sportFACHHANDEL 14_2016 Leseprobe

14.2016 Talk | TITELTHEMA | 11
Und der Handel, was hat der
falsch gemacht?
Walter Wensauer: Was uns
Kopfzerbrechen macht, ist dass
wir keine Einflussmöglichkeit
mehr haben auf die Wertigkeit
des Produkts. Kein BMW-Händler
würde zum Beispiel auf die
Idee kommen, einen Neuwagen
direkt nach der Auslieferung
um 15 oder 20 Prozent zu reduzieren.
Aber beim Thema Ski
als Hersteller den Telefonhörer
in die Hand zu nehmen, um an
die Vernunft zu appellieren,
bedeutet fast schon, sich vor
dem Kartellamt verantworten
zu müssen. Auf Handelsseite
steigt natürlich der Wettbewerb
ebenfalls jährlich, ohne dass
der Kuchen größer wird. Ob das
jetzt ein Hervis ist, der von Österreich
aus nach Deutschland
expandiert, ein Décathlon ...,
einen Ski zum vollen Preis zu
verkaufen, scheint angesichts
des daraus resultierenden
Preisdrucks beim Kampf um
das berühmte Stück vom Kuchen
also fast utopisch. Diese
Frage stellt sich bei einem Adidas-
Fußballschuh oder einem
neuen BMW aber eben nicht.
Müsste sich vielleicht die
Konsumentenansprache ändern,
zum Beispiel, indem man mehr
Begehrlichkeit schafft?
Siegfried Paßreiter: Die
Industrie ist ja tagtäglich dran,
diese „begehrlichen“ Produkte
zu entwickeln, von denen der
Endverbraucher sagt: Das muss
ich haben! Aber man kann natürlich
auch die Begehrlichkeit
rund um das Produkt stricken,
indem man beim Thema Winterurlaub
mit all seinen Facetten
einen gewissen Mehrfachnutzen
generiert.
Walter Wensauer: Aktuell
haben die Kinder ja gar keine
Motivation, überhaupt Skifahrer
zu werden. Ein I-Phone ist
für sie eben spektakulärer als
ein Alpinski. Eine Möglichkeit
wäre, das digitale Erlebnis mit
dem Skisport zu verknüpfen.
Das fängt an bei der Anzeige
von Höhenmetern, Stundenkilometern,
Durchschnittsgeschwindigkeit
etc. über den
Ski und hört vielleicht erst
dann auf, wenn ich mit dem Ski
zuhause die Alarmanlage anstellen
kann (lacht) oder wenn
ich durchs Skifahren mein
I-Phone auflade ...
Siegfried Paßreiter: Ich
denk mir immer: Wenn wir es
schaffen würden, dass die Leute
in München, wenn sie mit
leuchtenden Augen aus dem
Apple-Shop kommen, anschließend
dann nebenan zu Sport
Schuster gehen und mit den
gleichen begehrlichen Blicken
die Ski- und Skischuhwand
bestaunen, wäre schon viel
geschafft ...
Wo liegen denn konkret die
Innovationen in diesem Winter?
Walter Wensauer: Im
Langlauf-Bereich versteht es
sich fast von selbst, dass
Fischer erneut mit einer
Top-Innovation aufwartet.
Mehr dazu aber erst zur ISPO.
Im Alpin-Bereich steht aktuell
der Skischuh und das Bootfitting
im Fokus – und das bei
allen Herstellern. Einmal, weil
hier der Verleih eine nicht so
große Rolle spielt, und dann,
weil momentan das Thema
Anpassung in aller Munde ist.
Wir waren hier sicherlich einer
der Vorreiter, der von außen
die Schale an den Fuß angepasst,
mit der Vacuum-Technologie
Türen geöffnet und Bootfitting
salonfähig gemacht hat.
In diesem Segment wird sich
auch für die kommende Saison
wieder einiges tun.
Siegfried Paßreiter: Und hier
liegt ja auch nach wie vor ein
großer Vorteil des stationären
Handels. Es gibt viele Händler,
die massiv in Anpassstationen
investiert haben und die dadurch
mittlerweile auch gutes
Geld verdienen.
Meine Herren, ich danke Ihnen
für dieses Gespräch und wünsche
Ihnen für Ihre zukünftigen
Aufgaben sowie Ihre sämtlichen
privaten Pläne alles Gute!