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„Das zentrale Kontenregister<br />
lässt das Gefühl<br />
eines Generalverdachts<br />
aufkommen.“<br />
Florian Höllwarth,<br />
Steuerberater<br />
derslautender Beteuerungen also nicht<br />
zurückgegangen?<br />
Höllwarth: Leider nein. Die zahlreichen<br />
Erklärungspflichten des Steuerrechts,<br />
aber etwa auch Arbeitszeitaufzeichnungen<br />
oder die Dokumentationspflichten,<br />
die erfüllt werden müssen,<br />
um zu belegen, dass kein Lohnund<br />
Sozialdumping vorliegt, kurz<br />
gesagt die Gesamtheit der Berichts-,<br />
Melde- und Aufzeichnungspflichten<br />
nimmt immer mehr zu. In der Zeit,<br />
die davon in Anspruch genommen<br />
wird, kann der Unternehmer seinem<br />
eigentlichen Unternehmenszweck<br />
nicht nachgehen.<br />
ECHO: Die von politischer Seite angekündigte<br />
Verwaltungsvereinfachung<br />
ist also noch Zukunftsmusik?<br />
Höllwarth: Die Ansätze sind da,<br />
aber wirklich vereinfacht wurde im<br />
Steuerrecht bis jetzt sehr wenig. Gerade<br />
bei Steuern gibt es natürlich<br />
auch sehr verschiedene Ansichten<br />
darüber, was gerecht ist, und aus<br />
diesen Standpunkten muß dann ein<br />
politischer Kompromiss gefunden<br />
werden. So unterschiedliche, teils<br />
gegensätzliche Anforderungen an<br />
Gesetze führen dazu, dass viele Spezialbestimmungen<br />
und Ausnahmen<br />
eingebaut werden. Das erhöht die<br />
Komplexität maßgeblich und ist am<br />
Ende für Einzelne dann trotzdem<br />
nicht immer gerecht.<br />
ECHO: Kommen wir zum Zillertal,<br />
das touristisch sehr intensiv bewirtschaftet<br />
wird. Was beschäftigt die<br />
Touristiker im Zillertal?<br />
Höllwarth: Ich denke, dass es auch<br />
im Tourismus zu einer Überregulierung<br />
in vielen Bereichen gekommen<br />
ist, sei es im Lebensmittel- oder Betriebsanlagenrecht,<br />
aber auch bei den<br />
Arbeitszeiten oder der Frage, was das<br />
angemessene Gehalt laut Kollektivvertrag<br />
ist. Der Markt könnte aus Sicht<br />
unserer Mandanten viel freier sein, ohne<br />
dass die Qualität darunter zu leiden<br />
hätte. Man hat hier das Gefühl, dass<br />
der Staat zwar – wohlmeinend – seine<br />
Bürger schützen will, es damit aber<br />
übertreibt und dadurch die Eigenverantwortung<br />
zu kurz kommt. Es ist letztlich<br />
eine politische Frage, wie weit der<br />
Staat seine Bürger durch Regeln und<br />
Verbote „vor sich selbst schützen“ soll.<br />
Aus meiner Sicht ärgerlich sind auch<br />
die verschiedenen „Bagatellsteuern“.<br />
Das sind Abgaben, die betragsmäßig<br />
nicht besonders hoch sind, aber von<br />
Bund und Land trotzdem streng kontrolliert<br />
und mit Vehemenz eingetrieben<br />
werden. Ich frage mich, ob das aus<br />
staatlicher Sicht noch effizient ist oder<br />
ob hier nicht weniger mehr wäre. Ein<br />
kompliziertes Steuersystem ist teuer,<br />
zum einen für den Steuerzahler, zum<br />
anderen aber auch für den Staat, der<br />
das System aufwändig verwalten muss.<br />
Da würde ich mir wünschen, dass die<br />
öffentliche Hand den Mut findet, bei<br />
den eigenen Einnahmequellen einmal<br />
kritisch das Kosten-Nutzen-Verhältnis<br />
zu hinterfragen.<br />
ECHO: Die Mehreinnahmen für<br />
den Fiskus durch die Einführung der<br />
Registrierkassenpflicht wurden überschätzt.<br />
Gleichzeitig wurde befürchtet,<br />
dass Betriebe – salopp formuliert<br />
– „den Hut draufhauen“. Ist diese Befürchtung<br />
eingetreten?<br />
Höllwarth: Die Mehreinnahmen<br />
aus der Umsatzsteuer sind hinter den<br />
im Vorfeld angekündigten Summen<br />
zurückgeblieben. Einzelne Mandanten,<br />
die kurz vor der Pension standen,<br />
haben ihre Betriebsaufgabe auch<br />
vorgezogen, weil sie sich das nicht<br />
mehr antun wollten. Man muss aber<br />
sagen, dass die Registrierkassenpflicht<br />
letztlich umsetzbar ist, wenn auch mit<br />
einem teilweise erheblichen finanziellen<br />
und zeitlichen Mehraufwand für<br />
die Unternehmer.<br />
ECHO: Das zentrale Kontenregister<br />
ist auch relativ neu. Wie ist diesbezüglich<br />
Ihre Wahrnehmung?<br />
Höllwarth: Ich sehe das Kontenregister<br />
als weiteren Schritt in Richtung<br />
umfassender staatlicher Überwachung<br />
der Bürger. Das ist schon etwas, wo<br />
sich viele unserer Mandanten unter<br />
Generalverdacht gestellt fühlen. Man<br />
muss aus meiner Sicht jedenfalls die<br />
Frage nach der Verhältnismäßigkeit<br />
eines solchen Registers stellen. Von<br />
der Finanz wird das Kontenregister<br />
auch schon intensiv genutzt. Laut<br />
einer parlamentarischen Anfragebeantwortung<br />
gab es allein bis Februar<br />
<strong>2017</strong> fast 1.800 Abfragen österreichweit,<br />
davon über hundert von Tiroler<br />
Behörden. Die meisten Abfragen in<br />
Tirol machte dabei das Finanzamt<br />
Kufstein-<strong>Schwaz</strong>. In Zukunft wird es<br />
vermutlich zum Standardprozedere jeder<br />
Betriebsprüfung gehören, dass der<br />
Finanzbeamte nachsieht, über welche<br />
Bankkonten der zu Prüfende verfügt.<br />
<br />
Interview: Marian Kröll<br />
ECHO TOP 100 UNTERNEHMEN IM BEZIRK SCHWAZ <strong>2017</strong> 45