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AltaVista Mai 2017

AltaVista beleuchtet Themen aus den Bereichen Pflege, Betreuung, Medizin und der beruflichen Praxis. Ausserdem berichtet AltaVista über aktuelle Entwicklungen in Politik, Wirtschaft und Sozialwesen. In dieser Ausgabe gehen wir der Frage nach, was es eigentlich bedeuten würde, wenn der Mensch plötzlich sehr viel älter oder gar unsterblich werden würde.

AltaVista beleuchtet Themen aus den Bereichen Pflege, Betreuung, Medizin und der beruflichen
Praxis. Ausserdem berichtet AltaVista über aktuelle Entwicklungen in Politik, Wirtschaft und
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In dieser Ausgabe gehen wir der Frage nach, was es eigentlich bedeuten würde, wenn der Mensch plötzlich sehr viel älter oder gar unsterblich werden würde.

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Psychisch krank –<br />

warum professionelle<br />

Hilfe oft zu spät kommt<br />

Psychische Störungen gehören zum Arbeitsalltag, sie betreffen rund 20 Prozent<br />

der Mitarbeitenden. Häufig werden Probleme jedoch zu spät erkannt. Ein grundlegendes<br />

Umdenken ist nötig, so das Ergebnis der Studie «Der tägliche Wahnsinn».<br />

Peter Stöckli mit Material der SDA<br />

P<br />

sychische Krankheiten verursachen<br />

nicht nur hohe Kosten<br />

durch eingeschränkte Leistungsfähigkeit,<br />

Krankschreibungen<br />

oder Arbeitsunfähigkeit,<br />

sie sind auch belastend für alle<br />

Beteiligten. Trotzdem sind sie in vielen<br />

Unternehmen kaum ein Thema, wie eine<br />

repräsentativen Studie der Psychiatrie Baselland<br />

und der Hochschule Luzern zeigt.<br />

Ziel der Untersuchung war es, die besonderen<br />

Probleme in der Führung von psychisch<br />

auffälligen Mitarbeitenden besser zu verstehen<br />

und mögliche Lösungen zu identifizieren.<br />

Um anschauliche Daten für das unsichtbare<br />

Problem zu sammeln, wurden<br />

Führungskräfte gebeten, sich an einen konkreten<br />

Fall zu erinnern und sich die erlebten<br />

Probleme als Film vorzustellen.<br />

Drama mit Fortsetzung<br />

Über 80 Prozent der Befragten bewerteten<br />

die Geschichte als «Drama» und meistens<br />

sogar als «Serie». Bei einem Drittel handelte<br />

es sich um einen «Stummfilm». «Das ist<br />

ein grundlegendes Problem: Es wird nicht<br />

darüber geredet», sagte Niklas Baer, Studienautor<br />

und Leiter der Fachstelle Psychiatrische<br />

Rehabilitation der Psychiatrie Baselland<br />

bei der Vorstellung der Studie. Ist die<br />

Situation erst eskaliert, wird sie als extrem<br />

belastend erlebt, sowohl für den Chef als<br />

auch für das Team. Hauptleidtragende sind<br />

jedoch die betroffenen Mitarbeitenden<br />

selbst. Bei rund 80 Prozent wird das Arbeitsverhältnis<br />

aufgelöst; das wäre laut Studie<br />

weniger der Fall, wenn die Schwierigkeiten<br />

früher und offener angesprochen<br />

würden. Doch die wenigsten Chefs sind<br />

jemals im Umgang mit psychischen Problemsituationen<br />

geschult worden, sie sind<br />

darauf nicht vorbereitet. Persönlichkeitsstörungen,<br />

die sich beispielsweise in unangepasstem<br />

Verhalten äussern, in Zwanghaftigkeit,<br />

Narzissmus oder Ängstlichkeit<br />

werden oft gar nicht als Krankheit erkannt.<br />

Was daher als Problembeginn beschrieben<br />

wird mit eklatanten Konflikten,<br />

Drohungen, Leistungsabfällen, Trunkenheit,<br />

Weinkrämpfen oder Krankschreibungen<br />

ist in Wirklichkeit eine Eskalation,<br />

die bereits eine lange Vorgeschichte<br />

hat. «Dass psychische Auffälligkeiten erst<br />

im akuten Stadium zu Reaktionen führen,<br />

reduziert die Chancen für einen guten<br />

Verlauf erfahrungsgemäss entscheidend»,<br />

heisst es in der Studie.<br />

Reden oder schweigen<br />

90 Prozent der Vorgesetzten gaben an, es<br />

würde ihnen helfen, wenn ein Mitarbeitender<br />

seine psychischen Probleme offenlegte. Doch<br />

gleichzeitig sagen 60 Prozent, sie würden einen<br />

Mitarbeiter, der im Bewerbungsgespräch<br />

psychische Probleme erwähnt, gar nicht anstellen.<br />

Es entsteht also ein Dilemma: Wer<br />

sich outet, wird vielleicht entlassen. Werden<br />

Probleme verschwiegen, können sie nicht gelöst<br />

werden.<br />

Die Haltung, Personen mit einer psychischen<br />

Störung nicht anstellen zu wollen, sei<br />

irrational, heisst es in der Studie. Das zeige<br />

die Praxis: Es arbeiten so viele Menschen mit<br />

psychischen Problemen, dass die Wirtschaft<br />

ohne sie gar nicht funktionieren würde.<br />

14 ALTA VISTA mai <strong>2017</strong> Studie Der tägliche Wahnsinn

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