SUBTILER Der amerikanische Designer Narciso Rodriguez versteht sich auf die Kunst der Nuancen. In seiner Mode wie in seinen Parfüms Von ANGELIKA RICARD-WOLF Fotos MARCO GR<strong>UND</strong>T 10 <strong>FINE</strong> 1 | 2017 <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong>
VERFÜHRER »Sind Sie der mit den Düften?« fragte der italienische Beamte bei der Passkontrolle. »Ich bin der Mode macher«, antwortete Narciso Rodriguez. Klar, Parfüms macht er auch. Sehr erfolgreich sogar. Dass er dafür in einigen Ländern bekannter ist als wegen seiner hin reißend schönen Fashionlinie, nimmt er gelassen. Schließlich ist es in jedem Fall seine unverwechselbare Handschrift, die man mit seinem Namen verbindet – die zeitloser Eleganz. Kaum ein Designer versteht sich so auf die Kunst subti ler Verführung wie Rodriguez. Das gilt für seine Düfte wie für seine Mode. Nie würde er etwas entwerfen, was im übertragenen Sinn »laut« ist. Ein schrilles Nichts von Kleid etwa, das gerade mal für ein Paparazzi- Foto auf dem Roten Teppich taugt, aber dann nie wieder auftaucht, schon gar nicht in den Läden. Oder ein grelles Parfüm, das seine Trägerin (und ihre Umgebung) erschlägt. Derlei Effekthascherei liegt ihm nicht. »Ich möchte Dinge kreieren, die Bestand haben, die bleiben. Die man heute so gut wie morgen tragen kann, Dinge eben, die lebendig bleiben.« Wie gekonnt er die Klaviatur feiner Nuancen beherrscht, zeigt sich in seinen Mode-Kollektionen, bei denen stets Weiß, Schwarz und Nude den Ton angeben. Nur selten bricht er diesen Signatur-Farbcode – wie gerade in der aktuellen Frühjahrslinie. Darin wagt er sogar mal ein leuchtendes Orange für einige wenige, ausgesuchte Einzelteile. Grundsätzlich bestechen seine Outfits durch ihre exzellent geschnittene Linie, die den Körper fließend umspielt und sublim betont. Ex-First-Lady Michelle Obama und Film schauspielerinnen wie Jessica Alba oder Kate Winslet sind seit Jahren treue Kundinnen. Zu dieser Mode passt die DNA seiner Düfte. Sie wird von Musk orchestriert, eine der wichtigsten Basisnoten der Parfümerie. Schon seinem ersten Damenduft »For her«, der 2003 herauskam, gibt diese fein holzige Note mit ihrer fruchtigen Süße Substanz und sinnliche Wärme. »Moschus ist das Herz jedes meiner Düfte und mein Favorit«, sagt der Sechsundfünfzigjährige. Er nehme diese Note selbst gern, »weil sie unglaublich sexy und betörend ist. Ich mag es, immer mal eine oder mehrere andere Nuancen darüber zu tragen.« Seine Lieblingsduftzutat ist daher auch wieder in den beiden neuesten Parfüms der Marke zu finden. In »Narciso Eau de Parfum Poudrée« entwickelt sie gemeinsam mit Jasmin- und Rosenblüten und im Einklang mit Zedernholz eine zarte Pudrigkeit. Bei »Fleur Musc for her« spielt sie, wie der Name verspricht, sogar die Hauptrolle – begleitet vom Aroma rosafarbener Blüten, rosa Pfeffer, Patschuli und Amber. »Es ist ein Duft, der Charme und Anmut verströmt« beschreibt Narciso Rodriguez die jüngste Komposition, den die Parfümeurinnen Calice Becker und Sonia Constant mit ihm komponiert haben. Glaube ja nicht einer, die Duftkreation würde der 56-Jährige, der in New York lebt und arbeitet, komplett anderen überlassen und nur das Endergebnis abnicken. Er ist aktiv in den Findungsprozess involviert. Schon aus Prinzip, weil er nach eigenem Bekunden »pingelig« ist und auch hier – wie im Modeatelier – auf jedes Detail achtet. Abgesehen davon, sind Parfüms längst ein Eckpfeiler seines internationalen Erfolgs. »Die Chance zu haben, Parfüms entwickeln zu können, spielt auf meinem Lebensweg eine wichtige Rolle«, sagt er. Denn nur kurz nachdem er sich 2001 mit seinem <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>FINE</strong> 1 | 2017 11