2016-02 KulturFenster Nr.1 - Februar 2016
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Blasmusik<br />
Abendland mit einer bewegten, von<br />
kräftigem Rhythmus durchsetzten Musik<br />
mit ihren lyrischen Zwischenphasen<br />
vor. Schön, wie Flöten und Klarinetten,<br />
Oboen und Englischhorn die<br />
Melodie hier in den Klangraum des<br />
Waltherhauses trugen.<br />
Eine orientalisch anmutende pentatonische<br />
Melodie leitet den zweiten<br />
Teil des Stückes, die Vorstellung des<br />
Morgenlandes ein, in der die osmanisch-türkische<br />
Janitscharenkapelle<br />
typischen Instrumente Oboe, Trommel<br />
und Triangel zu ihrem Recht kamen.<br />
Im dritten Teil vereinigen sich<br />
die beiden Elemente beider Kulturen<br />
zu einem harmonischen Ganzen. Fagott<br />
und Kontrafagott, die Hörner, die<br />
Trompeten die Posaunen und das<br />
Schlagwerk rundeten den lebendigen<br />
Eindruck dieser Musik ab. Was bei<br />
Saint-Säens durchaus historistischen<br />
Zuschnitts war, wurde in Franco de<br />
Nardis „Giudizio universale“ für Flöten,<br />
Oboen, Klarinetten, Fagotte, Hörner<br />
und Trompeten zu einem durchweg<br />
epischen Tongemälde, in dem es um<br />
die musikalische Untermalung der letzten<br />
Dinge geht. „Das Jüngste Gericht“<br />
gewann den ersten Preis beim Kompositionswettbewerb<br />
für Blasorchester<br />
in Neapel. Das von Verdis „Messa da<br />
Requiem“ inspirierte Werk lebt von<br />
plötzlichen Stimmungswechseln und<br />
beindruckenden Fortissimo-Passagen,<br />
die in der Interpretation der Musikkapelle<br />
sehr ausdrucksstark wirkte und<br />
vor allem im Ineinander der einzelnen<br />
Orchesterstimmen wirkte. Auch De<br />
Nardis „Giudizio universale“ war ein<br />
Originalwerk ebenso wie Vincent Persichettis<br />
„Divertimento for Band“ op.42,<br />
das in sechs Sätzen auf Basstuba, Euphonium<br />
und Kornett nicht verzichtet<br />
und in dem die Pauken ganz gehörig<br />
ins Schwitzen kommen. Auch im viersätzigen<br />
„La Quintessenza“ von 1998<br />
des Niederländers Johan de Meij, eines<br />
ausgebildeten Posaunisten, bestach vor<br />
allem die Symbiose der Solostimmen<br />
mit den Tuttispielern. Zum Schluss ein<br />
slawisches Volkslied und rasante Tanzschritte<br />
in Franco Cesarinis „Old Russian<br />
Romances“ als Abschluss eines<br />
Abends, der wieder einmal die Qualität<br />
unserer Blasmusikensembles unter<br />
Beweis stellte.<br />
Ferruccio Delle Cave<br />
Kathedrale der<br />
Klänge IX<br />
Gottfried Veit dirigiert das Große Bozner<br />
Bereits zum neunten Mal fand vor Kurzem<br />
in der Stiftspfarrkirche von Gries-Bozen das<br />
zur Tradition gewordene Konzert „Kathedrale<br />
der Klänge“ statt. Diese Sakralmusik<br />
für dreizehn Blechbläser, Orgel und Pauken<br />
wurde vom „Großen Bozner Blechbläserensemble“<br />
und dem Organisten Josef Piras dargeboten.<br />
Die Gesamtleitung lag wieder in<br />
den bewährten Händen von Gottfried Veit.<br />
Begrüßt wurde das überaus zahlreiche<br />
Publikum mit der vollgriffigen „Toccata“<br />
von Girolamo Frescobaldi. Dann folgte ein<br />
klassisches Highlight nach dem anderen<br />
und das Besondere dabei war, dass nahezu<br />
alle Musikstücke in verschiedenen<br />
Besetzungen und Aufstellungen vorgetragen<br />
wurden. Dadurch vereinte sich der<br />
goldene Klang der Blechblasinstrumente<br />
mit der erhabenen Architektur der Grieser<br />
Barockkirche. Dass Giovanni Gabrieli<br />
- der Hauptmeister der sogenannten „Venezianischen<br />
Schule“ - auch diesmal gebührend<br />
vertreten war, ist eigentlich eine<br />
Selbstverständlichkeit. Sein „Exaudi me Domine“<br />
für vier Instrumentalchöre hinterließ<br />
einen ganz besonderen Eindruck. Bei seiner<br />
„Canzon Septimi Toni a 8“ spielte einer<br />
der beiden Bläserchöre sogar aus den Betkörben<br />
oberhalb des Hauptaltares. Von den<br />
sechs Seitenaltären aus wurden übrigens<br />
Blechbläserensemble<br />
Mit erlesener Bläser- und Orgelmusik wurde die Stiftspfarrkirche von Gries einmal<br />
mehr zur Kathedrale der Klänge.<br />
Kompositionen wie „Salve Regina“ von Giovanni<br />
Bassano, der „Psalm 100“ von Felix<br />
Mendelssohn-Bartholdy und nicht zuletzt<br />
die Uraufführung von Gottfried Veits<br />
„Te Deum Laudamus“ für vier Bläserpaare,<br />
vier Posaunen, Bass-Tuba und Pauken dargeboten.<br />
Äußerst berührend klang das „Pie<br />
Jesu“ aus dem Requiem von Andrew Lloyd<br />
Webber, wobei einer der beiden Solisten –<br />
Karl Hanspeter – sogar von der Kanzel herunterblies.<br />
Buchstäblich aus dem Vollen<br />
schöpfen konnte auch der noch junge, aber<br />
deshalb nicht weniger routinierte Organist<br />
Josef Piras, da die Grieser Stiftspfarrkirche<br />
über zwei große Orgeln verfügt. Schön, dass<br />
auch der bedeutende Südtiroler Kirchenmusiker<br />
Vinzenz Goller mit seinem imposanten<br />
„Christ ist erstanden – Alleluja“ bei<br />
diesem Konzertabend als Komponist vertreten<br />
war. Den krönenden Abschluss bildete<br />
der klangprächtige „Canterbury Chorale“<br />
von Jan van der Roost. Dieses Werk<br />
beginnt und endet zwar mit verhaltener<br />
Tongebung, beinhaltet aber doch mehrerer<br />
klangliche Kulminationspunkte. Der<br />
nicht enden wollende Schlussapplaus veranlasste<br />
die Ausführenden zur Darbietung<br />
des „Finale“ aus der dritten Symphonie von<br />
Gustav Mahler als Zugabe.<br />
E. M.<br />
Nr. 01 | <strong>Februar</strong> <strong>2016</strong> 31