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Finanzierung / Unternehmersgespräch<br />

<strong>smartLiving</strong>.<br />

MAGAZIN<br />

„WOHNIMMOBILIENKREDITRICHTLINIE -<br />

VOLLE KRAFT ZURÜCK?“<br />

dagegen sehr gut darauf vorbereitet. In den ersten Monaten kam<br />

es dann tatsächlich dazu, dass Banken Finanzierungen abgelehnt<br />

haben, die sie eine Woche zuvor noch problemlos genehmigt<br />

hätten. Es ist uns allerdings in jedem Fall gelungen, einen Finanzierungspartner<br />

für unsere Kunden zu finden. In der Übergangszeit<br />

mussten wir teilweise nur etwas länger suchen.<br />

<strong>smartLiving</strong>: Der Gesetzgeber hat die Problematik der Auswirkungen<br />

der Wohnimmobilienkreditrichtlinie erkannt und<br />

es liegt ein Regierungsentwurf für eine Novellierung vor. Meinen<br />

Sie, dass dieser weit genug geht, oder aber seitens des Gesetzgebers<br />

nochmals nachgebessert werden sollte?<br />

Daniel Pertschi: Auf jeden Fall befürworten wir die neuen<br />

Entwürfe der Regierung, auch wenn diese in gewissen Bereichen,<br />

wie z.B. der Altersdiskriminierung, nicht weit genug<br />

gehen. Dennoch ist es zu begrüßen, dass die Regierung die<br />

Probleme erkannt hat und auch versucht, diese zu entschärfen.<br />

Die Bevölkerungsschichten die am meisten betroffen<br />

sind, sind junge Familien mit Kindern und Personen über 50<br />

Jahre. Diesen Personen werden beim Kreditgenehmigungsprozess<br />

viele Steine in den Weg gelegt, dadurch ist deren Anteil<br />

an den genehmigten Finanzierungen gesunken.<br />

<strong>smartLiving</strong>: Sie haben sich unter anderem auf Finanzierungen<br />

ohne Eigenkapital fokussiert. Erklären Sie uns dieses<br />

Konstrukt, welches wohl nicht den üblichen Markgepflogenheiten<br />

entspricht.<br />

mit zwei Einkommen ab. Oft haben junge Personen mit einem<br />

überdurchschnittlichen Einkommen noch nicht die<br />

Zeit gehabt, viel Geld auf die Seite zu legen. Wenn wir diese<br />

Finanzierungen ohne Eigenkapital mit dem Kunden zusammen<br />

ausarbeiten, können wir fast immer eine komplette<br />

Zinssicherheit bis zur Entschuldung der Immobilie sicherstellen.<br />

Somit hat der Kunde keinerlei Zinsrisiko mehr. Das<br />

Eigenkapital wird sozusagen durch einen höheren Kapitaldienst<br />

über die Laufzeit ersetzt, deshalb spricht dieses Angebot<br />

vor allem Gutverdiener an.<br />

<strong>smartLiving</strong>: Wenn Sie die „perfekte Finanzierung“ erstellen<br />

dürften, wie sähe diese aus? Worin liegen hierbei die<br />

Vorteile und für wen kommt diese Variante in Frage?<br />

Patrick Zanke: Natürlich ist jede Finanzierung individuell<br />

auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten. Jedoch macht<br />

es für einen Großteil unserer Kunden Sinn, sich die niedrigen<br />

Zinsen möglichst lange zu sichern, im Idealfall bis zur Entschuldung<br />

der Immobilie. Das kann z.B. über ein Volltilger-Darlehen<br />

erfolgen. Eine andere Möglichkeit ist es, die<br />

Restschuld über einen Bausparvertrag abzusichern. Dann ist<br />

man in 20 bis 30 Jahren schuldenfrei, ohne jemals das Risiko<br />

steigender Zinsen zu haben. Falls man sich nun eine günstige<br />

Finanzierung gesichert hat, sollte man überlegen ob Sondertilgungen<br />

Sinn machen, oder ob man bei einem Anlagehorizont<br />

von über <strong>10</strong> Jahren nicht eine höhere Rendite durch<br />

sinnvolles Investieren erreichen kann.<br />

Am 21. März 2016 wurde in Deutschland die von der EU<br />

vorgegebene Wohnimmobilienkreditrichtlinie in deutsches<br />

Recht umgesetzt. Dies hat zur Folge, dass Banken nunmehr<br />

bei der Vergabe von Darlehen deutlich strengere Maßstäbe<br />

bei der Prüfung der Kreditwürdigkeit der potentiellen<br />

Darlehensnehmer anlegen und im Vorfeld ausführlicher beraten<br />

müssen. Vor allem sollen die Kredite sich nicht mehr so<br />

stark am Wert der Immobilien orientieren, sondern am Leistungsvermögen<br />

der Kreditnehmer. Es geht letztendlich um<br />

die Frage, wie hoch die Wahrscheinlichkeit der vollständigen<br />

Rückzahlung des Kredits ist. Die neue Richtlinie führte dazu,<br />

dass gerade jungen Familien mit Kindern oftmals keine Kredite<br />

mehr gewährt werden, da das notwendige Eigenkapital<br />

noch nicht gebildet ist und Kinder von Haus aus als finanzielles<br />

Risiko gelten. Auch die Zielgruppe der Generation 50+<br />

wird heute oftmals nicht mehr bedient. Derzeit liegt ein Regierungsentwurf<br />

zur Novellierung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie<br />

(WIKR) vor.<br />

Die Redaktion des <strong>smartLiving</strong>-<strong>Magazin</strong>s sprach mit Patrick<br />

Zanke und Daniel Pertschi, beide selbständige Finanz- und<br />

Daniel Pertschi (links) und Patrick Zanke, selbständige Finanzund<br />

Versicherungsmakler für GLOBAL-FINANZ<br />

Versicherungsmakler für GLOBAL-FINANZ, über die aktuellen<br />

Entwicklungen. Deren Team ist spezialisiert auf individuelle<br />

Finanzierungskonzepte, unter anderem auch „Finanzieren<br />

ohne Eigenkapital“. Am Standort in Stuttgart arbeiten<br />

vier hauptberufliche Berater sowie drei Bürokräfte. Ein<br />

Großteil der Kunden stammt aus der Region Stuttgart und<br />

den angrenzenden Landkreisen. Die GLOBAL-FINANZ ist<br />

einer der führenden konzernunabhängigen Allfinanz-Dienstleister<br />

in Deutschland. Sie bietet Privatkunden<br />

eine unabhängige, ganzheitliche Finanzplanung von der privaten<br />

Altersvorsorge der Absicherung, über die Versicherung<br />

und Baufinanzierung bis hin zur Investmentanlage.<br />

<strong>smartLiving</strong>: Eine Eingangsfrage – welche Erfahrungen haben<br />

Sie mit der im Frühjahr 2016 umgesetzten Wohnimmobilienkreditrichtlinie<br />

gemacht? Konnten Sie infolge derer<br />

einzelne Darlehensanträge nicht bedienen?<br />

Patrick Zanke: Nein, zum Glück ist es nicht so weit gekommen.<br />

Wir hatten das Gefühl, dass einige Banken etwas blauäugig in die<br />

Umsetzung der „WoKRi“ gegangen sind, andere Banken waren<br />

Patrick Zanke: Damit keine Missverständnisse aufkommen,<br />

wir raten unseren Kunden entschieden von einer Finanzierung<br />

ab, falls diese zwar darstellbar, aber aus wirtschaftlichen Gründen<br />

(noch) nicht sinnvoll ist. Unser Anliegen ist es, Menschen,<br />

die bisher noch keine Möglichkeit hatten Eigenkapital aufzubauen,<br />

ihren Traum vom Eigenheim zu ermöglichen.<br />

Nehmen wir zum Beispiel einen gerade verbeamteten Lehrer:<br />

Als Student konnte er noch kein Eigenkapital aufbauen, er hat<br />

aber ein gesichertes Einkommen. Oft lehnt die Hausbank die<br />

Finanzierung in so einem Fall ab. Das Dilemma daran ist,<br />

dass er nun, im momentanen Umfeld fast unverzinst, Eigenkapital<br />

aufbauen soll. Im Gegenzug besteht das Risiko, dass<br />

zukünftig die Zinsen wieder steigen und die Finanzierung<br />

dann nicht mehr bezahlbar ist. Die Lösung kann hier unsere<br />

„Finanzierung ohne Eigenkapital“ sein.<br />

<strong>smartLiving</strong>: Ist dieser Art der Finanzierung nicht vergleichsweise<br />

riskant? Und welche Zielgruppen adressieren<br />

Sie mit diesem Angebot?<br />

Daniel Pertschi: Ganz und gar nicht. Natürlich kommt es<br />

bei dieser Art der Finanzierung auf die richtige Zielgruppe<br />

an. Hier zielen wir ganz klar auf Gutverdiener bzw. auf Paare<br />

<strong>smartLiving</strong>: Wie sieht Ihre Prognose für die mittelfristige<br />

Zinsentwicklung aus? Rechnen Sie mit einem moderaten<br />

oder signifikanten Anstieg der Zinsen, oder denken Sie,<br />

dass sich mittelfristig an dieser Niedrigzinsphase nicht viel<br />

ändern wird?<br />

Daniel Pertschi: Die Frage fängt ja schon damit an, wie man<br />

mittelfristig definiert. Wenn Sie 5 Jahre als mittelfristig ansehen,<br />

dann gehen wir davon aus, dass die Zinsen auf einem<br />

moderaten Niveau bleiben. Allerding ist das nur eine Einschätzung<br />

und alles darüber hinaus geht schon in Richtung<br />

„Glaskugel“. Da die Zinsen derzeit sehr von der Politik getrieben<br />

werden, und diese an vielen Stellen schwer greifbar ist,<br />

müssen wir natürlich jederzeit mit Änderungen rechnen. Diese<br />

werden kommen, die große Frage bleibt: Wann?<br />

Einig sind wir uns darüber, dass die Zinsen derzeit ein sehr<br />

niedriges Niveau haben, das genutzt werden sollte, z.B. durch<br />

eine langfristige Zinsbindung oder ein Forward-Darlehen,<br />

um die in wenigen Jahren auslaufende Zinsbindung des bestehenden<br />

Kredits abzusichern.<br />

<strong>smartLiving</strong>: Herr Zanke, Herr Pertschi, wir danken Ihnen<br />

für das Gespräch!<br />

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Foto: Tilo Schmid Fotografie, Schwaikheim<br />

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