Griaß di' Allgäu Sommer 2016
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ALLGÄU GENIESSEN | Käseveredler<br />
Sie vereint nicht nur die Liebe zum Käse:<br />
Thomas Breckle und seine Lebenspartnerin Marian Holm.<br />
Man muss als Käseveredler auch schon<br />
mal kräftig Hand anlegen können.<br />
Walnuss, Orangensaft, Heublumen – was heutzutage nicht<br />
alles der Schmiere und dem Käse beigemischt wird, um ihm angeblich<br />
eine besondere Note zu verleihen. Purist Thomas Breckle<br />
hält davon nichts: „Von den 80 Sorten, die in manchen Käsläden<br />
angeboten werden, schmecken doch 70 gleich.“ Das edle<br />
„Jamei“-Sortiment besteht derzeit nur aus 14 Varianten, fünf bis<br />
sechs davon sind im Verkauf – der Rest darf in Ruhe reifen. Auf<br />
Schnickschnack in der Schmiere wird bewusst verzichtet. „Ein<br />
Käs'“, so Breckles Affineur-Grundsatz, „muss für sich selber sprechen.“<br />
Umso wichtiger sei es freilich, hochwertige Rohware zu<br />
finden. Denn: Nicht jeder Käs' lasse sich veredeln und alt machen.<br />
Die Suche nach dem perfekten Ausgangsmaterial ist eine Geschichte<br />
für sich – kultig eben, wie so vieles bei „Jamei“. Zwei-,<br />
dreimal im Jahr startet die Männer-Runde um Thomas Breckle,<br />
Martin Rößle, Reinhold Jutz sowie dem Freund und Helfer<br />
Niklas Ernst zur Erkundungstour – per Mountainbike. Zehn<br />
bis 20 Tage dauert so eine „Tour de Fromage“, auf der zig Alpen<br />
abgeklappert werden. Wo man am Ende rauskommt, bleibt<br />
offen. „Das ist schon auch Arbeit“, betont Breckle. „Aber da ist<br />
vor allem diese Wahnsinnsfreude: einfach los zu radeln und nicht<br />
zu wissen, wo es hingeht.“ Man hört sich um, geht diesem oder<br />
jenem Tipp nach, lässt sich ganz einfach treiben. Thomas Breckle:<br />
„Mal willst du eigentlich ins Berner Oberland fahren, kommst<br />
aber dann im Vinschgau heraus.“<br />
Pro Jahr ein bis zwei Alpen mit neuen Spitzenprodukten auszukundschaften,<br />
das ist der Anspruch dieser ungewöhnlichen Betriebssportgruppe.<br />
Unter Druck setzt sich das uartett freilich nicht.<br />
„Wozu auch? Wir haben einen genialen Grundstock“, sagt Breckle.<br />
Hochwertige Ware<br />
Blick von der Theke in den Laden, wo sich übrigens<br />
Verkäufer und Kunden grundsätzlich duzen.<br />
Die Käseveredler aus dem <strong>Allgäu</strong> machen sich nichts vor. Sie sind<br />
auf hochwertige Ware von den Alpen angewiesen. Umso wichtiger<br />
ist es dem „Jamei“-Team, die „Vorarbeiter“ in den Bergen respektvoll<br />
zu behandeln. Dazu gehört auch, jedem Senn einen fairen<br />
Preis zu bezahlen. „Die Älpler sind die Wertschätzung ihrer<br />
Arbeit gar nicht gewohnt“, hat Breckle festgestellt. Er freut sich<br />
jedes Mal, wenn einer der Lieferanten in Kempten vorbeischaut<br />
– um zu sehen und zu schmecken, was aus seinem Käse geworden<br />
ist. So wie jener Schweizer Senn, der an diesem Vormittag<br />
im Laden war. Breckle: „Der hatte Tränen in den Augen, als ich<br />
seinen 30 Monate alten Emmentaler angeschnitten habe und ihm<br />
ein Stück davon zum Probieren gab.“<br />
Während Martin Rößle, 27, das Käsen in jungen Jahren von<br />
der Pike auf gelernt hat, ist Breckle ein Spätberufener und noch<br />
dazu Autodidakt. Wieder so eine „Jamei“-Geschichte. Leistungssportler<br />
war der „Jamei“-Gründer bis zum 24. Lebensjahr. Mit<br />
dem Wettkampfsport aufgehört hat er als Mitglied der Langlauf-<br />
Junioren-Nationalmannschaft, weil er erkennen musste, dass es<br />
für die Weltspitze nicht reichen würde. Hart angekommen sei<br />
ihm der Entschluss, erzählt Thomas Breckle. „Ich war Vollblutsportler.“<br />
„Snorre“, wie ihn seine Freunde nennen, verdiente später als<br />
Bergführer sein Geld. Eines Tages lud ihn eine Gruppe Hamburger,<br />
die er aufs Matterhorn geführt hatte, als Dank zum Bergführer-Fest<br />
in die Hansestadt ein. Der Mann aus den Bergen brachte<br />
74 | <strong>Griaß</strong> di’ <strong>Allgäu</strong>