SCHWACHHAUSEN Magazin | November-Dezember 2017

PERSÖNLICHKEITEN | ULRIKE HÖVELMANN
mich, was ich denn jetzt so machen würde. Auf meine Antwort: „Am
liebsten käme ich ja zu dir!“ gab er zurück: „Ich nehme dich sofort!“ So
kam ich zur Bremen Marketing GmbH, wo ich mich unter anderem aufmachte,
die Stadtmusikanten weltweit bekanntzumachen. Mit kleinem
Budget, aber recht erfolgreich hatte ich damit als Abgeordnete bereits begonnen.
Beispielsweise mit dem ersten und größten Konzert der Bremer
Stadtmusikanten auf dem Marktplatz, was uns einen Eintrag ins Guinnessbuch
der Rekorde verschafft hat: 1.499 Personen versammelten sich
am 13. Juli 2007 verkleidet als Esel, Hund, Katze und Hahn. Später arbeitete
ich für die Wirtschaftsförderung Bremen, für die ich dann auch als
Standleiterin von März bis November 2010 zur EXPO nach Shanghai
ging.
Ist das nicht eine ganz fremde Welt?
Ja, aber hochinteressant! Ich muss bekennen, dass ich mich nach meiner
Ankunft dort (es war sehr kalt!) fragte: „Was mache ich hier bloß? Wie soll
ich das bloß schaffen und was soll ich essen?“ Aber das änderte sich
schnell: Ich habe oft selber gekocht und mir ganz schnell ein Fahrrad für
umgerechnet 19 Euro gekauft, mit dem ich immer zur Messe gefahren
bin. Das klappte so gut, dass ich später noch zwei Fahrräder für Gäste
kaufte, auf denen ich dann mit ihnen Sightseeing gemacht habe.
Kürzlich fanden zwei wichtige Wahlen statt: Landtagswahl in
Niedersachsen und die Parlamentswahl in Österreich – was sagt
Ihr Politikerherz zu den Wahlausgängen?
Über das Ergebnis von Stephan Weil in Niedersachsen freue ich mich sehr!
Und das Ergebnis in Österreich muss man ernst nehmen.
In der vor wenigen Tagen veröffentlichten Studie des Instituts
zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) an der Humboldt-Universität
zu Berlin sind die Lesekompetenzen der deutschen
Grundschüler seit 2011 unverändert, in den Bereichen
Orthografie, Zuhören und Mathematik hat sich das Bild insgesamt
verschlechtert – mit Bremen als weit abgeschlagenem
Schlusslicht. Woran liegt das?
Seit meinem Ausscheiden aus der Politik mache ich öffentlich keine bildungspolitischen
Äußerungen mehr. Ich habe aber eine Meinung, und die
ist, dass die bildungspolitische Ausrichtung der letzten zehn Jahre in Bremen
der Papierlage nach („Gute Bildung darf nicht vom Geldbeutel der
Eltern abhängig sein“) in Ordnung ist. In meiner Zeit als Politikerin habe
ich aber gelernt, dass man Menschen nicht nach ihren Worten, sondern
nach den Taten beurteilen muss.
Hier kommt die BremerLeseLust ins Spiel...
Lesen ist und bleibt die Schlüsselkompetenz für alle Menschen. Nur durch
sie kann alles andere erschlossen werden. Dabei kommen die Kinder aus
bürgerlichen Familien in der Schule meist mit, die anderen nicht. Und
die unterstützen wir mit der BremerLeseLust.
Zu Beginn Ihrer Initiative haben Sie es geschafft, den gesamten
Bremer Senat zur „VorleseZeit“ zu aktivieren. Wie haben Sie das
nur gemacht?
Ich bin einfach hingegangen und habe mit ihnen geredet. Und alle haben
mitgemacht! Danach sagte Bernd Hockemeyer zu mir: „Das war gut, aber
Sie müssen weitermachen!“ Darüber habe ich dann drei Monate nachgedacht,
und heraus kam die BremerLeseLust – ein großes Dach mit ganz
viel Platz darunter.
Schwerpunkt ist und bleibt die Flüchtlingsarbeit, das Projekt
„Lesen schafft Freunde“.
Ja, unser Fokus richtet sich seit zwei Jahren darauf. Lesen ist eine Schlüsselqualifikation
für gute Bildung und das Erlernen der deutschen Sprache
ein entscheidender Faktor für erfolgreiche Integration.
Sie sind seit dem 4. Oktober 2016 Trägerin des Bundesverdienstkreuzes
am Bande. Wie war Ihr Treffen mit Herrn Gauck?
Wunderschön! Meine ganze Familie war mit dabei.
Und Sie sind auch Kinderbuchautorin – gibt es da auch ein
neues Projekt?
Ich glaube nicht. Vielleicht schreibe ich mal mein Leben nieder, wie es
meine Großmutter gemacht hat.
Was motiviert Sie täglich aufs Neue?
Die Einmaligkeit des Lebens.
Und was kommt als Nächstes?
Wir gründen im Oktober gemeinsam mit Bürgerschaftspräsident Christian
Weber die HemelingerLeseLust. Und persönlich mache ich meinen schönen
Garten winterfest! www.bremerleselust.de
Vielen Dank für das Gespräch!
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