Industrielle Automation 1/2017
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SZENE<br />
Die deutsche Elektroindustrie – aktuelle<br />
Zahlen und Herausforderungen in <strong>2017</strong><br />
Die Elektroindustrie gehört zu den innovativsten Branchen der deutschen<br />
Wirtschaft und gilt als Treiber des Verarbeitenden Gewerbes. Mit<br />
849 000 Beschäftigten stellt sie zudem den zweitgrößten industriellen<br />
Arbeitgeber in Deutschland dar. Gründe genug also, um sich den neuen<br />
Herausforderungen auf dem internationalen Parkett zu stellen.<br />
Die Elektrotechnik- und Elektronik industrie<br />
in Deutschland prägt als Querschnittstechnologie<br />
die Innovationskraft<br />
und das Wachstum nahezu aller Wirtschaftsund<br />
Industriezweige. Das zeigt alleine der<br />
Anteil an Aufwendungen für Forschung &<br />
Entwicklung. Mit 16,2 Mrd. EUR stammte<br />
2015 knapp ein Viertel aller F&E-Aufwendungen<br />
der Industrie in Deutschland aus<br />
der Elek troindustrie sowie 40 % aller angemeldeten<br />
Patente, u. a. in den Bereichen<br />
digitale Kommunikationstechnik, Bildgebung<br />
und industrielle Anwendungen (Sensoren,<br />
Aktoren, Maschinensteuerungen).<br />
Die Elektro- industrie besitzt also eine zentrale<br />
Rolle für die Wertschöpfung, nicht nur<br />
in Deutschland, sondern auch weltweit.<br />
Doch wie sind nun die Prognosen für das<br />
nächste Jahr? Offen ist, wie sich die Handelsbeziehungen<br />
unter der neuen US-Regierung<br />
entwickeln werden ebenso wie es mit<br />
Europa weiter geht. Welchen Beitrag kann<br />
die deutsche Elektroindustrie für Wachstum<br />
und Beschäftigung leisten? Zu diesen<br />
und weiteren Fragen rund um die Konjunktur<br />
der Branche referierten im Januar <strong>2017</strong><br />
Dr. Klaus Mittelbach, Vorsitzender der<br />
ZVEI-Geschäftsführung, und Dr. Andreas<br />
Gontermann, ZVEI-Chefvolkswirt.<br />
Entwicklung der Branche in 2016<br />
Blicken wir zunächst zurück auf das vergangene<br />
Jahr, so war dieses von konjunkturellen<br />
Stolpersteinen geprägt. Angefangen<br />
von Sorgen um die chinesische Volkswirtschaft<br />
samt Börseneinbruch, Brexit-Votum,<br />
Putschversuch in der Türkei, gefolgt von<br />
der Trump-Wahl in den USA und dem<br />
gescheiterten Verfassungsreferendum in<br />
Italien, fasst Dr. Andreas Gontermann zusammen.<br />
Dazwischen lag die erste Vereinbarung<br />
von OPEC und Nicht-OPEC-Ländern<br />
seit acht bzw. 15 Jahren, das Ölangebot<br />
zu beschränken und den Ölpreisverfall<br />
aufzuhalten. Trotz dieser von großer Unsicherheit<br />
geprägten Konjunktur hat sich die<br />
deutsche Elektroindustrie 2016 behauptet.<br />
Im Zeitraum von Januar bis November<br />
letzten Jahres stieg die reale Produktion der<br />
Branche um 1,4 % gegenüber Vorjahr. Die<br />
Erlöse haben sich leicht um 0,3 % gegenüber<br />
Vorjahr auf insgesamt 162,3 Mrd. EUR<br />
erhöht. Der aggregierte Branchenumsatz<br />
beläuft sich im gesamten Jahr 2016 auf<br />
179 Mrd. EUR, rund 1 Mrd. mehr als 2015,<br />
wobei der Fachzweig <strong>Automation</strong> ein Plus<br />
von 1,8 % auf 45,7 Mrd. EUR verzeichnete.<br />
Für die Exporte der deutschen Elektro-<br />
industrie war 2016 nunmehr das dritte<br />
Rekordjahr in Folge. Die gesamten Branchenausfuhren<br />
nahmen zwischen Januar und<br />
November um 4,0 % gegenüber Vorjahr zu.<br />
Unterm Strich blieben die USA größter Abnehmer,<br />
China kam wieder auf den zweiten<br />
Rang, Großbritannien ist weiterhin viertgrößter<br />
Abnehmer weltweit. Was hier die<br />
weitere Entwicklung anbelangt, so wird<br />
alles davon abhängen, wie die künftigen<br />
Beziehungen, insbesondere die Handelsbeziehungen,<br />
zwischen Großbritannien<br />
und der EU aussehen werden.<br />
Mit 849 000 Beschäftigten ist die deutsche<br />
Elektroindustrie immer noch der zweitgrößte<br />
industrielle Arbeitgeber hierzulande.<br />
Ausblick auf <strong>2017</strong>: Wachstum<br />
um 1,5 Prozent<br />
Die einführend genannten Unsicherheitsfaktoren<br />
dürften erst einmal bleiben. Dennoch<br />
erwartet der IWF für dieses Jahr<br />
knapp 4 % Wachstum beim Welthandel<br />
und knapp 3,5 % bei der Weltwirtschaftsleistung<br />
– und damit jeweils mehr als im<br />
letzten Jahr. Der Durchschnitt der Prognosen<br />
für das <strong>2017</strong>-er BIP-Wachstum in<br />
Deutschland liegt bei rund 1,5 %. Um den<br />
Unsicherheiten entgegen zu wirken, hilft<br />
ein breites Export-Portfolio, sodass die Abhängigkeit<br />
von einzelnen Ländern respektive<br />
Regionen geringer ausfällt als früher. Alles<br />
in allem geht der ZVEI davon aus, dass die<br />
preis bereinigte Produktion der deutschen<br />
Elektroindustrie <strong>2017</strong> um 1,5 % wachsen<br />
wird. Die nominalen Erlöse sollten dabei<br />
endlich wieder auf 182 Mrd. EUR – den bisherigen<br />
Höchstwert aus 2008 – steigen.<br />
Auf den Zahn gefühlt: Dr. Klaus Mittelbach, Vorsitzender der Geschäftsführung des ZVEI<br />
Was raten Sie Ihren Mitgliedsunternehmen,<br />
um den even tuellen Sanktionen durch den<br />
neuen US-Präsidenten Trump zu begegnen?<br />
Die USA sind mit 5,4 Mrd. EUR unser<br />
zweitgrößter Auslandsstandort – nach<br />
China und vor Großbritannien. Das Elektro-<br />
Handelsvolumen zwischen Deutschland<br />
und den USA beläuft sich auf 26,4 Mrd.<br />
EUR (2015). Es liegt heute um rund ein<br />
Drittel höher als vor zehn Jahren. Auch<br />
die USA sind also in die globalisierte,<br />
arbeitsteilige Wirtschaft eingebunden. Es<br />
ist nicht anzunehmen, dass Apple oder<br />
andere IT-Giganten sich künftig auf den<br />
amerikanischen Produk tionsstandort<br />
begrenzen lassen wollen. Wir werden<br />
daher Sanktionen rational und mit sach -<br />
lichen Argumenten begegnen. Freihandel<br />
und offene Märkte sind das beste Mittel für<br />
Wachstum und Wohlstand. Wir werden<br />
hier weiterhin um Vertrauen werben.<br />
Wie sehen Sie die zukünftigen Handelsbeziehungen<br />
zu Großbritannien?<br />
Großbritannien ist unser viertgrößter<br />
Abnehmer weltweit. Was hier die weitere<br />
Entwicklung anbelangt, so wird alles<br />
davon abhängen, wie die künftigen<br />
Handelsbeziehungen zwischen GB und<br />
der EU aussehen werden. Wir setzen auf<br />
die vier Prinzipien der EU: freier Verkehr<br />
von Waren, Dienstleistungen und Kapital<br />
sowie Personenfreizügigkeit. Die EU sollte<br />
Entscheidungen wieder gemeinschaftlich<br />
treffen, die den Ländern Handlungsspielräume<br />
lässt. Kurzum, Europa muss<br />
erwachsen werden, seine Angelegenheiten<br />
in einem noch nicht klaren neuen weltpolitischen<br />
Gefüge stärker in die eigene Hand<br />
nehmen. Anders wird es nicht gehen.<br />
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