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Fach 2, Seite 644<br />

Vertragsstrafen<br />

Allgemeines Zivilrecht<br />

Nach der Rechtsprechung des BGH (GRUR 1978, 192) und des BAG (NJW 1981, 1799) ist es grundsätzlich<br />

unzulässig, dem Gericht von vornherein die Bestimmung der Vertragsstrafe zu überlassen, wie dies der<br />

sog. alte Hamburger Brauch vorsah. In seiner Entscheidung „Hamburger Brauch“ (GRUR 1978, 192) hatte<br />

sich der BGH mit folgendem Vertragsstrafeversprechen zu befassen:<br />

1. „Die Firma B. Stoffe in Gießen verpflichtet sich Ihnen gegenüber, es zu unterlassen, mit der Ankündigung „Großer<br />

Stoffverkauf nach Ostern“ zu werben.<br />

2. Für jeden Fall zukünftiger Zuwiderhandlung gegen die unter Ziff. 1 aufgeführte Verpflichtung zahlt meine Mandantin<br />

eine Vertragsstrafe, deren Höhe in jedem Einzelfall von der 6. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main festzusetzen ist.“<br />

Der BGH sah dieses Vertragsstrafeversprechen als unwirksam an, da es dem Gericht die Aufgabe<br />

übertrage, für die Parteien den Inhalt eines Vertrags durch eine vertragsgestaltende Tätigkeit zu ergänzen<br />

(BGH GRUR 1978, 192, 193; Das Bürgerliche Gesetzbuch mit besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung<br />

des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs [im Folgenden: RGRK], § 317 BGB Anm. 3).<br />

Praxishinweis:<br />

Im Rahmen eines Abmahnverfahrens sollte ein Vertragsstrafeversprechen zugunsten eines Dritten nur<br />

dann abgegeben werden, wenn der Gläubiger dem zugestimmt hat. Von einem Vertragsstrafeversprechen<br />

nach neuem Hamburger Brauch ist insgesamt abzuraten.<br />

Es ist möglich, das nach billigem Ermessen zu bestimmende Vertragsstrafeversprechen der Höhe nach<br />

zu begrenzen (z.B. „verpflichtet sich dazu, eine vom Gläubiger nach billigem Ermessen festzusetzende und im<br />

Streitfall gerichtlich zu überprüfende Vertragsstrafe von nicht mehr als 10.000 € zu zahlen“). Auch wenn dem<br />

Schuldner selbstverständlich zu empfehlen ist, sich um die Vereinbarung einer solchen Beschränkung zu<br />

bemühen (vgl. KÖHLER/BORNKAMM/BORNKAMM, a.a.O., § 12 UWG Rn 1.195), sind relative Vertragsstrafen in<br />

der Praxis nur relativ selten anzutreffen. Dies ergibt sich aus der Schwierigkeit der Beurteilung, ob der in<br />

der Unterlassungserklärung genannte Höchstbetrag ausreichend ist und ob sich die Unterlassungserklärung<br />

deshalb im konkreten Einzelfall zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr eignet: Die<br />

Beschränkung der Vertragsstrafe ist nur dann zulässig, wenn sie sich unter Berücksichtigung der<br />

Umstände des Einzelfalls als angemessen erweist, insbesondere wenn sie sich dazu eignet, zukünftige<br />

noch schwerere Verstöße zu verhindern (vgl. BGH GRUR 1985, 937 – Vertragsstrafe bis zu …); als<br />

Richtschnur wird hierbei regelmäßig das Doppelte einer ansonsten ausreichenden festen Vertragsstrafe<br />

genannt (vgl. KÖHLER/BORNKAMM/BORNKAMM, a.a.O., § 12 UWG Rn 1.195).<br />

Praxishinweis:<br />

Auch insoweit ist dem Schuldner also zur Zurückhaltung zu raten: Eine Unterwerfung mit Höchstbetrag<br />

sollte nur dann erfolgen, wenn der Gläubiger zuvor einen festen Betrag vorgegeben hat, der dann zum<br />

Höchstbetrag verdoppelt werden kann, oder aber wenn der Höchstbetrag mit dem Gläubiger abgestimmt<br />

ist. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, dann überwiegt das Risiko, das die Unsicherheit über die<br />

Beseitigung der Wiederholungsgefahr mit sich bringt, den in der Praxis ohnehin überschaubaren Nutzen<br />

der Beschränkung.<br />

3. Tituliertes Vertragsstrafeversprechen<br />

In der Praxis werden einfache Unterlassungserklärungen regelmäßig nicht von titulierten, d.h.<br />

insbesondere im Rahmen eines Prozessvergleichs abgegebenen, Unterlassungserklärungen unterschieden.<br />

Diese Gleichsetzung ist ebenso falsch wie gefährlich:<br />

Hat sich der Schuldner nämlich in einem gerichtlichen Vergleich zur Unterlassung verpflichtet, so kann<br />

der Gläubiger nämlich grundsätzlich auch dann eine gerichtliche Androhung von Ordnungsmitteln gem.<br />

§ 890 Abs. 2 ZPO beantragen, wenn der Vergleich vertragsstrafebewehrt ist (BGH WRP 2014, 861 –<br />

Ordnungsmittelandrohung nach Prozessvergleich). Der Prozessvergleich führt daher im Regelfall zu einer<br />

Kumulation von vertraglichen und vollstreckungsrechtlichen Sanktionen, der der Schuldner entgehen<br />

kann, indem er ein Vertragsstrafeversprechen verweigert (der Gläubiger kann das Unterlassungsgebots<br />

302 <strong>ZAP</strong> Nr. 6 15.3.2017

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