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Faust II

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Thomas Mann: (1875–1955) Thomas<br />

Mann ist in der ersten Hälfte<br />

des 20. Jh. der größte Verteidiger der<br />

europäischen humanistischen Kultur.<br />

So stellt er dem Nationalsozialismus<br />

Lotte in Weimar (1939) und Doktor<br />

<strong>Faust</strong>us (1947) entgegen. Darin arbeitet<br />

er das nicht idealisierte, das<br />

wahre Deutschland heraus – geprägt<br />

von Ungleichzeitigkeit und Zwiespältigkeit,<br />

von einem Denken und Leben<br />

in Widersprüchen. [MLA]<br />

Johannes Trithemius: (1462–<br />

1516) Abt des Kloster Sponheim im<br />

heutigen Rheinland-Pfalz. Er hat über<br />

90 Werke zur Theologie, Heiligendarstellung,<br />

Klosterchronik, Astrologie<br />

und Magie verfasst. Gleichwohl er<br />

sich nur mit ›weißer‹ Magie befasste,<br />

wurde er wegen seinen magischen<br />

Interessen fast der Ketzerei angeklagt.<br />

Durch sein Redetalent und<br />

einigen Hetzschriften gegen Zauberer<br />

und Magier entkam Trithemius<br />

jedoch einer Anklage. [JOT]<br />

Martin Luther: (1483–1546) Obwohl<br />

der Thesenschlag in den Bereich<br />

der Legenden gehört, verteidigte der<br />

Mönch Luther 1521 vor Kaiser und<br />

Reichsständen seine eigenwillige<br />

deutsche Übersetzung der Bibel sowie<br />

seine reformatorischen Ansprüche.<br />

Luther errang Religionsfreiheit<br />

für die Christen und begründete<br />

damit jenen Prozess, der in der Spaltung<br />

der römisch-katholischen Kirche<br />

enden sollte. [MLA]<br />

Protestantismus: De facto eine<br />

Neuorientierung der christlichen Werte<br />

anhand der Evangelien. Als Reaktion<br />

auf die stark dogmatischen, sich von<br />

der Bibel entfernenden Vorstellungen<br />

der römisch-katholischen Kirche im<br />

16. Jh. entstanden, erkennt der Protestantismus<br />

nur Jesus Christus und nicht<br />

den Papst als Stellvertreter Gottes an.<br />

[ZWK]<br />

Schwank: Derb-komische, scherzhafte<br />

Erzählung. [MLL]<br />

Sturm und Drang: Literaturströmung<br />

von ca. 1767 bis 1785, auch<br />

Geniezeit genannt. Hauptsächlich<br />

von jungen Autoren getragen, benutzten<br />

die Vertreter sehr frei die traditionelle<br />

Regelpoetik, um eigenes<br />

Erleben und persönliche Erfahrungen<br />

in Verse zu gießen. Neben dem<br />

8<br />

Herumtreiber und Betrüger gesehen werden. So bezeichnete ihn auch Martin Luther 1537<br />

als Teufelsbündler.<br />

Das <strong>Faust</strong>buch von 1587<br />

In einer der wichtigsten ersten literarischen Rezeptionszeugnissen, dem <strong>Faust</strong>buch von<br />

1587, heißt <strong>Faust</strong>us bereits nicht mehr Georg, sondern Johann. Goethe macht daraus<br />

später Heinrich. Das <strong>Faust</strong>buch greift Legenden und Sagen aus lokalen Überlieferungen<br />

auf. Es gibt vier wesentliche Quellenbereiche, die für das <strong>Faust</strong>buch festzumachen sind:<br />

• die Weltanschauung des Protestantismus, aus den Schriften der Reformation und aus<br />

Luthers Traktaten entnommen – <strong>Faust</strong>us wird somit als religiöses Warnbeispiel gesehen.<br />

• Schriften über Teufel, Zauberei und Dämonen, die mit der Inquisition zusammenfallen<br />

– die Macht des Teufelspakts wird dadurch hervorgehoben. Im <strong>Faust</strong>buch ist<br />

der Teufel eine alles bestimmende Macht, welcher der Mensch nicht entrinnen kann.<br />

Diese Ansicht des ausgelieferten Menschen verändert sich mit der Aufklärung.<br />

• Erzählsammlungen, Schwänke – der humoristische Wert des <strong>Faust</strong>buchs wird erhöht.<br />

• naturkundliche, geographische, kosmologische Schriften – die von <strong>Faust</strong> unternommenen<br />

Abenteuer und Flüge im Kosmos können abwechslungsreich gestaltet werden.<br />

Wie beliebt das <strong>Faust</strong>buch bereits zur Entstehungszeit war, macht die Auflagenzahl deutlich:<br />

Von 1587 bis 1598 kommt es zu insgesamt 19 Auflagen. Die theologische Konzeption<br />

hinter dem <strong>Faust</strong>buch macht es zu einer religiösen Warnschrift des 16. Jahrhunderts.<br />

Der Mensch sei der Sünde hoffnungslos ausgeliefert und der Teufel könne sich des Menschen<br />

jederzeit bemächtigen. Es sind theologische Vorstellungen, die sich auch z.B. in<br />

Luthers Schrift Über die Unfreiheit des Willens wieder finden.<br />

So begeht der Mensch <strong>Faust</strong> drei große Sünden:<br />

• superbia: Die Sünde des Hochmutes hat einen teuflischen Ursprung und wird von<br />

Gott bestraft. Sie findet Ausdruck in <strong>Faust</strong>s Streben nach Wissen, das ihn Gott gleich<br />

machen soll.<br />

• curiositas: In der hier proklamierten Sünde der Neugier verdeutlicht sich der Widerstand<br />

der Kirche gegen den Forscherdrang der Zeit (Entdeckung Amerikas 1492<br />

etc.).<br />

• cupiditas: Die Sünde der Sinnlichkeit und Begierde wurzelt in der Ablehnung von<br />

Sinnenfreuden durch die Kirche.<br />

Dank der Verbreitung durch Wandertheatergruppen erhält der Stoff als Volkslegende<br />

große Bedeutung, es kommt auch zur Vermischung mit dem Hanswurststoff. Dagegen<br />

wirkt <strong>Faust</strong> im Sturm und Drang inspirierend als Kraftkerl, Genie und Außenseiter, so<br />

z.B. bei Maler Müller. Im Laufe der Rezeption werden also immer wieder neue Akzente<br />

gesetzt.

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