sPositive_09_2017_web
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
1<br />
Bau des Pavillons<br />
Witzwil, 1916.<br />
durch auch Kühe und Pferde versanken. «Es<br />
ist unstreitig, dass fast die Hälfte der Schulden<br />
zu Ins von dem Verluste des Viehes und<br />
der Pferde herrührt, die durch die schlechte<br />
Fütterung im Winter und die noch<br />
schlechtere Moosweide im Sommer zu<br />
Grunde gegangen. Doch sind die Bauern so<br />
unverständig und so von der alten Gewohnheit<br />
betäubt, dass sie keiner Veränderung<br />
Gehör geben und wie ihre Väter und Voreltern<br />
töricht handeln und ihren eigenen<br />
Schaden befördern wollen.»<br />
Und nun steht die Frage im Raum: Wie<br />
ist diese unfreundliche Moor- und Sumpfgegend<br />
in die blühende Kulturlandschaft<br />
verwandelt worden, die wir heute kennen?<br />
Anfang der 1800er-Jahre kommt man auf<br />
den Gedanken, das Grosse Moos zu entsumpfen<br />
und die Flüsse zu kanalisieren. Der<br />
Arzt und Politiker Johann Rudolf Schneider<br />
aus Meienried (1804–1880) setzte sich mit<br />
Mut und Geschick für die Juragewässerkorrektion<br />
ein, der Nationalrat gilt als Vater<br />
dieses Projektes. Es dauert lange bis zum<br />
ersten Spatenstich. Entweder harzt es bei<br />
den vier Kantonen Bern, Freiburg, Neuenburg<br />
und Solothurn, oder dann bei den Gemeinden,<br />
die sich über die Höhe der finanziellen<br />
Beteiligung nicht einigen können.<br />
Erst als nach der Gründung des Bundesstaates<br />
Schweiz (1848) die Eidgenossenschaft<br />
(der Bund) eine finanzielle Beteiligung in<br />
Aussicht stellt, geht es vorwärts. 1867 be-<br />
willigen beide eidgenössischen Räte eine<br />
Kostenbeteiligung von fünf Millionen Franken,<br />
und am 17. August 1868 beginnen die<br />
Arbeiten.<br />
GROSSE AGRARREFORMEN<br />
Szenenwechsel: Im Jahre des Herrn 1869<br />
kommt der Amtsnotar zu Erlach, Friedrich<br />
Emanuel Witz (1819–1887) auf den Gedanken,<br />
im Grossen Moos eine Fläche Land von<br />
verschiedenen Gemeinden aufzukaufen und<br />
sie, sobald der Stand der Juragewässerkorrektion<br />
es gestatten würde, zu bebauen. Im<br />
heutigen Sinne ein Spekulant, damals eher<br />
ein wagemutiger Pionier. Zu dieser Zeit ist<br />
die ganze Welt geblendet vom riesigen Erfolg<br />
des Ackerbaus auf den jungfräulichen Böden<br />
in der nordamerikanischen Prärie und auf<br />
der schwarzen Erde in der Ukraine. 1870<br />
gründet der Amtsnotar eine Aktiengesellschaft,<br />
die das zusammenhängende Landstück<br />
zwischen Ins, Gampelen und der Broyemündung<br />
mit einer Fläche von etwa 800<br />
Hektaren erwirbt. Es ist das Land, das wir,<br />
wie eingangs erwähnt, vom Bahnhof Ins aus<br />
überblicken. Heute ist es blühendes, fruchtbares<br />
Bauernland und entspricht ziemlich<br />
genau Witzwil. Damals ist es noch unfruchtbarer,<br />
saurer Moorboden, den Friedrich<br />
Emanuel Witz billig erwerben kann und den<br />
er nun urbar machen will. Er und seine Geschäftsfreunde<br />
gehen davon aus, dass man<br />
das Land nur pflügen müsse, sodass dar-<br />
2<br />
3<br />
1 Otto Kellerhals: Der erfolgreiche<br />
Agrarunternehmer baute die<br />
Strafanstalt Witzwil auf.<br />
2 Friedrich Emanuel Witz kaufte<br />
das Moosland, konnte es aber<br />
nicht urbar machen. Nach ihm<br />
wurde Witzwil benannt.<br />
3 Johann Rudolf Schneider. Der<br />
Arzt und Politiker gilt als Vater<br />
der Juragewässerkorrektion.<br />
s’Positive 9 / <strong>2017</strong> 21