Energie und Baudenkmal 3 Haustechnik
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Häufige Heizsysteme für Kirchen (Wärmeabgabe)<br />
Warmluftheizungen<br />
Warmluft wird über Luftschächte <strong>und</strong> Ausströmungsgitter<br />
im Fussboden in den Kirchenraum<br />
eingeblasen. Mit aufwändiger Regeltechnik wird sichergestellt,<br />
dass Temperaturunterschiede zwischen<br />
Bodenbereich <strong>und</strong> Decke nicht zu gross werden<br />
<strong>und</strong> die Temperaturen zur Schonung des Denkmals<br />
insgesamt nur sehr langsam verändert werden.<br />
Schalldämpfer mindern Strömungsgeräusche <strong>und</strong><br />
Staubfilter die Staubaufwirbelung.<br />
Bankheizung<br />
Quarzstrahler, Dunkelstrahler <strong>und</strong> weitere spezielle<br />
Bankheizkörper sind unter den Kirchenbänken als<br />
Strahlungsheizungen montiert. Sie werden entweder<br />
elektrisch oder mit Heizungswasser betrieben.<br />
Fussbodenheizung<br />
Wasserführende Heizleitungen erwärmen die<br />
Bodenflächen. Aus denkmalpflegerischer <strong>und</strong> archäologischer<br />
Sicht sind die notwendigen Eingriffe<br />
oft nicht denkmalverträglich. Zudem erfordern sie<br />
meist höhere Standby- Temperaturen.<br />
Kirchensitzheizung (Heizkissen)<br />
Idee dieser Heizung ist es, nicht die Kirche, sondern<br />
ausschliesslich die Besucher aufzuwärmen. Die<br />
Wärme gelangt primär durch Wärmeleitung zum<br />
Nutzer.<br />
Oft gelangen Kombinationen von 2 Heizsystemen<br />
zur Anwendung.<br />
Strahlungs- oder Konvektionsheizung?<br />
Die Sanierung der Wärmeabgabe bietet die Möglichkeit<br />
der Erfolgskontrolle <strong>und</strong> – falls nötig – zur Korrektur.<br />
Der neue Wärmeerzeuger (Niedrigtemperatur), ein unbefriedigendes<br />
Abgabesystem oder die Umstellung von<br />
Einzelöfen auf Zentralheizung können uns vor die Wahl<br />
eines neuen Abgabesystems stellen. Soll die Abgabe vermehrt<br />
durch Strahlung oder durch Konvektion erfolgen?<br />
Diese seit Langem geführte Diskussion ist aus der Sicht<br />
der Denkmalpflege wichtig.<br />
Mehr Strahlungsanteile<br />
Es gibt weder reine Strahlungs- noch reine Konvektionsheizungen.<br />
Heutzutage wird eine Heizung, die mehr<br />
als 50% Strahlungsanteile abgibt, als Strahlungsheizung<br />
bezeichnet. Der Übergang von der Strahlungsheizung<br />
zur Konvektionsheizung ist fliessend, da eine Strahlungsheizung<br />
über die warmen Bauteile auch die Luft erwärmt<br />
<strong>und</strong> eine Konvektionsheizung auch Wärmestrahlung<br />
an Bauteile abgibt. Die wärmende Wirkung von Strahlungsheizungen<br />
ist stark (in der vierten Potenz) von der<br />
absoluten Oberflächentemperatur [K] des Strahlers sowie<br />
von der Oberflächenbeschaffenheit <strong>und</strong> der Bauform<br />
abhängig. Ein strahlender Körper kann die Temperatur<br />
der Umgebungsflächen erhöhen: Eine höhere Oberflächentemperatur<br />
der Aussenwand erhöht die Empfindungstemperatur<br />
(arithmetisches Mittel aus Strahlungs<strong>und</strong><br />
Raumlufttemperatur) im Raum. Das heisst, dass bei<br />
effektiv niedrigerer Raumlufttemperatur dieselbe Wärme<br />
<strong>und</strong> Behaglichkeit empf<strong>und</strong>en werden kann. Eine höhere<br />
Oberflächentemperatur kann Kondensatproblemen<br />
vorbeugen. Auf der anderen Seite wird aber der Wärmeabfluss<br />
nach aussen (Transmission) ebenfalls erhöht. Die<br />
Strahlungsheizung heizt erst sek<strong>und</strong>är die Raumluft mit<br />
auf. Dies geschieht einerseits durch Konvektion <strong>und</strong><br />
andererseits durch Absorption von Strahlungsanteilen<br />
durch die Luft. Die Lufttemperatur ist bei Konvektionsheizungen<br />
höher <strong>und</strong> damit kann mehr Wasser durch<br />
Lüften abtransportiert werden. Die Luft ist unerwünscht<br />
trockener. Durch Konvektion werden aber auch wesentlich<br />
grössere Verfrachtungen von Staub <strong>und</strong> Schmutz<br />
verursacht. Diese Tatsache ist bei Baudenkmälern mit<br />
wertvollen Interieurs (Malereien!) wichtig.<br />
Bei ungünstigen Luftströmungsverhältnissen, z.B. bei<br />
Durchgängen <strong>und</strong> in hohen Räumen, ist die Strahlungsheizung<br />
allein aus anwendungstechnischen Gründen die<br />
erste Wahl. Weitere Vorteile entstehen durch die nach<br />
dem Einschalten fast unmittelbar zur Verfügung stehende<br />
Wärme. Heizstrahler werden aber auch dort eingesetzt,<br />
wo nur punktuell geheizt werden soll. Mit Strahlern<br />
kann beispielsweise eine Zone in einer grossen temperierten<br />
Halle behaglich gemacht werden oder auch der<br />
Sitzplatz eines Organisten in der Kirche.<br />
Aus denkmalpflegerischer Sicht spricht also vieles für<br />
die Strahlungsheizung. Ob die Strahlungsheizung das<br />
Richtige ist, hängt im konkreten Einzelfall aber auch von<br />
der Raumnutzung ab.<br />
Hohe Wärmeleistungen können mit grossen Flächen<br />
oder effizienter mit hohen Temperaturen erzeugt<br />
werden. Hohe Temperaturen bedingen jedoch hohe<br />
Vorlauftemperaturen des Wärmeverteilsystems, die aus<br />
energetischen Gründen nicht anzustreben sind. Energetisch<br />
gesehen ist es sinnvoll, die Wärmeerzeuger auf eine<br />
Vorlauftemperatur von unter 40 °C auszulegen. Erstens<br />
arbeiten die heute meist verwendeten Wärmepumpen effizienter<br />
mit niedrigen Temperaturen <strong>und</strong> zweitens fallen<br />
die Wärmeverluste am Erzeuger <strong>und</strong> an der Verteilung<br />
geringer aus. In den Kantonen Bern <strong>und</strong> Zürich sind für<br />
Neuanlagen maximale Vorlauftemperaturen von 50 °C,<br />
für Fussbodenheizungen gar 35 °C, erlaubt.<br />
lll <strong>Haustechnik</strong><br />
<strong>Energie</strong> <strong>und</strong> <strong>Baudenkmal</strong> – <strong>Haustechnik</strong> – V1 – 2014 50