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| 128 129 ANGELIKA REICHELT-FELDHUSEN<br />
Immer auf das<br />
Bauchgefühl<br />
gehört<br />
Wie kommt jemand wie ich, der in Wilhelmshaven<br />
aufgewachsen ist und die Stadt noch immer<br />
seine Heimat nennt, nach <strong>Friesland</strong>?<br />
E<br />
s waren einerseits wirtschaftliche Gründe,<br />
die mich veranlassten, mit Reichelt Elektronik<br />
nach Sande umzuziehen. Andererseits<br />
gab es zu diesem Zeitpunkt keine adäquaten<br />
Möglichkeiten für eine Erweiterung in Wilhelmshaven.<br />
Es war eine schwere, wenngleich auch kluge<br />
Entscheidung, bei der ich mich auf mein Bauchgefühl<br />
verlassen konnte.<br />
Als Unternehmerin auf das eigene Bauchgefühl zu<br />
hören, ist in Zeiten von allerlei Kennzahlen etwas ungewöhnlich.<br />
Allerdings ist mir das Unternehmertum<br />
alles andere als in die Wiege gelegt worden. Als<br />
jüngstes von vier Kindern, und als Mädchen dazu,<br />
blieb es mir aus finanziellen Gründen versagt, eine<br />
weiterführende Schule zu besuchen. So begann ich<br />
mit 14 Jahren eine Ausbildung zur Großhandelskauffrau<br />
in Wilhelmshaven.<br />
Nach der Geburt meiner Töchter arbeitete ich als<br />
Bürokraft im Elektronik-Versandhandel meines damaligen<br />
Ehemannes. Der Start dieses Betriebes entsprach<br />
dem eines Garagenunternehmens. 1969 im<br />
Wohnzimmer als Versandhandel gegründet, ohne<br />
Angelika Reichelt-Feldhusen,<br />
geb. 1945 in Neuhaus<br />
(heute Holzminden),<br />
verheiratet, zwei Töchter |<br />
1969 Beginn des Elektronikhandels<br />
| 1990 Übernahme<br />
des Betriebs |<br />
1996 Umzug nach Sande |<br />
2002 Auszeichnung als „Unternehmerin der Region“ |<br />
2006 Verleihung des Unternehmerpreises „Mutmacher<br />
der Nation“ | 2010 Rückzug aus dem Unternehmen<br />
und Verkauf an die Dätwyhler AG | 2010 Verleihung<br />
des Verdienstkreuzes am Bande des<br />
Niedersächsischen Verdienstordens | unterstützt seit<br />
2013 das Kinder- und Jugendhospiz „Joshuas Engelreich“<br />
ausreichendes Lager, ohne vernünftigen Warenfluss,<br />
ohne externen Kundenstamm, ohne Eigenkapital,<br />
ohne Controlling und ohne Öffentlichkeitsarbeit. Die<br />
Betriebsausstattung umfasste gerade einmal einen<br />
Firmenstempel, eine Reiseschreibmaschine und eine<br />
Küchenwaage. Bei unserer ersten Umsatzsteuerprüfung<br />
staunte der Finanzbeamte nicht schlecht, als er<br />
zu Papier und Bleistift greifen musste, weil wir<br />
schlicht keine Rechenmaschine besaßen.<br />
1972 zogen wir in ein Einfamilienhaus und nutzten<br />
den Keller und die Garage für den Versandhandel.<br />
Wir vergrößerten uns ständig und bezogen im Jahre<br />
1984 Geschäftsräume mit einer Größe von 750 Quadratmetern<br />
in der Innenstadt Wilhelmshavens. Nach<br />
der Trennung von meinem damaligen Mann im Jahr<br />
1989 entschloss ich mich, über den eigenen Mut hinauszuwachsen<br />
und die zum Verkauf stehende Firma<br />
zu kaufen. Auch hier vertraute ich meinem Bauchgefühl.<br />
Ich hatte keine Ahnung von Spulen, Widerständen<br />
und elektronischen Bauteilen. Ich hatte die Wahl,<br />
mich in die Welt der Elektronik zu stürzen, oder das,