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Top100 Schwaz 2017

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gleichzeitig zur Maturaschule. Mein<br />

Lehrling ruft mich eines Tages an<br />

und fragt mich, in welche der beiden<br />

Schulen er denn gehen solle. Ich habe<br />

das zuerst für einen Schmäh gehalten,<br />

dann aber doch beim Direktor der Berufsschule<br />

angerufen. Der hat mir dann<br />

empfohlen, den Lehrling abwechselnd<br />

in die verschiedenen Schulen zu schicken.<br />

Das Ganze läuft in Wahrheit<br />

völlig unkoordiniert ab. Die Politik verkauft<br />

die Lehre mit Matura als Erfolg,<br />

der sie aber nicht ist. Wenn man hinter<br />

diese Fassade hineinblickt, ist nicht viel<br />

Substanz da.<br />

„Die Lehre mit Matura<br />

ist leider eine<br />

Missgeburt.“<br />

ECHO: Die hohe Politik steht bei<br />

Ihnen wohl nicht allzu hoch im Kurs?<br />

Fankhauser: Wenn ich unseren Politikern<br />

zuhöre, dann fühle ich mich<br />

als Chef eines kleineren Mittelbetriebs<br />

teilweise ganz schön an der Nase herumgeführt.<br />

Der lässige Umgang mit<br />

den Geldern der Steuerzahler lässt den<br />

Schluss zu, dass die Politik keinerlei Ahnung<br />

davon hat, wie schwer es für viele<br />

Unternehmer ist, über die Runden zu<br />

kommen. Der Einzige, bei dem halbwegs<br />

gute Ansätze zu erkennen sind, ist<br />

meiner Meinung nach Sebastian Kurz.<br />

Der dürfte begriffen haben, dass man<br />

aus einer Geldbörse nicht immer nur<br />

Geld herausnehmen kann. Das wird<br />

nicht funktionieren.<br />

ECHO: In der Lehrlingsausbildung<br />

haben Sie schon Erfahrungen mit<br />

Flüchtlingen gesammelt. Wie hat das<br />

funktioniert?<br />

Fankhauser: Ich habe einen Flüchtling<br />

aus dem Kosovo als Lehrling aufgenommen.<br />

Besagten jungen Mann<br />

habe ich in Uderns am Sportplatz im<br />

Rahmen eines Fußballspiels kennengelernt.<br />

Der junge Flüchtling hat sich gut<br />

bewährt und war fleißig. Dann wurde<br />

er unvermittelt abgeschoben. Als Ersatz<br />

hat man mir dann einen jungen Afghanen<br />

geschickt, der kein Wort Deutsch<br />

konnte. Nach zweieinhalb Tagen Lehre<br />

hat er mir eine WhatsApp-Nachricht<br />

geschickt und mir mitgeteilt, dass er<br />

wegen Kopfschmerzen zum Arzt müsse<br />

und nicht mehr kommen könne.<br />

Ich habe daraufhin beim Betreuer des<br />

jungen Mannes, der den Lehrling vermittelt<br />

hatte, angerufen und ihm mitgeteilt,<br />

dass ich mit jemandem, der krank<br />

spielen möchte, wenig anfangen kann.<br />

Deshalb habe ich den jungen Mann<br />

abgemeldet. Nach vier Monaten des<br />

Herumdokterns hat man mir gesagt,<br />

dass der junge Afghane nun wieder bereit<br />

wäre. Zu diesem Zeitpunkt war ich<br />

aber nicht mehr bereit.<br />

ECHO: Scheitert es an der mangelnden<br />

Sprachkompetenz?<br />

Fankhauser: Da ist nicht nur die<br />

Sprachkompetenz ein Problem, sondern<br />

auch die Mentalität. Das Problem<br />

ist, dass Menschen hierher migrieren,<br />

die ohne zu arbeiten ein höheres Einkommen<br />

erzielen als in ihren Heimatländern<br />

mit Arbeit. Das motiviert<br />

nicht gerade zum Arbeiten. Wie soll<br />

ich einem jungen Menschen, der als<br />

Lehrling für 40 Wochenstunden rund<br />

700 Euro verdient, begreifbar machen,<br />

dass eine Ausbildung wichtig ist, wenn<br />

er dasselbe oder mehr in einer Unterkunft<br />

fürs Nasenbohren bekommt?<br />

Wir haben ein Anreizproblem, und<br />

zwar in der gesamten Gesellschaft.<br />

ECHO: Inwiefern betrifft das Problem<br />

die ganze Gesellschaft?<br />

Fankhauser: Die Entwicklung geht<br />

leider in eine total falsche Richtung.<br />

Arbeit wird vom Unternehmer bis zum<br />

Arbeitnehmer bestraft. Wer fleißig ist,<br />

wird ausgepresst, damit der Staat die<br />

Löcher stopfen kann, die sich an allen<br />

Ecken und Enden auftun. Das kann es<br />

nicht sein.<br />

ECHO: Können Sie konkrete Fälle<br />

nennen, wo Arbeit aus Ihrer Sicht bestraft<br />

wird?<br />

Fankhauser: Stelle ich mir jemanden<br />

an, der mir am Wochenende<br />

Telefondienst leistet und zur Hand<br />

geht, und ihm 100 Euro brutto gebe,<br />

bekommt er netto kaum 50 Euro heraus.<br />

Ist das nicht ein Trauerspiel? Das<br />

ist ein Affront gegenüber jedem, der<br />

leistungswillig und fleißig ist. Das ist<br />

nicht gerecht. Da muss ein Umdenken<br />

stattfinden. In Bulgarien verdienen<br />

beispielsweise viele Arbeitskräfte mit<br />

Vollzeitarbeit wesentlich weniger als<br />

das, was in Österreich als Mindestsicherung<br />

ausbezahlt wird. Das weiß ich,<br />

weil ich kürzlich dort war.<br />

ECHO: Zurück zur Lehre. Was muss<br />

geschehen, dass die Lehre wieder an<br />

Ansehen gewinnt?<br />

Fankhauser: Ein möglicher Baustein<br />

könnte sein, positiver über die Lehre zu<br />

sprechen. Wir müssen die Erzählung<br />

in Umlauf bringen, dass die Lehre ein<br />

guter Einstieg ins Berufsleben und eine<br />

gute Voraussetzung für beruflichen Erfolg<br />

ist. Nicht zuletzt ist es ein gutes Gefühl,<br />

am Ende eines Tages das Produkt<br />

seiner Arbeit konkret zu sehen. Diese<br />

Erfüllung bleibt vielen Menschen in<br />

einem Bürojob verwehrt.<br />

ECHO: Das Installationsgewerbe<br />

wird zunehmend herausfordernder<br />

und technischer. Haftet dem Beruf<br />

womöglich noch etwas ein Geruch<br />

vergangener Tage an?<br />

Fankhauser: Es ist gut möglich, dass<br />

unsere Branche noch zu sehr mit der<br />

Kombination „Gas-Wasser-Scheiße“<br />

assoziiert wird. Letzteres ist nicht der<br />

Hauptpunkt in unserer Branche. Wir<br />

müssen unseren Beruf besser nach<br />

außen tragen, auch in der Innung. Da<br />

sind wir aber auf einem guten Weg. Ich<br />

bleibe dabei: Handwerk hat goldenen<br />

Boden. Das wird sich in Zukunft noch<br />

zeigen. <br />

<br />

Interview: Marian Kröll<br />

ECHO TOP 100 UNTERNEHMEN IM BEZIRK SCHWAZ <strong>2017</strong> 49

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