1-2017
Fachzeitschrift für Elektronik-Produktion - Fertigungstechnik, Materialien und Qualitätsmanagement
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Qualitätssicherung<br />
untersuchenden Schicht befinden,<br />
sogar beschädigen. Daher wurde<br />
das schonendere Verfahren entwickelt,<br />
das neben Hartstoffen auch<br />
problemlos bei weicheren Materialien<br />
eingesetzt werden kann.<br />
Überprüfung mittels wässrigem<br />
Metalloxidpartikelstrahl<br />
Anstatt wie bisher auf die Messung<br />
der Zug-, Druck-, Kompressions-,<br />
Reibungs- oder Kratzfestigkeit<br />
zu vertrauen, setzt das MSE-Testsystem<br />
nun auf eine komplett andere<br />
Methode: „Das Verfahren nutzt die<br />
Erosionskraft eines Mikropartikelstrahls<br />
als neuen Referenzstandard“,<br />
erklärt Paul Riedel, Geschäftsführer<br />
der Rubröder International Trading<br />
GmbH. „Der Strahl erzeugt<br />
einen definierten Materialabtrag<br />
auf der Oberfläche, sodass die<br />
Festigkeitsverteilung unabhängig<br />
vom Härtegrad des Materials bis in<br />
eine Tiefe von ca. 200 µm gemessen<br />
werden kann.“<br />
Das Gerät enthält eine Erosionskammer<br />
sowie einen Erosionstiefenmesser<br />
(Profilometer). Der Micro-Jet<br />
besteht lediglich aus einem Gemisch<br />
aus einem sogenannten Slurry aus<br />
Wasser und 1,2 µm großen Metallpartikeln,<br />
das einer Düse in der Erosionskammer<br />
zugeführt und mittels<br />
Druckluft auf das Material geschossen<br />
wird. Als Metallpartikel dient<br />
vor allem mehrwinkliges Aluminiumoxid,<br />
in speziellen Fällen auch<br />
Siliziumoxid.<br />
Der Strahl trifft mit einer<br />
Geschwindigkeit von 100 m/s bei<br />
einem Durchsatz von 10 Mrd. Partikeln<br />
pro Sekunde auf der Oberfläche<br />
des zu prüfenden Materials<br />
auf und trägt diese gezielt ab,<br />
ohne darunter liegende Schichten<br />
oder Substrate zu beschädigen. Es<br />
handelt sich also um eine semi-zerstörungsfreie<br />
Prüfung. Dabei entstehen<br />
trichterförmige Vertiefungen im<br />
Werkstoff, die mit einer Auflösung<br />
von 10 bis 20 nm vermessen und<br />
zu der verbrauchten Menge an Partikeln<br />
ins Verhältnis gesetzt werden.<br />
Da sich die Strahlgeschwindigkeit<br />
individuell für jedes Material<br />
einstellen lässt – möglich ist eine<br />
Zirkulation des Slurry im System<br />
von 1 bis 1000 g/Zyklus –, werden<br />
die Grundeigenschaften des Werkstoffs<br />
während des Prozesses nicht<br />
beeinträchtigt.<br />
Aus wie vielen Schichten das<br />
Material besteht und in welcher<br />
Reihenfolge diese übereinander<br />
liegen, spielt bei der Prüfung keine<br />
Rolle: „Das Verfahren vermisst jede<br />
einzelne Lage mit einer Auflösung<br />
von 10 bis 20 nm, solange diese<br />
eine Mindestdicke von 100 nm aufweist<br />
und insgesamt nicht dicker als<br />
200 µm ist“, erläutert Riedel. Theoretisch<br />
lassen sich nun neben<br />
extrem dünnen Schichten, die bisher<br />
nicht oder nur schwer messbar<br />
waren, also auch Mehrschichtsysteme<br />
mit bis zu 2000 Lagen analysieren.<br />
Im Durchschnitt dauert<br />
die Prüfung ein bis zwei Stunden.<br />
Evaluierung der<br />
Festigkeitsverteilung möglich<br />
Die so gewonnenen Daten werden<br />
anschließend auf einen PC<br />
übertragen und in einer eigens<br />
für das System entwickelten Software<br />
ausgewertet. Für einen besseren<br />
Vergleich wurde eine Datenbank<br />
angelegt, in der Festigkeitskennzahlen<br />
für unterschiedliche<br />
Beschichtungen hinterlegt sind und<br />
die die qualitative Einordnung der<br />
Zahlen erleichtert, sodass Materialfehler<br />
schnell erkannt und analysiert<br />
werden können und die Entwicklung<br />
vollkommen neuartiger<br />
Materialien und Beschichtungen<br />
ermöglicht wird.<br />
Während bei den bisherigen<br />
Methoden nur eine punktuelle Messung<br />
der Festigkeit möglich war,<br />
kann mit dem MSE-Testsystem nun<br />
auch die Festigkeitsverteilung von<br />
der Oberfläche bis in 200 µm Tiefe<br />
mit einer Auflösung von 10 bis 20 nm<br />
präzise bestimmt werden. „Dadurch<br />
lassen sich Beschichtungsverfahren<br />
noch weiter optimieren. Neben<br />
Hartstoffbeschichtungen wie DLC<br />
oder TiN sowie weicheren Materialien<br />
wie Silizium, Kunststoff und<br />
Gummi können selbst gelartige<br />
Oberflächen auf Schichtdicke und<br />
Festigkeit untersucht werden“, so<br />
Riedel. So lassen sich Beschichtungen<br />
von Brillengläsern genauso<br />
analysieren wie Dünnfilmfolien,<br />
auch wenn an die Materialien sehr<br />
unterschiedliche Anforderungen<br />
gestellt werden.<br />
Einmal pro Jahr erfolgt eine Wartung<br />
des Systems. Rubröder führt<br />
dazu die nötigen Service- und Reparaturleistungen<br />
durch. Durch den<br />
niedrigen Rohstoffverbrauch – lediglich<br />
Wasser und Metallpartikel sind<br />
bei Bedarf nachzufüllen – zieht die<br />
Investition in das Gerät außerdem<br />
nur geringe Folgekosten nach sich,<br />
sodass sich dieses Testverfahren<br />
für den Einsatz in Industrieunternehmen<br />
und Forschungseinrichtungen<br />
mit Fokus auf dünne Schichten und<br />
Materialforschung anbietet. ◄<br />
Das Verfahren erreicht eine Auflösung von bis zu 10 nm und kann<br />
Schichten mit einer Dicke von 100 nm bis 200 μm analysieren. Auch<br />
für Multilayersysteme aus unterschiedlichen Materialien lassen sich<br />
somit zuverlässig verschiedene Festigkeitswerte bestimmen<br />
Alle Bilder: Rubröder International Trading GmbH<br />
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