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gleichzeitig zur Maturaschule. Mein<br />
Lehrling ruft mich eines Tages an<br />
und fragt mich, in welche der beiden<br />
Schulen er denn gehen solle. Ich habe<br />
das zuerst für einen Schmäh gehalten,<br />
dann aber doch beim Direktor der Berufsschule<br />
angerufen. Der hat mir dann<br />
empfohlen, den Lehrling abwechselnd<br />
in die verschiedenen Schulen zu schicken.<br />
Das Ganze läuft in Wahrheit<br />
völlig unkoordiniert ab. Die Politik verkauft<br />
die Lehre mit Matura als Erfolg,<br />
der sie aber nicht ist. Wenn man hinter<br />
diese Fassade hineinblickt, ist nicht viel<br />
Substanz da.<br />
„Die Lehre mit Matura<br />
ist leider eine<br />
Missgeburt.“<br />
ECHO: Die hohe Politik steht bei<br />
Ihnen wohl nicht allzu hoch im Kurs?<br />
Fankhauser: Wenn ich unseren Politikern<br />
zuhöre, dann fühle ich mich<br />
als Chef eines kleineren Mittelbetriebs<br />
teilweise ganz schön an der Nase herumgeführt.<br />
Der lässige Umgang mit<br />
den Geldern der Steuerzahler lässt den<br />
Schluss zu, dass die Politik keinerlei Ahnung<br />
davon hat, wie schwer es für viele<br />
Unternehmer ist, über die Runden zu<br />
kommen. Der Einzige, bei dem halbwegs<br />
gute Ansätze zu erkennen sind, ist<br />
meiner Meinung nach Sebastian Kurz.<br />
Der dürfte begriffen haben, dass man<br />
aus einer Geldbörse nicht immer nur<br />
Geld herausnehmen kann. Das wird<br />
nicht funktionieren.<br />
ECHO: In der Lehrlingsausbildung<br />
haben Sie schon Erfahrungen mit<br />
Flüchtlingen gesammelt. Wie hat das<br />
funktioniert?<br />
Fankhauser: Ich habe einen Flüchtling<br />
aus dem Kosovo als Lehrling aufgenommen.<br />
Besagten jungen Mann<br />
habe ich in Uderns am Sportplatz im<br />
Rahmen eines Fußballspiels kennengelernt.<br />
Der junge Flüchtling hat sich gut<br />
bewährt und war fleißig. Dann wurde<br />
er unvermittelt abgeschoben. Als Ersatz<br />
hat man mir dann einen jungen Afghanen<br />
geschickt, der kein Wort Deutsch<br />
konnte. Nach zweieinhalb Tagen Lehre<br />
hat er mir eine WhatsApp-Nachricht<br />
geschickt und mir mitgeteilt, dass er<br />
wegen Kopfschmerzen zum Arzt müsse<br />
und nicht mehr kommen könne.<br />
Ich habe daraufhin beim Betreuer des<br />
jungen Mannes, der den Lehrling vermittelt<br />
hatte, angerufen und ihm mitgeteilt,<br />
dass ich mit jemandem, der krank<br />
spielen möchte, wenig anfangen kann.<br />
Deshalb habe ich den jungen Mann<br />
abgemeldet. Nach vier Monaten des<br />
Herumdokterns hat man mir gesagt,<br />
dass der junge Afghane nun wieder bereit<br />
wäre. Zu diesem Zeitpunkt war ich<br />
aber nicht mehr bereit.<br />
ECHO: Scheitert es an der mangelnden<br />
Sprachkompetenz?<br />
Fankhauser: Da ist nicht nur die<br />
Sprachkompetenz ein Problem, sondern<br />
auch die Mentalität. Das Problem<br />
ist, dass Menschen hierher migrieren,<br />
die ohne zu arbeiten ein höheres Einkommen<br />
erzielen als in ihren Heimatländern<br />
mit Arbeit. Das motiviert<br />
nicht gerade zum Arbeiten. Wie soll<br />
ich einem jungen Menschen, der als<br />
Lehrling für 40 Wochenstunden rund<br />
700 Euro verdient, begreifbar machen,<br />
dass eine Ausbildung wichtig ist, wenn<br />
er dasselbe oder mehr in einer Unterkunft<br />
fürs Nasenbohren bekommt?<br />
Wir haben ein Anreizproblem, und<br />
zwar in der gesamten Gesellschaft.<br />
ECHO: Inwiefern betrifft das Problem<br />
die ganze Gesellschaft?<br />
Fankhauser: Die Entwicklung geht<br />
leider in eine total falsche Richtung.<br />
Arbeit wird vom Unternehmer bis zum<br />
Arbeitnehmer bestraft. Wer fleißig ist,<br />
wird ausgepresst, damit der Staat die<br />
Löcher stopfen kann, die sich an allen<br />
Ecken und Enden auftun. Das kann es<br />
nicht sein.<br />
ECHO: Können Sie konkrete Fälle<br />
nennen, wo Arbeit aus Ihrer Sicht bestraft<br />
wird?<br />
Fankhauser: Stelle ich mir jemanden<br />
an, der mir am Wochenende<br />
Telefondienst leistet und zur Hand<br />
geht, und ihm 100 Euro brutto gebe,<br />
bekommt er netto kaum 50 Euro heraus.<br />
Ist das nicht ein Trauerspiel? Das<br />
ist ein Affront gegenüber jedem, der<br />
leistungswillig und fleißig ist. Das ist<br />
nicht gerecht. Da muss ein Umdenken<br />
stattfinden. In Bulgarien verdienen<br />
beispielsweise viele Arbeitskräfte mit<br />
Vollzeitarbeit wesentlich weniger als<br />
das, was in Österreich als Mindestsicherung<br />
ausbezahlt wird. Das weiß ich,<br />
weil ich kürzlich dort war.<br />
ECHO: Zurück zur Lehre. Was muss<br />
geschehen, dass die Lehre wieder an<br />
Ansehen gewinnt?<br />
Fankhauser: Ein möglicher Baustein<br />
könnte sein, positiver über die Lehre zu<br />
sprechen. Wir müssen die Erzählung<br />
in Umlauf bringen, dass die Lehre ein<br />
guter Einstieg ins Berufsleben und eine<br />
gute Voraussetzung für beruflichen Erfolg<br />
ist. Nicht zuletzt ist es ein gutes Gefühl,<br />
am Ende eines Tages das Produkt<br />
seiner Arbeit konkret zu sehen. Diese<br />
Erfüllung bleibt vielen Menschen in<br />
einem Bürojob verwehrt.<br />
ECHO: Das Installationsgewerbe<br />
wird zunehmend herausfordernder<br />
und technischer. Haftet dem Beruf<br />
womöglich noch etwas ein Geruch<br />
vergangener Tage an?<br />
Fankhauser: Es ist gut möglich, dass<br />
unsere Branche noch zu sehr mit der<br />
Kombination „Gas-Wasser-Scheiße“<br />
assoziiert wird. Letzteres ist nicht der<br />
Hauptpunkt in unserer Branche. Wir<br />
müssen unseren Beruf besser nach<br />
außen tragen, auch in der Innung. Da<br />
sind wir aber auf einem guten Weg. Ich<br />
bleibe dabei: Handwerk hat goldenen<br />
Boden. Das wird sich in Zukunft noch<br />
zeigen. <br />
<br />
Interview: Marian Kröll<br />
ECHO TOP 100 UNTERNEHMEN IM BEZIRK SCHWAZ <strong>2017</strong> 49