Der Betriebsleiter 4/2017
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BETRIEBSFORUM<br />
Innovationsmanagement<br />
Kreativität lässt sich strukturieren<br />
So groß die Chancen der digitalen<br />
Transformation auch sind, in<br />
einzelnen Unternehmen sorgt die<br />
wachsende Innovationsgeschwindigkeit<br />
für Kopfzerbrechen.<br />
Laut einer Studie der<br />
Unternehmensberatung Staufen<br />
spüren drei von vier Industriebetrieben<br />
einen erheblichen<br />
Innovationsdruck. Und in mehr als<br />
40 Prozent ist man sich unsicher<br />
darüber, wie man die Kreativität<br />
der Mitarbeiter gezielt nutzen kann.<br />
Klar ist: Die Umwälzungen durch Industrie<br />
4.0 werden alle Unternehmensbereiche<br />
erfassen. Wer innovative Ideen ausschließlich<br />
in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung<br />
verortet, wird es schwer<br />
haben, sich in Zukunft gegen disruptive<br />
Konkurrenten durchzusetzen. Gefragt ist<br />
eine Unternehmenskultur, die Mitarbeiter<br />
in allen Abteilungen ermutigt, sich kreativ<br />
einzubringen. Selbstverständlich auch im<br />
Herzstück der Wertschöpfung, der Produktion.<br />
Viele Firmen haben das begriffen. 72 %<br />
Autor: Dr. Andreas Romberg,<br />
Staufen AG, Köngen<br />
beziehen bei der Innovationsagenda unternehmensweit<br />
Systeme und Prozesse ein.<br />
Was die Umsetzung von neuen Ideen<br />
allerdings dominiert, ist das Prinzip der<br />
Verschwendung. Nur vier von zehn Innovationen<br />
schaffen den Markterfolg. <strong>Der</strong> Grund<br />
für den hohen Ausschuss ist meist ein geringer<br />
Strukturierungsgrad und fehlende Institutionalisierung.<br />
In 41 % der Unternehmen<br />
betreibt man Innovation quasi „aus dem<br />
Bauch heraus“. Häufig gehen solche Projekte<br />
auf den spontanen Wunsch der Geschäftsleitung<br />
zurück oder sind Liebhaberangelegenheiten<br />
einzelner Entwicklungsköpfe.<br />
Dagegen ist im Grunde nichts einzuwenden.<br />
Doch ohne Kontroll- und Bewertungsmechanismen<br />
drohen solche Projekte aus<br />
dem Ruder zu laufen. Dabei mangelt es<br />
ohnehin schon an Zeit und Personal. Vier<br />
von zehn Unternehmen klagen darüber,<br />
dass zu viele laufende Innovationsprojekte<br />
ihre Handlungsfähigkeit lähmen.<br />
Innovation auf breite Basis<br />
stellen<br />
Unternehmen, die sich auf die Innovationsfähigkeit<br />
einzelner Akteure verlassen, wirtschaften<br />
zudem unter dem Damoklesschwert.<br />
Wenn die Ideengeber plötzlich aus<br />
der Firma ausscheiden, gerät die Innovationsmaschinerie<br />
ins Stocken. Innovationsprozesse<br />
müssen also auf eine breite Basis<br />
gestellt werden, die von Einzelpersonen unabhängig<br />
ist.<br />
Je mehr Mitarbeiter sich kreativ einbringen<br />
können, desto größer ist der Fundus<br />
möglicher Innovationen. Immerhin wird<br />
dieses Kapital vielerorts geschätzt: In 86 %<br />
der befragten Unternehmen scheuen sich<br />
Beschäftigte nicht, ihre Vorschläge einzubringen.<br />
Um diese Informationen zu kanalisieren,<br />
ist die Einrichtung eines Ideenbewertungsprozesses<br />
von großer Bedeutung.<br />
Dieser Prozess muss dann von einem hochrangig<br />
besetzten Steuerungsgremium regelmäßig<br />
und getaktet gesteuert werden.<br />
Die große Herausforderung im Innovationsmanagement<br />
dürfte für die meisten<br />
Unternehmen sein, verlässliche und einheitliche<br />
Prozessstrukturen aufzubauen.<br />
Nicht selten gibt es hier innere Widerstände<br />
gegen die Vorstellung, kreatives Arbeiten in<br />
ein enges Korsett zu pressen. Ein Irrglaube,<br />
denn schlanke Entwicklungsprozesse sind<br />
gerade dazu geeignet, die nötigen Freiräume<br />
für gelingende Innovation zu schaffen.<br />
Erfolgreich auf Lean<br />
Development gesetzt<br />
Davon hat man sich zum Beispiel bei einem<br />
Unternehmen aus der Elektroinstallationsund<br />
Gebäudesteuerungstechnik überzeugen<br />
lassen. Auch dort war die Skepsis anfangs<br />
groß. Zwar hatte man in anderen<br />
Unternehmensbereichen bereits gute Erfahrungen<br />
mit Lean-Management-Methoden<br />
gesammelt, aber dass man Forschung und<br />
Entwicklung ebenfalls nach verschwendungsarmen<br />
Prozessen ausrichten könnte,<br />
bezweifelten viele Beschäftigte. Dabei gingen<br />
die Entwickler regelrecht in einer Unzahl<br />
von parallellaufenden Produkt- und Innovationsprojekten<br />
unter. Es galt also,<br />
potenziell erfolgreiche Ideen zu identifizieren<br />
und solche ohne Erfolgsaussichten frühzeitig<br />
aufzugeben.<br />
Gemeinsam mit der Unternehmensberatung<br />
Staufen entwickelte man einen schlanken<br />
Produktideen- und Entwicklungsprozess,<br />
dessen Kernstück die Einrichtung eines Bewertungs-<br />
und Steuerungsgremiums ist.<br />
Diese Gruppe ist heterogen zusammengesetzt<br />
und bezieht möglichst viele Unternehmensbereiche<br />
mit ein. Innovationsprojekte<br />
werden zunächst grundlegend als Ideenskizze<br />
inklusive möglicher Marktchancen<br />
ausgearbeitet und vorgelegt. Gibt die Gruppe<br />
grünes Licht, wird das Innovationsprojekt<br />
weiter verfolgt und immer wieder neu<br />
vorgelegt, bis es schließlich zum Abschluss<br />
kommt – oder aber aufgrund der gemeinsamen<br />
Einschätzung eingestellt wird. <strong>Der</strong><br />
Erfolg spricht für diesen Prozess. Seitdem<br />
das Unternehmen auf Lean Development<br />
setzt, wurde es mit zahlreichen Innovationspreisen<br />
ausgezeichnet – und hat Millionen<br />
Euro an Entwicklungskosten eingespart.<br />
Bild: Fotolia/Gajus<br />
www.staufen.ag/de<br />
6 <strong>Der</strong> <strong>Betriebsleiter</strong> 4/<strong>2017</strong>