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Fach 2, Seite 646<br />

Vertragsstrafen<br />

Allgemeines Zivilrecht<br />

für sie nicht. Stattdessen ist ihre Reichweite von Unterlassungserklärungen nach den allgemeinen<br />

Vorschriften über die Vertragsauslegung zu bestimmen (BGH GRUR 2001, 758, 759 – Trainingsvertrag;<br />

GRUR 2006, 878, Tz. 18 – Vertragsstrafevereinbarung). Damit ist vorrangig auf den Wortlaut abzustellen<br />

(BGH GRUR 2003, 545, 546 – Hotelfoto). Nur wo der Wortlaut nicht eindeutig ist, kann eine Auslegung<br />

unter Berücksichtigung des objektiven Parteiwillens erfolgen (BGH GRUR 2001, 758, 759 – Trainingsvertrag),<br />

der in besonders gelagerten Fällen zu der Annahme führen kann, dass eine Erstreckung über<br />

den Wortlaut hinaus auf kerngleiche Sachverhalte gewünscht war (BGH GRUR 1997, 931 – Sekundenschnell);<br />

zur Auslegung können hierbei auch begleitende Äußerungen der Parteien herangezogen<br />

werden (BGH GRUR 1998, 483 – Der M.-Markt packt aus). Das Postulat, vom Gläubiger auf die konkrete<br />

Verletzungsform beschränkte Unterlassungserklärungen seien im Zweifel auch ohne ausdrückliche<br />

Einbeziehung auf kerngleiche Erweiterungsformen zu erstrecken (TEPLITZKY/KESSEN, a.a.O., Kap. 8 Rn 16a),<br />

läuft den allgemeinen Grundsätzen der Vertragsauslegung zuwider und ist auch nicht durch die<br />

Interessenlage gerechtfertigt. Der Gläubiger hat es in der Hand, im Abmahnverfahren auf eine<br />

unmissverständliche Formulierung der Unterlassungsverpflichtung hinzuwirken. Versäumt er dies, so<br />

mag die Unklarheit zu seinen Lasten berücksichtigt werden; eine Berücksichtigung zu seinen Gunsten –<br />

wie dies z.B. im Vertragsstrafeprozess gegeben wäre – ist indes nicht angezeigt.<br />

Hinweise:<br />

• Außerhalb des Patentrechts sind Unterlassungserklärungen grundsätzlich anders zu formulieren als<br />

Klageanträge.<br />

• Sofern auf die konkrete Verletzungsform beschränkte Unterlassungsverpflichtungen formuliert<br />

werden („Kopieranträge“), sollte sichergestellt werden, dass die Anwendung der sog. Kerntheorie mitvereinbart<br />

wird.<br />

• Besondere Vorsicht ist geboten bei Unterlassungserklärungen, die im Rahmen eines Prozessvergleichs<br />

geschlossen werden. Hier werden häufig die auf die konkrete Verletzungsform zugeschnittenen Klageanträge<br />

übernommen. Zwar liegt dann die Annahme nahe, dass die Auslegung entsprechend einem<br />

Unterlassungstitel gewollt war. Dies sollte aber vom Gläubiger zur Sicherheit klargestellt werden.<br />

2. Inhaltskontrolle von Vertragsstrafeversprechen nach §§ 305 ff. BGB<br />

a) Anwendungsbereich des AGB-Rechts<br />

Unterlassungsverträge unterliegen wie andere Verträge auch der AGB-Kontrolle, sofern sie bzw. die<br />

jeweiligen Klauseln „vorformuliert“ und „gestellt“ wurden (§ 305 Abs. 1 BGB). Dies ist aufgrund eines<br />

eklatanten Mangels der Formularpraxis praktisch immer dann der Fall, wenn die Unterlassungserklärung<br />

auf Grundlage einer Abmahnung abgegeben wurde. Durch diese schlechte Vertragspraxis<br />

wird dem Schuldner ein zusätzliches Arsenal an Verteidigungsmöglichkeiten gegeben. Sowohl in der<br />

Rechtspraxis als auch in den einschlägigen Formularbüchern sind Formulierungen verbreitet, die ohne<br />

weiteres und völlig unnötig zur Annahme eines Stellens i.S.d. § 305 Abs. 1 S. 3 BGB führen.<br />

Beispiele:<br />

• „Ich weise darauf hin, dass nur durch die Abgabe der vorstehenden Erklärungen, für deren Eingang ich<br />

mir den (…) vorgemerkt habe, die Wiederholungsgefahr für den meiner Mandantin zustehenden Unterlassungsanspruch<br />

und damit auch das Rechtsschutzbedürfnis für die Einleitung gerichtlicher<br />

Schritte ausgeräumt werden können.“<br />

• „Unsere Mandantin gibt Ihnen letztmalig Gelegenheit, die streitige Auseinandersetzung durch Abgabe<br />

klaglos stellender Erklärungen außergerichtlich zu bereinigen. Namens und in Vollmacht unserer Mandantin<br />

haben wir Sie daher aufzufordern, die beigefügte und vorformulierte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung<br />

abzugeben. Wir sehen dem Eingang der vorstehenden Verpflichtungserklärung –<br />

rechtsverbindlich unterzeichnet und unverändert – bis zum (…) entgegen.“<br />

Diese zwei Beispiele aus weit verbreiteten Formularbüchern lassen nicht erkennen, dass der Gläubiger<br />

dazu bereit ist, den Inhalt der Verpflichtungserklärung zur Disposition zu stellen (§ 305 Abs. 1 S. 3 BGB).<br />

Sie genügen den von der Rechtsprechung gestellten Anforderungen an ein „Stellen“ bzw. „Aushandeln“<br />

304 <strong>ZAP</strong> Nr. 6 15.3.2017

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