SCHWACHHAUSEN Magazin | November-Dezember 2017
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PERSÖNLICHKEITEN | ULRIKE HÖVELMANN<br />
Was soll man denn bloß als Erstes fragen, wenn man eine solche<br />
Persönlichkeit zum Interview trifft? Das beschäftigt mich, bevor<br />
ich an diesem sonnigen Montagmorgen Ulrike Hövelmann in der<br />
„Fattoria“ treffe. Die 63-Jährige ist zweifache Mutter erwachsener<br />
Kinder, Großmutter, Pädagogin, ehemalige Vollblutpolitikerin,<br />
Kinderbuchautorin, begeisterte Bremerin und Vorsitzende der<br />
BremerLeseLust, die sie im Jahr 2002 gegründet hat. Für dieses<br />
außergewöhnliche Engagement wurde ihr 2016 sogar das Bundesverdienstkreuz<br />
von Joachim Gauck verliehen. Ich merke<br />
schnell, es ist ganz leicht. Obwohl sie gerade erst einen grippalen<br />
Infekt auskuriert und gleich noch einen Anschlusstermin bei Werder<br />
Bremen hat, ist sie voller Energie, entspannt und zugleich<br />
hoch konzentriert. „Fragen Sie!“ sagt sie, das mache ich.<br />
Frau Hövelmann, Sie sind Pädagogin, Politikerin, Kinderbuchautorin,<br />
Initiatorin und Vorsitzende der BremerLeseLust sowie<br />
nicht zuletzt Ehefrau, Mutter und Großmutter. Was sind Sie am<br />
meisten?<br />
Ich bin Ulrike Hövelmann in der ganzen Vielfalt. Mal so, mal so – je nach<br />
Lebensphase.<br />
Ihre Familie muss wegen Ihres intensiven Engagements oft auf<br />
Sie verzichten ...<br />
Ich engagiere mich schon sehr lange für Menschen, die es nicht so leicht<br />
haben im Leben und habe auch immer voll gearbeitet. Jetzt bin ich Rentnerin.<br />
Wenn mein Mann mich nicht immer so toll unterstützt hätte, wäre<br />
das nicht gegangen. Gerade die vielen Jahre in der Politik waren sehr aufzehrend,<br />
denn ich war und bin immer authentisch, mit viel Energie bei<br />
der Sache, höre zu. Mein Mann macht Musik, er spielt Klavier, Gitarre<br />
und singt. Als ich eines Abends völlig erschöpft nach einem langen und<br />
anstrengenden Arbeitstag in der Bürgerschaft nach Hause kam, probte er<br />
gerade mit seiner Band bei uns zu Hause – und stimmte bei meiner Heimkehr<br />
„Here Comes the Sun“ an. Das hat mich wieder aufgerichtet! Mit 19<br />
Jahren habe ich ihn kennengelernt, und er wusste und weiß immer, wie<br />
er mich unterstützen kann.<br />
Sind Sie denn auch Werder-Fan?<br />
Natürlich! Als Politikerin hatte ich einen VIP-Platz im Stadion in der ersten<br />
Reihe, da bin ich ganz selten hingegangen, denn das hatte nicht viel<br />
mit Fußball zu tun. Seit ich nicht mehr in der Politik bin, haben mein<br />
Mann, unsere beiden Kinder und ich Dauerkarten in der Ostkurve.<br />
Sie waren für drei Legislaturperioden, von 1995 bis 2007, Mitglied<br />
der Bremischen Bürgerschaft. Sind sie heute auch noch politisch<br />
aktiv?<br />
Nein, nicht mehr aktiv, aber immer noch sehr interessiert und engagiert.<br />
Fehlt Ihnen die aktive politische Mitwirkung?<br />
Ich bin stolz auf das, was ich in meiner Zeit in der Bürgerschaft und besonders<br />
in der Bildung vorangebracht habe: Die Einführung der verlässlichen<br />
Grundschule und der Ganztagsschulen, Computer in den Schulen,<br />
Gebäudesanierungen, um nur einige Beispiele zu nennen. Ich hätte gerne<br />
noch weitergemacht, aber damals wurde vom SPD-Unterbezirk Stadt entschieden,<br />
dass einige Abgeordnete dem Parlament nicht länger als drei<br />
Legislaturperioden angehören sollten. Das folgte eher innerparteilicher<br />
Motivation und galt tatsächlich nur damals. Trotzdem kandidierte ich,<br />
wurde aber abgelehnt. Ich war sehr enttäuscht und schickte nach der Abstimmung<br />
eine SMS an meinen Mann. Der schrieb: „Schade für die SPD,<br />
gut für uns, komm’ nach Hause.“ Das habe ich dann auch gemacht.<br />
Wie war die Zeit danach?<br />
Es begann ja sofort ein neuer Lebensabschnitt für mich. Eine Tür schließt<br />
sich, eine öffnet sich. Damals traf ich auf dem Marktplatz Klaus Sondergeld,<br />
der Geschäftsführer der Bremen Marketing GmbH war. Er fragte<br />
Sie sind eine echte Bremerin.<br />
Ja, geborene und bekennende! Geboren und aufgewachsen bin ich in<br />
Borgfeld, nach unserer Heirat 1979 sind wir nach Schwachhausen in die<br />
Georg-Gröning-Straße gezogen – und da wohnen wir immer noch.<br />
Was schätzen Sie an Ihrem Leben hier in Schwachhausen?<br />
Ich finde die Entwicklung der Wachmannstraße toll, aber auch das persönliche<br />
Umfeld hier. Man trifft immer jemanden, beispielsweise beim<br />
Einkaufen. Außerdem kann ich alles mit meinem Fahrrad erreichen – seit<br />
einiger Zeit bin ich auf ein E-Bike umgestiegen und damit bereits 5000 km<br />
gefahren! Schwachhausen ist einfach ein sehr schöner Stadtteil, wobei<br />
ich auch andere Stadtteile mag. Beispielsweise das aufstrebende und bunt<br />
gemischte Walle. Ich lege auch Wert darauf, aus unserem Stadtteil rauszukommen,<br />
unsere Kinder beispielsweise besuchten beide die Schule in<br />
Obervieland und waren auch noch einige Zeit in Amerika.<br />
Ihr Anschlusstermin führt Sie zu Werder – worum geht es da?<br />
Mit Werder Bremen verbindet mich eine lange und unkomplizierte Zusammenarbeit,<br />
sie haben sich immer schon sozial engagiert. Anne-Kathrin<br />
Laufmann von Werder Bremen ist Mitglied in der BremerLeseLust e. V.,<br />
zusammen gestalten wir unser neues Büchertauschregal-Projekt mit dem<br />
Namen „Wer liest, gewinnt!“.<br />
Die Stadtmusikanten sind immer dabei: Ulrike Hövelmann bei der Verleihung<br />
des Bundesverdienstkreuzes durch Joachim Gauck am 4. Oktober 2016<br />
<strong>SCHWACHHAUSEN</strong> <strong>Magazin</strong> | <strong>November</strong> - <strong>Dezember</strong> <strong>2017</strong> 63