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EDUCATION 5.17

Hauptthema: Lehrplan 21

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Politischer Kommentar | Regard politique<br />

Lehrplan 21: Die Schule braucht<br />

Konstanz und Stabilität<br />

Bernhard Pulver, Erziehungsdirektor<br />

bernhard.pulver@erz.be.ch<br />

Foto: Pia Neuenschwander<br />

Die Volksinitiative «Lehrpläne vors Volk» wird voraussichtlich<br />

am 4. März 2018 zur Volksabstimmung gelangen.<br />

Regierungsrat und Grosser Rat lehnen die Initiative<br />

ab, der Grosse Rat hat in der Septembersession mit<br />

122 : 19 Stimmen eine Empfehlung auf Ablehnung beschlossen.<br />

Was will die Initiative? Die Initiative will das Volksschulgesetz<br />

dahin gehend ändern, dass in Zukunft –<br />

zumindest für den deutschsprachigen Kantonsteil – neue<br />

Lehrpläne und Änderungen an Lehrplänen nicht mehr<br />

durch die Regierung bzw. durch die Erziehungsdirektion<br />

erlassen werden können, sondern dem Grossen Rat zur<br />

Genehmigung vorgelegt werden müssen. Das gilt auch<br />

für die Allgemeinen Hinweise und Bestimmungen (AHB)<br />

und somit für die Lektionentafel. Gegen die Genehmigung<br />

durch den Grossen Rat soll das Referendum ergriffen<br />

werden können. In Zukunft würden alle wichtigen<br />

Lehrplanänderungen unter dem Vorbehalt einer Volksabstimmung<br />

stehen.<br />

Die Initiative schlägt zwar «den Esel», nämlich die<br />

Kompetenzordnung zum Erlass von Lehrplänen, meint<br />

aber eigentlich «den Sack», nämlich den aktuell zur Einführung<br />

anstehenden «Lehrplan 21». Dieser gemeinsame<br />

Deutschschweizer Lehrplan wird im Kanton Bern ab<br />

Sommer 2018 – mit einer Einführungsphase bis 2022 –<br />

eingeführt. Falls die Initiative angenommen würde, so<br />

müsste dieser Lehrplan dem Grossen Rat – und eventuell<br />

auch dem Volk – nachträglich zur Genehmigung vorgelegt<br />

werden.<br />

Wieso sind Regierung und Parlament gegen diese<br />

Initiative, die doch – auf den ersten Blick – die demokratischen<br />

Rechte ausbauen möchte? Der Gesetzgeber –<br />

das heisst der Grosse Rat und das Volk – regelt heute die<br />

wesentlichen Fragen der Volksschule im Volksschulgesetz:<br />

die Grundlagen der Volksschule, die Dauer und<br />

Gliederung der obligatorischen Schulzeit, den Beginn<br />

des Schuljahres, die Rhythmisierung, die Grundzüge der<br />

Methodik und der Inhalte – bis hin zu den grossen Fachbereichen,<br />

die Anschlussfähigkeit an die Sekundarstufe<br />

II, die Zusammenarbeit mit den Eltern, die Klassenorganisation<br />

und manches mehr. Die grossen Fragen der<br />

Volksschule sind bereits heute einer demokratischen<br />

Diskussion unterstellt und können auch mit Referendum<br />

angefochten werden. Diese demokratische Kultur funktioniert,<br />

wie auch die Diskussionen um Kindergartenobligatorium<br />

oder Basisstufe zeigten. Darüber hinaus<br />

bestimmt das Parlament mittels Budgetbeschlüssen den<br />

finanziellen Rahmen der Volksschule und entscheidet<br />

über interkantonale Konkordate – mit Referendumsmöglichkeit,<br />

die z. B. beim HarmoS-Konkordat vor einigen<br />

Jahren auch genutzt wurde. Mittels Richtlinienmotionen<br />

kann der Grosse Rat auf unverbindliche Art schon heute<br />

in die Lehrpläne hineinsteuern.<br />

Ein weiterer Ausbau dieser politischen Steuerungsmöglichkeiten<br />

ist nicht sinnvoll. Lehrpläne bilden den<br />

didaktisch-pädagogischen Rahmen der Volksschule. Sie<br />

beschreiben die Inhalte des Unterrichts, das Lern- und<br />

Unterrichtsverständnis und die fächerübergreifenden<br />

Kompetenzen. Sie sind kein politisches Regelwerk und<br />

sollten auch nicht verpolitisiert werden. Das hat sich<br />

bewährt. Wenn in Zukunft jede umstrittene Lehrplanänderung<br />

einer Volksabstimmung unterstellt wird – man ▶<br />

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