. Es besteht allerdings die Möglichkeit, nach § 39 StVollzG ein normales<br />

Arbeitsverhältnis zu begründen, in diesem Fall greift auch der <strong>Mindestlohn</strong>.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

12


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

17. Studenten in dualen Studiengängen<br />

Studenten in dualen Studiengängen sind während der im Rahmen des Studiums absolvierten<br />

Praxisphasen im Betrieb nicht vom MiLoG erfasst. Nach § 22 Abs. 1 Nr. 1<br />

MiLoG fallen sie nicht in den Anwendungsbereich des Gesetzes, da Praktikumsphasen,<br />

„aufgrund hochschulrechtlicher Bestimmungen oder im Rahmen einer Ausbildung<br />

an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie“ ausdrücklich ausgenommen sind.<br />

MiLoG erfasst duale<br />

Studenten nicht<br />

Sofern es sich um ein ausbildungsintegriertes duales Studium handelt, das Berufsausbildung<br />

und Hochschulstudium kombiniert, liegt im Verhältnis zwischen Betrieb und<br />

Student ein Ausbildungsvertrag im Sinne des BBiG vor. Da das MiLoG für zu ihrer<br />

Berufsausbildung Beschäftigte nicht gilt (§ 22 Abs. 3 MiLoG), besteht kein Anspruch<br />

auf den <strong>Mindestlohn</strong>.<br />

18. Volontäre<br />

Der Begriff des Volontariats ist gesetzlich nicht definiert. Die Abgrenzung, ob ein<br />

Arbeits-, Ausbildungs-, Praktikums- oder Volontariatsverhältnis im eigentlichen Sinn<br />

vorliegt, richtet sich nach der konkreten Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses.<br />

Ein Volontär im eigentlichen Sinn ist nur derjenige, der zum Zwecke der Ausbildung<br />

tätig wird, ohne dass mit der Ausbildung eine vollständig abgeschlossene Fachausbildung<br />

in einem anerkannten Ausbildungsberuf beabsichtigt ist. In diesem Fall stellt das<br />

Volontariat ein Rechtsverhältnis im Sinne von § 26 BBiG dar, dessen Vergütung nicht<br />

durch das MiLoG, sondern durch § 17 des BBiG geregelt wird.<br />

Redaktionsvolontariate im Bereich der Tageszeitungen sind „Ausbildungen“ iSd § 26<br />

BBiG, wenn der Lernzweck im Vordergrund steht (BAG 01.12.2004 – 7 AZR 129/04;<br />

BAG 23.06.1983 – 6 AZR 595/80). Voraussetzung ist, dass ein geordneter Ausbildungsgang<br />

vorgeschrieben ist und die Dauer der Ausbildung der gesetzlichen Mindestanforderung<br />

für staatlich anerkannte Ausbildungsberufe von mindestens zwei<br />

Jahren entspricht. Dies ist beispielsweise bei Volontariaten nach dem zwischen dem<br />

Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und der Gewerkschaft ver.di<br />

abgeschlossenen Volontärs-Tarifvertrag der Fall.<br />

Definition Volontariat<br />

„Echtes“ Volontariat nicht<br />

mindestlohnpflichtig<br />

Steht nach der konkreten Ausgestaltung des Volontariats nicht die Ausbildung, sondern<br />

die Arbeitsleistung des Volontärs im Vordergrund, so handelt es sich um ein<br />

(mindestlohnpflichtiges) Arbeitsverhältnis.<br />

19. Werksstudenten<br />

Studenten, die während ihres Studiums oder der Semesterferien im Betrieb arbeiten,<br />

sind Arbeitnehmer und haben Anspruch auf den <strong>Mindestlohn</strong>.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

13


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

II.<br />

Höhe des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />

Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong> beträgt gemäß § 1 Abs. 1 des MiLoG ab 1. Januar 2015 für<br />

alle Arbeitnehmer 8,50 € brutto pro Zeitstunde.<br />

1. Hintergrund<br />

Der <strong>Mindestlohn</strong> soll es nach dem Willen des Gesetzgebers jedem Arbeitnehmer ermöglichen,<br />

bei einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten<br />

(42 Stunden) ein Monatseinkommen oberhalb der Pfändungsfreigrenze (§ 850c<br />

Abs. 1 ZPO) zu erzielen.<br />

Diese Pfändungsfreigrenze, die einem Arbeitnehmer auch bei einer Pfändung seines<br />

Lohns durch einen Gläubiger ausgezahlt werden muss, stellt nach Auffassung des<br />

Gesetzgebers das Existenzminimum dar. Dieser unpfändbare Betrag liegt ausweislich<br />

der zu § 850c Abs. 1 ZPO veröffentlichten Pfändungstabelle für einen Arbeitnehmer<br />

ohne Unterhaltspflichten derzeit bei 1.045,04 € netto pro Monat. Bei einer durchschnittlichen<br />

42-Stunden-Woche und einem Stundenlohn von 8,50 € brutto wird je<br />

nach den persönlichen Verhältnissen des Arbeitnehmers in der Regel ein Nettoentgelt<br />

erzielt, das leicht über diesem unpfändbaren Betrag liegt.<br />

Sicherung des<br />

Existenzminimums<br />

2. Anpassung des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />

Die Höhe des <strong>Mindestlohn</strong>s wird alle 2 Jahre von einer neuen <strong>Mindestlohn</strong>kommission<br />

überprüft. Erstmals im Jahr 2016 wird diese Kommission darüber beraten, wie hoch<br />

der <strong>Mindestlohn</strong> ab dem 1. Januar 2017 sein wird. Das Verfahren ist in den §§ 4-12<br />

MiLoG geregelt.<br />

Die Kommission setzt sich aus je drei stimmberechtigten Vertretern der Arbeitgeber<br />

und der Arbeitnehmer zusammen. Hinzu kommen je ein beratender Wissenschaftler<br />

der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite sowie ein stimmberechtigter Vorsitzender,<br />

der von der Bundesregierung auf gemeinsamen Vorschlag der Spitzenorganisationen<br />

der Arbeitgeber (BDA) und der Arbeitnehmer (DGB) berufen wird.<br />

<strong>Mindestlohn</strong>kommission<br />

Können sich BDA und DGB nicht auf einen gemeinsamen Vorschlag einigen, so beruft<br />

die Bundesregierung jeweils einen Vorsitzenden für jede Seite. In diesem Fall wechselt<br />

der Vorsitz nach jeder Anpassungsentscheidung; über den erstmaligen Vorsitz entscheidet<br />

das Los.<br />

Die Kommission orientiert sich bei der Festsetzung des <strong>Mindestlohn</strong>s an der Tarifentwicklung<br />

in Deutschland seit der letzten Anpassung des <strong>Mindestlohn</strong>es. Dabei ist<br />

theoretisch auch eine Anpassung nach unten möglich. Entschieden wird durch einfache<br />

Stimmenmehrheit.<br />

Den Vorschlag der <strong>Mindestlohn</strong>kommission zur Anpassung des <strong>Mindestlohn</strong>es kann<br />

das Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung umsetzen.<br />

Verpflichtet ist das Ministerium dazu jedoch nicht. Lehnt das Bundesministerium die<br />

Umsetzung des Vorschlages ab, so erfolgt keine Anpassung des <strong>Mindestlohn</strong>es, eine<br />

selbständige Anpassung des <strong>Mindestlohn</strong>es durch die Bundesregierung ohne entsprechende<br />

Entscheidung der <strong>Mindestlohn</strong>kommission ist nicht möglich.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

14


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

3. <strong>Mindestlohn</strong>anspruch nur bei geleisteter Arbeit<br />

Der <strong>Mindestlohn</strong> ist nach der Formulierung des § 2 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 S. 1 MiLoG<br />

nur für „erbrachte Arbeitsleistung“ bzw. „geleistete Arbeitsstunden“ als Arbeitsentgelt<br />

zu zahlen. Daher fällt der <strong>Mindestlohn</strong> nur für Zeiten an, die als vergütungspflichtige<br />

Arbeitszeit anzusehen sind.<br />

a) Bereitschaftszeiten<br />

Zeiten, in denen sich ein Arbeitnehmer zur Arbeit bereithalten muss bzw. zur Arbeit<br />

herangezogen werden kann, sind nur dann mit dem <strong>Mindestlohn</strong> zu vergüten, wenn<br />

es sich um vergütungspflichtige Arbeitszeit handelt. Dies ist häufig im Arbeitsvertrag<br />

geregelt.<br />

Keine Arbeitszeit – kein<br />

<strong>Mindestlohn</strong>anspruch<br />

Während der Arbeitsbereitschaft hält sich der Arbeitnehmer an seinem Arbeitsplatz<br />

auf, ohne jedoch zu arbeiten. Er muss sich jedoch zur sofortigen Aufnahme der Arbeitstätigkeit<br />

bei Bedarf bereithalten. Arbeitsbereitschaft gilt in vollem Umfang als<br />

Arbeitszeit, selbst wenn die Arbeitsleistung nicht abgerufen wird und ist daher mit<br />

dem <strong>Mindestlohn</strong> zu vergüten.<br />

Bereitschaftsdienste sind in der Regel dadurch gekennzeichnet, dass diese außerhalb<br />

der regelmäßigen Arbeitszeit erbracht werden. Der Arbeitnehmer muss sich an einem<br />

vom Arbeitgeber bestimmten Ort innerhalb oder außerhalb des Betriebs aufhalten,<br />

damit er erforderlichenfalls seine Arbeitstätigkeit auf Anforderung unverzüglich aufnehmen<br />

kann. Da der Arbeitnehmer nicht frei über seinen Aufenthaltsort bestimmen<br />

kann, sind Bereitschaftsdienste grundsätzlich wie Arbeitszeit und daher mit dem <strong>Mindestlohn</strong><br />

zu vergüten.<br />

Bei Rufbereitschaft ist der Arbeitnehmer zwar ebenfalls verpflichtet, auf Abruf die<br />

Arbeit aufzunehmen, er kann sich hierfür aber an einem Ort seiner Wahl aufhalten.<br />

Dabei muss der Arbeitnehmer seine jederzeitige Erreichbarkeit sicherstellen. Rufbereitschaft<br />

ist in der Regel nicht wie Arbeitszeit zu vergüten, solange der Arbeitnehmer<br />

nicht tatsächlich zur Arbeit herangezogen wird.<br />

b) Lohn ohne Arbeit: Entgeltfortzahlung und Urlaub<br />

Die Vorschriften des <strong>Mindestlohn</strong>gesetzes finden auf Entgeltfortzahlungs- und Urlaubsentgeltansprüche<br />

keine Anwendung.<br />

Rufbereitschaft nicht<br />

mindestlohnpflichtig<br />

MiLoG gilt nicht für Urlaub<br />

und Entgeltfortzahlung<br />

Der Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts während einer Erkrankung, an Feiertagen<br />

oder während des Urlaubs ergibt sich aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz bzw. § 11<br />

Abs. 1 S. 1 BUrlG, dem Arbeitsvertrag und ggf. einschlägigen Tarifverträgen.<br />

Danach erhält der Arbeitnehmer in der Regel das Entgelt, das er auch erhalten hätte,<br />

wenn er gearbeitet hätte bzw. das er im Durchschnitt der letzten 13 Wochen verdient<br />

hat. Insofern wird das fortgezahlte Entgelt den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch nicht unterschreiten.<br />

Die Regelungen des MiLoG, wie etwa die Unabdingbarkeit, die Auftraggeberhaftung<br />

sowie Sanktionen bei Nichtzahlung gelten aber nicht.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

15


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

4. Übergangsregelungen<br />

a) Sonderregelungen für Zusteller<br />

Nach § 24 Abs. 2 MiLoG können Zeitungszusteller vom 1. Januar 2015 bis zum<br />

31. Dezember 2015 einen reduzierten <strong>Mindestlohn</strong> in Höhe von 75 % des <strong>Mindestlohn</strong>es<br />

= 6,37 € pro Zeitstunde; in der Zeit vom 1. Januar 2016 bis zum 31. Dezember<br />

2016 in Höhe von 86 % = 7,22 € pro Zeitstunde und in der Zeit vom 1. Januar 2017 bis<br />

zum 31. Dezember 2017 in Höhe von 8,50 € pro Zeitstunde erhalten.<br />

Abgesenkter <strong>Mindestlohn</strong><br />

Ab 2018 müssen auch Zeitungszusteller mindestens 8,50 € pro Stunde bzw. den dann<br />

geltenden <strong>Mindestlohn</strong> erhalten.<br />

Nach der Definition des § 24 Abs. 2 MiLoG sind Zeitungszusteller „Personen, die in<br />

einem Arbeitsverhältnis ausschließlich periodische Zeitungen und Zeitschriften an Endkunden<br />

zustellen“. Anzeigenblätter mit redaktionellem Inhalt sowie Werbebeilagen,<br />

die verlagsseitig in die Zeitungen und Zeitschriften eingelegt werden, sind ebenfalls<br />

erfasst.<br />

Was jedoch gilt, wenn so genannte „Hybridzusteller“ neben Zeitungen und Zeitschriften<br />

auch andere Sendungen zustellen, wie Kataloge, Werbeprospekte oder Briefe, ist<br />

derzeit noch nicht abschließend geklärt.<br />

Definition Zeitungszusteller<br />

Hybridzusteller<br />

Die Formulierung, dass Zeitungszusteller Personen sind, die „ausschließlich“ Zeitungen<br />

und Zeitschriften zustellen, könnte darauf schließen lassen, dass die Ausnahmeregelung<br />

nicht gilt, wenn der Arbeitnehmer auf Grund desselben Arbeitsverhältnisses<br />

noch weitere Arbeitsaufgaben erledigt, insbesondere auch nicht privilegierte<br />

Produkte zustellt.<br />

Nach Auffassung des Bundesverbandes der Deutschen Zeitungsverleger (BDZV) ist<br />

bei gleichzeitiger Zustellung von Katalogen, Briefen etc. und Tageszeitungen das<br />

Verhältnis der im jeweiligen Lohnabrechnungszeitraum bearbeiteten sonstigen zugestellten<br />

Druckerzeugnisse zu den Tageszeitungszustellungen zu berechnen.<br />

Eine Klärung dieser Frage könnte nur durch eine entsprechende Durchführungsverordnung<br />

des zuständigen Ministeriums erreicht werden.<br />

b) Abweichen durch Tarifvertrag<br />

Der <strong>Mindestlohn</strong> gilt für alle Branchen. Für einen Übergangszeitraum bis Ende 2017<br />

sind unter den Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 MiLoG noch abweichende Regelungen<br />

in Tarifverträgen zulässig.<br />

Um den Branchen, deren Löhne bisher deutlich unter 8,50 € liegen, eine schrittweise<br />

Anpassung an den geltenden <strong>Mindestlohn</strong> zu ermöglichen, wurde im Gesetz eine<br />

dreijährige Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2017 definiert, in der Abweichungen<br />

nach unten erlaubt sind. Dies gilt nur, wenn es einen allgemein verbindlichen Branchenmindestlohn<br />

nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz oder dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz<br />

gibt.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

16


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

III.<br />

Anrechenbarkeit von<br />

Arbeitgeberleistungen<br />

Der <strong>Mindestlohn</strong>anspruch ist ein Stundenlohn. Fraglich ist, ob auch andere Zahlungen<br />

und Leistungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer als der Grundlohn auf den<br />

<strong>Mindestlohn</strong>anspruch angerechnet werden können und so einen unter dem gesetzlichen<br />

<strong>Mindestlohn</strong> von 8,50 € brutto pro Stunde liegenden Grundlohn ausgleichen<br />

können.<br />

Das Gesetz trifft dazu keine Aussage. Eine zu diesem Thema angekündigte Durchführungsverordnung<br />

liegt bisher noch nicht vor, daher können nicht alle Fragen derzeit<br />

schon zu 100 % rechtssicher beantwortet werden. Dies betrifft insbesondere die Frage<br />

der Anrechnung von Zulagen und Zuschlägen.<br />

Die Einhaltung des MiLoG wird durch die Behörden des Zolls überwacht, daher wird<br />

insbesondere die Auslegung der gesetzlichen Regelungen durch den Zoll für die Arbeitgeber<br />

von besonderem Interesse sein.<br />

Der Zoll ist bereits mit der Überwachung von nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz<br />

(AEntG) verbindlichen Branchenmindestlöhnen befasst. Auf der Internetseite des<br />

Zolls finden sich Hinweise, welche Leistungen der Zoll als anrechenbar betrachtet. Es<br />

ist zu erwarten, dass die Behörden des Zolls die dort für die Branchenmindestlöhne<br />

festgehaltenen Grundsätze auch auf den gesetzlichen <strong>Mindestlohn</strong> übertragen werden,<br />

sofern der Gesetzgeber nicht durch eine Durchführungsverordnung doch noch<br />

andere Vorgaben macht.<br />

Informationen unter<br />

www.zoll.de<br />

1. Beiträge zur Sozialversicherung,<br />

Pauschalabgaben bei Minijobs<br />

Der <strong>Mindestlohn</strong>anspruch ist ein Bruttoanspruch, d.h. die vom Arbeitnehmer zu tragenden<br />

Sozialversicherungsbeiträge werden davon abgezogen. Der vom Arbeitgeber<br />

zu tragende Teil der Sozialversicherungsbeiträge kann jedoch nicht vom <strong>Mindestlohn</strong><br />

abgezogen werden.<br />

Arbeitgeberbeiträge<br />

nicht anrechenbar<br />

Auch der vom Arbeitgeber zu tragende Pauschalbeitrag zur Sozialversicherung bei<br />

geringfügig Beschäftigten in Höhe von 30 % kann nicht auf den Arbeitnehmer abgewälzt<br />

und damit auch nicht auf den <strong>Mindestlohn</strong> angerechnet werden. Im Ergebnis<br />

erhält daher der geringfügig Beschäftigte einen deutlich höheren Netto-<strong>Mindestlohn</strong><br />

als sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Nur die 2 % Pauschalversteuerung nach<br />

§ 40 a Abs. 2 EStG können durch vertragliche Vereinbarung auf den Arbeitnehmer<br />

abgewälzt und damit auch vom <strong>Mindestlohn</strong> abgezogen werden.<br />

2. Zuschläge und Zulagen<br />

Zuschläge und Zulagen zum Stundenlohn sind nach jetzigem Stand der Erkenntnisse<br />

nicht auf den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch anrechenbar, wenn der Arbeitnehmer sie dafür<br />

erhält, dass er seine Arbeit unter besonderen/erschwerten Bedingungen erbringen<br />

muss.<br />

So heißt es auf der Internetseite des Zolls zu Branchenmindestlöhnen:<br />

„Vom Arbeitgeber gezahlte Zulagen oder Zuschläge werden als Bestandteile des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />

berücksichtigt, wenn ihre Zahlung nicht von einer Arbeitsleistung des Arbeitnehmers<br />

abhängt, die von der im Tarifvertrag vorgesehenen Normalleistung abweicht.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

17


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn die Zulagen oder Zuschläge zusammen mit anderen<br />

Leistungen des Arbeitgebers ihrem Zweck nach diejenige Arbeitsleistung des Arbeitnehmers<br />

entgelten sollen, die mit dem <strong>Mindestlohn</strong> zu vergüten ist (funktionale<br />

Gleichwertigkeit der zu vergleichenden Leistungen).“<br />

Überträgt man diese auf der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 07.11.2013 –<br />

C-522/12) beruhende Herangehensweise des Zolls auf den gesetzlichen <strong>Mindestlohn</strong> ,<br />

so bedeutet dies, dass Zulagen und Zuschläge, die daran anknüpfen, dass der Arbeitnehmer<br />

zu besonders belastenden Zeiten (z.B. Sonntags, Nachts) oder unter besonders<br />

unangenehmen Bedingungen (z.B. Lärm, Schmutz) arbeitet, wohl nicht angerechnet<br />

werden können.<br />

Geklärt ist die Frage der Anrechnung solcher Zuschläge oder Zulagen aber noch nicht,<br />

daher kann es durchaus sein, dass der Zoll oder ein Arbeitsgericht eine Anrechnung<br />

dieser Zahlungen zulässt, denn der mit dem MiLoG verfolgte Schutz des Arbeitnehmers<br />

wird immer dann erreicht, wenn die Summe aller gezahlten Lohnbestandteile<br />

insgesamt die Höhe des vorgeschriebenen <strong>Mindestlohn</strong>s erreicht. So hat beispielsweise<br />

bereits im Jahr 2002 das Bayerische Oberlandesgericht in einem Fall entschieden,<br />

in dem es um einen Branchenmindestlohn nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz<br />

(AEntG) ging ( BayObLG, Beschluss vom 28.05.2002 – 3 ObOWi 29/02).<br />

Auf den <strong>Mindestlohn</strong> anrechenbar müssen Zuschläge oder Zulagen jedenfalls aber<br />

dann sein, wenn der Zweck des Arbeitsverhältnisses gerade darin besteht, die Arbeiten,<br />

an die diese anknüpfen, auszuführen. Wenn das Verrichten von Arbeiten unter<br />

erschwerten Bedingungen zu der „Normalleistung“ des Arbeitnehmers gehört, sind<br />

daran anknüpfende Zulagen funktionell gleichwertig mit dem <strong>Mindestlohn</strong> und daher<br />

auch auf diesen anzurechnen.<br />

a) Überstundenzuschläge<br />

Ob Überstundenzuschläge bei der Berechnung des <strong>Mindestlohn</strong>s berücksichtigt werden<br />

können, ist derzeit ungeklärt.<br />

Nach Auffassung des EuGH kann eine Leistung, die der Arbeitgeber dafür zahlt, dass<br />

der Arbeitnehmer ein Mehr an Arbeit erbringt, auf einen <strong>Mindestlohn</strong>anspruch nicht<br />

angerechnet werden (Urteil vom 14.04.2005 – C 341/02).<br />

Vom Sinn und Zweck des <strong>Mindestlohn</strong>s aus betrachtet, ist es jedoch völlig irrelevant,<br />

wie Lohnbestandteile bezeichnet werden. Ziel des Gesetzes ist es, sicherzustellen,<br />

dass ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer bei durchschnittlicher Wochenarbeitszeit<br />

ein Einkommen in Höhe der Pfändungsfreigrenze erzielt (s.o. S. 14).<br />

Daraus leitet Prof. Dr. Franzen in der neusten Auflage des renommierten „Erfurter<br />

Kommentars zum Arbeitsrecht“ die Schlussfolgerung ab, dass die Anrechnung von<br />

Überstundenzuschlägen insoweit möglich sein sollte, als das Zeitmaß des vollzeitbeschäftigten<br />

Arbeitnehmers mit durchschnittlicher Wochenarbeitszeit nicht überschritten<br />

wird. Die durchschnittliche Arbeitszeit in Deutschland liegt bei ca. 42 Arbeitsstunden<br />

pro Woche und ca. 176 Arbeitsstunden pro Monat. Folgt man dieser Auffassung,<br />

könnten Zuschläge für Überstunden, die innerhalb dieser Zeitvorgaben liegen, demnach<br />

mindestlohnwirksam angerechnet werden (vgl. ErfK § 1 MiLoG Rn. 13).<br />

b) Zuschläge für Nachtarbeit<br />

Gemäß § 2 Abs. 3 ArbZG gilt die Zeit von 23 Uhr bis 6 Uhr als Nachtzeit. Wird in dieser<br />

Zeit mehr als zwei Stunden gearbeitet, sieht § 6 Abs. 5 ArbZG vor, dass der Arbeitnehmer<br />

dafür entweder einen Freizeitausgleich oder aber eine finanzielle Abgeltung<br />

erhält.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

18


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

Daraus leitet das BAG in seiner Entscheidung vom 16.04.<strong>2014</strong> – 4 AZR 802/11 ab, dass<br />

diese auf den (in dem entschiedenen Fall tariflichen) <strong>Mindestlohn</strong>anspruch nicht anrechenbar<br />

sind.<br />

Etwas anderes könnte aber unter Umständen für Nachtzuschläge gelten, die außerhalb<br />

des gesetzlichen Nachtarbeitszeitraums von 23-6 Uhr gezahlt werden. So beginnt<br />

die zuschlagspflichtige „Nachtzeit“ nach § 8 Ziff.1 a) MTV Druck bereits um 18<br />

Uhr. Somit stünde jedenfalls die gesetzliche Regelung des § 6 Abs. 5 ArbZG einer<br />

Anrechnung nicht entgegen.<br />

c) Samstagszuschläge, Sonn- und Feiertagszuschläge, Antrittsgebühr<br />

Zuschläge für Arbeit an Wochenenden und Feiertagen, die auf Grund des Arbeitsvertrages<br />

oder nach § 8 MTV Druck gezahlt werden, einschließlich der Antrittsgebühr<br />

nach § 7 Ziff. 4 MTV Druck, sind nach den oben bereits dargestellten Grundsätzen<br />

wohl nicht auf den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch anzurechnen. Denn diese Zuschläge sollen<br />

eine Tätigkeit zu „besonders unangenehmen Zeiten“ abgelten. Etwas anderes kann<br />

dann gelten, wenn der Arbeitnehmer ausschließlich an Wochenenden oder Feiertagen<br />

tätig ist und dies also zu seiner „Normalleistung“ gehört. Dann müsste ein gezahlter<br />

Zuschlag auf den <strong>Mindestlohn</strong> anrechenbar sein.<br />

d) Schichtzuschläge<br />

Geht man davon aus, dass Schicht- bzw. Wechselschichtzuschläge eine Arbeitsleistung<br />

unter besonderen/erschwerten Bedingungen abgelten sollen, so sind diese Zuschläge<br />

wahrscheinlich nicht auf den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch anzurechnen.<br />

Etwas anderes kann dann gelten, wenn der Arbeitnehmer ausschließlich im Schichtdienst<br />

tätig ist und dies also zu seiner „Normalleistung“ gehört. Dann müsste ein<br />

Schichtzuschlag auf den <strong>Mindestlohn</strong> anrechenbar sein.<br />

e) Erschwerniszulagen<br />

Für Erschwerniszulagen wie Schmutzzulagen, Gefahrenzulagen und andere an besonders<br />

unangenehme, beschwerliche oder gefährliche Umstände anknüpfende Zulagen<br />

gilt, dass diese in der Regel besondere Umstände der Arbeitserbringung ausgleichen<br />

sollen, die über die „Normalleistung“ des Arbeitnehmers hinausgehen. Demzufolge<br />

sind diese Zulagen wahrscheinlich nicht berücksichtigungsfähig.<br />

Auf den <strong>Mindestlohn</strong> anrechenbar müssten Erschwerniszulagen aber dann sein, wenn<br />

das Verrichten von Arbeiten unter erschwerten Bedingungen zu seiner „Normalleistung“<br />

gehört.<br />

3. Variable Vergütungen<br />

Ob Ansprüche auf variable Vergütungen wie Provisionen, Erfolgsbeteiligungen, Prämien<br />

o.Ä. auf den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch angerechnet werden können, hängt davon<br />

ab, ob sie zum Fälligkeitszeitpunkt tatsächlich und unwiderruflich ausgezahlt wurden.<br />

Variable Vergütungen<br />

müssen <strong>Mindestlohn</strong><br />

garantieren<br />

Beispiel:<br />

Ein Vertreter mit monatlich 160 Arbeitsstunden erhält ein Gehalt von 1.000 €,<br />

hinzu kommen Provisionen. Sein monatliches Gehalt beträgt damit in der<br />

Regel insgesamt etwa 2.000 €.<br />

Der <strong>Mindestlohn</strong>anspruch beträgt bei 160 Stunden 1.360 €. Sofern der Arbeitnehmer<br />

in jedem Monat tatsächlich mindestens diesen Betrag erhält und die<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

19


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

Provisionszahlung auch nicht unter dem Vorbehalt späterer Rückforderungen<br />

oder Verrechnungen mit Lohnansprüchen in anderen Monaten erfolgt, ist der<br />

<strong>Mindestlohn</strong>anspruch erfüllt.<br />

Liegt das Gesamteinkommen auf Grund eines schlechten Provisionsergebnisses<br />

in einem Monat jedoch darunter, so muss der Arbeitgeber eine Mindestprovision<br />

auszahlen, die den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch zusammen mit dem Festgehalt<br />

abdeckt.<br />

4. Sonderzahlungen (Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld,<br />

Jahresleistung)<br />

Sonderzahlungen, die nur einmal jährlich ausgezahlt werden, können jeweils nur im<br />

Auszahlungsmonat auf den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch angerechnet werden. Zu diesen<br />

Sonder- oder Einmalzahlungen zählen beispielsweise Urlaubs- und Weihnachtsgeld<br />

oder die tarifliche Jahresleistung.<br />

Anrechnung bei monatlicher<br />

Auszahlung<br />

Sollen diese Leistungen auf den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch angerechnet werden, müssen<br />

sie künftig anteilig in monatlichen Raten ausgezahlt werden.<br />

Eine Anrechnung dieser anteiligen Zahlungen auf den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch ist jedoch<br />

nur dann möglich, wenn der Arbeitgeber diese unwiderruflich auszahlt und nicht<br />

später (z.B. wegen des Endes des Arbeitsverhältnisses oder weil Urlaub nicht genommen<br />

wurde) wieder zurückfordern kann.<br />

Sofern der Arbeitgeber die Auszahlungsweise von Einmalzahlungen ändern will, ist<br />

dazu eine Änderung des Arbeitsvertrages sowie eine Änderung ggf. bestehender betrieblicher<br />

Regelungen unter Mitwirkung des Betriebsrates erforderlich.<br />

5. Sachbezüge<br />

Sachbezüge, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gewährt, wie Gutscheine, Kost<br />

und Logis, Nutzung eines Dienstwagens etc., können grundsätzlich auf den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch<br />

angerechnet werden.<br />

Für die Umrechnung des Werts der Sachbezüge in Geld kann die Sozialversicherungsentgeltverordnung<br />

herangezogen werden. Das Bundesministerium für Arbeit und<br />

Soziales sowie das Bundesfinanzministerium haben angekündigt, hierzu Leitlinien zu<br />

erarbeiten, die auch für die Kontrollen der Zollbehörden verbindlich sein sollen.<br />

In der Praxis wird aber wahrscheinlich für eine Anrechnung von Sachleistungen auf<br />

den <strong>Mindestlohn</strong> nach derzeitiger Rechtslage wenig Raum bleiben, da nach § 107<br />

Abs. 2 S. 1 GewO der unpfändbare Teil des Arbeitseinkommens stets in Geld ausgezahlt<br />

werden muss. Dieser unpfändbare Betrag liegt ausweislich der zu § 850c Abs. 1<br />

ZPO veröffentlichten Pfändungstabelle für einen Arbeitnehmer ohne Unterhaltspflichten<br />

derzeit bei 1.045,04 € netto pro Monat; bei bestehenden Unterhaltspflichten<br />

für Ehe- bzw. Lebenspartner oder Kinder erhöht sich dieser Betrag.<br />

Leitlinien von BMAS<br />

und BMF angekündigt<br />

kaum Spielraum für<br />

Sachbezüge<br />

Das Nettoeinkommen bei einer Bezahlung auf <strong>Mindestlohn</strong>-Niveau liegt damit je<br />

nach bestehenden Unterhaltspflichten kaum über bzw. sogar deutlich unter der Pfändungsfreigrenze<br />

nach § 850c Abs. 1 ZPO.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

20


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

6. Aufwendungsersatz, Wegegeld<br />

Zahlungen, die nur einen dem Arbeitnehmer entstandenen Aufwand ausgleichen<br />

sollen, können nicht auf den <strong>Mindestlohn</strong> angerechnet werden, weil sie keine Gegenleistung<br />

für die Arbeitsleistung darstellen. Dazu gehören auch die Erstattungen von<br />

Reise- und Fortbildungskosten durch den Arbeitgeber.<br />

Wegegelder können dann auf den <strong>Mindestlohn</strong> angerechnet werden, wenn sie als<br />

Vergütung der für die Zurücklegung des Wegs erforderlichen Zeit bestimmt sind.<br />

Wegegelder können<br />

Arbeitslohn sein<br />

7. Vermögenswirksame Leistungen<br />

Vermögenswirksame Leistungen im Sinne des Fünften Vermögensbildungsgesetzes,<br />

auf die der Arbeitnehmer nach seinem Arbeitsvertrag oder einem geltenden Tarifvertrag<br />

einen Anspruch hat, sind auf den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch nicht anrechenbar. Nach<br />

der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 07.11.2013 – C-522/12) und des BAG (Urteil<br />

vom 16.04.<strong>2014</strong> – 4 AZR 802/11) dienen vermögenswirksame Leistungen nicht in erster<br />

Linie als Gegenleistung für die Arbeitsleistung, sondern dem langfristigen Vermögensaufbau<br />

auf Seiten des Arbeitnehmers.<br />

8. Betriebliche Altersversorgung, Entgeltumwandlung<br />

Nach § 1a Betriebsrentengesetz (BetrAVG) kann der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber<br />

verlangen, dass von seinen künftigen Entgeltansprüchen bis maximal 4 %<br />

der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung<br />

durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersvorsorge verwendet werden.<br />

Das MiLoG lässt eine solche Entgeltumwandlung unberührt; sie bleibt weiterhin möglich.<br />

Vereinbaren Arbeitnehmer und Arbeitgeber nach § 1a BetrAVG, dass der Arbeitnehmer<br />

Teile seines Arbeitsentgelts für die Zwecke der Betrieblichen Altersvorsorge<br />

verwenden will, so kann der dann verbleibende ausgezahlte Stundenlohn rechnerisch<br />

unterhalb von 8,50 € pro Stunde liegen. Entgeltumwandlungsbeträge werden also auf<br />

den <strong>Mindestlohn</strong> angerechnet.<br />

Entgeltumwandlung kann<br />

zu niedrigerem Stundenlohn<br />

führen<br />

Anders ist dies allerdings wohl bei Arbeitgeber-Beiträgen zur Betrieblichen Altersvorsorge.<br />

Diese dienen ebenso wie Vermögenswirksame Leistungen (s.o.) dem langfristigen<br />

Vermögensaufbau, nicht aber der Bestreitung des regelmäßigen Lebensunterhalts.<br />

Daher können arbeitgeberfinanzierte Beiträge zur Betrieblichen Altersvorsorge<br />

wahrscheinlich nicht auf den <strong>Mindestlohn</strong> angerechnet werden.<br />

9. Trinkgelder<br />

Trinkgelder, die von Dritten freiwillig an Arbeitnehmer gezahlt werden, sind grundsätzlich<br />

kein Arbeitsentgelt und können daher in der Regel nicht auf den <strong>Mindestlohn</strong><br />

angerechnet werden.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

21


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

IV.<br />

Fälligkeit des <strong>Mindestlohn</strong>s und<br />

Arbeitszeitkonten<br />

1. Grundsatz: Zwei-Monats-Rhythmus<br />

Die Fälligkeit des <strong>Mindestlohn</strong>s, also der Zeitpunkt der Auszahlung an den Arbeitnehmer,<br />

ist in § 2 Abs. 1 MiLoG geregelt.<br />

Der <strong>Mindestlohn</strong> ist grundsätzlich zum im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag festgelegten<br />

Zeitpunkt zu zahlen.<br />

Spätestens (d.h. wenn keine frühere Fälligkeit vereinbart ist) muss der Arbeitgeber<br />

den <strong>Mindestlohn</strong> jedoch bis zum letzten Bankarbeitstag (Frankfurt am Main) des Monats<br />

auszahlen, der auf den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde.<br />

Eine spätere Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s stellt eine nach § 21 Abs. 1 Nr. 9 bußgeldbewehrte<br />

Ordnungswidrigkeit dar.<br />

Bis zu diesem Zeitpunkt sind grundsätzlich nicht nur die vereinbarten Arbeitsstunden,<br />

sondern sämtliche tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden zum <strong>Mindestlohn</strong>satz auszuzahlen,<br />

es sei denn, sie werden in ein <strong>Mindestlohn</strong>-konformes Arbeitszeitkonto<br />

eingestellt (s.u.).<br />

2. Gleich bleibender Monatslohn<br />

Da der <strong>Mindestlohn</strong> ein Stundenlohn ist, ist es fraglich, ob bei einer Bezahlung genau<br />

in Höhe des <strong>Mindestlohn</strong>s künftig noch eine Zahlung eines gleich bleibenden Monatslohns<br />

möglich ist.<br />

<strong>Mindestlohn</strong> und<br />

verstetigter Monatslohn<br />

Nach dem MiLoG hat der Arbeitnehmer Anspruch auf 8,50 € pro Arbeitsstunde, die<br />

Anzahl der gearbeiteten Stunden schwankt aber regelmäßig pro Monat, da die Monate<br />

unterschiedlich viele Arbeitstage haben.<br />

Beispiel:<br />

Ein Arbeitnehmer (Berlin) arbeitet 40 Stunden pro Woche, 8 Stunden pro Tag<br />

bei einer 5-Tage-Woche. Der Arbeitgeber will genau den <strong>Mindestlohn</strong> zahlen.<br />

Der <strong>Mindestlohn</strong>-Anspruch schwankt auf Grund der unterschiedlichen Zahl der<br />

Arbeitstage im Jahr 2015 pro Monat zwischen 1.224 € bei 18 Arbeitstagen und<br />

1.564 € bei 23 Arbeitstagen.<br />

Die Zahlung eines gleich bleibenden Monatslohns wäre hier möglich, wenn jeden<br />

Monat mindestens 1.564 € ausgezahlt würden, dann würde aber in einigen<br />

Monaten mehr als der <strong>Mindestlohn</strong> gezahlt. Eine Alternative wäre die Nutzung<br />

von Arbeitszeitkonten, s. dazu das Beispiel auf S. 21.<br />

3. Arbeitszeitkonten<br />

Von den oben dargestellten Grundsätzen abweichend können nach § 2 Abs. 2 MiLoG<br />

bei verstetigten Arbeitseinkommen (z.B. bei einem regelmäßig in gleicher Höhe gezahlten<br />

Monatslohn) die Arbeitsstunden, die über die vertraglich vereinbarte<br />

Arbeitszeit hinaus geleistet worden sind, auf ein Arbeitszeitkonto eingestellt werden,<br />

wenn dem Arbeitszeitkonto eine schriftliche Vereinbarung zugrunde liegt.<br />

Arbeitszeitkonten = nur<br />

„Überstunden“<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

22


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

Eine schriftliche Vereinbarung liegt auch vor, wenn das Arbeitszeitkonto in einer Betriebsvereinbarung<br />

oder in einem normativ bzw. infolge schriftlicher Inbezugnahme<br />

geltenden Tarifvertrag geregelt ist. Auf dem Arbeitszeitkonto dürfen monatlich jeweils<br />

nicht mehr als 50 % der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit eingestellt werden.<br />

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Arbeitsstunden, die auf einem solchen Arbeitszeitkonto<br />

eingestellt worden sind, spätestens innerhalb von zwölf Kalendermonaten nach<br />

ihrer Erfassung durch bezahlte Freizeitgewährung oder durch Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />

auszugleichen.<br />

Schriftliche Vereinbarung<br />

max. 50% der vereinbarten<br />

Arbeitszeit<br />

Ausgleich nach 12 Monaten<br />

Diese Regelung zu Arbeitszeitkonten könnte genutzt werden, um die Zahlung eines<br />

gleich bleibenden Monatslohns in einem <strong>Mindestlohn</strong>-Arbeitsverhältnis zu erreichen.<br />

Beispiel:<br />

Ein Arbeitnehmer arbeitet 8 Stunden pro Tag bei einer 5-Tage-Woche. Es wird<br />

eine monatliche Arbeitszeit von 144 Stunden und ein darauf basierender gleich<br />

bleibender Monatslohn in Höhe von 1.224 € vereinbart. Zusätzlich kann der<br />

Arbeitgeber bis zu 40 Überstunden pro Monat anordnen.<br />

Geleistete Überstunden werden in ein Arbeitszeitkonto gebucht und innerhalb<br />

von 12 Monaten durch Freizeit oder Auszahlung ausgeglichen.<br />

Wird das Arbeitsverhältnis beendet, muss der Arbeitgeber die auf dem Arbeitszeitkonto<br />

eingestellten Arbeitsstunden am Ende des auf die Beendigung folgenden Kalendermonats<br />

ausgleichen.<br />

Ausgleich bei Ende des<br />

Arbeitsverhältnisses<br />

4. Arbeitszeitkonten mit Ausgleichszeiträumen über 12 Monate<br />

In der Praxis werden Arbeitszeitkonten (auch Flexikonten genannt) häufig mit Ausgleichszeiträumen<br />

geführt, die über 12 Monate hinausgehen. Aufgebautes Zeitguthaben<br />

wird oftmals erst innerhalb von 2 oder 3 Jahren durch Freizeit oder Auszahlung<br />

ausgeglichen. Diese Möglichkeit sieht auch der MTV Druck vor. Insbesondere bei Arbeitsverhältnissen,<br />

die mit einem Lohn nahe dem <strong>Mindestlohn</strong> vergütet werden, wird<br />

dies so in Zukunft nicht mehr zulässig sein. Bestehende Betriebsvereinbarungen zur<br />

Nutzung von Arbeitszeitkonten sollten daher überprüft werden.<br />

Längere Ausgleichszeiträume<br />

nur bei Bezahlung über<br />

<strong>Mindestlohn</strong><br />

a) Ausnahme: Erfüllung des <strong>Mindestlohn</strong>s durch verstetigtes Entgelt<br />

Die Verpflichtung zum Ausgleich von Überstunden innerhalb von 12 Monaten und die<br />

Begrenzung einzustellender Überstunden auf 50 % der vereinbarten Arbeitszeit gelten<br />

nicht, wenn der <strong>Mindestlohn</strong>anspruch für die geleisteten Arbeitsstunden rechnerisch<br />

bereits durch die Zahlung eines verstetigen (Monats-)Entgelts erfüllt ist, § 2 Abs.<br />

2 MiLoG.<br />

Berechnung: Monatslohn ÷ geleistete Arbeitsstunden ≥ 8,50€<br />

Es empfiehlt sich daher, insbesondere für <strong>Mindestlohn</strong>-nahe Arbeitsverhältnisse oder<br />

bei Arbeitsverhältnissen, innerhalb derer die geleisteten Arbeitsstunden stark<br />

schwanken, an Hand des gezahlten Monatslohns eine <strong>Mindestlohn</strong>-spezifische monatliche<br />

Arbeitszeitgrenze zu ermitteln.<br />

Monatliche Arbeitszeit-<br />

Obergrenze festlegen<br />

Beispiel:<br />

Bei einem Monatslohn von 1.500€ sind 176 Stunden vom <strong>Mindestlohn</strong>anspruch<br />

gedeckt: 176 × 8,50 € = 1.496€.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

23


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

Wird diese Zeitgrenze nicht überschritten, so greifen die Regelungen des MiLoG zum<br />

Ausgleich von Arbeitszeitkonten nicht. In Arbeitszeitkonten eingestellte Überstunden<br />

können in diesem Fall auch später als nach 12 Monaten ausgeglichen werden.<br />

Wenn jedoch nur genau der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong> gezahlt wird, sind Zeitguthaben<br />

immer nach Ablauf von 12 Monaten auszugleichen.<br />

Die Grenze, oberhalb derer (bei dem derzeitigen <strong>Mindestlohn</strong> von 8,50 €/Std.) keine<br />

Verpflichtung zum Ausgleich von Zeitguthaben nach 12 Monaten besteht, liegt bei<br />

einem Monatslohn von 2.295 €. Bei diesem Monatslohn ist in jedem Fall die nach dem<br />

Arbeitszeitgesetz maximal erreichbare Stundenanzahl mit dem <strong>Mindestlohn</strong> abgegolten:<br />

Orientierungsgröße<br />

2.295 €<br />

Bei nach dem Arbeitszeitgesetz maximal zulässigen 60 Stunden Arbeit pro Woche<br />

und 10 Stunden pro Tag ergeben sich bei einem Monat mit 31 Tagen maximal erreichbare<br />

270 Arbeitsstunden (4 Wochen × 60 Stunden + 3 Tage × 10 Stunden). Diese müssen<br />

bei einem <strong>Mindestlohn</strong> von derzeit 8,50 € mit einem <strong>Mindestlohn</strong> in diesem Monat<br />

in Höhe von 2.295 € vergütet werden.<br />

Bei Einhaltung der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes sind somit alle maximal in<br />

einem Monat anfallenden Arbeitsstunden mit dem Monatsentgelt mindestlohnkonform<br />

abgegolten.<br />

b) Einrichtung von getrennten Arbeitszeitkonten<br />

Soweit die geleisteten Arbeitsstunden nicht durch das ausgezahlte verstetigte Entgelt<br />

mit dem <strong>Mindestlohn</strong> vergütet sind, sind die in Arbeitszeitkonten eingestellten Zeitguthaben<br />

innerhalb von 12 Monaten durch Freizeit oder Auszahlung auszugleichen.<br />

MiLoG-Arbeitszeitkonto<br />

Offen ist dabei, ob in solchen Fällen das gesamte Arbeitszeitkonto betroffen ist oder<br />

ob es zweigeteilt werden muss - nämlich in ein „normales Arbeitszeitkonto“ und ein<br />

„MiLoG-Arbeitszeitkonto“. Der Gesetzeswortlaut spricht für eine Zweiteilung.<br />

Der Arbeitgeber muss also immer genau berechnen, in welcher Höhe mit dem verstetigten<br />

Arbeitsentgelt eventuelle Mehrarbeit noch in <strong>Mindestlohn</strong>höhe abgegolten<br />

wird. Bis zu dieser Grenze kann Zeitguthaben wie bisher in ein Arbeitszeitkonto mit<br />

einem längeren Ausgleichszeitraum als 12 Monate gebucht werden.<br />

Bei Überschreiten dieser Grenze muss er für betroffene Arbeitnehmer jeweils ein<br />

zusätzliches Arbeitszeitkonto nach dem <strong>Mindestlohn</strong>gesetz einrichten, führen und<br />

ausgleichen.<br />

Beispiel 1: Zwei Arbeitszeitkonten – Monatsbetrachtung<br />

Ein Arbeitnehmer arbeitet 80 Stunden pro Monat und erhält dafür einen Monatslohn<br />

in Höhe von 760 €. Dies ergibt einen rechnerischen Stundenlohn von<br />

9,50 €/Std.<br />

Nach der bisherigen Vereinbarung arbeitet der Arbeitnehmer häufig einige<br />

Stunden mehr pro Monat, diese werden später durch Freizeit ausgeglichen,<br />

eine zusätzliche Vergütung erfolgt nicht.<br />

Im Januar 2015 arbeitet der Arbeitnehmer 100 Stunden, leistet also 20 Überstunden.<br />

Sein rechnerischer Stunden-Lohn beträgt daher 7,60 €.<br />

Der <strong>Mindestlohn</strong>anspruch für 100 Stunden beträgt aber 850 €, d.h. in Höhe von<br />

90 € ist der <strong>Mindestlohn</strong>anspruch nicht erfüllt.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

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Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

Diese 90 € muss der Arbeitgeber spätestens am nächsten Monatsende auszahlen<br />

oder in ein schriftlich vereinbartes Arbeitszeitkonto einstellen und innerhalb<br />

von 12 Monaten durch Freizeit oder Auszahlung ausgleichen.<br />

Weitere 100 € (Differenz <strong>Mindestlohn</strong>-Stundenlohn für die 20 Überstunden)<br />

können auch zu späterem Zeitpunkt (durch Freizeit oder Auszahlung) ausgeglichen<br />

werden. Hierzu kann ein zweites Arbeitszeitkonto mit einem längeren<br />

Ausgleichszeitraum geführt werden.<br />

Beispiel 2: Zwei Arbeitszeitkonten – Jahresbetrachtung<br />

Ein Arbeitnehmer arbeitet 80 Stunden pro Monat bei einem Monatslohn iHv<br />

760 € (d.h. 9,50 €/Std.). Geleistete Überstunden werden monatlich in ein<br />

schriftlich vereinbartes Arbeitszeitkonto gebucht. Einmal im Jahr (Dezember)<br />

wird das Arbeitszeitkonto durch Auszahlung der Plusstunden ausgeglichen.<br />

Das AZ-Konto weist im Dezember 200 Plusstunden auf, d.h. der Arbeitnehmer<br />

hat im Jahr 1.160 Stunden gearbeitet: (12 × 80)+200 = 1.160 Stunden<br />

Der Arbeitnehmer hat im Jahr 2015 erhalten: 12 × 760 € = 9.120 €<br />

Maximal 1.072 Stunden wären vom <strong>Mindestlohn</strong> abgedeckt:<br />

9.120 € ÷ 8,50 € = 1072,94<br />

Der <strong>Mindestlohn</strong>-Anspruch für die geleisteten 1.160 Stunden beträgt 9.860 €:<br />

1.160 × 8,50 € = 9.860 €<br />

Daraus ergibt sich eine Differenz des gezahlten Jahres-Lohns zum <strong>Mindestlohn</strong>-Anspruch<br />

in Höhe von 740 €: 9.860 – 9.120 = 740 €<br />

Diese 740 € müssen im Dezember ausgezahlt werden.<br />

Auf Grund seines vereinbarten Stundenlohns von 9,50 € stehen ihm für die geleisteten<br />

200 Überstunden jedoch insgesamt 1.900 € zu.<br />

Die nach Abzug des im Dezember auszugleichenden <strong>Mindestlohn</strong>-Anteils i.H.v.<br />

740 € verbleibenden 1.160 € können zu einem späteren Zeitpunkt ausgeglichen<br />

werden. Hierzu kann ein zweites Arbeitszeitkonto mit einem längeren Ausgleichszeitraum<br />

eingerichtet werden.<br />

5. Langzeitkonten, Altersteilzeit<br />

Die Regelung in § 2 Abs. 3 MiLoG stellt klar, dass für Wertguthabenvereinbarungen im<br />

Sinne des §§ 7b ff. SGB IV (Langzeitkonten/Lebensarbeitszeitkonten einschließlich<br />

Altersteilzeitvereinbarungen) die Fälligkeitsregelung nach § 2 Abs. 1 MiLoG und die<br />

Ausgleichspflicht nach 12 Monaten nach § 2 Abs.2 MiLoG nicht gilt. Diese Zeitguthaben<br />

werden aufgebaut, um z.B. bezahlte Freistellungen oder Teilzeitvereinbarungen<br />

vor der Rente, während Eltern-, Familien- oder Pflegezeiten bzw. zu Fortbildungszwecken<br />

zu finanzieren. Die Auszahlung von Arbeitsentgelt, das in solche Wertguthaben<br />

eingebracht wird, ist nach Ansicht des Gesetzgebers durch die einschlägigen Regelungen<br />

im Sozialgesetzbuch hinreichend gesichert.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

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Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

V. Kann der <strong>Mindestlohn</strong>-Anspruch entfallen?<br />

Nach dem MiLoG ist der <strong>Mindestlohn</strong>anspruch „unabdingbar“. Vereinbarungen, die<br />

den Anspruch auf den <strong>Mindestlohn</strong> unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken<br />

oder ausschließen, sind insoweit unwirksam (§ 3 Satz 1 MiLoG).<br />

Auch wenn der Arbeitnehmer demnach einem Arbeitsvertrag zustimmt, der einen<br />

unter dem <strong>Mindestlohn</strong> liegenden Lohn vorsieht, hat der Arbeitnehmer trotzdem<br />

Anspruch auf den <strong>Mindestlohn</strong>.<br />

Vereinbarungen unterhalb<br />

des <strong>Mindestlohn</strong>s sind<br />

unwirksam<br />

Außer in den Übergangsfällen des § 24 kann von der Verpflichtung zur Zahlung des<br />

<strong>Mindestlohn</strong>es nach § 1 nicht abgewichen werden, soweit dies für den Arbeitnehmer<br />

ungünstiger wäre.<br />

1. Verzicht<br />

Nach § 3 S. 2 MiLoG ist ein Verzicht des Arbeitnehmers auf den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch<br />

grundsätzlich unzulässig.<br />

Zulässig ist nur ein Verzicht auf bereits entstandene (= nicht zukünftige!) <strong>Mindestlohn</strong>ansprüche<br />

im Wege des gerichtlichen Vergleichs, weil dies nach der Gesetzesbegründung<br />

einen „ausreichenden Schutz des Arbeitnehmers vor einem ungerechtfertigten<br />

Verlust des <strong>Mindestlohn</strong>anspruchs“ sicherstellt.<br />

Verzicht nur durch<br />

gerichtlichen Vergleich<br />

Ein gerichtlicher Vergleich kann in einem anhängigen Gerichtsverfahren zwischen<br />

Arbeitgeber und Arbeitnehmer innerhalb der Güteverhandlung oder später im Laufe<br />

des Verfahrens geschlossen werden.<br />

Unklar ist nach der Formulierung des Gesetzes, ob es ausreicht, wenn Arbeitgeber und<br />

Arbeitnehmer selbst dem Gericht einen Vergleichsvorschlag unterbreiten und das<br />

Zustandekommen dieses Vorschlags anschließend durch das Gericht nur noch durch<br />

Beschluss festgestellt wird (§ 278 Abs. 6 S. 1 Alt. 1, S. 2 ZPO).<br />

Der Arbeitgeber sollte daher darauf hinwirken, dass das Gericht einen Vorschlag der<br />

Parteien inhaltlich aufgreift und als eigenen Vorschlag unterbreitet.<br />

Ein außergerichtlicher Vergleich, eine Aufhebungsvereinbarung oder ein Abwicklungsvertrag<br />

zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, der einen Verzicht auf <strong>Mindestlohn</strong>-Ansprüche<br />

enthält, ist unzulässig. Der <strong>Mindestlohn</strong>anspruch bliebe in diesem<br />

Fall bestehen.<br />

Auf Ansprüche, die vom <strong>Mindestlohn</strong>gesetz nicht erfasst werden, kann der Arbeitnehmer<br />

jedoch weiterhin wirksam außerhalb eines gerichtlichen Vergleichs verzichten.<br />

2. Ausschlussfristen<br />

Ausschlussfristen (teilweise auch als Verfallklauseln oder Verwirkungsklauseln bezeichnet)<br />

sind in fast allen Arbeits- und Tarifverträgen enthalten. Gemeint sind Regelungen,<br />

die nach Ablauf einer genannten Frist einen Anspruch aus dem Arbeits- oder<br />

Tarifvertrag zum Erlöschen bringen, es sei denn, dieser wurde rechtzeitig gegenüber<br />

dem Vertragspartner geltend gemacht. Sie dienen dazu, eine Klärung gegenseitiger<br />

Ansprüche zu beschleunigen und damit zur raschen Wiederherstellung des „Rechtsfriedens“<br />

im Arbeitsverhältnis beizutragen.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

26


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

Bisher ist unklar, ob Ausschlussfristen künftig wirksam sind, sofern sie Ansprüche<br />

nach dem <strong>Mindestlohn</strong>gesetz nicht ausdrücklich ausnehmen.<br />

Der Gesetzgeber geht offenbar davon aus, dass der <strong>Mindestlohn</strong> von 8,50 € pro Stunde<br />

in jedem Lohn oder Gehalt als gesetzlich garantierter Mindestanspruch enthalten<br />

ist. Da Vereinbarungen, die die Geltendmachung des <strong>Mindestlohn</strong>anspruchs beschränken<br />

oder ausschließen, unwirksam sind (3 § S. 2 MiLoG), könnten Ausschlussfristen<br />

demzufolge den Anteil des Lohns oder Gehalts, der in seiner Höhe dem <strong>Mindestlohn</strong><br />

entspricht, nicht zum Erlöschen bringen.<br />

Wenn es tatsächlich so ist, dass jedes Arbeitsverhältnis auch ein <strong>Mindestlohn</strong>-<br />

Arbeitsverhältnis ist, stellt sich die Frage, ob in Tarifverträgen oder Arbeitsverträgen<br />

enthaltene Regelungen zu Ausschlussfristen so angepasst werden müssten, dass der<br />

<strong>Mindestlohn</strong>-Anspruch nicht erfasst ist.<br />

Ist jeder Arbeitnehmer auch<br />

ein „Mindestlöhner“?<br />

Derzeit sind zu dieser – bisher nicht geklärten Frage – drei Auslegungen denkbar:<br />

a) Greift § 3 MiLoG bei Vergütung oberhalb des <strong>Mindestlohn</strong>s?<br />

Nach einer Auslegung greift die Regelung in § 3 S. 1 MiLoG, dass Vereinbarungen, die<br />

die Geltendmachung des <strong>Mindestlohn</strong>es ausschließen oder beschränken, insoweit<br />

unwirksam sind, nicht, wenn es sich nicht um ein „<strong>Mindestlohn</strong>-Arbeitsverhältnis“<br />

handelt, d.h. der vereinbarte oder tarifliche Lohn (deutlich) über 8,50 € liegt.<br />

Dann wären alle Ausschlussfristen in Arbeitsverhältnissen oberhalb des <strong>Mindestlohn</strong>bereichs<br />

in ihrer bisherigen Fassung unverändert wirksam, es bestünde kein Änderungsbedarf<br />

bei entsprechenden Klauseln im Arbeits- oder Tarifvertrag. Sofern der<br />

Arbeitnehmer einen Anspruch auf einen Lohn oberhalb von 8,50 € hat, würde weiterhin<br />

der gesamte Lohnanspruch (auch ein fiktiver „<strong>Mindestlohn</strong>-Anteil“) nach Ablauf<br />

der Ausschlussfristen verfallen.<br />

Diese Position ist vom Sinn und Zweck des <strong>Mindestlohn</strong>gesetzes her betrachtet, nämlich<br />

einen Mindestschutz in Höhe des Existenzminimums für gering entlohnte Arbeitnehmer<br />

zu schaffen, zutreffend. Ein vergleichbares Schutzbedürfnis besteht bei Arbeitnehmern,<br />

deren Lohn oder Gehalt unter Umständen um ein Vielfaches darüber<br />

liegt, nicht.<br />

Schwierig ist hier jedoch, eine Grenze festzulegen, wann eine so deutliche Überschreitung<br />

des <strong>Mindestlohn</strong>anspruchs gegeben ist, dass der Schutz der Unabdingbarkeit<br />

nach § 3 MiLoG nicht mehr benötigt wird. Ein Stundenlohn von 8,51 € dürfte jedenfalls<br />

nicht ausreichend sein.<br />

b) Ausschlussfristen insgesamt unwirksam?<br />

Nach einer anderen denkbaren Auslegung sind Ausschlussfristen, die den <strong>Mindestlohn</strong>anteil<br />

des Arbeitsentgeltes nicht ausdrücklich ausnehmen, insgesamt unwirksam.<br />

Das würde bedeuten, dass auch nicht vom <strong>Mindestlohn</strong>gesetz erfasste Ansprüche,<br />

wie über 8,50 € pro Stunde liegende Entgeltbestandteile, Zuschläge, Sonderzahlungen<br />

etc. nicht mehr verfallen könnten.<br />

Zur Begründung wird hier die so genannte AGB-Kontrolle nach §§ 305 BGB ff. herangezogen.<br />

Nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB sind Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />

(zu denen auch vorformulierte Vertragsbedingungen eines Arbeitsvertrages<br />

zählen können) unwirksam, wenn sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligen.<br />

Eine solche unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,<br />

dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

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Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

Geht man also davon aus, dass in jedem Arbeitsentgelt ein <strong>Mindestlohn</strong>-Anteil enthalten<br />

ist, der nicht verfallen kann, so könnte eine Ausschlussklausel, aus der dies nicht<br />

deutlich hervorgeht, unklar und damit unwirksam sein.<br />

Für Altfälle, also Arbeitsverträge, die vor dem Inkrafttreten des MiLoG geschlossen<br />

wurden, kann eine solche Folge bereits aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht<br />

angemessen sein.<br />

Aber auch für Neuverträge ist diese Auslegung zu weit gehend und daher abzulehnen.<br />

Eine solche Interpretation schießt deutlich über den Sinn und Zweck der Regelung,<br />

den Arbeitnehmer vor einem Verlust des existenzsichernden <strong>Mindestlohn</strong>s zu schützen,<br />

hinaus.<br />

c) Ausschlussfrist unwirksam, soweit <strong>Mindestlohn</strong>anteil betroffen?<br />

Wenn man davon ausgeht, dass in jedem Lohn oder Gehalt ein nicht abdingbarer<br />

<strong>Mindestlohn</strong>anteil enthalten ist, kann eine Ausschlussklausel im Arbeits- oder Tarifvertrag<br />

auch im Wege der so genannten geltungserhaltenden Reduktion gesetzeskonform<br />

ausgelegt werden.<br />

Eine solche Auslegung der Ausschlussfrist führt dazu, dass die Ausschlussfrist lediglich<br />

nicht wirksam ist, soweit sie den <strong>Mindestlohn</strong>anteil betrifft, d.h. der Arbeitnehmer<br />

behält in jedem Fall seinen Anspruch auf 8,50 € pro Stunde. Darüber hinaus ist die<br />

Ausschlussfrist aber wirksam.<br />

Für die Richtigkeit dieser Auslegung spricht schon der Gesetzestext selbst. Die Unwirksamkeit<br />

tariflicher Ausschlussfristen ist nach § 3 S. 1 MiLoG auf den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch<br />

beschränkt („insoweit“). Eine darüber hinaus gehende Unwirksamkeit von<br />

Ausschlussklauseln war nicht Intention des Gesetzes.<br />

Sofern sich diese Ansicht durchsetzen sollte, besteht an bestehenden Verträgen wie<br />

auch an Neuverträgen eigentlich kein Änderungsbedarf bezüglich der Formulierung<br />

von Ausschlussklauseln.<br />

d) Fazit und Vorschläge für die Formulierung von Ausschlussfristen<br />

Welche der oben dargestellten Auslegungsvarianten zu bestehenden Ausschlussfristen<br />

sich durchsetzen wird, ist derzeit offen.<br />

Für die unter c) genannte Auffassung spricht der Wortlaut des Gesetzes. Um jedoch<br />

möglichst kein Risiko einzugehen, dass ein Arbeitsgericht Ausschlussklauseln, die<br />

<strong>Mindestlohn</strong>ansprüche nicht ausdrücklich ausnehmen, für insgesamt unwirksam erklärt,<br />

mit der Folge, dass auch über den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch hinausgehende Ansprüche<br />

nicht mehr verfallen würden, empfiehlt es sich, folgende Klauseln in neu abzuschließende<br />

oder geänderte Arbeitsverträge aufzunehmen:<br />

aa) Vorschlag Ausschlussfrist bei Tarifbindung<br />

(1) Geldansprüche aus dem Manteltarifvertrag und den Lohntarifverträgen<br />

verfallen, wenn sie nicht unter Einhaltung der tariflichen Ausschlussfristen<br />

geltend gemacht werden.<br />

(2) Alle übrigen Ansprüche des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin und des<br />

Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis, die nicht auf einer Betriebsvereinbarung<br />

oder einem Tarifvertrag beruhen, verfallen, wenn sie nicht spätestens<br />

innerhalb von 3 Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend<br />

gemacht werden.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

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Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

(3) Lehnt der andere Teil den Anspruch schriftlich ab oder erklärt er sich nicht<br />

innerhalb von 2 Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so<br />

verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb einer weiteren Frist von 3 Monaten<br />

nach der Ablehnung oder nach Fristablauf gerichtlich geltend gemacht<br />

wird.<br />

(4) Von dieser Regelung ausgenommen sind Schadensersatzansprüche, die<br />

auf vorsätzlichem Verhalten beruhen, sowie gesetzlich unabdingbare Ansprüche<br />

nach dem <strong>Mindestlohn</strong>gesetz.<br />

bb) Vorschlag Ausschlussfrist ohne Tarifbindung (oT)<br />

(1) Ansprüche des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin und des Arbeitgebers<br />

aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht spätestens innerhalb<br />

von 3 Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.<br />

(2) Lehnt der andere Teil den Anspruch schriftlich ab oder erklärt er sich nicht<br />

innerhalb von 2 Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so<br />

verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb einer weiteren Frist von 3 Monaten<br />

nach der Ablehnung oder nach Fristablauf gerichtlich geltend gemacht<br />

wird.<br />

(3) Von dieser Regelung ausgenommen sind Schadensersatzansprüche, die<br />

auf vorsätzlichem Verhalten beruhen.<br />

(4) Von dieser Regelung ausgenommen sind Schadensersatzansprüche, die<br />

auf vorsätzlichem Verhalten beruhen, sowie gesetzlich unabdingbare Ansprüche<br />

nach dem <strong>Mindestlohn</strong>gesetz.<br />

3. Unbezahlte Überstunden<br />

Nach § 1 Abs. 2 S. 1 MiLoG beträgt der <strong>Mindestlohn</strong> 8,50 € brutto pro Zeitstunde.<br />

Fraglich ist daher, ob Regelungen in Arbeitsverträgen, die vorsehen, dass eine bestimmte<br />

Anzahl von Überstunden unbezahlt geleistet wird bzw. diese mit dem Gehalt<br />

bereits abgegolten sind, weiterhin möglich sind.<br />

Entscheidend ist hier jedoch eine rechnerische Durchschnittsbetrachtung: ein Verstoß<br />

gegen das MiloG durch unbezahlte Überstunden kann nur dann vorliegen, wenn rechnerisch<br />

ein Stundenlohn von 8,50 € unterschritten wird.<br />

Wenn, etwa durch ein verstetigtes Monatsentgelt, im Durchschnitt für jede geleistete<br />

Arbeitsstunde der <strong>Mindestlohn</strong> gezahlt wird, sind die Vorgaben des MiLoG erfüllt.<br />

Kontrollrechnung: Monatslohn ÷ geleistete Arbeitsstunden ≥ 8,50 €<br />

Je größer dabei der Abstand des gezahlten Lohns zum <strong>Mindestlohn</strong> ist, desto größer<br />

ist der „<strong>Mindestlohn</strong>-Puffer“ für Überstunden ohne zusätzliche Bezahlung.<br />

Sieht jedoch ein Arbeitsvertrag nur eine Vergütung genau in Höhe des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />

vor, wäre eine pauschale Abgeltung von Überstunden mit dem gezahlten Lohn wegen<br />

Verstoßes gegen § 3 Satz 1 MiLoG unwirksam. Die entsprechenden Überstunden<br />

müssten mindestens mit 8,50 € pro Stunde nachvergütet bzw. in ein Arbeitszeitkonto<br />

eingestellt und ausgeglichen werden (s.o. S. 20 f.).<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

29


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

4. Verjährung und Verwirkung<br />

Der <strong>Mindestlohn</strong>anspruch unterliegt der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist<br />

nach § 195 BGB. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Lohnanspruch<br />

entstanden ist und der Arbeitnehmer von den anspruchsbegründenden Tatsachen<br />

Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1<br />

BGB).<br />

Verjährungsfrist 3 Jahre<br />

Die Verwirkung des Anspruchs des Arbeitnehmers auf das Mindestarbeitsentgelt ist<br />

ausgeschlossen (§ 3 Satz 3 MiLoG). Allein die Tatsache, dass ein Arbeitnehmer seinen<br />

<strong>Mindestlohn</strong>anspruch längere Zeit nicht geltend macht und der Arbeitgeber daher<br />

gegebenenfalls darauf vertraut, die Entgeltansprüche seien erledigt, führt demnach<br />

nicht dazu, dass der Anspruch wegen „rechtsmissbräuchlicher verspäteter Rechtsausübung“<br />

nicht mehr geltend gemacht werden könnte. Es greift also nur die dreijährige<br />

Verjährungsfrist.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

30


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

VI.<br />

Akkord- und Stücklohn<br />

Der Wortlaut von § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG legt fest, dass die Höhe des <strong>Mindestlohn</strong>s ab<br />

dem 1. Januar 2015 brutto 8,50 € pro Zeitstunde beträgt. Damit haben zukünftig auch<br />

solche Arbeitnehmer einen Anspruch auf 8,50 € pro Stunde, die bisher nach Akkordoder<br />

Stücklohn bezahlt wurden.<br />

1. Akkord- und Stücklohnvereinbarungen bleiben möglich<br />

Ausweislich der Gesetzesbegründung sind zwar ausdrücklich auch nach Einführung<br />

des <strong>Mindestlohn</strong>s Vereinbarungen über einen leistungsbezogenen Lohn, insbesondere<br />

von Akkord- oder Stücklöhnen möglich. In sämtlichen Fällen muss jedoch sichergestellt<br />

werden, dass für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde mindestens ein Lohn<br />

von 8,50 € gezahlt wird.<br />

Weiterhin Akkord- und<br />

Stücklöhne möglich<br />

Jeder vereinbarte Leistungslohn basiert dabei immer auch auf einer – ggf. nur gedachten<br />

– Leistungszeit, innerhalb derer die Arbeitsleistung zu erfüllen ist. Konsequenz ist,<br />

dass durch die zu erbringende „normale“ Arbeitsleistung tatsächlich auch ein Stundenlohn<br />

von 8,50 € erreicht werden kann.<br />

2. Besonderheiten und Probleme bei Akkord- und Stücklohnvereinbarungen<br />

a) Individuelle oder durchschnittliche Arbeitsleistung<br />

Ungeklärt ist derzeit noch, ob darauf abgestellt werden muss, welche Arbeitsleistung<br />

ein durchschnittlicher Arbeitnehmer in einer Stunde durchschnittlich erbringen kann<br />

oder ob auf die individuelle Durchschnittsleistung jedes einzelnen Arbeitnehmers<br />

abgestellt werden muss.<br />

Individualleistung oder<br />

Durchschnittsleistung<br />

Zieht man zur Ermittlung der „Normalarbeitsleistung“ die allgemeinen Grundsätze<br />

heran, ist auf das individuelle Leistungsvermögen des Arbeitnehmers abzustellen.<br />

(BAG: „Der Arbeitnehmer muss tun, was er soll, so gut, wie er kann“.)<br />

Bei Zeitungszustellern bedeutet dies beispielsweise, dass die Vergütung, die ein Arbeitnehmer<br />

pro verteilter Zeitung erhält, so bemessen sein muss, dass seine individuelle<br />

„normale“ Arbeitsleistung im Ergebnis mit einem Stundenlohn von 8,50 € vergütet<br />

wird.<br />

b) Einheitliche Stückpreise<br />

Dies führt allerdings zu dem Folgeproblem, den ein einheitlicher Stückpreis pro verteilter<br />

Zeitung mit sich bringt: Ein unterschiedliches Arbeitstempo führt regelmäßig<br />

zu unterschiedlichen „Normalarbeitsleistungen“. Es kann daher nicht sichergestellt<br />

werden, dass bei einheitlichen Stückpreisen jeder Arbeitnehmer mit seiner individuellen<br />

ermittelten „Normalarbeitsleistung“ tatsächlich auch den <strong>Mindestlohn</strong> von 8,50 €<br />

erreicht. Insoweit könnte sich die Festlegung eines festen oder engeren Zustellzeitfensters<br />

als Basis für den Stundenlohn anbieten.<br />

c) Durchschnittliche Arbeitszeitbetrachtung möglich?<br />

Unabhängig davon kann selbst bei individueller Ermittlung der „Normalleistung“ ein<br />

unterschiedliches Arbeitstempo des Arbeitnehmers zu unterschiedlichen Stunden<br />

oder an unterschiedlichen Tagen dazu führen, dass seine tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung<br />

hinter seiner ermittelten „Normalleistung“ zurückbleibt oder sie<br />

Problemfelder bei einheitlichen<br />

Stückpreisen<br />

Problem der schwankenden<br />

„Normalarbeitsleistung“<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

31


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

überschreitet. Dies würde zu mehr oder weniger stark schwankenden Stundenentgelten<br />

führen. Sichergestellt werden muss auch in diesen Fällen, dass der Arbeitnehmer<br />

pro geleisteter Arbeitsstunde eine Vergütung von 8,50 € erhält. Dies gilt selbst dann,<br />

wenn er hinter der individuell ermittelten „Normalarbeitsleistung“ zurückbleibt.<br />

Ebenfalls ungeklärt in diesem Zusammenhang ist die Frage, ob der Arbeitnehmer<br />

einen Anspruch darauf hat, für jede einzelne Stunde mit mindestens 8,50 € vergütet<br />

zu werden oder, ob eine (tages-, wochen- oder monats-)durchschnittliche Betrachtung<br />

möglich ist und dadurch Arbeitsstunden, die die „Normalarbeitsleistung“ unterschreiten,<br />

durch Arbeitsstunden, die die „Normalarbeitsleistung“ überschreiten ausgeglichen<br />

werden können.<br />

Monatsdurchschnittliche<br />

Betrachtung möglich?<br />

Beispiel:<br />

Ein Arbeitnehmer bekommt einen Stücklohn auf Akkordbasis. Bei durchschnittlicher<br />

Leistung ergibt sich dabei eine Vergütung in Höhe von 9,50 €. An<br />

einem 8-Stunden-Arbeitstag erfüllt er in 4 Stunden den Akkord. In den übrigen<br />

4 Stunden erreicht er den Akkord nicht, so dass sich für diese Stunden ein<br />

Stundenlohn in Höhe von 8,00 € ergibt, der unterhalb des <strong>Mindestlohn</strong>s läge.<br />

Betrachtet man in diesem Beispielsfall jede Arbeitsstunde gesondert, wäre ein<br />

Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung der Differenz auf den <strong>Mindestlohn</strong><br />

von je 0,50 € für die letzten 4 Arbeitsstunden begründet.<br />

Die Durchschnittsbetrachtung sämtlicher an diesem Tag geleisteten Arbeitsstunden<br />

[Rechenweg: (4 × 9,50 €) + (4 × 8,00 €) = 70€ ÷ 8 Stunden = 8,75 €] würde<br />

einen durchschnittlichen Stundenlohn in Höhe von 8,75 €, und somit einen<br />

Betrag über dem <strong>Mindestlohn</strong>, ergeben.<br />

Eine dritte Ansicht stellt darauf ab, ob der Durchschnitt von 8,50 € im Monat<br />

oder dem Fälligkeitszeitraum nach § 2 MiLoG erreicht wird.<br />

Eine allgemein gültige Regelung oder Vorgaben zur Umrechnung von Stück- auf<br />

Stundenlohn sind aktuell nicht bekannt. Vielmehr müssen betroffene Unternehmen<br />

sicherstellen, dass sie dem Zoll nachvollziehbar und transparent ihr jeweils genutztes<br />

Verfahren darlegen können.<br />

Einzelfallbetrachtung im<br />

Unternehmen erforderlich<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

32


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

VII. Anpassung von Arbeitsverträgen und<br />

Betriebsvereinbarungen<br />

Im Hinblick auf die anstehenden Veränderungen, die das MiLoG mit sich bringt, stellt<br />

sich die Frage, inwieweit bestehende Arbeitsverträge und/oder Betriebsvereinbarungen<br />

einer entsprechenden Anpassung bedürfen.<br />

1. Arbeitsverträge<br />

a) Generelle Überprüfung<br />

Soweit in Arbeitsverträgen Regelungen enthalten sind, die im Zuge der Einführung<br />

des <strong>Mindestlohn</strong>s geändert werden sollen, empfiehlt es sich, sämtliche Verträge auf<br />

entsprechenden Anpassungsbedarf zu überprüfen. Solche Regelungen können z.B.<br />

sein:<br />

Anpassungsbedarf ermitteln<br />

Ausschlussfristen (siehe oben: S. 26)<br />

<br />

<br />

<br />

Regelungen zur Auszahlungsweise von Einmalzahlungen,<br />

Regelungen zur Verteilung der Arbeitszeit oder<br />

Regelungen zur Ersetzung nicht anrechenbarer Entgeltbestandteile, wie Zuschläge,<br />

durch ein erhöhtes Grundgehalt.<br />

Abhängig vom anzupassenden Regelungsinhalt können Mitbestimmungsrechte des<br />

Betriebsrats zu berücksichtigen sein. Überdies kann die Einführung des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />

und die damit ggf. erforderlichen Vertragsanpassungen eine Gelegenheit bieten,<br />

veraltete Verträge einer Aktualisierung auch im Übrigen zu unterziehen.<br />

ggf. Betriebsrat berücksichtigen<br />

b) Überprüfung bestehender Stücklohnverträge<br />

Grundsätzlich empfiehlt es sich, Arbeitsverträge, die von einer Umstellung von Stückauf<br />

Stundenlohn betroffen sind, wie z.B. die von Zustellern, einer gründlichen Überprüfung<br />

zu unterziehen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, ob in sämtlichen<br />

Fällen sichergestellt ist, dass für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde mindestens<br />

ein Lohn von 8,50 € gezahlt wird.<br />

Da, wie bereits erwähnt, starre Regelungen zur Umrechnung von Stücklohn auf Stundenlohn<br />

derzeit nicht bekannt sind, sind die Unternehmen frei darin, das für sie individuell<br />

beste Verfahren zu ermitteln und umzusetzen. Dabei ist es jeweils eine Frage des<br />

Einzelfalls und der Gesamtumstände im Unternehmen, welches Verfahren letztlich als<br />

beste und praktikabelste Lösung ermittelt wird.<br />

Umrechnung von Stückauf<br />

Stundenlohn individuell<br />

ausgestalten<br />

Abhängig von den jeweiligen Änderungen am System, wirken sich diese regelmäßig<br />

unterschiedlich auf die im Unternehmen vorhandenen individual- und kollektivrechtlichen<br />

Vereinbarungen aus, so dass an dieser Stelle lediglich generelle Hinweise möglich<br />

sind und im Übrigen auf die Einzelfallberatung in den Landesverbänden Druck und<br />

Medien verwiesen werden muss.<br />

Dabei bietet es sich an, das gewählte Verfahren anschaulich auszugestalten, um insbesondere<br />

auch eine spätere Prüfung durch den Zoll zu vereinfachen und dadurch ggf.<br />

zu beschleunigen.<br />

Transparenz des Verfahrens<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

33


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

c) Überprüfung bestehender Verträge geringfügig Beschäftigter<br />

Daneben sollten auch Verträge mit geringfügig Beschäftigten geprüft werden. So ist<br />

bei 450 €-Jobbern durch die Kombination aus monatlicher Verdienstobergrenze und<br />

gesetzlichem <strong>Mindestlohn</strong> die tatsächlich geleistete Arbeitszeit maßgeblich für den<br />

Status des Arbeitnehmers als geringfügig Beschäftigter. Diese beiden Bedingungen<br />

führen zu einer rechnerischen Obergrenze der monatlichen Arbeitszeit von maximal<br />

52,94 Stunden (450 € ÷ 8,50 €/Stunde). Das Überschreiten dieser Arbeitszeitgrenze<br />

führt dazu, dass der Arbeitnehmer seinen Status als geringfügig Beschäftigter verliert.<br />

Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze<br />

verhindern<br />

Vor diesem Hintergrund ist eine Prüfung und entsprechende Anpassung der arbeitsvertraglichen<br />

Vereinbarung mit geringfügig Beschäftigten hinsichtlich der monatlichen<br />

Arbeitszeit empfehlenswert, um die Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze<br />

zu verhindern.<br />

d) Anpassungswege<br />

Es kann sinnvoll sein, Änderungen bestehender Verträge einvernehmlich durch Änderungsvertrag<br />

vorzunehmen. Dies bietet deutlich mehr Rechtssicherheit als der Ausspruch<br />

einer Änderungskündigung.<br />

Änderungsverträge<br />

empfehlenswert<br />

Bei einem Änderungsvertrag vereinbart der Arbeitnehmer gemeinsam mit dem Arbeitnehmer,<br />

die bestehenden Konditionen zu ändern. Dies bietet die Möglichkeit, in<br />

persönlichen Gesprächen Fragen der Arbeitnehmer zu beantworten und Hintergründe<br />

zu erläutern, wodurch wiederum Ängste über die anstehenden Vertragsänderungen<br />

abgebaut werden können.<br />

Änderungskündigungen ohne die Gelegenheit für Erklärungen und Erläuterungen<br />

führen oft zum Gegenteil. Zudem dürfte fraglich sein, inwieweit Änderungskündigungen<br />

zur Anpassungen von Vertragsbedingungen anlässlich der Einführung des gesetzlichen<br />

<strong>Mindestlohn</strong>s vor den Arbeitsgerichten standhalten.<br />

Es ist davon auszugehen, dass sich insbesondere geringfügig Beschäftigte Gesprächen<br />

über die Anpassung ihres Arbeitsvertrages nicht verschließen werden. Denn der<br />

Verlust des insbesondere steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Sonderstatus´,<br />

den die Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze bei fehlender Anpassung mit sich<br />

bringen kann, dürfte dazu führen, dass gerade diese Arbeitnehmergruppe auch ein<br />

eigenes Interesse an einer Anpassung der vertraglichen Regelungen hat.<br />

2. Betriebsvereinbarungen<br />

Neben arbeitsvertraglichen Inhalten kann die Einführung des <strong>Mindestlohn</strong>s es ebenso<br />

erforderlich machen, getroffene Betriebsvereinbarungen auf den Prüfstand zu stellen<br />

und ggf. anzupassen.<br />

Anpassungsbedarf<br />

gemeinsam mit Betriebsrat<br />

ermitteln<br />

Auch insoweit ist zunächst – idealerweise gemeinsam mit dem Betriebsrat als Vertragspartner<br />

– zu ermitteln, ob und inwieweit in bestehenden Betriebsvereinbarungen<br />

Regelungen enthalten sind, die an die Gegebenheiten angepasst werden müssen, die<br />

die Pflicht zur Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s mit sich bringt. Maßgebend sind dabei insbesondere<br />

die individuellen Ausgestaltungen der betrieblichen Vereinbarungen im<br />

Unternehmen.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

34


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

Daher sei an dieser Stelle lediglich auf einige Regelungsinhalte hingewiesen, die häufig<br />

auf betrieblicher Ebene in Betriebsvereinbarungen abgeschlossen werden und bei<br />

denen die Einführung des <strong>Mindestlohn</strong>s – je nach Einzelfall – zu Anpassungsbedarf<br />

führen kann:<br />

<br />

<br />

<br />

Betriebsvereinbarungen zu Zeitkonten (insbesondere auch in Bezug auf den<br />

Ausgleichszeitraum),<br />

Betriebsvereinbarungen zu Vergütungssystemen (insbesondere auch in Bezug<br />

auf Auszahlungszeitpunkte),<br />

Betriebsvereinbarungen zu Sonderzahlungen oder nicht anrechenbaren Entgeltbestandteilen,<br />

wie Zuschlägen (auch insoweit insbesondere in Bezug auf<br />

Auszahlungszeitpunkte, wie z.B. eine monatliche Zahlungsweise).<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

35


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

VIII. Aufzeichnungs- und Meldepflichten<br />

Der Gesetzgeber hat im MiLoG zahlreiche Aufzeichnungs- und Meldepflichten festgeschrieben,<br />

die die Arbeitgeber zu berücksichtigen haben. Dabei spielt es keine Rolle,<br />

ob der Arbeitgeber Entgelte lediglich in Höhe des <strong>Mindestlohn</strong>s von 8,50 € zahlt oder<br />

darüber.<br />

Hintergrund ist, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Verpflichtung zur Zahlung<br />

des <strong>Mindestlohn</strong>s bei bestimmten Arbeitnehmergruppen nur durch die vorgesehenen<br />

Aufzeichnungs- und Meldepflichten nachvollziehbar geprüft werden kann.<br />

1. Aufzeichnungspflicht<br />

a) Grundsatz<br />

Das MiLoG sieht in seinem § 17 Abs. 1 vor, dass<br />

<br />

Arbeitgeber, die geringfügig Beschäftigte im Sinne von § 8 Abs. 1 des Vierten<br />

Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) (450 €-Minijob) beschäftigen,<br />

Betroffene<br />

Arbeitnehmergruppen<br />

<br />

<br />

<br />

Arbeitgeber, die kurzfristig Beschäftigte im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB IV<br />

(„Saisonkräfte“) beschäftigen,<br />

Arbeitgeber, die Arbeitnehmer in den in § 2a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz<br />

(SchwarzArbG) genannten Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen<br />

beschäftigen oder<br />

Entleiher, denen Zeitarbeitskräfte für Arbeitsleistungen in diesen Wirtschaftszweigen<br />

überlassen werden,<br />

verpflichtet sind, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit dieser Arbeitnehmer<br />

aufzuzeichnen. Dabei ist die Ist-Arbeitszeit zu erfassen, d.h. die Zeit vom Beginn<br />

bis zum Ende der Arbeit ohne Ruhepausen.<br />

Dies muss spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung<br />

folgenden Kalendertages geschehen. Die Aufzeichnungen müssen mindestens zwei<br />

Jahre aufbewahrt werden.<br />

Die in § 2a SchwarzArbG aufgeführten Wirtschaftsbereiche sind das Baugewerbe; das<br />

Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe; das Personenbeförderungsgewerbe; das<br />

Speditions-, Transport- und Logistikgewerbe; das Schaustellergewerbe; Unternehmen<br />

der Forstwirtschaft; das Gebäudereinigungsgewerbe; die Fleischwirtschaft sowie<br />

Unternehmen die sich am Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen beteiligen.<br />

In den Fällen der geringfügigen Beschäftigung gelten die Aufzeichnungspflichten<br />

unabhängig davon, in welcher Branche der einzelne Arbeitnehmer tätig ist. Ausnahmen<br />

bilden geringfügig Beschäftigte in Privathaushalten.<br />

Umfang der<br />

Aufzeichnungspflicht<br />

Fristen<br />

Wirtschaftsbereiche des<br />

§ 2a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz<br />

Geringfügig Beschäftigte<br />

Begründet wird diese Aufzeichnungspflicht damit, dass bei kurzfristig Beschäftigten<br />

insbesondere die Zahl der gearbeiteten Tage maßgebend für die Sozialversicherungsfreiheit<br />

ist.<br />

Bei Minijobbern kommt der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit auf Grund der Verdienstobergrenze<br />

von monatlich 450 €, die ausschlaggebend für den Arbeitnehmerstatus<br />

als geringfügig Beschäftigter ist, eine entscheidende Rolle zu. So ergibt sich bei<br />

einer monatlichen Verdienstobergrenze von 450 € und einem <strong>Mindestlohn</strong> von 8,50 €<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

36


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

brutto, rechnerisch eine monatliche Arbeitszeit von maximal 52,94 Stunden<br />

(450 € ÷ 8,50 €/Stunde), deren Einhaltung nur durch entsprechende Aufzeichnungen<br />

geprüft werden kann.<br />

Bei der Aufzeichnungspflicht handelt es sich zwar um eine Pflicht des Arbeitgebers<br />

bzw. Verleihers. Es handelt sich jedoch nicht um eine höchstpersönliche Pflicht, so<br />

dass sie beispielsweise auch von den Arbeitnehmern selbst vorgenommen werden<br />

kann. Eine solche Delegierung der Aufzeichnung lässt aber die Verantwortlichkeit des<br />

Arbeitgebers nicht entfallen, er bleibt für Vollständigkeit und Richtigkeit der Aufzeichnungen<br />

verantwortlich. Daher sind – zumindest stichprobenartige – Kontrollen<br />

durch den Arbeitgeber empfehlenswert.<br />

Keine höchstpersönliche<br />

Pflicht<br />

b) Vereinfachungen, insbesondere für Zusteller<br />

Mitte November <strong>2014</strong> wurde durch die zuständigen Ministerien eine Verordnung gemäß<br />

§ 17 Abs. 4 MiLoG beschlossen. Sie bedarf zu ihrer Wirksamkeit noch der Unterschrift<br />

des Bundesfinanzministers und der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt.<br />

Die endgültige Fassung steht daher zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses nicht zur<br />

Verfügung, den Entwurf finden Sie in Anlage 2 unter 3.<br />

Nach den uns im Vorfeld bekannt gewordenen Informationen aus dem Entwurf der<br />

Regelung soll diese „<strong>Mindestlohn</strong>aufzeichnungsverordnung“ (MiLoAufzV) die Aufzeichnungspflicht<br />

bei mobilen Tätigkeiten vereinfachen und sieht Ausnahmeregelungen<br />

bezüglich der Pflicht zur Arbeitszeitaufzeichnung nach dem <strong>Mindestlohn</strong>gesetz,<br />

insbesondere auch für Zusteller vor.<br />

So soll ein Arbeitgeber nach der MiLoAufzV abweichend von § 17 Abs. 1 MiLoG seiner<br />

Aufzeichnungspflicht bereits dann genügen, soweit er Arbeitnehmer<br />

<br />

<br />

<br />

mit ausschließlich mobilen Tätigkeiten beschäftigt,<br />

diese keinen Vorgaben zur konkreten täglichen Arbeitszeit (Beginn und<br />

Ende) unterliegen und<br />

sich ihre tägliche Arbeitszeit eigenverantwortlich einteilen,<br />

wenn für diese Arbeitnehmer nur die Dauer der tatsächlichen täglichen Arbeitszeit<br />

aufgezeichnet wird. Das bedeutet, dass die Aufzeichnung von täglichem Arbeitsbeginn<br />

und -ende entbehrlich ist. Möglich wäre es somit, pro Arbeitnehmer eine tägliche<br />

„standardisierte“ Arbeitszeit festzuhalten (z.B.: täglich 8 Stunden) und in der Folge<br />

nur noch etwaige Abweichungen von dieser (z.B.: Dienstag, den 13. Januar 2015: – 1<br />

Stunde; Donnerstag, den 15. Januar 2015: +2 Stunden) aufzuzeichnen.<br />

Eine solche ausschließlich mobile Tätigkeit im Sinne der MiLoAufzV soll nach dessen<br />

§ 1 Abs. 2 vorliegen, wenn es sich um eine Tätigkeit handelt, die nicht an Beschäftigungsorte<br />

gebunden ist. Dies sei insbesondere bei der Zustellung von Briefen, Paketen<br />

und Druckerzeugnissen, der Abfallsammlung, der Straßenreinigung, dem Winterdienst,<br />

dem Gütertransport und der Personenbeförderung der Fall.<br />

Keiner Vorgabe zur konkreten täglichen Arbeitszeit sollen Arbeitnehmer dann unterliegen,<br />

wenn die Arbeit lediglich innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens<br />

geleistet werden muss, ohne dass die konkrete Lage (Beginn und Ende) der Arbeitszeit<br />

durch den Arbeitgeber festgelegt wird.<br />

Arbeitnehmer sollen ihre Arbeitszeit eigenverantwortlich im Sinne der Verordnung<br />

einteilen können, wenn sie während ihrer täglichen Arbeitszeit regelmäßig nicht<br />

durch ihren Arbeitgeber oder Dritte Arbeitsaufträge entgegennehmen oder für entsprechende<br />

Arbeitsaufträge zur Verfügung stehen müssen, die zeitliche Ausführung<br />

des täglichen Arbeitsauftrags somit in der Verantwortung des Arbeitnehmers liegt.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

Voraussetzungen für die<br />

Vereinfachung der Aufzeichnungspflichten<br />

Ausschließlich mobile<br />

Tätigkeiten<br />

Keine Vorgaben zur konkreten<br />

täglichen Arbeitszeit<br />

Eigenverantwortliche Zeiteinteilung<br />

37


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

2. Bereithalten sonstiger Unterlagen<br />

In § 17 Abs. 2 MiLoG wird der Arbeitgeber, der geringfügige Beschäftigte oder Arbeitnehmer<br />

einer der in § 2a SchwarzArbG genannten Branchen beschäftigt, dazu verpflichtet,<br />

weitere Unterlagen bereitzuhalten, die für die Kontrolle der ordnungsgemäßen<br />

Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s erforderlich sind. Dies sind gemäß § 20 i.V.m. § 2<br />

Abs. 1 S. 1 Nr. 2 MiLoG solche Dokumente, die sich auf die Zahlung des Mindeststundenlohns<br />

zum gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkt beziehen.<br />

Bereitzuhalten sind die Unterlagen innerhalb Deutschlands und in deutscher Sprache<br />

und zwar für die gesamte Dauer der tatsächlichen Beschäftigung der Arbeitnehmer im<br />

Geltungsbereich des Gesetzes, mindestens für die Dauer der gesamten Werk- und<br />

Dienstleistung, insgesamt jedoch nicht länger als zwei Jahre.<br />

Dauer der Bereithaltungspflicht<br />

Die in § 17 Abs. 2 S. 2 MiLoG enthaltene Befugnis der Prüfbehörde, zu verlangen die<br />

Unterlagen auch am Ort der Beschäftigung bereitzuhalten, soll Entsendefälle erfassen<br />

und nach Aussagen der Zollverwaltung Kontrollen z.B. auch in Fällen ermöglichen,<br />

wenn die Unterlagen an einem Ort aufbewahrt werden, an dem keine Prüfung möglich<br />

ist.<br />

3. Melde- und Versicherungspflicht<br />

a) Grundsatz<br />

Ein Arbeitgeber mit Sitz im Ausland, der mindestens einen Arbeitnehmer in den in<br />

§ 2a SchwarzArbG genannten Branchen innerhalb des Anwendungsbereichs des<br />

MiLoG beschäftigt, ist gemäß § 16 MiLoG verpflichtet, die nach Deutschland entsandten<br />

Arbeitnehmer bei der Zollverwaltung anzumelden. Dieser Anmeldung hat der<br />

Arbeitgeber eine Versicherung beizufügen, dass er den <strong>Mindestlohn</strong> zahlt.<br />

Meldepflicht für ausländische<br />

Arbeitgeber<br />

b) Ergänzende Verordnung<br />

Zeitgleich mit der o.g. <strong>Mindestlohn</strong>aufzeichnungsverordnung haben die zuständigen<br />

Ministerien gemäß § 16 Abs. 5 Nr. 2 und 3 MiLoG eine „<strong>Mindestlohn</strong>meldeverordnung“<br />

(MiLoMeldV) erlassen. Auch insoweit lag bis Redaktionsschluss keine endgültige<br />

Fassung vor.<br />

Nach den uns bekannten Informationen aus dem Entwurf zu dieser Regelung konkretisiert<br />

die Verordnung die Anmeldung dahingehend, dass für diese ein von der Zollverwaltung<br />

vorgesehener Vordruck verwendet werden soll.<br />

Konkretisierung der Anmeldepflicht<br />

durch MiLoMeldV<br />

Ferner soll danach ein Arbeitgeber mit Sitz im Ausland, der Arbeitnehmer<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

an einem Beschäftigungsort zumindest teilweise vor 6:00 Uhr oder nach<br />

22:00 Uhr oder in Schichtarbeit,<br />

an mehreren Beschäftigungsorten am selben Tag,<br />

in ausschließlich mobiler Tätigkeit oder<br />

mit kurzzeitigen und grenznahen Werk- und Dienstleistungen<br />

beschäftigt, eine Einsatzplanung vorzulegen haben.<br />

In diesen Einsatzplanungen sollen, abhängig vom jeweiligen Sachverhalt, konkrete<br />

Informationen über Beschäftigungsort und -dauer sowie die eingesetzten Arbeitnehmer<br />

anzugeben sein. Nachträgliche Änderungen der gemeldeten Einsatzplanung<br />

wären ggf. zu melden.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

38


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

IX.<br />

Haftung des Auftraggebers<br />

Die Haftung des Auftraggebers stellt das MiLoG – nach mehrfacher Änderung der<br />

Regelung im Gesetzgebungsverfahren – nunmehr durch einen Verweis in § 13 MiLoG<br />

auf den bereits seit längerem bestehenden § 14 des Arbeitnehmerentsendegesetzes<br />

(AEntG) sicher.<br />

Dabei könnte es insoweit als Vorteil gereichen, dass einschlägige Rechtsprechung und<br />

Kommentarliteratur zu dieser Norm bereits vorliegt. Nicht aus dem Auge gelassen<br />

werden darf dabei jedoch der Umstand, dass die einschlägige Norm im AEntG ursprünglich<br />

auf Sachverhalte in der Bauindustrie zugeschnitten war und somit Schwierigkeiten<br />

zu erwarten sind, wenn sie auf andere Lebenssachverhalte ausgedehnt wird.<br />

1. Wer haftet für den <strong>Mindestlohn</strong>?<br />

Neben der Haftung des Arbeitgebers auf Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s für eigene Arbeitnehmer,<br />

sieht § 13 MiLoG i.V.m. § 14 AEntG vor, dass Unternehmer, die andere Unternehmer<br />

mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragen, für die<br />

Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s an die Arbeitnehmer der beauftragten Unternehmen, Subunternehmen<br />

und Verleiher haften. Erfasst sind sowohl inländische als auch ausländische<br />

Auftraggeber.<br />

Haftung auch für Arbeitnehmer<br />

beauftragter Unternehmern,<br />

Subunternehmen,<br />

Verleiher<br />

a) Weiter Unternehmerbegriff<br />

Jeder Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werkoder<br />

Dienstleistungen beauftragt (Auftraggeber), ist nach dem Wortlaut des<br />

§ 14 AEntG von dem weitreichenden Haftungsrisiko betroffen.<br />

Beauftragt z.B. ein Subunternehmer weitere Nachunternehmer oder Verleiher, haftet<br />

dieser – neben dem ursprünglichen Arbeitgeber – selbst für die <strong>Mindestlohn</strong>ansprüche<br />

der Arbeitnehmer in den von ihm beauftragten Unternehmen.<br />

Unternehmer ist nach § 14 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) jede natürliche oder juristische<br />

Person, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen<br />

oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.<br />

Geltung für sämtliche<br />

Unternehmer<br />

b) Engerer Unternehmerbegriff<br />

Dieses sich aus dem Wortlaut des § 14 AEntG ergebende weite Haftungsrisiko resultiert<br />

aus der Historie der Norm, die ihren Ursprung in der Bauindustrie hat. Die Rechtsprechung<br />

zur entsprechenden Bürgenhaftung in der Vorgängernorm des § 14 AEntG<br />

legte die Regelung jedoch einschränkend aus:<br />

Danach sollte die Bürgenhaftung (Bau-)Generalunternehmen treffen, also Unternehmen,<br />

die andere Unternehmen zur Erfüllung ihrer Aufträge einsetzen. Nicht alle Unternehmer<br />

sollten erfasst werden, z.B. nicht solche Unternehmer, die als Bauherren<br />

eine Bauleistung in Auftrag geben.<br />

Beschränkung nur auf<br />

Generalunternehmer<br />

Hintergrund der Durchgriffshaftung war, dass Generalunternehmer im Baugewerbe<br />

auf Grund ihrer Branchenkenntnisse darum wissen, dass die von Nachunternehmern<br />

angebotenen Preise mit vernünftigen Arbeitsbedingungen nicht zu erbringen sind.<br />

c) Unternehmerbegriff im MiLoG<br />

Seitdem das AEntG 2009 neugefasst und auf weitere Branchen ausgedehnt wurde, ist<br />

offen, ob diese einschränkende Rechtsprechung auf die derzeit geltende Fassung des<br />

§ 14 AEntG übertragbar ist. Dafür spricht, dass eine so weitgehende Haftung nur dann<br />

Argumente für engeren<br />

Unternehmerbegriff<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

39


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

zu rechtfertigen ist, wenn der Auftraggeber wegen seiner Branchenkenntnisse erkennen<br />

kann, dass bei dem angebotenen Preis der <strong>Mindestlohn</strong> nicht an die Arbeitnehmer<br />

gezahlt werden kann.<br />

Dies wäre z.B. dann der Fall, wenn sich ein Unternehmer zur Erfüllung eigener Pflichten<br />

aus Werk- oder Dienstleistungsverträgen eines Dritten bedient. Umgekehrt wäre<br />

dies nicht der Fall, wenn der Unternehmer lediglich seinen „eigenen Bedarf“ an „unternehmensfremden“<br />

Werk- oder Dienstleistungen deckt, so z.B. im Falle einer Druckerei<br />

bei der Beauftragung einer „druckfremden“ Werk- oder Dienstleistung, wie<br />

beispielsweise Klempner- oder Reinigungsarbeiten.<br />

Diese Ansicht wird auch unterstützt durch die Gesetzesbegründung:<br />

„Die Regelung zur Haftung des Auftraggebers in § 13 wird durch Verweis auf die<br />

entsprechende Vorschrift des § 14 Arbeitnehmer-Entsendegesetz an die dortige<br />

Rechtslage angeglichen. Die dortige Ausgestaltung der Haftung – wie sie insbesondere<br />

durch die Rechtsprechung stattgefunden hat – hat sich über Jahre bewährt.“<br />

Im Ergebnis kann derzeit ein unbeschränktes Haftungsrisiko für die gesamte Auftragskette<br />

jedoch nicht ausgeschlossen werden. Insoweit müssen zunächst die Entwicklungen<br />

in der Rechtsprechung abgewartet werden.<br />

Haftungsrisiko nicht<br />

ausgeschlossen<br />

Die unterschiedlichen Auswirkungen der beiden dargestellten Rechtsauffassungen auf<br />

die einzelnen Glieder in der Haftungskette soll das nachfolgende Beispiel verdeutlichen:<br />

Beispiel:<br />

Das Versandhaus V vergibt Druck und Weiterverarbeitung seines Katalogs an die<br />

mittelständische Druckerei M. Bei M kommt es auf Grund eines Unwetters zu Beschädigungen<br />

am Dach der Druckerei und dadurch zu Einschränkungen bei der<br />

Weiterverarbeitung. Daraufhin vergibt M die Weiterverarbeitung an die kleine<br />

Druckerei K als Subunternehmer weiter. Zeitgleich beauftragt M Dachdecker D<br />

mit der Reparatur des Daches.<br />

<br />

Haftungskette nach weitem Unternehmerbegriff:<br />

Das Versandhaus V haftet auf Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s an die Mitarbeiter der<br />

mittelständischen Druckerei M sowie der kleinen Druckerei K als Subunternehmer.<br />

Die mittelständische Druckerei M haftet auf Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s an die Arbeitnehmer<br />

der eingeschalteten kleinen Druckerei K als Subunternehmer sowie<br />

auch auf Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s an die Arbeitnehmer des Dachdeckerbetriebs<br />

D.<br />

<br />

Haftungskette nach engerem Unternehmerbegriff:<br />

Das Versandhaus V haftet nicht auf Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s in den Druckereien,<br />

weil die Beauftragung zum Druck eines Katalogs lediglich der Deckung des eigenen<br />

Betriebs dient.<br />

Die mittelständische Druckerei M haftet zwar auf Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s an die<br />

Arbeitnehmer der eingeschalteten kleinen Druckerei K, weil sie sich eines Dritten<br />

bedient, um eigene Pflichten aus dem mit V geschlossenen Vertrag zu erfüllen. M<br />

haftet jedoch nicht auf Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s an die Arbeitnehmer des Dachdeckerbetriebs<br />

D, weil es sich insoweit nur um die Deckung des eigenen Bedarfs<br />

handeln würde.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

40


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

2. Art der Haftung<br />

Die Vorschrift des § 14 AEntG ist so ausgestaltet, dass ein Auftraggeber verschuldensunabhängig<br />

für die Zahlung des gesetzlichen <strong>Mindestlohn</strong>s in der (gesamten)<br />

Auftragskette haftet, und zwar wie ein selbstschuldnerischer Bürge.<br />

Dem betroffenen Arbeitnehmer steht es somit frei zu entscheiden, welches Glied in<br />

der Auftragskette er auf Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s in Anspruch nehmen will. Er muss<br />

nämlich nicht zuerst seinen eigenen Arbeitgeber (Auftragnehmer oder Subunternehmer)<br />

verklagen, sondern kann sich direkt an den beauftragenden Unternehmer wenden.<br />

Verschuldensunabhängige<br />

Bürgenhaftung<br />

Wahlrecht des<br />

Arbeitnehmers<br />

Bei mehreren hintereinander geschalteten Auftragnehmern, haben die Arbeitnehmer<br />

nicht nur ein Wahlrecht zwischen den beteiligten Unternehmen, sondern auch hinsichtlich<br />

der Frage, ob er einen an der Kette Beteiligten ganz oder nur zum Teil in<br />

Anspruch nimmt. Denn die an der Haftungskette beteiligten Unternehmen sind so<br />

genannte Mitbürgen und haften somit gesamtschuldnerisch. Insgesamt muss die<br />

Schuld jedoch nur einmal beglichen werden.<br />

Zahlt der Auftraggeber daraufhin an den Arbeitnehmer, so kann er wegen des von<br />

ihm gezahlten <strong>Mindestlohn</strong>s den Nachunternehmer oder Verleiher in Regress nehmen,<br />

weil die Forderung gegen den Nachunternehmer bzw. Verleiher kraft Gesetzes<br />

auf den Auftraggeber übergeht.<br />

Regress gegenüber<br />

Nachunternehmer möglich<br />

Die im Regierungsentwurf zunächst noch vorgesehene Möglichkeit, dass sich der<br />

betroffene Auftraggeber durch den Nachweis der korrekten Auswahl des Auftragnehmers<br />

von der Haftung befreit, ist im Laufe des Gesetzgebungsprozesses wieder<br />

entfallen.<br />

3. Anspruchsinhaber<br />

Die Haftung für den (Netto-)<strong>Mindestlohn</strong> ist auf die Arbeitsleistung im Hoheitsgebiet<br />

der Bundesrepublik Deutschland beschränkt. Anspruchsberechtigt sind<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Arbeitnehmer des Auftragnehmers,<br />

Arbeitnehmer von Subunternehmern,<br />

also auch aus dem Ausland in diese Unternehmen entsandte Arbeitnehmer und<br />

ggf. eingesetzte Zeitarbeitnehmer eines Subunternehmens.<br />

4. Haftungsumfang<br />

Der Auftraggeber haftet auf das Mindestentgelt der Arbeitnehmer. Davon umfasst ist<br />

gemäß § 14 Satz 2 AEntG nur der Betrag, der nach Abzug der Steuern und der Beiträge<br />

zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung oder entsprechender Aufwendungen<br />

zur sozialen Sicherung an Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen auszuzahlen<br />

ist (Nettoentgelt). Maßgebend für die Höhe des Nettoentgelts sind die individuellen<br />

Steuer- und Sozialversicherungsmerkmale der einzelnen Arbeitnehmer.<br />

Haftung nur auf den<br />

Nettolohn<br />

Insgesamt geht die Auftraggeberhaftung aber nicht über den einschlägigen <strong>Mindestlohn</strong><br />

hinaus. Nicht vom Mindestentgelt umfasst sind daher Ansprüche des Arbeitnehmers,<br />

die er im Einzelfall auf einen höheren tariflichen oder einzelvertraglich vereinbarten<br />

Stundenlohn hat.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

41


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

Ferner ist davon auszugehen, dass der Auftraggeber nur für solche Verpflichtungen<br />

haftet, die sich aus den von ihm beauftragten Werk- und Dienstleistungen ergeben. In<br />

Fällen, in denen der beauftragte Nachunternehmer Werk- und Dienstleistungen auch<br />

für andere Auftraggeber ausführt, wäre mangels Kausalzusammenhangs ein Rückgriff<br />

auf den Auftraggeber nur schwer vorstellbar.<br />

Die Haftung des Auftraggebers ist außerdem beschränkt auf die Vergütung für tatsächlich<br />

geleistete Arbeit, so dass die Vergütung für Annahmeverzug gemäß § 615<br />

BGB oder Ansprüche auf Zahlung von Verzugszinsen davon nicht umfasst sind. Ebenfalls<br />

nicht von der Haftung des Unternehmers umfasst ist die Entgeltfortzahlung bei<br />

Krankheit oder an Feiertagen nach §§ 2 und 3 EFZG.<br />

Haftung nur bei kausalem<br />

Zusammenhang zur erbrachten<br />

Leistung<br />

Haftung nur für tatsächlich<br />

geleistete Arbeit<br />

5. Einwände, Ausschlussfristen, Verjährung<br />

Eine Bürgschaftsschuld, und damit auch die Pflicht des Auftraggebers zur Zahlung des<br />

<strong>Mindestlohn</strong>s, hängt davon ab, ob die Hauptforderung – also der <strong>Mindestlohn</strong>anspruch<br />

des Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber (Auftragnehmer oder Nachunternehmer)<br />

– besteht und durchsetzbar ist (so genannte Akzessorietät).<br />

Akzessorietät<br />

Der Auftraggeber kann daher zur Verteidigung gegen den Anspruch auf Zahlung des<br />

<strong>Mindestlohn</strong>s sämtliche Einreden geltend machen, die auch dem eigentlichen Arbeitgeber<br />

(Auftragnehmer oder Nachunternehmer) gegenüber seinem Arbeitnehmer<br />

zustehen. Denkbar ist insoweit eine Aufrechnung oder ein Verzicht durch gerichtlichen<br />

Vergleich. Die Haftung des Auftraggebers auf Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s entfällt<br />

insbesondere dann, wenn der eigentliche Arbeitgeber den Anspruch seines Arbeitnehmers<br />

auf <strong>Mindestlohn</strong> selbst erfüllt hat.<br />

Der Auftraggeber kann sich jedoch nicht auf arbeitsvertragliche oder tarifvertragliche<br />

Ausschlussfristen berufen, da diese gemäß § 3 Satz 1 MiLoG keine Anwendung auf<br />

den <strong>Mindestlohn</strong>anspruch finden.<br />

Dem Auftraggeber bleibt jedoch die Einrede der Verjährung. Für <strong>Mindestlohn</strong>ansprüche<br />

gilt die gesetzliche dreijährige Verjährungsfrist. Sie beginnt mit dem Schluss des<br />

Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger (d.h. der Arbeitnehmer)<br />

von den anspruchsbegründenden Tatsachen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit<br />

erlangen müsste. Im Einzelfall kann daher über mehrere Jahre hinweg das<br />

Risiko einer <strong>Mindestlohn</strong>klage von betriebsfremden Arbeitnehmern bestehen.<br />

Letztlich ist auch die Einrede der unzulässigen Rechtsausübung denkbar. Eine solche<br />

ist grundsätzlich dann anzunehmen, wenn der Gläubiger die Interessen des Bürgen<br />

gröblich in besonders schwerer Weise oder arglistig verletzt. Dies kann insbesondere<br />

in Betracht kommen, wenn ein beauftragtes Unternehmen oder Nachunternehmen<br />

mit seinen Arbeitnehmern vereinbart, dass der Arbeitnehmer sich zur Befriedigung<br />

seiner Ansprüche auf Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s direkt an den Auftraggeber halten<br />

soll, weil der eigentliche Arbeitgeber nicht zahlen will oder kann.<br />

Keine Anwendbarkeit von<br />

Ausschlussfristen<br />

Dreijährige Verjährungsfrist<br />

Unzulässige Rechtsausübung<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

42


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

6. Denkbare Maßnahmen zur Risikosenkung<br />

a) Bei Auswahl des Auftragnehmers<br />

Grundsätzlich ist jedem Unternehmen zu empfehlen, im Rahmen der Auftragsvergabe<br />

besondere Sorgfalt walten zu lassen. Dies betrifft zuallererst und insbesondere die<br />

Auswahl des Auftragnehmers. Die kritische Prüfung der Angebotskalkulation unter<br />

dem Gesichtspunkt, ob der angebotene Preis unter Berücksichtigung einer angemessenen<br />

Gewinnspanne tatsächlich den <strong>Mindestlohn</strong> für die kalkulierten Arbeitsstunden<br />

abdecken kann (Plausibilitätsprüfung), kann insoweit einen ersten Schritt bilden. Dies<br />

setzt das Vorliegen einer transparent und nachvollziehbar gestalteten Preiskalkulation<br />

voraus, die sich vorlegen zu lassen empfehlenswert ist. Daneben kann auch die<br />

realistische Einschätzung des Insolvenzrisikos eines Vertragspartners einen weiteren<br />

Anhaltspunkt für eine Abschätzung des eigenen Haftungsrisikos verschaffen. Denn<br />

insbesondere die Insolvenz eines beauftragten Unternehmens kann die Haftung des<br />

Auftraggebers auf den <strong>Mindestlohn</strong> auslösen.<br />

b) Bei Vertragsgestaltung und bei Durchführung des Vertrages<br />

In Betracht kommt zudem auch, sich mit dem Auftragnehmer über die Stellung von<br />

Sicherheiten in Form von Bürgschaften oder Bareinbehalten zu verständigen. Insoweit<br />

ist jedoch zu beachten, dass solche vertragliche Regelungen lediglich im Innenverhältnis<br />

einen angemessen Schutz bieten, die Inanspruchnahme durch fremde Arbeitnehmer<br />

jedoch nicht ausschließen können.<br />

Als weitere Möglichkeiten zur Senkung des Haftungsrisikos sind daneben Vereinbarungen<br />

denkbar, nach denen der Auftragnehmer nur mit ausdrücklicher Zustimmung<br />

des Auftraggebers Dritte (Nachunternehmer oder Zeitarbeitnehmer) einsetzen darf.<br />

Möglich sind auch die Vereinbarung eines Schadensersatzes oder einer Vertragsstrafe<br />

für den Fall, dass der Auftragnehmer oder Nachunternehmer seiner Verpflichtung zur<br />

Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s nicht nachkommt.<br />

Denkbar ist ferner, dass sich der Auftragnehmer ein Kündigungsrecht der Vertragsbeziehungen<br />

vorbehält, für den Fall der Zuwiderhandlungen des Auftragnehmers oder<br />

eines von ihm beauftragten Dritten gegen die Verpflichtung zur Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />

oder gegen vertragliche Vereinbarungen, wie z.B. dem unzulässigen Einsatz von<br />

Dritten.<br />

Auch sind Regelungen denkbar, die den Auftragnehmer verpflichten, regelmäßig<br />

entsprechende Nachweise über die Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s zu erbringen. Die Realisierung<br />

dieser Kontrollmöglichkeit dürfte jedoch im Hinblick auf datenschutzrechtliche<br />

Regelungen, insbesondere bezüglich eines Zugriffsrechtes auf Personalakten,<br />

eher begrenzt sein.<br />

Dagegen sind der vertragliche Ausschluss der Bürgenhaftung zwischen Auftraggeber<br />

und Auftragnehmer ebenso wenig möglich, wie eine Verzichtserklärung der Arbeitnehmer<br />

des Auftragnehmers.<br />

Mögliche Formulierungsvorschläge für die soeben angesprochenen Regelungsinhalte<br />

finden sich in Anlage 1.<br />

Eingehende Prüfung des<br />

Vertragspartners<br />

Vereinbarung von Sicherheiten<br />

Zustimmungspflichten,<br />

Schadensersatz- und<br />

Vertragsstrafenklauseln<br />

Sonderkündigungsrecht<br />

Nachweispflichten<br />

Haftungsausschluss und<br />

Verzicht nicht möglich<br />

Formulierungsvorschläge<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

43


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

X. Kontrolle und Durchsetzung des MiLoG<br />

Gemäß § 14 MiLoG sind die Behörden der Zollverwaltung (konkret die Finanzkontrolle<br />

Schwarzarbeit = FKS) für die Überprüfung der Einhaltung der Pflichten aus dem<br />

MiLoG zuständig und zugleich, nach § 21 Abs. 4 MiLoG Verwaltungsbehörden nach<br />

dem Ordnungswidrigkeitengesetz.<br />

Dabei stehen der Zollverwaltung umfangreiche Rechte zu. So sind Außenprüfungen<br />

vor Ort ohne vorherige Ankündigung möglich. Diese können sowohl auf Grund von<br />

Hinweisen, die beispielsweise über die <strong>Mindestlohn</strong>-Hotline an den Zoll weitergegeben<br />

werden können oder sogar gänzlich verdachtsunabhängig erfolgen.<br />

Zollverwaltung<br />

Befugnisse der Zollverwaltung<br />

Die (z.T. uniformierten und bewaffneten) Beamten haben insoweit das Recht, Geschäftsräume<br />

und Grundstücke von Arbeitgebern, Auftraggebern und Entleihern<br />

während der Arbeitszeit zu betreten und dort Einsicht in Lohnunterlagen, Bücher und<br />

andere Geschäftsunterlagen zu nehmen. Auch dürfen Auskünfte von Arbeitnehmern<br />

eingeholt werden und deren Identität festgestellt werden.<br />

Das Recht zur Durchsuchung (Öffnen von Schränken, Aufhebeln von Türen o.Ä.) steht<br />

den Beamten dagegen nicht zu.<br />

Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben insoweit gemäß § 15 MiLoG i.V.m. § 5<br />

SchwarzArbG Duldungs- und Mitwirkungspflichten. So müssen Unterlagen, wie z.B.<br />

Arbeitsverträge, Lohnlisten, Urlaubspläne, Arbeitszeitnachweise u.a. vorgelegt werden<br />

und Auskünfte erteilt werden.<br />

Ein Auskunftsverweigerungsrecht besteht, wenn sich die Personen selbst oder Angehörige<br />

belasten würden. Die Mitwirkungspflichten enden, wenn ein Ordnungswidrigkeitenverfahren<br />

eingeleitet wird. Sie werden dann durch strafrechtliche Vorschriften<br />

ersetzt.<br />

Daneben werden auch die Arbeitsgerichte für Arbeitssachen mit Streitfällen um Praktikanten<br />

oder der Frage befasst sein, ob der klagende Arbeitnehmer gegen seinen<br />

Arbeitgeber einen Anspruch aus dem MiLoG hat.<br />

Schließlich können auch Sozialversicherungsträger, z. B. im Rahmen von Betriebsprüfungen,<br />

die Einhaltung der Pflichten aus dem MiLoG prüfen. Dies könnte insbesondere<br />

bei Praktikanten hinsichtlich der Frage relevant sein, ob ein Anspruch auf – ggf.<br />

sozialversicherungspflichtigen – <strong>Mindestlohn</strong> bestand, aber nicht erfüllt wurde.<br />

Arbeitsgerichte<br />

Sozialversicherungsträger<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

44


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

XI.<br />

Folgen bei Verstößen gegen das MiLoG<br />

Bei Zuwiderhandlungen gegen das MiLoG sind insbesondere Bußgelder als Sanktion<br />

vorgesehen. Ein umfangreicher Ordnungswidrigkeitenkatalog findet sich in § 21 Mi-<br />

LoG.<br />

1. Bußgeldvorschriften<br />

Der Katalog des § 21 MiLoG gliedert sich in verschiedene Kategorien von Verstößen<br />

gegen das MiLoG.<br />

a) Nichtzahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />

Ordnungswidrig handelt nach dem MiLoG, wer vorsätzlich oder fahrlässig den <strong>Mindestlohn</strong><br />

nicht oder nicht rechtzeitig zahlt. Eine solche Ordnungswidrigkeit kann mit<br />

einer Geldbuße in Höhe von bis zu 500.000 € sanktioniert werden.<br />

Dies gilt auch für Unternehmer, die Werk- oder Dienstleistungen in erheblichem Umfang<br />

ausführen lassen, indem sie einen anderen Unternehmer beauftragen, von dem<br />

sie wissen oder fahrlässig nicht wissen,<br />

Bußgeld auch für Verstöße<br />

von Nachunternehmern<br />

<br />

<br />

dass dieser den <strong>Mindestlohn</strong> nicht oder nicht rechtzeitig zahlt oder<br />

einen Nachunternehmer einsetzt, der den <strong>Mindestlohn</strong> nicht oder nicht<br />

rechtzeitig zahlt.<br />

b) Fehlende Zusammenarbeit mit den Behörden<br />

Das MiLoG sanktioniert daneben z.B. auch Handlungen, die es den zuständigen Behörden<br />

erschwert, die Einhaltung der Vorschriften des MiLoG zu prüfen. So wird beispielsweise<br />

als Ordnungswidrigkeit geahndet, wer eine Prüfung nicht duldet oder<br />

nicht mitwirkt oder etwa das Betreten eines Grundstücks oder Geschäftsraums nicht<br />

duldet.<br />

Mangelnde Kooperation als<br />

Ordnungswidrigkeit<br />

Als Sanktion sieht das MiLoG für solche Verstöße Bußgelder in Höhe von bis zu<br />

30.000 € vor.<br />

c) Nichteinhaltung der Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht<br />

Ebenfalls mit einer Geldbuße von bis zu 30.000 € können Verstöße gegen die Pflicht<br />

zur ordnungsgemäßen Aufzeichnung der Arbeitszeit beim Einsatz geringfügig Beschäftigter<br />

oder von Arbeitnehmern aus den in § 2a SchwarzArbG genannten Wirtschaftszweigen<br />

belegt werden.<br />

Wer die mindestens zweijährige Aufbewahrungspflicht der Dokumente nicht einhält,<br />

handelt ebenso ordnungswidrig. Auch in diesen Fällen kann eine Geldbuße von bis zu<br />

30.000 € verhängt werden.<br />

d) Bußgeldvorschriften außerhalb des MiLoG<br />

Die Bußgeldvorschriften des MiLoG werden ergänzt durch Vorschriften des Ordnungswidrigkeitengesetzes<br />

(OWiG). Über die dortigen § 9 i.V.m. § 130 OWiG können<br />

neben der Sanktion gegen den Handelnden selbst auch gegen die Gesellschaft Geldbußen<br />

auf Grund von Ordnungswidrigkeiten der z.B. vertretungsberechtigten Organe<br />

bei juristischen Personen verhängt werden.<br />

Ergänzende Anwendbarkeit<br />

des OWiG<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

45


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

2. Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge<br />

Wurde ein Unternehmen wegen eines konkreten Verstoßes gegen das MiLoG nach §<br />

21 mit einer Geldbuße von mindestens 2.500 € sanktioniert, soll es gemäß § 19 MiLoG<br />

von der Teilnahme an einer Vergabe öffentlicher Aufträge für eine angemessene Zeit<br />

bis zur nachgewiesenen Wiederherstellung seiner Zuverlässigkeit ausgeschlossen<br />

werden.<br />

3. Unterrichtung anderer Behörden<br />

Die Zollbehörden sind gemäß § 15 MiLoG i.V.m. §§ 6,2 SchwarzArbG zur Übermittlung<br />

von Daten und Ergebnissen an andere Behörden oder Stellen sowie zum gegenseitigen<br />

Informationsaustausch und zur Zusammenarbeit mit diesen verpflichtet. Dazu<br />

zählen insbesondere:<br />

Informationsfluss an andere<br />

Behörden und Stellen<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Finanzbehörden<br />

Bundesagentur für Arbeit<br />

Rentenversicherungsträger<br />

Unfallversicherungsträger<br />

Sozialhilfeträger<br />

Krankenkassen<br />

Arbeitsschutzbehörden<br />

Ausländerbehörden<br />

4. Vorenthaltung von Arbeitsentgelt<br />

Konsequenz dieser Unterrichtungspflicht gegenüber anderen Behörden kann u.U.<br />

auch die Einleitung eines Strafverfahrens gemäß § 266 a Strafgesetzbuch sein, da das<br />

Vorenthalten von Beiträgen zur Sozialversicherung unter Strafe (Geld- oder Freiheitsstrafe)<br />

gestellt ist.<br />

Strafbarkeit<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

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Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

XII. Anlagen<br />

Anlage 1<br />

Auftraggeberhaftung – Klauseln für Werk- oder Dienstverträge<br />

1. Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />

Der Auftragnehmer sichert zu, seinen Arbeitnehmern die gesetzlich vorgeschriebenen<br />

Arbeitsbedingungen, insbesondere den jeweils gültigen <strong>Mindestlohn</strong>, zu gewähren.<br />

2. Einsatz von Dritten (Nachunternehmer, Zeitarbeit)<br />

Der Auftragnehmer ist nicht/nur nach ausdrücklicher Zustimmung des Auftraggebers<br />

berechtigt, zur Erfüllung des Auftrages Dritte (Nachunternehmer oder Zeitarbeit)<br />

einzusetzen. Der Auftragnehmer hat entsprechende Dritte auf ihre Zuverlässigkeit zu<br />

prüfen und diese zur Einhaltung der gesetzlichen Mindestarbeitsbedingungen anzuhalten.<br />

3. Aufzeichnungspflicht<br />

Ferner sichert der Auftragnehmer zu, für eine ordnungsgemäße Aufzeichnung der<br />

Arbeitszeit seiner Arbeitnehmer sowie der von Dritten im Rahmen des Auftrages eingesetzten<br />

Arbeitnehmer Sorge zu tragen.<br />

4. Vorlage von Nachweisen, Zurückbehaltungsrecht<br />

Der Auftraggeber ist berechtigt, über die Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s und die Aufzeichnung<br />

der Arbeitszeit aller zur Erfüllung des Auftrages eingesetzten Arbeitnehmer<br />

(des Auftragnehmers oder eines von diesem eingesetzten Dritten) jederzeit geeignete<br />

aktuelle Nachweise (z.B. Vorlage von Kalkulationen, Stundennachweisen,<br />

Lohnabrechnungen, Mitarbeiterlisten) von dem Auftragnehmer zu verlangen.<br />

Im Falle der Nichtvorlage dieser Nachweise ist der Auftraggeber berechtigt, fällige<br />

Zahlungen bis zur Vorlage einzubehalten.<br />

5. Haftungsfreistellung<br />

Der Auftragnehmer stellt den Auftraggeber von sämtlichen Ansprüchen einer Arbeitnehmer<br />

sowie von ihm veranlasst eingesetzter Arbeitnehmer Dritter (Nachunternehmer,<br />

Zeitarbeit) auf Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>es frei.<br />

Der Auftraggeber ist berechtigt, entsprechende Beträge von der vereinbarten Vergütung<br />

einzubehalten.<br />

6. Kündigungsrecht und Kosten<br />

Im Fall der Zuwiderhandlung des Auftragnehmers oder eines von ihm zur Erfüllung<br />

des Vertrages eingesetzten Dritten gegen die Verpflichtung zur Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s,<br />

dem unzulässigen Einsatz von Dritten oder der Nichtvorlage geforderter Nachweise<br />

innerhalb einer vom Auftraggeber gesetzten, angemessenen Frist ist der Auftraggeber<br />

berechtigt, den Vertrag fristlos zu kündigen.<br />

Im Fall einer solchen fristlosen Kündigung ist der Auftraggeber berechtigt, den noch<br />

nicht vollendeten Teil der Leistung zu Lasten des Auftragnehmers durch einen Dritten<br />

ausführen zu lassen.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

47


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

7. Schadensersatz, Einbehalt der Vergütung<br />

Darüber hinaus haftet der Auftragnehmer gegenüber dem Auftraggeber für alle<br />

Schäden, die aus einer Nichtzahlung des <strong>Mindestlohn</strong>es durch den Auftraggeber oder<br />

von ihm zur Erfüllung des Auftrages eingesetzter Dritter sowie der Nichtvorlage von<br />

geschuldeten Nachweisen entstehen.<br />

Der Auftragnehmer hat dem Auftraggeber ferner alle notwendigen außergerichtlichen<br />

und gerichtlichen Rechtsverteidigungs- und Rechtsverfolgungskosten zu ersetzen,<br />

die der Auftraggeber aufwenden muss, um sich gegen die Inanspruchnahme<br />

durch Arbeitnehmer des Auftraggebers oder von diesem eingesetzter Dritter nach<br />

dem <strong>Mindestlohn</strong>gesetz zur Wehr zu setzen, ihre Folgen abzuwenden oder Ersatzansprüche<br />

geltend zu machen.<br />

Der Auftraggeber ist berechtigt, entsprechende Beträge von der vereinbarten Vergütung<br />

einzubehalten.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

48


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

Anlage 2 Gesetzestexte<br />

1. <strong>Mindestlohn</strong>gesetz - MiLoG<br />

Das G wurde als Art. 1 des G v. 11.08.<strong>2014</strong> I 1348 vom Bundestag mit der Mehrheit<br />

seiner Mitglieder und der Zustimmung des Bundesrates beschlossen. Es tritt gem. Art.<br />

15 Abs. 1 am 16.08.<strong>2014</strong> in Kraft. § 24 tritt gem. Art. 15 Abs. 2 mit Ablauf des<br />

31.12.2017 außer Kraft.<br />

Abschnitt 1<br />

Festsetzung des allgemeinen <strong>Mindestlohn</strong>s<br />

Unterabschnitt 1<br />

Inhalt des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />

§ 1 <strong>Mindestlohn</strong><br />

(1) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf Zahlung eines<br />

Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des <strong>Mindestlohn</strong>s durch den Arbeitgeber.<br />

(2) Die Höhe des <strong>Mindestlohn</strong>s beträgt ab dem 1. Januar 2015 brutto 8,50 Euro je Zeitstunde.<br />

Die Höhe des <strong>Mindestlohn</strong>s kann auf Vorschlag einer ständigen Kommission<br />

der Tarifpartner (<strong>Mindestlohn</strong>kommission) durch Rechtsverordnung der Bundesregierung<br />

geändert werden.<br />

(3) Die Regelungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes<br />

und der auf ihrer Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen gehen<br />

den Regelungen dieses Gesetzes vor, soweit die Höhe der auf ihrer Grundlage festgesetzten<br />

Branchenmindestlöhne die Höhe des <strong>Mindestlohn</strong>s nicht unterschreitet. Der<br />

Vorrang nach Satz 1 gilt entsprechend für einen auf der Grundlage von § 5 des Tarifvertragsgesetzes<br />

für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag im Sinne von § 4<br />

Absatz 1 Nummer 1 sowie §§ 5 und 6 Absatz 2 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes.<br />

§ 2 Fälligkeit des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer den<br />

<strong>Mindestlohn</strong><br />

1. zum Zeitpunkt der vereinbarten Fälligkeit,<br />

2. spätestens am letzten Bankarbeitstag (Frankfurt am Main) des Monats, der auf<br />

den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde,<br />

zu zahlen. Für den Fall, dass keine Vereinbarung über die Fälligkeit getroffen worden<br />

ist, bleibt § 614 des Bürgerlichen Gesetzbuchs unberührt.<br />

(2) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern<br />

die über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehenden und auf einem schriftlich<br />

vereinbarten Arbeitszeitkonto eingestellten Arbeitsstunden spätestens innerhalb<br />

von zwölf Kalendermonaten nach ihrer monatlichen Erfassung durch bezahlte Freizeitgewährung<br />

oder Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s auszugleichen, soweit der Anspruch<br />

auf den <strong>Mindestlohn</strong> für die geleisteten Arbeitsstunden nach § 1 Absatz 1 nicht bereits<br />

durch Zahlung des verstetigten Arbeitsentgelts erfüllt ist. Im Falle der Beendigung des<br />

Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitgeber nicht ausgeglichene Arbeitsstunden spätestens<br />

in dem auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses folgenden Kalendermonat<br />

auszugleichen. Die auf das Arbeitszeitkonto eingestellten Arbeitsstunden dürfen monatlich<br />

jeweils 50 Prozent der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit nicht übersteigen.<br />

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für Wertguthabenvereinbarungen im Sinne des<br />

Vierten Buches Sozialgesetzbuch. Satz 1 gilt entsprechend für eine im Hinblick auf<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

49


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vergleichbare ausländische<br />

Regelung.<br />

§ 3 Unabdingbarkeit des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />

Vereinbarungen, die den Anspruch auf <strong>Mindestlohn</strong> unterschreiten oder seine Geltendmachung<br />

beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Die Arbeitnehmerin<br />

oder der Arbeitnehmer kann auf den entstandenen Anspruch nach § 1 Absatz<br />

1 nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen.<br />

Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen.<br />

Unterabschnitt 2<br />

<strong>Mindestlohn</strong>kommission<br />

§ 4 Aufgabe und Zusammensetzung<br />

(1) Die Bundesregierung errichtet eine ständige <strong>Mindestlohn</strong>kommission, die über die<br />

Anpassung der Höhe des <strong>Mindestlohn</strong>s befindet.<br />

(2) Die <strong>Mindestlohn</strong>kommission wird alle fünf Jahre neu berufen. Sie besteht aus einer<br />

oder einem Vorsitzen-den, sechs weiteren stimmberechtigten ständigen Mitgliedern<br />

und zwei Mitgliedern aus Kreisen der Wissenschaft ohne Stimmrecht (beratende Mitglieder).<br />

§ 5 Stimmberechtigte Mitglieder<br />

(1) Die Bundesregierung beruft je drei stimmberechtigte Mitglieder auf Vorschlag der<br />

Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer aus Kreisen der Vereinigungen<br />

von Arbeitgebern und Gewerkschaften. Die Spitzenorganisationen der Arbeitgeber<br />

und Arbeitnehmer sollen jeweils mindestens eine Frau und einen Mann als<br />

stimmberechtigte Mitglieder vorschlagen. Werden auf Arbeitgeber- oder auf Arbeitnehmerseite<br />

von den Spitzenorganisationen mehr als drei Personen vorgeschlagen,<br />

erfolgt die Auswahl zwischen den Vorschlägen im Verhältnis zur Bedeutung der jeweiligen<br />

Spitzenorganisationen für die Vertretung der Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerinteressen<br />

im Arbeitsleben des Bundesgebietes. Übt eine Seite ihr Vorschlagsrecht<br />

nicht aus, werden die Mitglieder dieser Seite durch die Bundesregierung aus Kreisen<br />

der Vereinigungen von Arbeitgebern oder Gewerkschaften berufen.<br />

(2) Scheidet ein Mitglied aus, wird nach Maßgabe des Absatzes 1 Satz 1 und 4 ein<br />

neues Mitglied berufen.<br />

§ 6 Vorsitz<br />

(1) Die Bundesregierung beruft die Vorsitzende oder den Vorsitzenden auf gemeinsamen<br />

Vorschlag der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer.<br />

(2) Wird von den Spitzenorganisationen kein gemeinsamer Vorschlag unterbreitet,<br />

beruft die Bundesregierung jeweils eine Vorsitzende oder einen Vorsitzenden auf<br />

Vorschlag der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer. Der<br />

Vorsitz wechselt zwischen den Vorsitzenden nach jeder Beschlussfassung nach § 9.<br />

Über den erstmaligen Vorsitz entscheidet das Los. § 5 Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.<br />

(3) Scheidet die Vorsitzende oder der Vorsitzende aus, wird nach Maßgabe der Absätze<br />

1 und 2 eine neue Vorsitzende oder ein neuer Vorsitzender berufen.<br />

§ 7 Beratende Mitglieder<br />

(1) Die Bundesregierung beruft auf Vorschlag der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber<br />

und Arbeitnehmer zusätzlich je ein beratendes Mitglied aus Kreisen der Wissenschaft.<br />

Die Bundesregierung soll darauf hinwirken, dass die Spitzenorganisationen der<br />

Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Frau und einen Mann als beratendes Mitglied<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

50


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

vorschlagen. Das beratende Mitglied soll in keinem Beschäftigungsverhältnis stehen<br />

zu<br />

1. einer Spitzenorganisation der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer,<br />

2. einer Vereinigung der Arbeitgeber oder einer Gewerkschaft oder<br />

3. einer Einrichtung, die von den in der Nummer 1 oder Nummer 2 genannten Vereinigungen<br />

getragen wird. § 5 Absatz 1 Satz 3 und 4 und Absatz 2 gilt entsprechend.<br />

(2) Die beratenden Mitglieder unterstützen die <strong>Mindestlohn</strong>kommission insbesondere<br />

bei der Prüfung nach § 9 Absatz 2 durch die Einbringung wissenschaftlichen Sachverstands.<br />

Sie haben das Recht, an den Beratungen der <strong>Mindestlohn</strong>kommission teilzunehmen.<br />

§ 8 Rechtsstellung der Mitglieder<br />

(1) Die Mitglieder der <strong>Mindestlohn</strong>kommission unterliegen bei der Wahrnehmung<br />

ihrer Tätigkeit keinen Weisungen.<br />

(2) Die Tätigkeit der Mitglieder der <strong>Mindestlohn</strong>kommission ist ehrenamtlich.<br />

(3) Die Mitglieder der <strong>Mindestlohn</strong>kommission erhalten eine angemessene Entschädigung<br />

für den ihnen bei der Wahrnehmung ihrer Tätigkeit erwachsenden Verdienstausfall<br />

und Aufwand sowie Ersatz der Fahrtkosten entsprechend den für ehrenamtliche<br />

Richterinnen und Richter der Arbeitsgerichte geltenden Vorschriften. Die Entschädigung<br />

und die erstattungsfähigen Fahrtkosten setzt im Einzelfall die oder der Vorsitzende<br />

der <strong>Mindestlohn</strong>kommission fest.<br />

§ 9 Beschluss der <strong>Mindestlohn</strong>kommission<br />

(1) Die <strong>Mindestlohn</strong>kommission hat über eine Anpassung der Höhe des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />

erstmals bis zum 30. Juni 2016 mit Wirkung zum 1. Januar 2017 zu beschließen. Danach<br />

hat die <strong>Mindestlohn</strong>kommission alle zwei Jahre über Anpassungen der Höhe des<br />

<strong>Mindestlohn</strong>s zu beschließen.<br />

(2) Die <strong>Mindestlohn</strong>kommission prüft im Rahmen einer Gesamtabwägung, welche<br />

Höhe des <strong>Mindestlohn</strong>s geeignet ist, zu einem angemessenen Mindestschutz der<br />

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beizutragen, faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen<br />

zu ermöglichen sowie Beschäftigung nicht zu gefährden. Die<br />

<strong>Mindestlohn</strong>kommission orientiert sich bei der Festsetzung des <strong>Mindestlohn</strong>s nachlaufend<br />

an der Tarifentwicklung.<br />

(3) Die <strong>Mindestlohn</strong>kommission hat ihren Beschluss schriftlich zu begründen.<br />

(4) Die <strong>Mindestlohn</strong>kommission evaluiert laufend die Auswirkungen des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />

auf den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Wettbewerbsbedingungen<br />

und die Beschäftigung im Bezug auf bestimmte Branchen und Regionen sowie<br />

die Produktivität und stellt ihre Erkenntnisse der Bundesregierung in einem Bericht<br />

alle zwei Jahre gemeinsam mit ihrem Beschluss zur Verfügung.<br />

§ 10 Verfahren der <strong>Mindestlohn</strong>kommission<br />

(1) Die <strong>Mindestlohn</strong>kommission ist beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte ihrer<br />

stimmberechtigten Mitglieder anwesend ist.<br />

(2) Die Beschlüsse der <strong>Mindestlohn</strong>kommission werden mit einfacher Mehrheit der<br />

Stimmen der anwesenden Mitglieder gefasst. Bei der Beschlussfassung hat sich die<br />

oder der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten. Kommt eine Stimmenmehrheit<br />

nicht zustande, macht die oder der Vorsitzende einen Vermittlungsvorschlag.<br />

Kommt nach Beratung über den Vermittlungsvorschlag keine Stimmenmehrheit zustande,<br />

übt die oder der Vorsitzende ihr oder sein Stimmrecht aus.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

51


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

(3) Die <strong>Mindestlohn</strong>kommission kann Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und<br />

Arbeitnehmer, Vereinigungen von Arbeitgebern und Gewerkschaften, öffentlichrechtliche<br />

Religionsgesellschaften, Wohlfahrtsverbände, Verbände, die wirtschaftliche<br />

und soziale Interessen organisieren, sowie sonstige von der Anpassung des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />

Betroffene vor Beschlussfassung anhören. Sie kann Informationen und<br />

fachliche Einschätzungen von externen Stellen einholen.<br />

(4) Die Sitzungen der <strong>Mindestlohn</strong>kommission sind nicht öffentlich; der Inhalt ihrer<br />

Beratungen ist vertraulich. Die übrigen Verfahrensregelungen trifft die <strong>Mindestlohn</strong>kommission<br />

in einer Geschäftsordnung.<br />

§ 11 Rechtsverordnung<br />

(1) Die Bundesregierung kann die von der <strong>Mindestlohn</strong>kommission vorgeschlagene<br />

Anpassung des <strong>Mindestlohn</strong>s durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates<br />

für alle Arbeitgeber sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbindlich<br />

machen. Die Rechtsverordnung tritt am im Beschluss der <strong>Mindestlohn</strong>kommission<br />

bezeichneten Tag, frühestens aber am Tag nach Verkündung in Kraft. Die Rechtsverordnung<br />

gilt, bis sie durch eine neue Rechtsverordnung abgelöst wird.<br />

(2) Vor Erlass der Rechtsverordnung erhalten die Spitzenorganisationen der Arbeitgeber<br />

und Arbeitnehmer, die Vereinigungen von Arbeitgebern und Gewerkschaften, die<br />

öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften, die Wohlfahrtsverbände sowie die<br />

Verbände, die wirtschaftliche und soziale Interessen organisieren, Gelegenheit zur<br />

schriftlichen Stellungnahme. Die Frist zur Stellungnahme beträgt drei Wochen; sie<br />

beginnt mit der Bekanntmachung des Verordnungsentwurfs.<br />

§ 12 Geschäfts- und Informationsstelle für den <strong>Mindestlohn</strong>; Kostenträgerschaft<br />

(1) Die <strong>Mindestlohn</strong>kommission wird bei der Durchführung ihrer Aufgaben von einer<br />

Geschäftsstelle unter-stützt. Die Geschäftsstelle untersteht insoweit fachlich der oder<br />

dem Vorsitzenden der <strong>Mindestlohn</strong>kommission.<br />

(2) Die Geschäftsstelle wird bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin<br />

als selbständige Organisationeinheit eingerichtet.<br />

(3) Die Geschäftsstelle informiert und berät als Informationsstelle für den <strong>Mindestlohn</strong><br />

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Unternehmen zum Thema <strong>Mindestlohn</strong>.<br />

(4) Die durch die Tätigkeit der <strong>Mindestlohn</strong>kommission und der Geschäftsstelle anfallenden<br />

Kosten trägt der Bund.<br />

Abschnitt 2<br />

Zivilrechtliche Durchsetzung<br />

§ 13 Haftung des Auftraggebers<br />

§ 14 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes findet entsprechende Anwendung.<br />

Abschnitt 3<br />

Kontrolle und Durchsetzung durch staatliche Behörden<br />

§ 14 Zuständigkeit<br />

Für die Prüfung der Einhaltung der Pflichten eines Arbeitgebers nach § 20 sind die<br />

Behörden der Zollverwaltung zuständig.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

52


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

§ 15 Befugnisse der Behörden der Zollverwaltung und anderer Behörden; Mitwirkungspflichten<br />

des Arbeitgebers<br />

Die §§ 2 bis 6, 14, 15, 20, 22 und 23 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes sind<br />

entsprechend anzuwenden mit der Maßgabe, dass<br />

1. die dort genannten Behörden auch Einsicht in Arbeitsverträge, Niederschriften<br />

nach § 2 des Nachweisgesetzes und andere Geschäftsunterlagen nehmen können, die<br />

mittelbar oder unmittelbar Auskunft über die Einhaltung des <strong>Mindestlohn</strong>s nach § 20<br />

geben, und<br />

2. die nach § 5 Absatz 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes zur Mitwirkung<br />

Verpflichteten diese Unterlagen vorzulegen haben.<br />

§ 6 Absatz 3 sowie die §§ 16 bis 19 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes finden<br />

entsprechende Anwendung.<br />

§ 16 Meldepflicht<br />

(1) Ein Arbeitgeber mit Sitz im Ausland, der eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer<br />

oder mehrere Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer in den in § 2a des<br />

Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen<br />

im Anwendungsbereich dieses Gesetzes beschäftigt, ist verpflichtet,<br />

vor Beginn jeder Werk- oder Dienstleistung eine schriftliche Anmeldung in deutscher<br />

Sprache bei der zuständigen Behörde der Zollverwaltung nach Absatz 6 vorzulegen,<br />

die die für die Prüfung wesentlichen Angaben enthält. Wesentlich sind die Angaben<br />

über<br />

1. den Familiennamen, den Vornamen und das Geburtsdatum der von ihm im Geltungsbereich<br />

dieses Gesetzes beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,<br />

2. den Beginn und die voraussichtliche Dauer der Beschäftigung,<br />

3. den Ort der Beschäftigung,<br />

4. den Ort im Inland, an dem die nach § 17 erforderlichen Unterlagen bereitgehalten<br />

werden,<br />

5. den Familiennamen, den Vornamen, das Geburtsdatum und die Anschrift in<br />

Deutschland der oder des verantwortlich Handelnden und<br />

6. den Familiennamen, den Vornamen und die Anschrift in Deutschland einer oder<br />

eines Zustellungsbevollmächtigten, soweit diese oder dieser nicht mit der oder dem in<br />

Nummer 5 genannten verantwortlich Handelnden identisch ist.<br />

Änderungen bezüglich dieser Angaben hat der Arbeitgeber im Sinne des Satzes 1<br />

unverzüglich zu melden.<br />

(2) Der Arbeitgeber hat der Anmeldung eine Versicherung beizufügen, dass er die<br />

Verpflichtungen nach § 20 einhält.<br />

(3) Überlässt ein Verleiher mit Sitz im Ausland eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer<br />

oder mehrere Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung<br />

einem Entleiher, hat der Entleiher in den in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes<br />

genannten Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen unter den Voraussetzungen<br />

des Absatzes 1 Satz 1 vor Beginn jeder Werk- oder Dienstleistung der zuständigen<br />

Behörde der Zollverwaltung eine schriftliche Anmeldung in deutscher Sprache<br />

mit folgenden Angaben zuzuleiten:<br />

1. den Familiennamen, den Vornamen und das Geburtsdatum der überlassenen Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer,<br />

2. den Beginn und die Dauer der Überlassung,<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

53


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

3. den Ort der Beschäftigung,<br />

4. den Ort im Inland, an dem die nach § 17 erforderlichen Unterlagen bereitgehalten<br />

werden,<br />

5. den Familiennamen, den Vornamen und die Anschrift in Deutschland einer oder<br />

eines Zustellungsbevollmächtigten des Verleihers,<br />

6. den Familiennamen, den Vornamen oder die Firma sowie die Anschrift des Verleihers.<br />

Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.<br />

(4) Der Entleiher hat der Anmeldung eine Versicherung des Verleihers beizufügen,<br />

dass dieser die Verpflichtungen nach § 20 einhält.<br />

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung im Einvernehmen<br />

mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales ohne Zustimmung des<br />

Bundesrates bestimmen,<br />

1. dass, auf welche Weise und unter welchen technischen und organisatorischen<br />

Voraussetzungen eine Anmeldung, eine Änderungsmeldung und die Versicherung<br />

abweichend von Absatz 1 Satz 1 und 3, Absatz 2 und 3 Satz 1 und 2 und Absatz 4 elektronisch<br />

übermittelt werden kann,<br />

2. unter welchen Voraussetzungen eine Änderungsmeldung ausnahmsweise entfallen<br />

kann, und<br />

3. wie das Meldeverfahren vereinfacht oder abgewandelt werden kann, sofern die<br />

entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Rahmen einer regelmäßig wiederkehrenden<br />

Werk- oder Dienstleistung eingesetzt werden oder sonstige Besonderheiten<br />

der zu erbringenden Werk- oder Dienstleistungen dies erfordern.<br />

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung<br />

des Bundesrates die zuständige Behörde nach Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3<br />

Satz 1 bestimmen.<br />

§ 17 Erstellen und Bereithalten von Dokumenten<br />

(1) Ein Arbeitgeber, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach § 8 Absatz 1 des<br />

Vierten Buches Sozialgesetzbuch oder in den in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes<br />

genannten Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen beschäftigt,<br />

ist verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit dieser Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung<br />

folgenden Kalendertages aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen<br />

mindestens zwei Jahre beginnend ab dem für die Aufzeichnung maßgeblichen Zeitpunkt<br />

aufzubewahren. Satz 1 gilt entsprechend für einen Entleiher, dem ein Verleiher<br />

eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer oder mehrere Arbeitnehmerinnen oder<br />

Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung in einem der in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes<br />

genannten Wirtschaftszweiges überlässt. Satz 1 gilt nicht für Beschäftigungsverhältnisse<br />

nach § 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch.<br />

(2) Arbeitgeber im Sinne des Absatzes 1 haben die für die Kontrolle der Einhaltung der<br />

Verpflichtungen nach § 20 in Verbindung mit § 2 erforderlichen Unterlagen im Inland<br />

in deutscher Sprache für die gesamte Dauer der tatsächlichen Beschäftigung der Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer im Geltungsbereich dieses Gesetzes, mindestens<br />

für die Dauer der gesamten Werk- oder Dienstleistung, insgesamt jedoch nicht länger<br />

als zwei Jahre, bereitzuhalten. Auf Verlangen der Prüfbehörde sind die Unterlagen<br />

auch am Ort der Beschäftigung bereitzuhalten.<br />

(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann durch Rechtsverordnung<br />

ohne Zustimmung des Bundesrates die Verpflichtungen des Arbeitgebers oder eines<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

54


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

Entleihers nach § 16 und den Absätzen 1 und 2 hinsichtlich bestimmter Gruppen von<br />

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern oder der Wirtschaftsbereiche oder den Wirtschaftszweigen<br />

einschränken oder erweitern.<br />

(4) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung im Einvernehmen<br />

mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales ohne Zustimmung des<br />

Bundesrates bestimmen, wie die Verpflichtung des Arbeitgebers, die tägliche Arbeitszeit<br />

bei ihm beschäftigter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufzuzeichnen und<br />

diese Aufzeichnungen aufzubewahren, vereinfacht oder abgewandelt werden kann,<br />

sofern Besonderheiten der zu erbringenden Werk- oder Dienstleistungen oder Besonderheiten<br />

des jeweiligen Wirtschaftsbereiches oder Wirtschaftszweiges dies erfordern.<br />

§ 18 Zusammenarbeit der in- und ausländischen Behörden<br />

(1) Die Behörden der Zollverwaltung unterrichten die zuständigen örtlichen Landesfinanzbehörden<br />

über Meldungen nach § 16 Absatz 1 und 3.<br />

(2) Die Behörden der Zollverwaltung und die übrigen in § 2 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes<br />

genannten Behörden dürfen nach Maßgabe der datenschutzrechtlichen<br />

Vorschriften auch mit Behörden anderer Vertragsstaaten des Abkommens<br />

über den Europäischen Wirtschaftsraum zusammenarbeiten, die diesem Gesetz entsprechende<br />

Aufgaben durchführen oder für die Bekämpfung illegaler Beschäftigung<br />

zuständig sind oder Auskünfte geben können, ob ein Arbeitgeber seine Verpflichtungen<br />

nach § 20 erfüllt. Die Regelungen über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen<br />

bleiben hiervon unberührt.<br />

(3) Die Behörden der Zollverwaltung unterrichten das Gewerbezentralregister über<br />

rechtskräftige Bußgeldentscheidungen nach § 21 Absatz 1 bis 3, sofern die Geldbuße<br />

mehr als zweihundert Euro beträgt.<br />

§ 19 Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge<br />

(1) Von der Teilnahme an einem Wettbewerb um einen Liefer-, Bau- oder Dienstleistungsauftrag<br />

der in § 98 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen genannten<br />

Auftraggeber sollen Bewerberinnen oder Bewerber für eine angemessene Zeit bis<br />

zur nachgewiesenen Wiederherstellung ihrer Zuverlässigkeit ausgeschlossen werden,<br />

die wegen eines Verstoßes nach § 21 mit einer Geldbuße von wenigstens zweitausendfünfhundert<br />

Euro belegt worden sind.<br />

(2) Die für die Verfolgung oder Ahndung der Ordnungswidrigkeiten nach § 21 zuständigen<br />

Behörden dürfen öffentlichen Auftraggebern nach § 98 Nummer 1 bis 3 und 5<br />

des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und solchen Stellen, die von öffentlichen<br />

Auftraggebern zugelassene Präqualifikationsverzeichnisse oder Unternehmer-<br />

und Lieferantenverzeichnisse führen, auf Verlangen die erforderlichen Auskünfte<br />

geben.<br />

(3) Öffentliche Auftraggeber nach Absatz 2 fordern im Rahmen ihrer Tätigkeit beim<br />

Gewerbezentralregister Auskünfte über rechtskräftige Bußgeldentscheidungen wegen<br />

einer Ordnungswidrigkeit nach § 21 Absatz 1 oder Absatz 2 an oder verlangen von<br />

Bewerberinnen oder Bewerbern eine Erklärung, dass die Voraussetzungen für einen<br />

Ausschluss nach Absatz 1 nicht vorliegen. Im Falle einer Erklärung der Bewerberin<br />

oder des Bewerbers können öffentliche Auftraggeber nach Absatz 2 jederzeit zusätzlich<br />

Auskünfte des Gewerbezentralregisters nach § 150a der Gewerbeordnung anfordern.<br />

(4) Bei Aufträgen ab einer Höhe von 30 000 Euro fordert der öffentliche Auftraggeber<br />

nach Absatz 2 für die Bewerberin oder den Bewerber, die oder der den Zuschlag erhalten<br />

soll, vor der Zuschlagserteilung eine Auskunft aus dem Gewerbezentralregister<br />

nach § 150a der Gewerbeordnung an.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

55


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

(5) Vor der Entscheidung über den Ausschluss ist die Bewerberin oder der Bewerber zu<br />

hören.<br />

§ 20 Pflichten des Arbeitgebers zur Zahlung des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />

Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland sind verpflichtet, ihren im Inland beschäftigten<br />

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe<br />

des <strong>Mindestlohn</strong>s nach § 1 Absatz 2 spätestens zu dem in § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer<br />

2 genannten Zeitpunkt zu zahlen.<br />

§ 21 Bußgeldvorschriften<br />

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig<br />

1. entgegen § 15 Satz 1 in Verbindung mit § 5 Absatz 1 Satz 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes<br />

eine Prüfung nicht duldet oder bei einer Prüfung nicht mitwirkt,<br />

2. entgegen § 15 Satz 1 in Verbindung mit § 5 Absatz 1 Satz 2 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes<br />

das Betreten eines Grundstücks oder Geschäftsraums nicht duldet,<br />

3. entgegen § 15 Satz 1 in Verbindung mit § 5 Absatz 3 Satz 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes<br />

Daten nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen<br />

Weise oder nicht rechtzeitig übermittelt,<br />

4. entgegen § 16 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 3 Satz 1 eine Anmeldung nicht, nicht<br />

richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig<br />

vorlegt oder nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise<br />

oder nicht rechtzeitig zuleitet,<br />

5. entgegen § 16 Absatz 1 Satz 3, auch in Verbindung mit Absatz 3 Satz 2, eine Änderungsmeldung<br />

nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen<br />

Weise oder nicht rechtzeitig macht,<br />

6. entgegen § 16 Absatz 2 oder 4 eine Versicherung nicht, nicht richtig oder nicht<br />

rechtzeitig beifügt,<br />

7. entgegen § 17 Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, eine Aufzeichnung<br />

nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstellt oder nicht oder<br />

nicht mindestens zwei Jahre aufbewahrt,<br />

8. entgegen § 17 Absatz 2 eine Unterlage nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder<br />

nicht in der vorgeschriebenen Weise bereithält oder<br />

9. entgegen § 20 das dort genannte Arbeitsentgelt nicht oder nicht rechtzeitig zahlt.<br />

(2) Ordnungswidrig handelt, wer Werk- oder Dienstleistungen in erheblichem Umfang<br />

ausführen lässt, indem er als Unternehmer einen anderen Unternehmer beauftragt,<br />

von dem er weiß oder fahrlässig nicht weiß, dass dieser bei der Erfüllung dieses Auftrags<br />

1. entgegen § 20 das dort genannte Arbeitsentgelt nicht oder nicht rechtzeitig zahlt<br />

oder<br />

2. einen Nachunternehmer einsetzt oder zulässt, dass ein Nachunternehmer tätig<br />

wird, der entgegen § 20 das dort genannte Arbeitsentgelt nicht oder nicht rechtzeitig<br />

zahlt.<br />

(3) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 9 und des Absatzes<br />

2 mit einer Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro, in den übrigen Fällen mit<br />

einer Geldbuße bis zu dreißigtausend Euro geahndet werden.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

56


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

(4) Verwaltungsbehörden im Sinne des § 36 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über<br />

Ordnungswidrigkeiten sind die in § 14 genannten Behörden jeweils für ihren Geschäftsbereich.<br />

(5) Für die Vollstreckung zugunsten der Behörden des Bundes und der bundesunmittelbaren<br />

juristischen Personen des öffentlichen Rechts sowie für die Vollziehung des<br />

dinglichen Arrestes nach § 111d der Strafprozessordnung in Verbindung mit § 46 des<br />

Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten durch die in § 14 genannten Behörden gilt das<br />

Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes.<br />

Abschnitt 4<br />

Schlussvorschriften<br />

§ 22 Persönlicher Anwendungsbereich<br />

(1) Dieses Gesetz gilt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Praktikantinnen und<br />

Praktikanten im Sinne des § 26 des Berufsbildungsgesetzes gelten als Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes, es sei denn, dass sie<br />

1. ein Praktikum verpflichtend auf Grund einer schulrechtlichen Bestimmung, einer<br />

Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung oder im Rahmen einer<br />

Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie leisten,<br />

2. ein Praktikum von bis zu drei Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung<br />

oder für die Aufnahme eines Studiums leisten,<br />

3. ein Praktikum von bis zu drei Monaten begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung<br />

leisten, wenn nicht zuvor ein solches Praktikumsverhältnis mit demselben<br />

Ausbildenden bestanden hat, oder<br />

4. an einer Einstiegsqualifizierung nach § 54a des Dritten Buches Sozialgesetzbuch<br />

oder an einer Berufsausbildungsvorbereitung nach §§ 68 bis 70 des Berufsbildungsgesetzes<br />

teilnehmen.<br />

Praktikantin oder Praktikant ist unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses,<br />

wer sich nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses<br />

für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und<br />

Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche<br />

Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im<br />

Sinne des Berufsbildungsgesetzes oder um eine damit vergleichbare praktische Ausbildung<br />

handelt.<br />

(2) Personen im Sinne von § 2 Absatz 1 und 2 des Jugendarbeitsschutzgesetzes ohne<br />

abgeschlossene Berufsausbildung gelten nicht als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />

im Sinne dieses Gesetzes.<br />

(3) Von diesem Gesetz nicht geregelt wird die Vergütung von zu ihrer Berufsausbildung<br />

Beschäftigten sowie ehrenamtlich Tätigen.<br />

(4) Für Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die unmittelbar<br />

vor Beginn der Beschäftigung langzeitarbeitslos im Sinne des § 18 Absatz 1 des<br />

Dritten Buches Sozialgesetzbuch waren, gilt der <strong>Mindestlohn</strong> in den ersten sechs<br />

Monaten der Beschäftigung nicht. Die Bundesregierung hat den gesetzgebenden<br />

Körperschaften zum 1. Juni 2016 darüber zu berichten, inwieweit die Regelung nach<br />

Satz 1 die Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt gefördert<br />

hat, und eine Einschätzung darüber abzugeben, ob diese Regelung fortbestehen<br />

soll.<br />

§ 23 Evaluation<br />

Dieses Gesetz ist im Jahr 2020 zu evaluieren.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

57


Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

§ 24 Übergangsregelung<br />

(1) Bis zum 31. Dezember 2017 gehen abweichende Regelungen eines Tarifvertrages<br />

repräsentativer Tarifvertragsparteien dem <strong>Mindestlohn</strong> vor, wenn sie für alle unter<br />

den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitgeber mit Sitz im In- oder<br />

Ausland sowie deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbindlich gemacht<br />

worden sind; ab dem 1. Januar 2017 müssen abweichende Regelungen in diesem Sinne<br />

mindestens ein Entgelt von brutto 8,50 Euro je Zeitstunde vorsehen. Satz 1 gilt<br />

entsprechend für Rechtsverordnungen, die auf der Grundlage von § 11 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes<br />

sowie § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erlassen<br />

worden sind.<br />

(2) Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller haben ab dem 1. Januar 2015 einen<br />

Anspruch auf 75 Prozent und ab dem 1. Januar 2016 auf 85 Prozent des <strong>Mindestlohn</strong>s<br />

nach § 1 Absatz 2 Satz 1. Vom 1. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2017 beträgt der<br />

<strong>Mindestlohn</strong> für Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller brutto 8,50 Euro je<br />

Zeitstunde. Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller im Sinne der Sätze 1 und 2<br />

sind Personen, die in einem Arbeitsverhältnis ausschließlich periodische Zeitungen<br />

oder Zeitschriften an Endkunden zustellen; dies umfasst auch Zustellerinnen und<br />

Zusteller von Anzeigenblättern mit redaktionellem Inhalt.<br />

2. Arbeitnehmer-Entsendegesetz – AEntG (Auszug )<br />

[…]<br />

Abschnitt 5<br />

Zivilrechtliche Durchsetzung<br />

§ 14 Haftung des Auftraggebers<br />

Ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder<br />

Dienstleistungen beauftragt, haftet für die Verpflichtungen dieses Unternehmers,<br />

eines Nachunternehmers oder eines von dem Unternehmer oder einem Nachunternehmer<br />

beauftragten Verleihers zur Zahlung des Mindestentgelts an Arbeitnehmer<br />

oder Arbeitnehmerinnen oder zur Zahlung von Beiträgen an eine gemeinsame Einrichtung<br />

der Tarifvertragsparteien nach § 8 wie ein Bürge, der auf die Einrede der<br />

Vorausklage verzichtet hat. Das Mindestentgelt im Sinne des Satzes 1 umfasst nur<br />

den Betrag, der nach Abzug der Steuern und der Beiträge zur Sozialversicherung und<br />

zur Arbeitsförderung oder entsprechender Aufwendungen zur sozialen Sicherung an<br />

Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen auszuzahlen ist (Nettoentgelt).<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

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Der gesetzliche <strong>Mindestlohn</strong>– <strong>Leitfaden</strong> für Betriebe der Druck- und Medienindustrie<br />

3. <strong>Mindestlohn</strong>aufzeichnungsverordnung – MiLoAufzV (Entwurf)<br />

Verordnungsentwurf des Bundesministeriums der Finanzen<br />

Verordnung zur Abwandlung der Pflicht zur Arbeitszeitaufzeichnung nach dem<br />

<strong>Mindestlohn</strong>gesetz und dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz<br />

(<strong>Mindestlohn</strong>aufzeichnungsverordnung – MiLoAufzV)<br />

Auf Grund des § 17 Absatz 4 des <strong>Mindestlohn</strong>gesetzes vom 11. August <strong>2014</strong> (BGBl. I S.<br />

1348) und des § 19 Absatz 4 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, der durch Artikel 6<br />

des Gesetzes vom 11. August <strong>2014</strong> eingefügt worden ist (BGBl. I S. 1348) verordnet<br />

das Bundesministerium der Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundesministerium<br />

für Arbeit und Soziales:<br />

Vereinfachung und Abwandlung der Pflicht zur Arbeitszeitaufzeichnung<br />

§ 1 Vereinfachung und Abwandlung der Pflicht zur Arbeitszeitaufzeichnung<br />

(1) Abweichend von §§ 17 Absatz 1 Satz 1 des <strong>Mindestlohn</strong>gesetzes und 19 Absatz 1<br />

Satz 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes genügt ein Arbeitgeber, soweit er Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer<br />

- mit ausschließlich mobilen Tätigkeiten beschäftigt,<br />

- diese keinen Vorgaben zur konkreten täglichen Arbeitszeit (Beginn und Ende)<br />

unterliegen und<br />

- sich ihre tägliche Arbeitszeit eigenverantwortlich einteilen,<br />

seiner Aufzeichnungspflicht, wenn für diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />

nur die Dauer der tatsächlichen täglichen Arbeitszeit aufgezeichnet wird.<br />

(2) Bei einer ausschließlich mobilen Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 handelt es sich<br />

um eine Tätigkeit, die nicht an Beschäftigungsorte gebunden ist. Eine ausschließlich<br />

mobile Tätigkeit liegt insbesondere bei der Zustellung von Briefen, Paketen und<br />

Druckerzeugnissen, der Abfallsammlung, der Straßenreinigung, dem Winterdienst,<br />

dem Gütertransport und der Personenbeförderung vor. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />

unterliegen im Sinne des Absatzes 1 keinen Vorgaben zur konkreten täglichen<br />

Arbeitszeit, wenn die Arbeit lediglich innerhalb eines bestimmten zeitlichen<br />

Rahmens geleistet werden muss, ohne dass die konkrete Lage (Beginn und Ende) der<br />

Arbeitszeit durch den Arbeitgeber festgelegt wird. Eine eigenverantwortliche Einteilung<br />

der Arbeitszeit im Sinne des Absatzes 1 liegt vor, wenn Arbeitnehmerinnen oder<br />

Arbeitnehmer während ihrer täglichen Arbeitszeit regelmäßig nicht durch ihren Arbeitgeber<br />

oder Dritte Arbeitsaufträge entgegennehmen oder für entsprechende Arbeitsaufträge<br />

zur Verfügung stehen müssen. Die zeitliche Ausführung des täglichen<br />

Arbeitsauftrages muss in der Verantwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />

liegen.<br />

§ 2 Inkrafttreten<br />

Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2015 in Kraft.<br />

Bundesverband Druck und Medien e.V.<br />

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