Snowtimes-2011-Saanenland
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Die Zukunft mitgestalten<br />
Text: Matthias Raaflaub<br />
Foto: Marco Felix<br />
Im gleichen Masse, wie der Wettbewerb<br />
der europaweiten Tourismusdestinationen<br />
wächst, schwindet die Bedeutung<br />
der einzelnen Kurorte. Gstaad reisst allein<br />
auch für das Berner Oberland keine Stricke<br />
mehr. Der Gast mag die Exklusivität seines<br />
Gstaader Hotels schätzen, seine Lieblingspiste<br />
führt aber vielleicht nach Zweisimmen.<br />
Denkt man in der Grösse des Skigebiets,<br />
ist das längst klar. Doch um in<br />
Zukunft zu bestehen, muss das Tourismusgebiet<br />
weiter wachsen. Und so müssen sich<br />
auch das Obersimmental und das Pays<br />
d’Enhaut fragen, welche Rolle sie in einer<br />
grösseren Region, die sich vom Genfersee<br />
bis nach Boltigen erstrecken könnte, spielen<br />
wollen. Es wäre nicht erstaunlich, wenn<br />
das <strong>Saanenland</strong> auch in jenen grösseren<br />
Text: Kommentar von<br />
Matthias Raaflaub<br />
zur künftigen Tourismus-<br />
Entwicklung<br />
im <strong>Saanenland</strong>.<br />
Er ist in Schönried aufgewachsen<br />
und<br />
studierte in Fribourg<br />
und Bern Geschichte<br />
und Kommunikations-Wissenschaften.<br />
Grenzen einen Führungsanspruch unter den<br />
einzelnen Destinationen verteidigen könnte.<br />
Es waren die Bauern, welche zu Beginn des<br />
20. Jahrhunderts mit Herbergen und als Skilehrer<br />
die ersten Alpintouristen ins <strong>Saanenland</strong><br />
einluden. Sie starteten die jahrelangen<br />
Bemühungen, Gstaad internationales Renomee<br />
zu verschaffen. Der Mut, die Kreativität,<br />
die Entschlossenheit und die Geduld<br />
jener Anfänge ist auch dem heutigen Tourismus<br />
im <strong>Saanenland</strong> noch Fundament.<br />
Jene Strukturen machen möglich, dass sich<br />
Kreativität und Innovation in der Region regelmässig<br />
mit Erfolg bezahlt machen: Ein<br />
äusserst fruchtbarer Boden für die Entwicklung<br />
des ganzen Berner Oberlands.<br />
Doch die Idee einer grösseren Region<br />
bleibt nur Vorstellung, solange sich das<br />
Obersimmental und das <strong>Saanenland</strong> in den<br />
Haaren liegen. Dabei wird gerade bei den<br />
vor kurzem hart geführten Politdisskussionen<br />
offensichtlich, dass das Obersimmental<br />
und das <strong>Saanenland</strong> gescheitert sind,<br />
eine Vision für die eigene Region zu schaffen.<br />
Verloren hat am Ende der Tourismus.<br />
Das legt die echte Schwierigkeit zur Einigkeit<br />
offen: Der Profit aus den Winter- und<br />
Sommergästen kommt nicht ohne persönliche<br />
Opfer.<br />
Doch auch wer zu Gunsten des Tourismus<br />
seine eigenen Interessen zurücksteckt,<br />
kann gewinnen. Nur vielleicht nicht sofort.<br />
Eine Tourismusregion, welche so lokal geprägt<br />
ist wie das <strong>Saanenland</strong>, muss die heikle<br />
Balance finden zwischen Eigenheit und<br />
Angebot. Zwischen bewahren und vermarkten.<br />
Zwischen geben und nehmen.<br />
Dass es dabei nicht ganz zum Rechten<br />
steht, machte ein alarmierendes Signal Ende<br />
April 2009 deutlich. 80 Jugendliche setzten<br />
ihre Unterschrift unter einen offenen Brief,<br />
der sich gegen den «Ausverkauf der Heimat»<br />
stellte. Das dortige Interesse an wohlhabenden<br />
und exklusiven Gästen sorgt insbesondere<br />
in Gstaad dafür, dass die Jugend<br />
kaum noch Orte findet, wo sie etwa zu zahlbaren<br />
Preisen ausgehen kann. Die, verglichen<br />
mit Interlaken oder Davos, bewahrte<br />
Ursprünglichkeit und Ruhe macht Gstaad<br />
zum Magneten für wohlhabende Gäste. Es<br />
gibt keine Alternative, als dass sich der<br />
Saaner Tourismus langfristig auf diese Stärke<br />
stützen muss.<br />
Auch im Tourismus spricht man heute<br />
von Nachhaltigkeit. Doch was ist diese<br />
Nachhaltigkeit ohne Jugend? In einer dynamischen<br />
und weiterhin kreativen Tourismusregion<br />
müssen Junge Leute eine bedeutsamere<br />
Rolle spielen als sie dies heute tun<br />
können. Nur, wenn sich auch sie mit der Region<br />
identifizieren, sich dort zuhause fühlen<br />
können, werden sie bereit sein, an der Zukunft<br />
des Tourismusgebiets mitzuarbeiten.