09.09.2016 Aufrufe

2014-01

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Gesellschaft<br />

DER ENKEL<br />

In Deutschland gestrandet oder angekommen?<br />

Mit seinem Namen erinnert der dreieinhalb jährige<br />

Ibrahim an Abraham, den biblischen Stammvater,<br />

der vor 4.000 Jahren ins heutige Palästina<br />

einwanderte. Von dort wurden Ibrahims Großeltern vor 66<br />

Jahren (1948) vertrieben und leben seitdem als Flüchtlinge<br />

in Syrien. Ibrahims Eltern mussten sie, die jetzt Alten, in<br />

dem durch jahrelange Konflikte verwüsteten Land zurücklassen,<br />

um sein Leben, das seines kleineren Bruders und das<br />

eigene Leben zu retten.<br />

Ihre Flucht endete nach sieben Monaten (vorläufig) in<br />

einer Burbacher Notunterkunft, in der ehemaligen Siegerlandkaserne.<br />

Hier lebt Ibrahim im Januar <strong>2<strong>01</strong>4</strong> mit seinen<br />

Eltern in geheizten Räumen. Es gibt Strom, Trinkwasser,<br />

medizinische Versorgung und auch außerhalb des Lagerzauns<br />

viele hilfsbereite Menschen. Damit hat Ibrahim, wie<br />

schon Abraham, ein „Gelobtes Land“ erreicht. Aber immer<br />

wieder gibt es die Geräusche von Flugzeugen die Ibrahim in<br />

Furcht versetzen, und die Silvesterknallerei löste Panik bei<br />

ihm aus. Neben den auf der Flucht erlittenen psychischen<br />

Verletzungen leidet der Kleine unter einer rheumatischen<br />

Erkrankung und benötigt eine orthopädische Behandlung.<br />

VdK Soziale Sicherheit in einer<br />

großen Gemeinscha"<br />

Kreisverband<br />

Siegen-Olpe-Wi!genstein<br />

57072 Siegen Morleystr.15-17<br />

Tel.: 02 71 / 30 38 29-0<br />

Fax: 02 71 / 30 38 29-18<br />

e-mail: kv-siegen@vdk.de<br />

www.vdk.de/kv-siegen-olpe-wi!genstein<br />

Falls Sie mehr über den VdK wissen möchten,<br />

wenden Sie sich an den Kreisverband oder direkt<br />

an den für Sie zuständigen Ortsverband<br />

Autorenfoto<br />

Meine Besuche in der Burbacher Notunterkunft galten<br />

hauptsächlich älteren Erwachsenen, die dort zurzeit als<br />

Flüchtlinge/Asylsuchende leben. Welche Hoffnungen und<br />

Erwartungen haben sie für die Enkelgeneration und welche<br />

Hoffnungen setzen sie dabei auf Deutschland? Wie leben<br />

alte Menschen in den Herkunftsländern, ohne familiäre Unterstützung,<br />

ohne die für uns selbstverständliche Sicherheit,<br />

ohne Renten- oder Krankenversicherung? Wie erleben sie<br />

die Trennung von ihren Angehörigen, von den Enkeln? Wie<br />

sieht deren Lebensweg aus, nachdem sie in Gesichter der<br />

Gewalt gesehen und diese erlebt haben?<br />

Wir, die jetzt in Deutschland lebenden älteren Erwachsenen,<br />

haben als letzte Generation noch Erinnerungen an<br />

die Not der Kriegs- und Nachkriegszeit. Viele von uns haben<br />

Erinnerungen an Flucht und Vertreibung, Erinnerungen<br />

an Gewalt im sozialen Umfeld, im Beruf, in der Schule und<br />

Familie. Oft als besondere, lebenslange Belastung. Vielleicht<br />

sind wir, die jetzt Alten, besonders herausgefordert<br />

(oder befähigt?), uns an der Suche nach Wegen zu beteiligen,<br />

wie der Geist, die Logik und die Praxis der Gewalt<br />

überwunden werden kann. Ohne die Hoffnung auf wohlfeile<br />

Rezepte. Aber immerhin können wir dazu beitragen,<br />

dass in Deutschland nicht nur gut ausgebildete Fachleute<br />

willkommen sind - womöglich als Pflegepersonal für uns<br />

selbst - sondern auch schutzbedürftige Kinder, Alte und<br />

Kranke.<br />

Erich Kerkhoff<br />

28 durchblick 1/<strong>2<strong>01</strong>4</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!