EDUCATION 5.17
Hauptthema: Lehrplan 21
Hauptthema: Lehrplan 21
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Volksschule | Ecole obligatoire<br />
Gelegenheit dazu bietet sich auf dem Campus der<br />
PHBern. Die Studierenden sind hier sehr heterogen zusammengesetzt:<br />
Im Herbstsemester 2017 sind die jüngsten<br />
immatrikulierten Studierenden 18, die ältesten über<br />
60 Jahre alt. Alle Kantone der Schweiz sind unter den Studierenden<br />
vertreten. Über 100 Personen haben eine andere<br />
als die Schweizer Nationalität. Und auch darin, mit<br />
welcher Vorbildung sie an die PHBern kommen, unterscheiden<br />
sie sich: Während gut zwei Drittel der Studierenden<br />
mit gymnasialer Maturität an die PHBern finden,<br />
verteilt sich das restliche Drittel auf eine Vielzahl unterschiedlicher<br />
Zugänge.<br />
Andernorts wären sie Quereinsteiger<br />
An der PHBern gibt es Dutzende von Studierenden, die<br />
zuerst eine andere Ausbildung abgeschlossen haben. Sie<br />
haben einen Master in Geografie in der Tasche und wollen<br />
Primarlehrer werden oder haben an einer Fachhochschule<br />
einen Bachelor als Ingenieur erworben und haben nun das<br />
Berufsziel Lehrperson Sekundarstufe I. Auch Musiklehrerinnen,<br />
Architekten, Absolventinnen eines Psychologiestudiums<br />
und viele weitere Berufsleute entschlies sen sich<br />
für ein Studium an der PHBern. Sobald sie ihr Lehrdiplom<br />
haben, sind sie gefragte Leute auf dem Arbeitsmarkt. Hier<br />
sind Lehrpersonen mit vielfältigen und auch ausserschulischen<br />
Erfahrungen und Kompetenzen sehr gefragt. An<br />
anderen pädagogischen Hochschulen würde man von<br />
Quereinsteigenden sprechen, nicht so an der PHBern, wo<br />
Personen mit einem Berufsabschluss vollständig ins reguläre<br />
Studium integriert werden. Wenn sie eine Reduktion<br />
des Studiums beantragen, können sie von einer Verkürzung<br />
um bis zu zwei Semester profitieren.<br />
Die PHBern hat zwei Studierende mit Migrationshintergrund<br />
über ihre Erfahrungen, Ansichten und Wünsche<br />
zum Thema «Vielfalt» befragt. Alma Amagjekaj ist als Kind<br />
mit ihrer Familie von Kosovo nach Deutschland geflüchtet,<br />
wo sie das Abitur machte. Die 22-jährige Frau lebt in<br />
Bern und studiert im dritten Semester an der PHBern am<br />
IVP. Die Studentin mit deutschem Pass ist sich von jeher<br />
gewohnt, sich zu integrieren, zeigt sich jedoch überrascht,<br />
wie schwer es sei, in Bern Anschluss zu finden. Die angehende<br />
Primarschullehrerin vermutet, dass weniger ihr<br />
Herkunftsland die Integration erschwert als die Sprache.<br />
«Schweizer wollen nicht, dass ich Schweizerdeutsch<br />
spreche», das hindert Alma Amagjekaj jedoch nicht, heimlich<br />
Mundart zu üben, in der Hoffnung, so diese «Integra -<br />
tionsbarriere», wie sie es nennt, zu überwinden.<br />
Mario Bojic kennt solche Integrationsschwierigkeiten<br />
bestens: geboren und aufgewachsen im Berner Oberland,<br />
sprach er bei seiner Einschulung kaum Schweizerdeutsch.<br />
Der 27-Jährige hat bosnische Wurzeln und keine<br />
Zweifel, dass in der Schweiz unter anderem der Unterschied<br />
der gesprochenen Sprache und der Schriftsprache<br />
Menschen mit Migrationshintergrund die Integration erschwert.<br />
Mario Bojic absolvierte eine dreijährige Lehre als<br />
Bankkaufmann und besuchte vier Jahre nach Lehrabschluss<br />
den Vorbereitungskurs an der PHBern. Anschliessend<br />
begann er am IS1 sein Fachdiplomstudium im Fach<br />
Räume, Zeiten, Gesellschaft. Er schliesst sein Studium<br />
bald ab und unterrichtet parallel dazu an einer Sonderschule<br />
in Zürich, wo ihm täglich verschiedene Facetten<br />
der Vielfalt begegnen.<br />
Mario Bojic empfindet Heterogenität als Chance,<br />
sich von Vorurteilen zu lösen und weltoffener und toleranter<br />
gegenüber Mitmenschen aufzutreten. «Es ist normal,<br />
verschieden zu sein», postuliert der junge Berner, räumt<br />
aber auch ein, dass genau diese Vielfalt hinsichtlich der<br />
Chancengleichheit im Schulalltag eine Herausforderung<br />
sei. Alma Amagjekaj betont, dass gerade im Kontakt mit<br />
Vielfalt Offenheit entwickelt werden könne, die eine wichtige<br />
Eigenschaft sei, um miteinander auszukommen.<br />
Unterricht, welcher der Vielfalt Rechnung trägt<br />
Wie versuchen die beiden Studierenden, diese Chancen<br />
in ihrem Unterricht zu nutzen? Alma Amagjekaj hat in zwei<br />
Praktika Gelegenheit gehabt, die Vielfalt der Schülerinnen<br />
und Schüler zu erleben. «Guter Unterricht muss individualisiert<br />
und differenziert sein. Individualisieren heisst auch,<br />
dass Lehrpersonen über familiäre Umstände eines jeden<br />
Kindes in der Klasse informiert sein müssen.» «Wir müssen<br />
uns lösen vom Frontalunterricht», ergänzt Mario Bojic,<br />
«denn dieser lässt keine Individualisierung zu.» Der neue<br />
Lehrplan, in dem der Umgang mit Vielfalt als Teil der überfachlichen<br />
sozialen Kompetenzen explizit verankert ist,<br />
kommt ihm in dieser Hinsicht entgegen.<br />
1 swissuniversities: Projekt «Sonderpädagogische Aspekte in<br />
der Ausbildung der Regelklassen-Lehrpersonen» Schlussbericht<br />
(Verabschiedet durch die Projektbearbeitungsgruppe<br />
im März 2016).<br />
Synthèse A l’école obligatoire, la<br />
diversité se vit au quotidien ; c’est<br />
pourquoi il est important pour les<br />
hautes écoles pédagogiques d’y préparer<br />
leurs étudiants et étudiantes.<br />
La PHBern propose des modules et<br />
des cours spéciaux à ce sujet, mais<br />
elle insiste aussi sur le fait de vivre<br />
la diversité durant des stages et au<br />
quotidien. Les étudiants et les étudiants<br />
sont en effet différents les<br />
uns des autres, notamment au regard<br />
de leur âge, origine et parcours.<br />
Une discussion avec Alma<br />
Amagjekaj, étudiante à l’Institut<br />
des degrés préscolaire et primaire,<br />
et Mario Bojic, étudiant à l’Institut<br />
du degré secondaire I, démontre<br />
toute la valeur du thème de la diversité<br />
aux yeux de nombreux étudiants<br />
et étudiantes. Tous deux soulignent<br />
l’importance de considérer<br />
la diversité comme la norme et s’expriment<br />
en faveur d’une didactique<br />
individualisée. L’ancrage de ce sujet<br />
dans le Lehrplan 21 est selon eux<br />
un développement positif et utile.<br />
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