Magazin Naturfreund - Naturfreunde Schweiz
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Besitzverhältnisse massiv ungleich. Jene, die<br />
ab Mitte des 18. Jahrhunderts auf die Rigi<br />
stiegen (oder sich in Sänften haben hoch<br />
tragen lassen), waren keine Arbeiter, keine<br />
Handlanger. Das war die Oberschicht: Zar<br />
Alexander II., Queen Victoria, Kaiserin<br />
Louise, König Ludwig von Bayern, Johann<br />
Wolfgang Goethe, Carl Maria von Weber,<br />
Felix Mendelssohn, Richard Wagner. Und<br />
da waren die Maler und die Reiseschriftsteller,<br />
allen voran die Engländer William Turner<br />
(sein «Vierwaldstätter See» hängt in der<br />
Tate Gallery in London) und John Murray<br />
(sein Handbook for Traveller in Switzerland<br />
erschien 1836), dann auch James Cooper<br />
(der die Lederstrumpf-Romane geschrieben<br />
hatte), Karl Baedeker, Mark Twain, der<br />
<strong>Schweiz</strong>er Literaturnobelpreisträger Carl<br />
Spitteler und später auch Hermann Hesse.<br />
Apropos Karl Baedeker: das ist jener deutsche<br />
Herr (1859 verstorben), auf den die<br />
Baedeker-Reisehandbücher zurückgehen,<br />
und diese «Baedeker» sind dermassen hoch<br />
geschätzt, dass sie längst als Synonym für<br />
gute Reiseführer gelten. Über die Rigi haben<br />
die Baedeker-Führer daher bereits lange vor<br />
Einweihung der Bahn geschrieben. So etwa<br />
war in der Ausgabe von 1854 zu erfahren,<br />
was die Knaben verlangen würden, die einem<br />
ab Vitznau den Weg auf die Rigi zeigen würden<br />
(nämlich zwei bis drei Franken), und mit<br />
welchen Kosten zu rechnen sei, wenn man in<br />
Vitznau ein Maultier samt Führer zu mieten<br />
beabsichtige (9 französische Franken bis zum<br />
Kulm und 6 für die Rückkehr am nächsten<br />
Morgen auf demselben Weg, oder 9 Franken<br />
auf einem anderen Weg). Dass diese Baedeker-<br />
Führer in einem guten Sinne praxisbezogen<br />
waren, belegt ein Nachsatz: «Das Reiten ermüdet<br />
übrigens Denjenigen, der nicht zu<br />
reiten gewohnt ist, mehr, als das Gehen; man<br />
sieht nicht selten Reisende gleich zu Beginn<br />
der Wanderung vom Pferde steigen, und<br />
neben demselben bis zur Höhe gehen».<br />
Auch nach 1871, als die Bahn die Reittiere<br />
verdrängt hatte, blieb eine Reise auf die<br />
Rigi eine kostspielige Angelegenheit. Eine<br />
einfache Fahrt ab Vitznau kostete (inklusive<br />
5 Kilogramm Handgepäck) 7 Franken, und<br />
retour nochmals 3.50. Für die knapp 7 km<br />
lange Fahrt benötigte der Zug eine Stunde<br />
und 20 Minuten.<br />
Noch etwas teurer war die Fahrt ab Arth-<br />
Goldau, aber die war um 4 km länger und<br />
man war gar eine Stunde und 35 Minuten<br />
lang unterwegs. Vitznau-Rigi retour, für<br />
10 Franken 50, – das entsprach 10% eines<br />
Eisenbahner-Monatslohns!<br />
Immer wieder…<br />
Mittlerweile wissen es alle: Ende Juni ist auf<br />
Rigi Kaltbad das neue Bad eröffnet worden.<br />
Es ist ein Bau des Tessiner Architekten Mario<br />
Botta, unverkennbar, das hat nichts mit Jugendstil<br />
gemein, heute gehen die Gelüste in<br />
anderer Richtung, Botta betont den Stein, die<br />
natürliche Struktur des Steins, das natürliche<br />
Erscheinungsbild. Baden auf der Rigi, Wellness<br />
auf Kaltbad, ja die Rigi als Destination<br />
insgesamt wird mit diesem Bau einen neuen<br />
Schub erleben, viele sprechen von einer Renaissance<br />
der Rigi, und klar melden sich da<br />
auch jene, die vor einer totalen Monetarisierung<br />
warnen, aber eigentlich ist diese längst<br />
Tatsache – und andererseits: ein Blick von<br />
der Rigi (man kann 13 <strong>Schweiz</strong>er Seen ausmachen)<br />
ist nun mal eine Augenweide! Man<br />
staunt stets aufs Neue; es ist fantastisch, umwerfend,<br />
begeisternd. Und wer wandern<br />
Blick zum Stanserhorn (oben), und Sondereinsatz der 1873 erbauten Rigi-Lok Nr. 7.<br />
UNTERWEGS<br />
Rigi<br />
Fotos: Herbert Gruber<br />
NATURFREUND 3/2012 9