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Fach 2, Seite 642<br />

Vertragsstrafen<br />

Allgemeines Zivilrecht<br />

von Geld gerichtet. In diesem Inhalt des Anspruchs unterscheidet er sich von Konstellationen, in denen –<br />

z.B. für den Fall rechtzeitiger Zahlung – eine Belohnung in Form eines Teilverzichts vereinbart wird<br />

(„Verfallklausel mit Belohnungscharakter“, vgl. BGH NJW 2010, 859; OLG München NJW-RR 1998, 1663);<br />

allerdings sind die Regeln über die Vertragsstrafe, z.B. die Herabsetzung gem. § 343 BGB, wegen der<br />

weitgehend gleichläufigen Interessenlage zumindest stellenweise auf Verfallklauseln anzuwenden (BGH<br />

NJW 1968, 1625; NJW-RR 1993, 464, 465). Das Vertragsstrafeversprechen ist stets unselbstständig,<br />

nämlich von einer Hauptverbindlichkeit abhängig, wobei die Hauptverbindlichkeit auf ein Tun oder auf ein<br />

Unterlassen gerichtet sein kann. Ist die Hauptverbindlichkeit, z.B. wegen Formmangels, nicht gegeben, so<br />

besteht auch der akzessorische Vertragsstrafeanspruch nicht (§ 344 BGB). Diese Akzessorietät trennt die<br />

Vertragsstrafe vom Reugeld (§ 353 BGB), das gerade nicht auf die Erfüllung einer Hauptverbindlichkeit<br />

zielt, sondern dem Schuldner die Möglichkeit gewähren soll, sich von einer Verbindlichkeit zu lösen.<br />

Praxishinweis:<br />

Bei der Prüfung, ob eine Vertragsstrafeklausel vorliegt, sollte der Praktiker nicht am Wortlaut haften.<br />

Insbesondere sollte er nicht isoliert darauf abstellen, ob eine Zahlung versprochen wird, sondern die<br />

Interessenlage ergründen. Zeigt diese Parallelen zum Vertragsstrafeversprechen, so ergeben sich aus<br />

den besonderen Schutzvorschriften der Vertragsstrafe, wie z.B. den §§ 343 und 555 BGB, zusätzliche<br />

Verteidigungsmöglichkeiten.<br />

2. Notwendige Vertragserklärungen von Gläubiger und Schuldner<br />

Wie schon aus der Stellung der Vertragsstrafe im 3. Abschnitt des Allgemeinen Teils des Schuldrechts<br />

deutlich wird, entsteht der Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe nicht durch eine einseitige<br />

Erklärung des Schuldners, sondern durch einen zwischen Schuldner und Gläubiger geschlossenen<br />

Vertrag. § 339 BGB und § 12 UWG, wo nur von einem „Versprechen“ bzw. der „Abgabe einer Unterlassungsverpflichtung“<br />

die Rede ist, sollen also nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Zustandekommen<br />

einer rechtswirksamen Vertragsstrafevereinbarung auch eine Erklärung des Gläubigers voraussetzt.<br />

Gläubiger und Schuldner können sich grundsätzlich formfrei erklären. Im praktisch wichtigsten<br />

Fall, nämlich im Zusammenspiel mit einem Unterlassungsversprechen, bedarf die Gesamterklärung des<br />

Schuldners (aber nicht des Gläubigers!) der Schriftform, da das Unterlassungsversprechen ein<br />

abstraktes Schuldversprechen ist und somit nach § 780 BGB der Schriftform bedarf.<br />

Hinweis:<br />

Anderes gilt nur für Kaufleute, die sich nach §§ 350, 343 HGB formfrei unterwerfen können, das Versprechen<br />

aber auf Verlangen des Gläubigers schriftlich bestätigen müssen (BGH NJW 1990, 3147 – Unterwerfung<br />

durch Fernschreiben).<br />

3. Auswirkung auf die Wiederholungsgefahr, Entstehung des Anspruchs auf Vertragsstrafe<br />

Trotz der Notwendigkeit der Vertragserklärung des Gläubigers kommt bereits dem alleinigen Vertragsstrafeversprechen<br />

des Schuldners in bestimmt gelagerten Fällen eine rechtliche Wirkung zu:<br />

Obwohl mit ihr noch kein Unterlassungsvertrag zustande kommt, lässt bereits die einseitige mit einer<br />

Vertragsstrafe bewehrten Unterwerfungserklärung als solche die Wiederholungsgefahr entfallen (BGH<br />

GRUR 2006, 878, Rn 20 – Vertragsstrafevereinbarung). Die Geltendmachung eines Anspruchs auf<br />

Zahlung einer Vertragsstrafe setzt hingegen das rechtswirksame Zustandekommen eines Unterlassungsvertrags<br />

durch Erklärungen beider Parteien voraus.<br />

Praxishinweis:<br />

Gläubiger sollten deshalb darauf achten, die – ggf. modifizierte – Unterlassungserklärung des Schuldners<br />

nachweisbar anzunehmen; problematisch kann aus Nachweisgründen insbesondere die Annahme per<br />

Telefax sein, da hier durch den OK-Vermerk kein Zugangsnachweis zu führen ist (vgl. BGH NJW 2013, 2514;<br />

BGH, Urt. v. 21.7.2011 – IX ZR 148/10).<br />

300 <strong>ZAP</strong> Nr. 6 15.3.2017

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