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Facetten November 2010

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Lust auf einen Dialog?<br />

Eine Fortbildung des KiTa-Teams<br />

„Sehe mit fühlendem Aug’, fühle mit sehender<br />

Hand.“ J. W. Goethe<br />

Bevor wir ins schwarze Nichts gehen,<br />

erhält jeder der Gruppe mit kurzer Anleitung<br />

einen Blindenstock. Mich beschleicht<br />

ein Gefühl der Unsicherheit,<br />

Aufregung und Spannung. Der Guide<br />

bittet uns in die Dunkelheit und stellt<br />

sich mit Namen vor. Diese höfliche Geste<br />

bringt mich bei meinen ersten Gehversuchen<br />

in der Dunkelheit nicht wirklich<br />

weiter. Ich klemme mich an die Schulter<br />

meiner Vorderfrau und taste mich mit der<br />

rechten Hand an der Wand entlang. Die<br />

ersten fünf Minuten gehören dem Gedanken:<br />

„Au weia, worauf habe ich mich da<br />

eingelassen, ich will Licht und mich auf<br />

der Stelle visuell orientieren.“ Das wird<br />

aber für die nächsten 90 Minuten wohl<br />

nicht möglich sein. Also im wahrsten<br />

Sinne des Wortes: Augen zu und durch!<br />

Am 17. Juli führte uns – das pädagogische<br />

Personal des Georg-Wündisch-<br />

Hauses – unsere Fortbildung ins Dialogmuseum<br />

nach Frankfurt. „Das Dialogmuseum<br />

in Frankfurt am Main ist ein<br />

,Blindenmuseum’ nach einer Idee von<br />

Andreas Heinecke, in dem durch interaktives<br />

Erfahren sehenden Menschen das<br />

Leben eines Blinden ohne den Sehsinn<br />

veranschaulicht wird. Das private Unternehmen<br />

hat es sich zudem zum Ziel gesetzt,<br />

insbesondere schwerbehinderten<br />

Menschen eine Chance auf dem ersten<br />

Arbeitsmarkt zu geben. Daher sind 70 %<br />

der Stellen mit Menschen mit Behinderung<br />

besetzt. Die Ausstellung besteht aus<br />

sechs absolut lichtlosen Räumen, durch<br />

die kleinere Gruppen von einem blinden<br />

bzw. sehbehinderten Führer geleitet werden.<br />

Angeschlossen ist ein Restaurant<br />

namens Taste of Darkness, in dem das Essen<br />

im Dunkeln serviert wird. Im Casino<br />

for Communication werden an neun Spieltischen<br />

Spiele angeboten, die die soziale<br />

und kommunikative Kompetenz herausfordern.<br />

(…)“ (Wikipedia)<br />

Rashid, der Guide, verspricht eine spannende<br />

Reise in ein uns noch unbekanntes<br />

Land – Indien: ein Spaziergang im Park,<br />

das Überqueren einer Hängebrücke, eine<br />

Rikscha-Fahrt, landestypische Musik,<br />

eine Bootsfahrt mit Wind und Wellengang,<br />

Besuch eines Tempels und eines<br />

Cafés.<br />

Die Bootsfahrt ist sehr angenehm, es<br />

schaukelt und eine leichte Brise Meerluft<br />

erreicht mein Gesicht. Ich kann entspannen<br />

und mich auf das nächste Abenteuer<br />

vorbereiten. Das anschließende Durchqueren<br />

einer lebhaften Stadt (Neu-Delhi)<br />

ohne Augenlicht habe ich als körperliche<br />

Belastung empfunden. Die Umgebung<br />

bekommt eine neue Qualität – verwirrt,<br />

beeindruckt und nachdenklich lernen die<br />

Sehenden neu zu ,sehen’.<br />

Die Erfahrungen von der Reise ohne<br />

Augenlicht sind für uns eine Bereicherung.<br />

Wir sind uns einig, dass die Welt<br />

für uns Sehende vordergründig visuell<br />

6 FACETTEN Georg-Wündisch-Haus

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