Taxi Times International - Januar 2015 - Deutsch
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VERANSTALTUNG<br />
EUROCAB – EURO-APP<br />
Es ist viel möglich, wenn hinter einer gut vernetzten App eine<br />
hoch entwickelte Technik steckt. Das wurde beim Anwendertreffen<br />
der FMS-Zentralen in Antwerpen deutlich.<br />
Das Eurocab hat eine lange Geschichte.<br />
Schon in den frühen 90er-Jahren<br />
trafen sich die Verantwortlichen<br />
europäischer <strong>Taxi</strong>zentralen, die alle autark<br />
in ihren Städten agierten. Manche monopolartig,<br />
andere im scharfen Wettbewerb mit<br />
einer zweiten lokalen <strong>Taxi</strong>zentrale vor Ort.<br />
Ihre Gemeinsamkeit: Sie nutzten alle das<br />
FMS-Vermittlungssystem der österreichischen<br />
Partnerunternehmen FMS und<br />
Austro soft, allgemein bekannt als FMS. Folglich<br />
diente das Treffen dem gegenseitigen<br />
Kennenlernen und der Präsen tation neuer<br />
technischer Entwicklungen. Beim Erfahrungsaustausch<br />
ging es hauptsächlich um<br />
den bestmöglichen Einsatz der Funktechnik.<br />
Heute treffen sich immer noch die Chefs<br />
der <strong>Taxi</strong>zentralen und ja, auch heute noch<br />
präsentiert der Hersteller FMS seine neu<br />
entwickelten Produkte. Doch die Gespräche<br />
in den Kaffeepausen und während des vom<br />
diesjährigen Gastgeber Antwerp-Tax feudal<br />
Gruppenfoto der Eurocab-Teilnehmer vor dem Rathaus<br />
Antwerpen kurz vor dem Empfang durch den Bürgermeister.<br />
HORST POLNICK GESTORBEN<br />
Im Alter von nur 63 Jahren ist Horst Polnick am<br />
27. Oktober <strong>2015</strong> verstorben. Er leitete ab 1998 die<br />
<strong>Taxi</strong>-Zentrale Wuppertal und war da rüber hinaus<br />
in zahlreichen Funktionen innerhalb des Gewerbes<br />
tätig, beispielsweise als Mitglied im Ausschuss<br />
Technik und Software des <strong>Deutsch</strong>en <strong>Taxi</strong>verbands<br />
BZP. „Wir verlieren einen unermüdlichen<br />
Präsident und Gastgeber<br />
des Eurocab-<br />
Treffens: Koen<br />
Van Oorschot von<br />
Antwerp-Tax<br />
und munizipal organisierten Eurocab haben<br />
einen anderen Schwerpunkt. Die Frage lautet<br />
nicht mehr: „Wie machst du das bei dir?“,<br />
die Frage lautet: „Wie können wir das zusammen<br />
machen?“ Und dabei sprechen Franzosen<br />
mit Franken, Belgier mit Berlinern,<br />
Leipziger mit Luxemburgern.<br />
Was die Zentralenchefs heute neben der<br />
immer noch gemeinsamen Technik zusammenschweißt,<br />
ist der scharfe Wettbewerb,<br />
der – ausgestattet mit viel Kapital und wenig<br />
Rechtsbewusstsein – von außen in den<br />
Beförderungsmarkt eindringt. Und es eint<br />
sie heute mehr denn je ihre gemeinsame<br />
Euro-App taxi.eu, die den globalen Mitbewerbern<br />
Paroli bietet.<br />
Diese Konkurrenzfähigkeit haben sich<br />
die beiden Geschäftsführer der FMS Systems<br />
GmbH, die hinter taxi.eu steckt, hart erarbeitet:<br />
Michael Weiss hat die App mit seinem<br />
Team permanent technisch weiterentwickelt,<br />
Hermann Waldner und seine Mannschaft<br />
haben beharrlich unter den Zentralen<br />
geworben und Netzarbeit betrieben.<br />
POSITIVES FAZIT<br />
In Antwerpen nun zog Waldner ein positives<br />
Fazit speziell über die vergangenen beiden<br />
Jahre. So könne man mit der App mittlerweile<br />
<strong>Taxi</strong>s in 100 Städten und 12 Ländern voll<br />
automatisiert vermitteln. Newcomer waren<br />
in diesem Jahr <strong>Taxi</strong>zentralen aus Serbien,<br />
Griechenland und der Türkei. Als großen<br />
Schritt bezeichnete man die Einführung des<br />
Mobile-Payment, mit dem taxi.eu-Kunden<br />
nach vorheriger Registrierung ihre Fahrten<br />
per Smartphone bezahlen können. „Durch<br />
den regen Zuwachs und das Mobile-Payment<br />
ist es uns <strong>2015</strong> gelungen, Marktführer zu<br />
werden“, sagte Waldner in Antwerpen. Das<br />
macht auch die Politik aufmerksam.<br />
Während eines Empfangs im Antwerpener<br />
Rathaus ließ sich der Bürgermeister<br />
über die Funktionalität der App informieren.<br />
Streiter für unser Gewerbe und unsere Zentrale<br />
in Wuppertal“, sagt sein Wuppertaler Kollege<br />
Nico Höttges. „Stets konnte man ihn ansprechen,<br />
eine normale Arbeitszeit oder Wochenenden<br />
zählten für ihn nicht. Brauchte jemand Hilfe, dann<br />
stand er Gewehr bei Fuß. Horst Polnick hinterlässt<br />
eine große Lücke.“<br />
FOTOS: FMS, Stefan Int Panis, <strong>Taxi</strong>-Zentrale Wuppertal<br />
Wer in der belgischen Diamantstadt ein <strong>Taxi</strong><br />
über taxi.eu bestellt, wird automatisch an<br />
ein Fahrzeug von Antwerp-Tax vermittelt.<br />
2016 ist eine Vernetzung mit eCab, einem<br />
weiteren Gründungsmitglied des Global <strong>Taxi</strong><br />
Network (GTN), geplant. Damit wächst das<br />
Netzwerk nach Frankreich, Großbritannien,<br />
Indien, Irland und Kanada.<br />
Eine App für so viele Länder bedeutet<br />
auch eine große Herausforderung für die<br />
Entwickler. FMS präsentierte in Antwerpen<br />
etliche neue Lösungen, zum Beispiel im<br />
Hardware-Bereich, wo man eine Überfallschutzkamera<br />
in das System integrierte oder<br />
demnächst eine Vernetzung mit der Mercedes<br />
B-Klasse und dem Volkswagen Touran<br />
anbietet: Die Vermittlungs daten der Fahrer-<br />
App werden auf das Display im Fahrzeug<br />
gespiegelt. Eine weiter entwickelte Routenplanung<br />
vereinfacht die Disposition von<br />
Sammelfahrten, eine Sharing-App ermöglicht<br />
neben dem Sammeln auch die vom System<br />
errechnete Aufteilung des Fahrpreises<br />
auf mehrere Mit fahrer. Auf Dauer wird auch<br />
der zen tra len eigene regionale Server nicht<br />
mehr zeitgemäß sein. „Cloud Computing“<br />
nennt Michael Weiss die neue Technik, mit<br />
der Zentralen neue Geschäftsfelder erschließen<br />
und sich mit Partnerzentralen untereinander<br />
so vernetzen können, dass sogar<br />
Call-Sharing möglich ist (siehe nebenstehender<br />
Bericht).<br />
All das macht taxi.eu und FMS interessant<br />
für den europäischen <strong>Taxi</strong>markt. Allein<br />
22 Zentralen haben sich <strong>2015</strong> neu angeschlossen.<br />
In Antwerpen schafften es die<br />
Teilnehmer gar nicht mehr, sich mit allen<br />
auszutauschen, weshalb man sich bereits<br />
für den 9. Juni 2016 zu einem „kleinen Eurocab“<br />
in Berlin verabredet hat. Das Eurocab<br />
hat seine Geschichte umgeschrieben. Es soll<br />
eine Story mit Happy End werden. jh<br />
Hermann Waldner (rechts) treibt die Vernetzung der<br />
taxi.eu-App voran. Auch die Betreiber der <strong>Taxi</strong>zentrale<br />
in Lausanne sind angeschlossen.<br />
KUNDE<br />
TAXI-ZENTRALE<br />
FMS CLUSTER<br />
CALL-SHARING<br />
Laufen bei einer<br />
Zentrale zu<br />
viele Anrufe auf,<br />
übernehmen<br />
„Agents“.<br />
SERVICE-PARTNER 1<br />
Um effizienter und damit wirtschaftlicher zu arbeiten,<br />
müssen sich <strong>Taxi</strong>zentralen noch mehr als bisher vernetzen.<br />
Eine dafür entwickelte Cloud-Technik ermöglicht es, sich bei<br />
der Bestellannahme gegenseitig zu helfen.<br />
Die neue Technologie kommt von FMS und hat den<br />
Namen „Cluster“ bekommen. Mehrere Zentralenserver werden<br />
über die Cloud zu einem Gesamtsystem verbunden.<br />
Dabei werden sowohl die Vermittlungssysteme als auch die<br />
Telefonie zusammengeschaltet. Die Zentralen können sich<br />
dadurch gegenseitig unterstützen, beispielsweise bei der<br />
Abarbeitung des Overflows in Spitzenzeiten. In der Praxis<br />
könnte das dann folgendermaßen ablaufen: Die <strong>Taxi</strong>zentralen<br />
A, B, C und D bedienen in Ihrem Callcenter ihre regionalen<br />
Kunden. Da bei A sehr viel los ist, ist das eigene<br />
Wartefeld überlastet. Nun prüft der Cluster, ob bei den Zentralen<br />
B, C oder D („Agents“) geringere Wartezeiten vorliegen.<br />
Falls ja, wird der Anrufer automatisch dorthin geleitet.<br />
Die <strong>Taxi</strong>bestellung für die Region A wird nun durch den<br />
„Agent“ aufgenommen. Die Auftragseingabe erfolgt in der<br />
Arbeitsmaske der Zentrale A (die vom Cluster aufgrund der<br />
Anrufkennung automatisiert aufgerufen wird), sodass diese<br />
weiterhin die Kontrolle über den Auftrag behält und die<br />
Nachvollziehbarkeit gewährleistet. Das Ganze kann natürlich<br />
auch umgekehrt ablaufen. Ein echtes Call-Sharing also.<br />
Wer gerade weniger zu tun hat, stellt seine Kapazitäten<br />
automatisiert den Partnerzentralen zur Verfügung. Dabei<br />
definiert und steuert jede Zentrale über entsprechende Parametereinstellungen<br />
in der Telefonanlage, ab wann Aufträge<br />
an die Partner ausgelagert werden. Dies kann numerisch<br />
erfolgen (Anzahl der Anrufe in der Warteschleife) oder zeitlich<br />
definiert sein. Kleinere Zentralen können dadurch beispielsweise<br />
nachts oder am Wochenende vollständig auf<br />
eigenes Personal verzichten. Für die beteiligten Zentralen<br />
ist diese Cluster-Lösung eine klassische Win-win-Situation:<br />
Um Spitzenzeiten abzudecken, muss künftig kein zusätzliches<br />
Personal vorgehalten werden – und man verliert trotzdem<br />
keine Kunden in der Warteschleife. Darüber hinaus<br />
können durch die Abwicklung der Vermittlungsaufträge für<br />
andere Zentralen zusätzliche Umsätze generiert werden.<br />
FMS hat mit dem Cluster die technischen Voraussetzungen<br />
für eine „geschlossene Share-Economy“ innerhalb der Familie<br />
der FMS-Zentralen geschaffen. Man darf gespannt sein,<br />
wie viele der Zentralen diese Möglichkeit der Vernetzung<br />
nutzen werden.<br />
jh<br />
20<br />
JANUAR / 2016 TAXI<br />
TAXI JANUAR / 2016