Magazin Naturfreund - Naturfreunde Schweiz
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Ein Wort zum Fichtennadel-Alpenrosenblasenrost<br />
Wenn Rottannen golden leuchten<br />
Und was sonst noch – ausser dass beide in der oberen Waldzone der Alpen heimisch sind –<br />
haben Alpenrosen und Fichten gemeinsam? Beide können Wirt sein ein und desselben<br />
Parasiten! Ist dies der Fall, verfärben sich Fichten golden – und können einen beträchtlichen<br />
Teil ihres Nadelkleids verlieren.<br />
Text und Fotos: Ursula Heiniger*<br />
August, ein sonniger Tag in der oberen<br />
Waldzone der Alpen. Der Himmel<br />
strahlt, die Rottannen (auf Deutsch auch<br />
Fichten genannt) leuchten golden. Bei genauerem<br />
Hinsehen zeigt sich, dass lediglich<br />
die diesjährigen Triebe, d.h. die vordersten<br />
Abschnitte der Ästchen, orange Nadeln zeigen.<br />
Die Nadeln sind vom Fichtennadel-Alpenrosenblasenrost,<br />
kürzer auch Fichtennadelrost<br />
(Chrysomyxa rhododendri) befallen.<br />
Der Zungenbrechername weist auf den interessanten<br />
Lebenszyklus dieses Pilzes hin. Er<br />
ist ein obligater Parasit, d.h. er kann sich nur<br />
auf lebenden Pfl anzen entwickeln. Zudem ist<br />
er wirtswechselnd: er lebt auf zwei völlig<br />
verschiedenen Pfl anzenarten, auf der Rottanne<br />
und der Alpenrose (rostige Alpenrose und<br />
Steinrose). Deshalb kommt der Pilz nur in<br />
Regionen mit Alpenrosen vor. Auf diesen<br />
überwintert der Pilz gut geschützt unter der<br />
Schneedecke. Im Frühling, zur Zeit des Austriebs<br />
der Rottannen, bildet der Pilz winzige<br />
Fruchtkörperchen in denen die Sporen reifen.<br />
Diese werden vom Wind verbreitet. Fallen<br />
die Sporen auf eine frisch austreibende<br />
Rottannennadel, deren Wachsschicht noch<br />
dünn ist, keimen sie bei feuchter Witterung<br />
aus. Orange Pilzfäden wachsen in die Nadel<br />
und besiedeln diese mit einem dichten Gefl<br />
echt. Ein Befall lässt sich bald an den orangen<br />
Bändern auf den Nadeln erkennen.<br />
Später bilden sich die Sporenbehälter (Aecidien),<br />
welche unzählige orange Aecidio-<br />
Sporen enthalten. Sind die Sporen reif, öffnen<br />
sich die Behälter und entlassen orange<br />
Sporenwolken. Die weissen Hüllen des Behälters<br />
bleiben zurück und sind noch lange<br />
sichtbar. Bald fallen die Nadeln zu Boden<br />
und hinterlassen leere Stellen am Zweiglein.<br />
So lassen sich Infektionen in früheren Jahren<br />
an den Lücken in den älteren Nadeljahrgängen<br />
ablesen. Die Knospen werden nicht befallen<br />
und werden auch nach einem starken<br />
Fichtenrostbefall im nächsten Frühling wieder<br />
austreiben. Die Aecidio-Sporen besiedeln<br />
wiederum die Blätter der Alpenrosen, wo der<br />
Pilz überwintert. Im nächsten Frühling beginnt<br />
der Infektionszyklus von neuem.<br />
Kalter Februar 2012<br />
Nicht jedes Jahr ist diese Krankheit zu beobachten.<br />
Vieles muss stimmen. Der Nadelaus-<br />
NATUR ERLEBEN<br />
Fichtenrost<br />
Vom Nadelrost befallene<br />
Fichte, Sporenlager auf<br />
Blättern der Alpenrose.<br />
trieb muss mit der Sporenreife auf den Alpenrosen<br />
übereinstimmen und gleichzeitig<br />
muss kühles, feuchtes Wetter herrschen. So<br />
ist es bei der Niederschrift dieses Artikels<br />
noch völlig unklar, ob im kalten Winter dieses<br />
Jahres (2012) nicht viele Alpenrosen<br />
erfroren sind und mit ihnen der Fichtennadelrost<br />
abgestorben ist und ob der Austrieb<br />
der Fichte mit der Sporenreife auf der<br />
Alpenrose zusammenfällt.<br />
Vor allem junge Rottannen, die in Alpenrosenfeldern<br />
wachsen, werden befallen<br />
sowie randständige Rottannen, die dem<br />
vom Wind verwehten Sporenstaub ausgesetzt<br />
sind.<br />
Weiterführende Literatur: Dagmar Nierhaus-<br />
Wunderwald, 2002. Rostpilze an Fichten.<br />
WSL Merkblatt für die Praxis, Nr. 35; http://<br />
www.wsl.ch/fe/walddynamik/waldschutz/<br />
wsinfo/merkblaetter/32_d.pdf<br />
Diagnose online, WSL, Waldschutz http://<br />
www.wsl.ch/forest/wus/diag/index.<br />
php?TEXTID=5&MOD=1<br />
* Die passionierte Biologin Ursula Heiniger, Mitglied<br />
der <strong>Naturfreund</strong>e-Sektion Spitalpersonal, hat über<br />
Jahre für die WSL (Eidgenössische Forschungsanstalt<br />
für Wald, Schnee und Landschaft) gearbeitet.<br />
NATURFREUND 3/2012 37