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Fach 2, Seite 648<br />

Vertragsstrafen<br />

Allgemeines Zivilrecht<br />

Hinweis:<br />

Häufig anzutreffen, aber zumindest als AGB unzulässig sind daher folgende Formulierungen in Vertragsstrafeklauseln:<br />

„schuldet unabhängig von etwaigen Schadensersatzansprüchen“ oder „Schadensersatzansprüche<br />

bleiben hiervon unberührt“. Mangels Möglichkeit einer geltungserhaltenden Reduktion führen auch solche<br />

Regelungen üblicherweise zur Nichtigkeit der Vertragsstrafeklauseln als ganze, so dass ein Anspruch auf<br />

Zahlung von Vertragsstrafe nicht besteht.<br />

Bis dato ist noch unklar, ob solche Klauseln zulässig sind, in denen nicht ausdrücklich klargestellt wird, ob<br />

eine Anrechnung erfolgt. Nach Auffassung des Verfassers sind – insbesondere solche in Formularbüchern<br />

vorgeschlagenen – Unterlassungserklärungen problematisch, in denen neben der Verpflichtung zur<br />

Zahlung der Vertragsstrafe auch eine Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz vorgesehen wird,<br />

ohne klarzustellen, dass der Schadensersatz nur für bis zur Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung<br />

erfolgten Verstöße zu leisten ist bzw. dass eine Anrechnung erfolgt. Um allen Diskussionen<br />

vorzubeugen und eine klare Grundlage für die Durchsetzung von Vertragsstrafeansprüchen zu schaffen,<br />

sollten Gläubiger in ihren Unterlassungserklärungen deklaratorisch klarstellen, dass eine wechselseitige<br />

Anrechnung von Vertragsstrafe und Schadensersatz erfolgt.<br />

d) Vertragsstrafe ohne Verschulden<br />

Im Falle des § 339 S. 1 BGB setzt die Verwirkung der Vertragsstrafe den Verzug des Schuldners und daher<br />

mittelbar über § 286 Abs. 4 BGB dessen Verschulden voraus. Dies gilt ebenso für den Unterlassungsanspruch,<br />

obwohl der Wortlaut von § 339 S. 2 BGB hier scheinbar nur eine Zuwiderhandlung und kein<br />

Verschulden verlangt (BGH-Rechtsprechung seit 1972, vgl. BGH NJW 1972, 1893). Der Schuldner wird also<br />

stets von der Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe frei, wenn er gem. § 286 Abs. 4 BGB<br />

nachweisen kann, dass es zu der Zuwiderhandlung aufgrund eines Umstands gekommen ist, den er<br />

nicht zu vertreten hat. Diese vom Gesetzgeber vorgesehene Lösung wird durch Vertragsstrafeklauseln<br />

unterlaufen, die eine verschuldensunabhängige Haftung vorsehen. Solche Klauseln laufen dem wesentlichen<br />

Grundgedanken der gesetzlichen Regelung zuwider und sind daher als nichtig anzusehen<br />

(BGH NJW 1998, 2600, 2600 – Treuhand).<br />

Dem Gläubiger ist also davon abzuraten, eine verschuldensunabhängige Unterwerfung zu fordern,<br />

zumal der Schuldner einer solchen Aufforderung ohnehin nicht nachkommen muss. Problematisch<br />

können auch Klauseln sein, die sich überhaupt nicht zum Verschulden äußern und insofern der Formulierung<br />

des § 339 S. 2 BGB ähneln. Die Frage, wie mit einer solchen „schweigenden“ Klausel umzugehen<br />

ist, hat der BGH im Treuhand-Urteil (NJW 1998, 2600) ausdrücklich offen gelassen. Zumindest, soweit die<br />

Vertragsstrafeklausel „gestellt“ wird, sollte der Praktiker das Verschulden ausdrücklich erwähnen. Dies<br />

kann erfolgen, indem der Vertragsstrafeanspruch ausdrücklich nur für den Fall der „schuldhaften Zuwiderhandlung“<br />

vorgesehen wird. Auch wenn nach Abgabe einer Unterlassungserklärung grundsätzlich<br />

strenge Sorgfaltsmaßstäbe gelten, kann es sinnvoll sein, die Beweislast – ebenso wie dies in § 286 Abs. 4<br />

BGB erfolgt – zulasten des Schuldners umzukehren, was wie folgt aussehen könnte:<br />

„Der Schuldner verpflichtet sich dazu, für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung<br />

aus Ziff. 1 eine Vertragsstrafe i.H.v. 5.100 € zu zahlen. Der Schuldner ist nicht zur Zahlung einer Vertragsstrafe<br />

verpflichtet, solange die Zuwiderhandlung infolge eines Umstands erfolgt ist, den er nicht zu vertreten hat. Für<br />

vorsätzlich begangene Zuwiderhandlungen wird die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs ausgeschlossen.“<br />

e) Höhe der Vertragsstrafe<br />

Eine unangemessene Benachteiligung des Schuldners kann sich aus der Höhe der Vertragsstrafe<br />

ergeben (BGH NJW 2016, 1230 Rn 34). Dies ist vor allem dann gegeben, wenn die Sanktion in einem<br />

Missverhältnis zur Schwere des Vertragsverstoßes und seinen Folgen für den Gläubiger steht (BGH NJW<br />

1994, 1060; in BGH NJW 2016, 1230 Rn 34 ist insoweit wohl aufgrund eines Schreibfehlers vom<br />

„Vertragsstrafenschuldner“ statt vom „Vertragsstrafengläubiger“ die Rede). Problematisch sind insoweit<br />

feste Vertragsstrafeklauseln, die sich nicht nach Art, Schwere und Dauer richten. Nach der Recht-<br />

306 <strong>ZAP</strong> Nr. 6 15.3.2017

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