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Alla Breve Nr. 36

Magazin der Hochschule für Musik Saar

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„Räume schaffen<br />

gegen den zunehmenden<br />

Leistungsdruck“<br />

Prof. Dr. Matthias Handschick hat zum Wintersemester 2015-16 die<br />

Professur für Musikpädagogik/Musikdidaktik an der HfM Saar übernommen.<br />

Matthias Handschick, geboren 1971, studierte Schulmusik,<br />

Musiktheorie, Germanistik und Komposition in Hannover<br />

und Freiburg. Von 2001 bis 2015 war er im Schuldienst tätig<br />

und nahm zusätzlich Lehr- und Forschungsaufträge an den<br />

Musikhochschulen in Stuttgart und Freiburg sowie an der<br />

Pädagogischen Hochschule Freiburg wahr. Für Projekte zur<br />

Vermittlung Neuer Musik wurde er mehrfach ausgezeichnet,<br />

zahlreiche Veröffentlichungen liegen vor. Nach der Promotion<br />

erfolgte sein Ruf auf die Professur für Musikpädagogik/<br />

Musikdidaktik an unserer Hochschule. <strong>Alla</strong> breve sprach mit<br />

ihm über seine Zielsetzungen als neuer Leiter dieses zentralen<br />

Studiengangs.<br />

alla breve: Was reizt Sie an Ihrer neuen Aufgabe als Professor<br />

der Hochschule für Musik Saar?<br />

Handschick: Ich war vierzehn Jahre lang Gymnasiallehrer für<br />

die Fächer Musik und Deutsch in Baden-Württemberg. Obwohl<br />

ich diesen Beruf sehr gerne ausgeübt habe und nebenbei<br />

Lehr- und Forschungsaufträge an verschiedenen Hochschulen<br />

in Freiburg und Stuttgart innehatte, war die Zeit zum<br />

Nachdenken, Lesen und Schreiben doch sehr begrenzt. Ich<br />

hoffe, dass das nun besser wird. Außerdem bringen die Menschen,<br />

mit denen ich hier arbeiten kann, andere Voraussetzungen<br />

mit als die meisten Schülerinnen und Schüler. Es ist<br />

ein grandioses Privileg, zu der kleinen Zahl von Menschen zu<br />

gehören, die sich hauptamtlich und gemeinsam mit anderen<br />

Interessierten Gedanken darüber machen dürfen, wie man einen<br />

guten Musikunterricht machen könnte.<br />

alla breve: Welche konzeptionellen Ziele haben Sie sich für<br />

Ihren Tätigkeitsbereich gesetzt?<br />

Handschick: Ich würde für die Lehramtsstudiengänge gerne<br />

eine Studienstruktur schaffen, die einerseits die zur Zeit<br />

angestrebte nationale und internationale Kompatibilität der<br />

Inhalte und Prüfungsleistungen gewährleistet, andererseits<br />

aber auch möglichst offen ist und Platz lässt für individuelle<br />

Schwerpunktsetzungen. Nicht nur der gesunde Menschenverstand,<br />

sondern auch empirische Studien deuten darauf<br />

hin, dass Lernfortschritte vor allem dort erzielt werden, wo<br />

persönliches Interesse besteht und ein positives Verhältnis<br />

zwischen den am Lernprozess beteiligten Menschen besteht.<br />

Jede unnötige Reglementierung sollte vermieden werden, besonders<br />

wenn es um die Ausbildung von Künstlern oder von<br />

Menschen, die im künstlerisch-pädagogischen Bereich aktiv<br />

sein werden, geht.<br />

Prof. Matthias Handschick<br />

alla breve: Sie gelten als Experte in der Vermittlung Neuer Musik.<br />

Welche Wege gehen Sie, um diese allgemein als schwierig<br />

empfundene Disziplin verständlich rüberzubringen?<br />

Handschick: Die Formulierung Ihrer Frage bereitet mir Schwierigkeiten.<br />

Es ist nicht mein Anliegen, Neue Musik „verständlich<br />

rüberzubringen“. Woran ich gerne arbeite, ist die Bereitschaft,<br />

Offenheit, Komplexität und Vieldeutigkeit nicht nur zu<br />

ertragen, sondern sie als Chance zu betrachten, die eigenen<br />

Hörgewohnheiten, Prägungen und ästhetischen Bedürfnisse<br />

zu reflektieren. Kunst und ebenso Musik mit künstlerischem<br />

Anspruch dürfen niemals vollständig verständlich sein. Das<br />

wäre ja langweilig… Allerdings ist der Paradigmenwechsel,<br />

der sich im Bereich der ästhetischen Produktion in Europa vor<br />

ungefähr einhundert Jahren vollzogen hat, so weitreichend,<br />

dass seine Konsequenzen im gegenwärtigen geisteswissenschaftlichen<br />

Diskurs immer noch heiß diskutiert werden.<br />

Meines Erachtens erleben wir hier erst den Anfang eines langfristigen<br />

Umbruchs, der mindestens von ethischer Tragweite<br />

ist. Es geht letztendlich um die Frage, wie wir die Dinge, die<br />

uns umgeben, uns gegenseitig und uns selbst wahrnehmen,<br />

wie wir dieser Welt gegenübertreten und wie wir uns in ihr<br />

verhalten. All diese Dinge spiegeln sich in der Kunst und in<br />

der Musik.<br />

44 Studium

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