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Anwaltsmagazin<br />
<strong>ZAP</strong><br />
entsprechende Rechtsbehelfe, mit denen er gegen<br />
die fehlerhafte staatliche Entscheidung vorgehen<br />
kann. Spiegelbildlich bedeutet das aber zugleich die<br />
Verpflichtung des Betroffenen, sich gegen rechtswidrige<br />
staatliche Akte durch diese Rechtsbehelfe<br />
auch im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben entsprechend<br />
zur Wehr zu setzen. Tut er dies nicht,<br />
kann er bei einem bestandskräftigen bzw. rechtskräftigen<br />
staatlichen Akt später nicht mehr dessen<br />
Rechtswidrigkeit behaupten und entsprechende<br />
Ansprüche durchsetzen. Im Rahmen der Zulässigkeit<br />
muss er ggf. eine Wiederaufnahme des Verfahrens<br />
anstreben. Hinter dieser Aufgabenverteilung<br />
steht einerseits die Schutzpflicht des<br />
Rechtsstaates, durch entsprechende Rechtsschutzmöglichkeiten<br />
dem Bürger die Möglichkeit des<br />
Vorgehens gegen staatliches Verhalten an die<br />
Hand zu geben. Andererseits bedeutet dies zugleich<br />
eine Eigenverantwortlichkeit des Bürgers, tätig zu<br />
werden und diese Möglichkeiten auch zu nutzen.<br />
Diese Aufgabenverteilung gilt auch für die hier in<br />
Rede stehende „Knöllchen-Affäre“. Die erhebliche<br />
Quantität der Betroffenen ändert daran nichts,<br />
dass es sich qualitativ bei der fehlerhaften Beschilderung<br />
um ein staatliches Fehlverhalten handelt,<br />
das durchaus vorkommen kann, auch wenn es<br />
nicht vorkommen darf. Es ist also Sache des Betroffenen,<br />
die Justiz durch entsprechende Rechtsbehelfe<br />
einzuschalten. Aufgabe der Richter ist es,<br />
solche Fehler festzustellen. Es ist ureigenstes<br />
Metier von Anwälten, die Betroffenen entsprechend<br />
zu beraten und ggf. zu solchen Schritten zu<br />
führen. Wer all dies nicht nutzt, sondern passiv<br />
bleibt, muss auch mit den Folgen leben. Angesichts<br />
der in Justizkreisen nicht ganz selten anzutreffenden<br />
Ansicht, es herrsche ein gewisser Hang zu<br />
„Prozesshanselei“, ist es schon erstaunlich, dass<br />
sich nur einer von etwa 450.000 Betroffenen<br />
gerichtlich zur Wehr gesetzt hat.<br />
Es stellt eine Aushebelung und Missachtung<br />
rechtsstaatlicher Prinzipien und Aufgabenverteilungen<br />
dar, wenn seitens der Politik nunmehr<br />
versucht wird, diese Vorgaben zu umgehen, um<br />
einen „unbürokratischen“ Ausgleich zu schaffen.<br />
Letztlich wird hier das Gesetz durch politisches<br />
Gutdünken ersetzt. Dem Betroffenen wird die<br />
Eigenverantwortung abgenommen, sich gegen<br />
entsprechende Bescheide zu wenden.<br />
Auch stellt sich die Frage nach der Präzedenzwirkung<br />
einer solchen Vorgehensweise. Behörden<br />
und politische Institutionen werden geradezu<br />
ermuntert, die formelle Rechtskraft von staatlichen<br />
Bescheiden zu umgehen, wenn Medien und<br />
Öffentlichkeit das Ergebnis nicht gefällt. Überhaupt:<br />
Ob es eine solche Medienwirkung und ein<br />
„Ausgleichsprogramm“ auch gegeben hätte, wenn<br />
es nicht um ca. 450.000 Betroffene gegangen<br />
wäre, sondern nur um 45? Ich wage das zu<br />
bezweifeln. Ein Schelm, wer angesichts dessen<br />
einen Bezug zu der bevorstehenden Landtagswahl<br />
in Nordrhein-Westfalen am 14.5.2017 vermutet.<br />
Aber vielleicht schüttelt auch der umtriebige<br />
Bundesjustizminister noch fix eine Gesetzesinitiative<br />
zur rückwirkenden Änderung des § 85<br />
OWiG aus dem Ärmel.<br />
RiAG Dr. AXEL DEUTSCHER, Bochum<br />
Anwaltsmagazin<br />
Neuregelungen im März<br />
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268 <strong>ZAP</strong> Nr. 6 15.3.2017