Nr. 17 (I-2017) - Osnabrücker Wissen
Nr. 17 (I-2017) - Osnabrücker Wissen Wir beantworten Fragen rund um die Osnabrücker Region. Alle drei Monate als Printausgabe. Kostenlos! Und online unter www.osnabruecker-wissen.de
Nr. 17 (I-2017) - Osnabrücker Wissen
Wir beantworten Fragen rund um die Osnabrücker Region. Alle drei Monate als Printausgabe. Kostenlos! Und online unter www.osnabruecker-wissen.de
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
STADT- & LANDGESCHICHTEN<br />
Fundstück: Litui<br />
STADT- & LANDGESCHICHTEN<br />
Was verbindet<br />
Kalkriese mit Pompeji<br />
und der Titanic?<br />
Orte in Stadt und Land (10)<br />
Ist der Piesberg Pyes Berg?<br />
Pye ist der nördlichste und zugleich höchstgelegene Stadtteil von Osnabrück. Bei gutem Wetter<br />
ist es möglich, bis nach Lingen zu sehen. Lange Zeit war Pye ein eigenständiges Dorf im<br />
Landkreis Osnabrück, 1972 wurde es eingemeindet.<br />
Mit 2.991 Einwohnern ist Pye zu klein für<br />
einen Supermarkt, und es gibt nur noch<br />
eine Kneipe. Aber der Piesberg, auf dessen<br />
Gipfel sich vier Windräder drehen, sorgt an<br />
Wochenenden dafür, dass viele Menschen<br />
diesen Ort besuchen. Schon immer<br />
bildeten Pye und der Piesberg eine Einheit.<br />
Mit einer Höhe von 188 m überragt er die<br />
Landschaft, aber bei näherem Hinsehen<br />
erinnert der Berg an einen hohlen Zahn.<br />
Hier wurde bis ins 20. Jahrhundert Kohle<br />
unter Tage abgebaut, und die älteren<br />
<strong>Osnabrücker</strong> erinnern sich noch an die<br />
große Mülldeponie von Stadt und Landkreis,<br />
die bis 2006 betrieben wurde.<br />
Wie kam das Dorf Pye<br />
zu seinem Namen?<br />
Die Vermutung, dass der Piesberg von<br />
„Pyes Berg“ abzuleiten ist, liegt auf der<br />
Hand. Der Historiker Herrmann Jellinghaus<br />
verweist auf eine Quelle von 1160,<br />
in der Pye erstmals beschrieben wurde,<br />
allerdings in der ursprünglichen Form<br />
von „pythe“. Im Laufe der Jahrhunderte<br />
unterlag dieser Name weiteren Veränderungen,<br />
nämlich von „pithe“ (1209)<br />
zu „pede“ (13. Jahrhundert) über „piehe“<br />
(1650), bis endlich der jetzige Name „pye“<br />
(<strong>17</strong>72) auftaucht. Der Gleichklang von<br />
„pythe“ und Pütt verlockt dazu, einen Zusammenhang<br />
herzustellen. Der erscheint<br />
auch nicht ganz abwegig, da der Kohleabbau<br />
in offenen Gruben, also Pütten,<br />
in Pye schon sehr früh nachgewiesen ist.<br />
Urkundliche Zeugnisse finden sich zwar<br />
erst 1461, eine frühere Nutzung der<br />
Piesberger Anthrazitkohle ist jedoch nicht<br />
unwahrscheinlich.<br />
Auch Günther Wrede, der die überlieferten<br />
Zeugnisse kritisch untersucht hat, ist auf<br />
die Ortsnamen „pithe“ (1160) und „pede“<br />
(13. Jahrhundert) gestoßen. Er deutet<br />
diesen Begriff im Sinne von zähem Tonlehm.<br />
Demnach könnte der Name des<br />
Piesberges aus dem Namen Pedeske-Berg<br />
hervorgegangen sein.<br />
Einen anderen Ursprung vermutet<br />
die Sprachwissenschaftlerin<br />
Kirstin Casemir. Sie weist auf<br />
ein Schriftstück aus dem Kloster<br />
Corvey (15. Jahrhundert) hin,<br />
wo der Name „pathi“ auftaucht.<br />
Dieser Beleg wird dort zu Pye<br />
gestellt. Pathi wiederum ist mit<br />
dem Wort Pfad verwandt, was<br />
auf einen begehbaren Weg deutet. Im<br />
weitesten Sinn wäre dann Pfad auch für<br />
ein schwieriges Gelände oder hügeliges<br />
Gebiet anzuwenden. Und da könnte sich<br />
der Kreis zum Piesberg schließen, der aller<br />
Wahrscheinlichkeit nach Pyes Berg war<br />
und ist. | Ebba Ehrnsberger<br />
Bilder © Ebba Ehrnsberger<br />
Litui © VARUSSCHLACHT im <strong>Osnabrücker</strong> Land gGmbH, Dave Ziegenhagen // Greifenkopf © VARUSSCHLACHT im <strong>Osnabrücker</strong> Land gGmbH, Christiane Matz // Ausgrabung © mrks_v, fotolia.de<br />
20<strong>17</strong> blickt das Museum Kalkriese auf eine dreißigjährige Forschungsgeschichte zurück. Damals<br />
wurden die ersten Funde in einer archäologischen Ausgrabung geborgen – der Startschuss für<br />
eine Erfolgsgeschichte. Heute steht in Kalkriese ein gut besuchtes und renommiertes Museum,<br />
finden regelmäßig Ausgrabungen statt und die seit Jahrhunderten gesuchte Örtlichkeit der<br />
Varusschlacht scheint gefunden. In 20<strong>17</strong> startet ein neues Forschungsprojekt, das einige der<br />
vielen noch offenen Fragen klären soll.<br />
„Forschung im Museum“ heißt ein<br />
Förderprogramm der Volkswagenstiftung.<br />
Zu den glücklichen Antragstellern<br />
gehörte in der vorerst letzten Ausschreibungsrunde<br />
auch die »Varusschlacht<br />
gGmbH – Museum und Park Kalkriese«,<br />
die mit ihrem Projekt »Kalkriese als Ort der<br />
Varusschlacht? – eine anhaltende Kontroverse«<br />
Gutachter und Jury überzeugte und<br />
nun für ihr Forschungsvorhaben gemeinsam<br />
mit der Ludwig-Maximilians-Universität<br />
München und dem Deutschen<br />
Bergbau-Museum Bochum in den kommenden<br />
drei Jahren rund 430.000 Euro<br />
Forschungsmittel erhält. Bisher standen<br />
insbesondere die antiken Texte zur<br />
Schlacht, die Topographie der Landschaft,<br />
die lokale Befundlage sowie der numismatische<br />
Bestand bzw. die sich hieraus<br />
ergebende Datierung des Fundortes im<br />
Fokus der Forschung. Erstmals sollen nun<br />
die Funde von dem historischen Schlachtfeld<br />
eingehend untersucht und in ihren<br />
kulturhistorischen Kontext eingefügt werden.<br />
Der archäologische Fundbestand ist<br />
aufgrund seiner spezifischen Entstehungsgeschichte<br />
einzigartig. Im Gegensatz zu den<br />
Funden langjähriger Lagerstandorte entstand<br />
das Kalkrieser Fundensemble in sehr<br />
kurzer Zeit, wie man dies ansonsten nur<br />
von Katastrophen aus Pompeji und Herkulaneum<br />
oder jüngeren spektakulären<br />
Ereignissen wie dem Untergang der<br />
Titanic kennt. Alle in Kalkriese bisher gefundenen<br />
Objekte gelangten annähernd<br />
gleichzeitig in den Boden. Damit gibt<br />
der Fundbestand wie kaum eine andere<br />
Sammlung Aufschluss darüber, was alles<br />
gleichzeitig in Gebrauch war und was die<br />
römische Armee tatsächlich so mit sich<br />
führte. Natürlich ist auch dies nur ein<br />
kleiner Ausschnitt. Nicht nur germanische<br />
Plünderer, sondern auch der Zahn der Zeit<br />
forderten ihren Tribut und dürften das<br />
ursprüngliche Fundaufkommen drastisch<br />
reduziert haben. Noch ist längst nicht<br />
alles ausgegraben, wie die neusten Funde<br />
in Kalkriese - etwa die im Juni 2016<br />
entdeckten Goldmünzen - eindrücklich<br />
zeigen. | Stefan Burmeister<br />
<strong>Osnabrücker</strong> <strong>Wissen</strong> verlost 5x eine<br />
Familienkarte für die Römer- und<br />
Germanentage am 04. & 05.Juni 20<strong>17</strong><br />
Mehr zum Gewinnspiel auf Seite 51.<br />
24<br />
25