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Top100 Schwaz 2017

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„Das zentrale Kontenregister<br />

lässt das Gefühl<br />

eines Generalverdachts<br />

aufkommen.“<br />

Florian Höllwarth,<br />

Steuerberater<br />

derslautender Beteuerungen also nicht<br />

zurückgegangen?<br />

Höllwarth: Leider nein. Die zahlreichen<br />

Erklärungspflichten des Steuerrechts,<br />

aber etwa auch Arbeitszeitaufzeichnungen<br />

oder die Dokumentationspflichten,<br />

die erfüllt werden müssen,<br />

um zu belegen, dass kein Lohnund<br />

Sozialdumping vorliegt, kurz<br />

gesagt die Gesamtheit der Berichts-,<br />

Melde- und Aufzeichnungspflichten<br />

nimmt immer mehr zu. In der Zeit,<br />

die davon in Anspruch genommen<br />

wird, kann der Unternehmer seinem<br />

eigentlichen Unternehmenszweck<br />

nicht nachgehen.<br />

ECHO: Die von politischer Seite angekündigte<br />

Verwaltungsvereinfachung<br />

ist also noch Zukunftsmusik?<br />

Höllwarth: Die Ansätze sind da,<br />

aber wirklich vereinfacht wurde im<br />

Steuerrecht bis jetzt sehr wenig. Gerade<br />

bei Steuern gibt es natürlich<br />

auch sehr verschiedene Ansichten<br />

darüber, was gerecht ist, und aus<br />

diesen Standpunkten muß dann ein<br />

politischer Kompromiss gefunden<br />

werden. So unterschiedliche, teils<br />

gegensätzliche Anforderungen an<br />

Gesetze führen dazu, dass viele Spezialbestimmungen<br />

und Ausnahmen<br />

eingebaut werden. Das erhöht die<br />

Komplexität maßgeblich und ist am<br />

Ende für Einzelne dann trotzdem<br />

nicht immer gerecht.<br />

ECHO: Kommen wir zum Zillertal,<br />

das touristisch sehr intensiv bewirtschaftet<br />

wird. Was beschäftigt die<br />

Touristiker im Zillertal?<br />

Höllwarth: Ich denke, dass es auch<br />

im Tourismus zu einer Überregulierung<br />

in vielen Bereichen gekommen<br />

ist, sei es im Lebensmittel- oder Betriebsanlagenrecht,<br />

aber auch bei den<br />

Arbeitszeiten oder der Frage, was das<br />

angemessene Gehalt laut Kollektivvertrag<br />

ist. Der Markt könnte aus Sicht<br />

unserer Mandanten viel freier sein, ohne<br />

dass die Qualität darunter zu leiden<br />

hätte. Man hat hier das Gefühl, dass<br />

der Staat zwar – wohlmeinend – seine<br />

Bürger schützen will, es damit aber<br />

übertreibt und dadurch die Eigenverantwortung<br />

zu kurz kommt. Es ist letztlich<br />

eine politische Frage, wie weit der<br />

Staat seine Bürger durch Regeln und<br />

Verbote „vor sich selbst schützen“ soll.<br />

Aus meiner Sicht ärgerlich sind auch<br />

die verschiedenen „Bagatellsteuern“.<br />

Das sind Abgaben, die betragsmäßig<br />

nicht besonders hoch sind, aber von<br />

Bund und Land trotzdem streng kontrolliert<br />

und mit Vehemenz eingetrieben<br />

werden. Ich frage mich, ob das aus<br />

staatlicher Sicht noch effizient ist oder<br />

ob hier nicht weniger mehr wäre. Ein<br />

kompliziertes Steuersystem ist teuer,<br />

zum einen für den Steuerzahler, zum<br />

anderen aber auch für den Staat, der<br />

das System aufwändig verwalten muss.<br />

Da würde ich mir wünschen, dass die<br />

öffentliche Hand den Mut findet, bei<br />

den eigenen Einnahmequellen einmal<br />

kritisch das Kosten-Nutzen-Verhältnis<br />

zu hinterfragen.<br />

ECHO: Die Mehreinnahmen für<br />

den Fiskus durch die Einführung der<br />

Registrierkassenpflicht wurden überschätzt.<br />

Gleichzeitig wurde befürchtet,<br />

dass Betriebe – salopp formuliert<br />

– „den Hut draufhauen“. Ist diese Befürchtung<br />

eingetreten?<br />

Höllwarth: Die Mehreinnahmen<br />

aus der Umsatzsteuer sind hinter den<br />

im Vorfeld angekündigten Summen<br />

zurückgeblieben. Einzelne Mandanten,<br />

die kurz vor der Pension standen,<br />

haben ihre Betriebsaufgabe auch<br />

vorgezogen, weil sie sich das nicht<br />

mehr antun wollten. Man muss aber<br />

sagen, dass die Registrierkassenpflicht<br />

letztlich umsetzbar ist, wenn auch mit<br />

einem teilweise erheblichen finanziellen<br />

und zeitlichen Mehraufwand für<br />

die Unternehmer.<br />

ECHO: Das zentrale Kontenregister<br />

ist auch relativ neu. Wie ist diesbezüglich<br />

Ihre Wahrnehmung?<br />

Höllwarth: Ich sehe das Kontenregister<br />

als weiteren Schritt in Richtung<br />

umfassender staatlicher Überwachung<br />

der Bürger. Das ist schon etwas, wo<br />

sich viele unserer Mandanten unter<br />

Generalverdacht gestellt fühlen. Man<br />

muss aus meiner Sicht jedenfalls die<br />

Frage nach der Verhältnismäßigkeit<br />

eines solchen Registers stellen. Von<br />

der Finanz wird das Kontenregister<br />

auch schon intensiv genutzt. Laut<br />

einer parlamentarischen Anfragebeantwortung<br />

gab es allein bis Februar<br />

<strong>2017</strong> fast 1.800 Abfragen österreichweit,<br />

davon über hundert von Tiroler<br />

Behörden. Die meisten Abfragen in<br />

Tirol machte dabei das Finanzamt<br />

Kufstein-<strong>Schwaz</strong>. In Zukunft wird es<br />

vermutlich zum Standardprozedere jeder<br />

Betriebsprüfung gehören, dass der<br />

Finanzbeamte nachsieht, über welche<br />

Bankkonten der zu Prüfende verfügt.<br />

<br />

Interview: Marian Kröll<br />

ECHO TOP 100 UNTERNEHMEN IM BEZIRK SCHWAZ <strong>2017</strong> 45

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