Energie und Baudenkmal 3 Haustechnik
Handbuch
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Solare Gewinne von Massivbauten<br />
1. Innere Solargewinne durch<br />
Wärmespeicherung<br />
Im Innern fallen im Winter Heizungswärme, Abwärme<br />
von Personen <strong>und</strong> Apparaten <strong>und</strong> Solareinträge durch<br />
die Fenster an. Existieren speicherfähige Massen, können<br />
diese Wärme aufnehmen, die sie in der Nacht teilweise<br />
wieder an den Raum abgeben.<br />
lll <strong>Haustechnik</strong><br />
2. Äussere Solargewinne durch<br />
Wärmespeicherung<br />
Auf der Aussenseite des Bauteils fallen Solareinträge<br />
durch opake Bauteile 1 an. Massive Bauteile absorbieren<br />
Sonnenlicht <strong>und</strong> werden dadurch in Abhängigkeit von<br />
ihrer Wärmespeicherkapazität, ihrer Exposition, Oberflächenbeschaffenheit<br />
<strong>und</strong> Farbe unterschiedlich stark<br />
erwärmt. Sie geben in der Nacht Wärme nach innen <strong>und</strong><br />
nach aussen wieder ab.<br />
3. Reduktion der Transmissionsverluste<br />
Die besonnten Fassadenoberflächen erwärmen sich auch<br />
an Tagen mit sehr tiefen Aussentemperaturen bis über<br />
40 °C 2 . Solange die Aussenoberflächentemperatur höher<br />
als die Innenoberflächentemperatur (z.B. 18 °C) ist,<br />
wird die Transmission unterb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> es fliesst ein<br />
Wärmestrom in umgekehrter Richtung (2. Satz der<br />
Thermo dynamik).<br />
Der Wandkern wird erwärmt. Die Speicherfähigkeit beeinflusst<br />
auch die Fassadenoberflächentemperatur positiv,<br />
indem sie das höhere Temperaturniveau zeitlich verlängert.<br />
Gemäss der «Studie über den Einfluss der solaren<br />
Erträge über die Aussenwände auf den <strong>Energie</strong>haushalt<br />
eines Wohngebäudes» 3 sind die Aussenoberflächentemperaturen<br />
besonnter Fassaden bei einer Aussenlufttemperatur<br />
von zwischen –10 <strong>und</strong> 0 °C im Januar während<br />
6 St<strong>und</strong>en höher als 20 °C (in Berlin!).<br />
Wärmespeichernde Bauteile haben nun die Möglichkeit,<br />
diese <strong>Energie</strong> zu speichern <strong>und</strong> phasenverschoben<br />
<strong>und</strong> amplitudengedämpft in den kalten Nachtst<strong>und</strong>en<br />
nach beiden Seiten wieder abzugeben. Bedingung ist die<br />
Nachtabsenkung der Heizung, damit der Speicher auch<br />
nach innen entladen werden kann.<br />
Eine Wand, die viel <strong>Energie</strong> gespeichert hat, gibt nach<br />
Sonnenuntergang Wärme auch nach aussen ab. So fliesst<br />
auch nach Sonnenuntergang das Temperaturniveau nach.<br />
Die Phase erhöhter äusserer Oberflächentemperatur geht<br />
also über die eigentliche Sonnenscheindauer weit hinaus.<br />
Durch solare Einstrahlung verringerter Transmissionswärmestrom<br />
bei Verbandmauerwerk hellgrau, blau <strong>und</strong> rot: um<br />
bis über 30% reduzierte Wärmestromdichte. Sogar bei einer<br />
Aussendämmung mit Verb<strong>und</strong>wärmedämmsystem (VWDS)<br />
wurde eine ansprechende Verringerung festgestellt. (Abb. 6)<br />
Nebst der Speicherfähigkeit spielen Orientierung <strong>und</strong><br />
Oberflächenbeschaffenheit (Farbe, Textur) eine wichtige<br />
Rolle: der Vergleich einer reflektierenden weissen Nordfassade<br />
mit einer dunklen südorientierten Aussenwand<br />
ergab, bei gleichen rechnerischen Wärmedurchgangskoeffizienten,<br />
bis zu 23% geringere Verluste für Letztere 4 .<br />
Unterschiedliche Oberflächenstrukturen <strong>und</strong> Farben der<br />
vornehmlich südorientierten Wände führen zu Reduktionen<br />
der Wärmeverluste von bis zu 26% gegenüber nordorientierten,<br />
nicht der Sonneneinstrahlung ausgesetzten<br />
Wänden 5 .<br />
Im Mittel ergeben sich Verbesserungen des rechnerischen<br />
Durchgangskoeffizienten sämtlicher Aussenwände zwischen<br />
4 <strong>und</strong> 9% für helle sowie 9 <strong>und</strong> 14% für dunkle<br />
Ober flächen.<br />
Speicherung im Sommer<br />
Im Sommer bieten Konstruktionen mit hohem Wärmespeichervermögen<br />
eine grössere Behaglichkeit. Wegen<br />
der Speicherfähigkeit des Bauteils treten die äusseren<br />
Temperaturspitzen phasenverschoben <strong>und</strong> amplitudengedämpft<br />
erst in den kühlen Abend- <strong>und</strong> Nachtst<strong>und</strong>en in<br />
den Raum, im Rauminnern sind Temperaturschwankungen<br />
<strong>und</strong> die Maximaltemperaturen wesentlich geringer<br />
als im Freien. Innenwärme (solare Einträge durch die<br />
Fenster) wird solange von speicherfähigen Innen- <strong>und</strong><br />
Aussenwänden aufgenommen, wie die Wandoberflächentemperaturen<br />
unter denjenigen der Raumluft<br />
liegen. Damit ist die Wärmespeicherfähigkeit bis heute<br />
ein zentrales Element sommerlichen Wärmeschutzes.<br />
1) Der solare <strong>Energie</strong>gewinn<br />
durch opake<br />
Bauteile wird heute in<br />
statischen Standardrechenverfahren<br />
nicht<br />
berücksichtigt.<br />
2 / 3) Matthias Bumann,<br />
Studie über den Einfluss<br />
der solaren Erträge über<br />
die Aussenwände auf<br />
den <strong>Energie</strong>haushalt<br />
eines Wohngebäudes<br />
verfasst von Dipl.-Ing.<br />
Matthias G. Bumann<br />
Ingenieurbüro DIMaGB,<br />
Berlin<br />
Berlin im April 2009,<br />
redigiert 16.07.2009<br />
4 / 5) Christian Kupke,<br />
<strong>und</strong> Matthias Stohrer,<br />
Wärmeenergietransport<br />
durch Aussenwände<br />
unter natürlichen<br />
Klimabedingungen;<br />
Abschlussbericht der<br />
Forschungs- <strong>und</strong> Entwicklungsgemeinschaft<br />
für Bauphysik e.V. an<br />
der FH für Technik<br />
Stuttgart, 1987<br />
<strong>Energie</strong> <strong>und</strong> <strong>Baudenkmal</strong> – <strong>Haustechnik</strong> – V1 – 2014<br />
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