SchlossMagazin Fünfseenland September 2017

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14 | REGION | KONSTANTIN WECKER werden. Das wirft doch schon ein Licht auf eine Gesellschaft. Ich will nicht in einer Gesellschaft leben, in der die wichtigsten Berufe am schlechtesten bezahlt werden und die Unsinnigsten am besten. Da läuft von meinem Gefühl her alles verkehrt. Aber bevor wir dazu kommen, ein großes ideologisches Gebäude aufzubauen, denke ich, es ist wichtig, dass sich die vielen Menschen zivilgesellschaftlich engagieren. Wenn mich eine Partei interessieren würde, dann wäre es ein Bündnis der Zivilgesellschaft, ein Bündnis von emphatischen Menschen. Haben Sie ein Vorbild? Da denke ich an Dieter Hildebrandt. Mein Gott, ich habe ihn geliebt. Für mich war der Dieter immer der unbestechlichste Mensch, den ich kannte. Der war durch nichts zu bestechen. Durch Geld sowieso nicht, aber man ist ja auch mit anderen Dingen bestechlich. Für mich ist er immer noch ein moralisches Vorbild. Beobachten Sie sich dabei, dass Sie im Alltag widersprüchlich zu Ihren eigenen Idealen handeln? Natürlich, beobachte ich das, aber ich denke das gehört dazu. Wir sind keine perfekten Wesen, Perfektion wird meistens erkauft durch Selbstlüge. In meiner Band sind zwei für mich perfekte Jungs, das ist schon fast überirdisch, wie sie sich umwelttechnisch verhalten, die sind wirklich toll! Das bedeutet, diese beiden jungen Musiker leben vegan und besitzen kein Auto? Ganz genau. Ich bewundere das, ich selbst schaffe das nicht so. Welche Werte haben Sie Ihren Söhnen mitgegeben? Ich habe ein Lied, das werde ich auch in Starnberg spielen und das heißt „An meine Kinder“. Da kommt die Strophe vor: „Erziehen zu was? Zum Ehrgeiz, zur Gier? Zum Chef im richtigen Lager? Ihr wisst es, ich habe ein großes Herz für Träumer und Versager“. Ich glaube, das ist das Wichtigste, was ich meinen Kindern mitgeben konnte: Sich nicht einem Leistungsstress zu unterwerfen. Ich möchte, dass meine Kinder im Inneren glücklich werden. Ich denke, das konnte ich Ihnen gut mitgeben, weil es mir auch mein Vater mitgegeben hat. Ich hatte ja das Glück, einen anti-autoritären Vater zu haben, was ja in dieser Generation geradezu ein Wunder ist. Das waren ja fast alle Militaristen. Gehen Ihre Söhne mit Ihnen auf Demos? Ja, die waren schon als ganz Kleine mit dabei, weil wir als Eltern dort hingegangen sind. Heute sind sie 17 und 20, sehr eigenständig und politisch bewusst. Mein Jüngster ist sehr engagiert in der Antifa-Bewegung. Wie sieht es mit dem politischen Liedermacher-Nachwuchs aus? Mit meinem Kollegen Heinz Ratz habe ich das Büro für Offensivkultur gegründet, das ist ganz spannend. Junge politische Liedermacher aus der Region können sich immer melden, wenn irgendwo mal wieder die Nazis frech werden, dann kann man zu einer Gegendemo starten. Und ich habe auch ein Label, auf dem auch jüngere Kollegen mit dabei sind. Wir brauchen also keine Sorgen wegen des Nachwuchses an politischen Liedermachern zu haben? Nein, ich denke nicht. Ich habe gerade mit zwei Sängern gesprochen, die sehr politisch aktiv sind, die würden nie ihre Seele an den Markt verkaufen. Sie singen, weil sie etwas bewegt und nicht, weil sie den anderen gefallen oder etwas werden wollen. Eines meiner allerersten Lieder hieß „Ich singe weil ich ein Lied habe“. Und auch die beiden singen, weil sie ein Lied haben. Oft hat man den Eindruck, dass die Menschheit nicht wirklich dazulernt. Was muss passieren, dass sich grundsätzlich etwas ändert? Ich denke, es braucht eine „Revolution der Zärtlichkeit“. Ich habe mein Programm so benannt und war sehr begeistert, dass der Papst Franziskus genau das gleiche sagte. Er war schon immer ein revolutionärer, großartiger Mann. Und das hat mich wahnsinnig gefreut, dass das so in der Luft liegt. Wäre ich Zyniker, würde ich sagen, es muss alles zusammenbrechen, um eine neue Herrschaftsweise zu erbauen. Aber es kann sein, dass es mit einer spirituellen Revolution gelingt, ich bin Utopist. Allerdings weiß ich auch, dass ich es zu meinen Lebzeiten nicht mehr erleben werde. Aber ich kann den Samen in die Welt setzen, so wie es viele andere auch tun. Herr Wecker, ich danke Ihnen für dieses Gespräch. # INFORMATIONEN Die Karten für das Soloprogramm von Konstantin Wecker „Genug ist nicht genug“ am 29. <strong>September</strong> auf der MS Starnberg sind so gut wie ausverkauft. Das Boarding beginnt um 19:00 Uhr am Dampfersteg Starnberg, direkt beim S-Bahnhof. www.all-that-jazz-starnberg.de
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