1-2017
Fachzeitschrift für Elektronik-Produktion - Fertigungstechnik, Materialien und Qualitätsmanagement
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Produktionsausstattung<br />
Barrierefreier ESD-Schutz in neuen Dimensionen<br />
Dieser Beitrag geht auf elektrostatische Aufladungen in der Produktion ein und beschreibt eine automatische<br />
3D-Neutralisierung elektrostatischer Aufladungen bei gleichzeitigem Absaugen von Gerüchen und Dämpfen.<br />
Elektrostatische Entladung in der Natur<br />
Autor<br />
Günter Akermann<br />
Leiter Entwicklung<br />
Sonderanlagen,<br />
IVH Industrievertrieb Henning<br />
Jedes Material enthält positive<br />
und negative elektrische Ladungen,<br />
die sich normalerweise ausgleichen,<br />
wodurch das Material elektrisch neutral<br />
ist. Bei intensivem Kontakt und<br />
anschließender Trennung oder bei<br />
Reibung werden Teile der negativen<br />
Ladungen aus einem Reibpartner<br />
„herausgerissen“ und vom anderen<br />
aufgenommen. Durch dieses<br />
Ungleichgewicht entstehen elektrostatische<br />
Aufladungen. Einer der<br />
Reibpartner ist positiv, der andere<br />
negativ geladen.<br />
Typische Ursachen elektrostatischer<br />
Ladung bei Bearbeitungsprozessen<br />
sind:<br />
• Abziehen von Etiketten vom Trägermaterial<br />
• Abrollen von Klebebändern<br />
• Mischen von Klebern<br />
• Dispensen von Klebern aus Kartuschen<br />
• Abblasen von Baugruppen mit<br />
Druckluft<br />
• Reibungen auf der Baugruppe<br />
• Reibung verschiedener Materialien<br />
aufeinander (auch beim<br />
Umfüllen von Schüttgütern und<br />
Flüssigkeiten)<br />
• Schneiden oder Zerspanen von<br />
Nichtleitern<br />
• Aufladungen durch Einwirkung<br />
von intensiven Gleichspannungsfelder<br />
auf isolierte Leiter<br />
In der Elektronikfertigung können<br />
statische Entladungen oder<br />
Ausgleichsströme unbemerkt Bauteile<br />
und Komponenten beschädigen<br />
oder gar zerstören – bereits bei<br />
Aufladungen ab 100 V. Besonders<br />
empfindliche Bauteile können auch<br />
durch hohe Feldstärken oder Feldstärkeänderungen<br />
bei Entladung statischer<br />
Elektrizität in ihren Funktionalitäten<br />
beeinflusst und damit zum<br />
Teil unbrauchbar werden.<br />
Statische Ladung zieht aber<br />
ebenso Partikel (z.B. Staub) an. Dies<br />
kann – etwa bei Lackieranlagen –<br />
erwünscht sein, um die Farbpartikel<br />
an die zu lackierenden Teile zu binden,<br />
ist aber bei den meisten Anwendungen<br />
von erheblichem Nachteil.<br />
Wird nun zum Beispiel eine<br />
elektrostatisch aufgeladene elektronische<br />
Baugruppe mit einem<br />
Erdungsleiter in Verbindung<br />
gebracht, so erfolgt eine harte elektrostatische<br />
Entladung (engl. Electrostatic<br />
Discharge, ESD). Dies ist<br />
ein durch die große Potentialdifferenz<br />
entstehender Funke oder<br />
Durchschlag, der an einem elektrischen<br />
Gerät einen kurzen, aber<br />
hohen Strom- und Energieimpuls<br />
bewirkt. Dieser kann unter ungünstigen<br />
Umständen im Gerät Schaden<br />
anrichten oder Gas entzünden.<br />
Diese Entladungen sollen bei<br />
den Standard-ESD-Arbeitsplätzen<br />
hochohmige Materialien möglichst<br />
„sanft“ ableiten. Aber dennoch<br />
fließt ein Strom, der hochempfindliche<br />
Bauteile gefährden kann. Insbesondere<br />
bei integrierten Schaltkreisen<br />
auf Halbleiterbasis ist ESD<br />
eine der häufigsten Ausfallursachen.<br />
Besonders empfindlich sind Schaltungen<br />
aus der Hochfrequenztechnik,<br />
Diodenlaser (GaAs-Halbleiter)<br />
sowie Feldeffekttransistoren und<br />
Leuchtdioden, die oft nur Sperrspannungen<br />
von 5 bis 30 V vertragen.<br />
Doch auch durch die Handhabung<br />
und Bearbeitung entstehende elektrische<br />
Felder können negativen Einfluss<br />
auf Bauteile haben, wenn die<br />
Spannungsfestigkeit hochohmiger<br />
Anschlüsse im Eingangsbereich<br />
überschritten wird. Es kommt durch<br />
innere Spannungsüberschläge oder<br />
Spannungsdurchschläge zu Zerstörungen<br />
oder einer Vorschädigung,<br />
was zum sofortigen oder späteren<br />
Ausfall führt.<br />
Wenn herkömmlicher ESD-Schutz<br />
an seine Grenzen stößt<br />
Sollten sich elektrostatisch aufladbare<br />
oder aufgeladene Komponenten<br />
zusätzlich in nicht leitfähigen<br />
Gehäusen befinden, ist die<br />
normale ESD-Arbeitsplatte nicht<br />
mehr funktionsfähig, da bestehende<br />
oder erzeugte Ladungen nicht mehr<br />
abgeführt werden können.<br />
Hier kommen nun Ionisierungseinheiten,<br />
zum Beispiel Ionisierungsgebläse,<br />
zum Einsatz. Darin<br />
werden mittels Hochvolttechnik<br />
positive und negative Ionen erzeugt<br />
und diese mittels Luftströmung<br />
über die Komponenten geleitet,<br />
wodurch sich vorhandene elektrostatische<br />
Ladungen neutralisieren.<br />
Da in diesem Fall kein elektrischer<br />
Elektrostatische Ladung entsteht bei der Bearbeitung von Oberflächen<br />
60 1/<strong>2017</strong>