ahoi! norderney Magazin #27
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Tiefe an die Oberfläche. Zwei leistungsstarke<br />
Wärmepumpen im Technikgeschoss unter dem<br />
Dach können die Temperatur bei Bedarf auf bis<br />
zu 35 Grad hochfahren und so das Gebäude mit<br />
Heizwasser versorgen. Mehr als 20 Kilometer<br />
Rohre und Leitungen in der 40 Zentimeter starken<br />
Bodenplatte und den Geschossdecken dienen<br />
der sogenannten Betonkernaktivierung,<br />
durch die auf eine konventionelle Heizung<br />
bzw. Klimaanlage verzichtet werden kann.<br />
„Das funktioniert ungefähr wie ein Pizzasteinofen<br />
- etwas träge, aber zuverlässig.“ Nicht<br />
ohne Stolz verweist Olaf Weddermann auf die<br />
gute CO2-Bilanz des Gebäudes. „Nachhaltigkeit<br />
ist ein Hauptbestandteil unseres Betriebskonzepts.“<br />
Durch eine Planungsverschiebung<br />
hat es sich zudem ergeben, dass draußen zwischen<br />
Fährbrücke 1 und dem Terminalgebäude<br />
Norderneys erster mit Geothermie beheizbarer<br />
Fußweg entstanden ist - zum Schutz vor<br />
Schnee und Eis.<br />
Neben dem Komfort der Fahrgäste und dem<br />
optimierten Ablauf des Betriebs spielt auch<br />
der Sturmflutschutz in dem neuen Terminal<br />
eine wichtige Rolle. Um das Gebäude herum<br />
sind Schutzwände in die Architektur integriert,<br />
deren Durchlässe bei Bedarf mit einem Dammbalkensystem<br />
abgeschottet werden können.<br />
Um die Brandung und die tobende Gischt bei<br />
Sturmfluten fernzuhalten, werden auf der<br />
Betonmauer zudem zwischen den U-Profilen<br />
ein Meter hohe Scheiben angebracht - vierfach<br />
verglast mit einer Belastbarkeit von 54 Kilonewton.<br />
„Das entspricht mehr als fünf Tonnen<br />
pro Quadratmeter - da könnten Sie mit einem<br />
Panzer gegen fahren.“ Ob die zusätzlich außen<br />
platzierten dreibeinigen Betonsblocksteine<br />
als Wellenbrecher schutztechnisch unverzichtbar<br />
waren oder eher der Dramatisierung der<br />
Architektur dienen sollen, lässt Olaf Weddermann<br />
augenzwinkernd offen. Sollte das<br />
Seewasser doch einmal über die Absperrung<br />
gelangen, fließt es durch Gullis an der Innenseite<br />
der Schutzmauer in ein unterirdisches<br />
Flutschutzbecken und wird mit zwei kräftigen<br />
Pumpen zurück ins Meer gebracht. Trotz dieser<br />
Maßnahmen sind die insgesamt 55 Kilometer<br />
elektrischen Leitungen vom Übergabepunkt<br />
im Dachgeschoss aus verlegt. „Sie finden hier<br />
keine Steckdose unterhalb von einem Meter,<br />
hier gibt es nichts, was von unten nach oben<br />
verläuft, sondern alles kommt von oben nach<br />
unten.“ Olaf Weddermann hat bei einem früheren<br />
Arbeitgeber schon einmal erlebt, was<br />
passiert, wenn das Meer ein Gebäude flutet.<br />
„Wer nicht vorsorgt, muss im schlimmsten Fall<br />
kernsanieren.“ Sogar ein Notstromaggregat<br />
gibt es in dem Norderneyer Terminal. Denn<br />
ohne Strom helfen auch die Pumpen nicht.<br />
„Damit bleiben wir im Ernstfall bei einem<br />
Stromausfall in der Lage, das Gebäude unter<br />
Volllast bis zu zehn Stunden weiter zu führen“,<br />
sagt Olaf Weddermann, um mit einem Grinsen<br />
zu ergänzen: „Wir sind ein bisschen wie die<br />
Arche Noah der Insel.“<br />
Viele andere Aspekte des neuen Terminals<br />
werden Sie bei Ihrem ersten Besuch vor<br />
Ort selbst entdecken. Von der effizienteren<br />
Lenkung der Fahrgastströme, auch und<br />
gerade zur Hochsaison, über die barrierefrei<br />
erreichbaren Fahrkarten- und Informationsschalter<br />
von Reederei, Kurverwaltung<br />
und jetzt auch Deutscher Bahn bis zu den<br />
bequem per Schwenktür statt Drehkreuz passierbaren<br />
Personenvereinzelungsanlagen<br />
(dieses zuvor nicht gekannte Wort wollten<br />
wir unbedingt benutzen) beim Eintritt zum<br />
Boarding-Bereich. Und lassen Sie sich auf<br />
keinen Fall entgehen, die Aussichtplattform<br />
auf dem Dach des Terminals zu erklimmen.<br />
Der Zugang befindet sich von außen gesehen<br />
links vom Haupteingang. Über das im<br />
Aufgang zum Verwaltungstrakt hängende<br />
Werk des Norderneyer Künstlers Claus-Ulrich<br />
Ipsen sowie das von Dorit und Klaus Richter<br />
betriebene Café Bistro ‚hygge‘ im Obergeschoss<br />
berichten wir ausführlich an anderer<br />
Stelle in diesem <strong>Magazin</strong>. „Ich glaube, dass<br />
wir hier - ohne das Budget zu überreizen -<br />
mit kreativen Ideen und Pragmatismus etwas<br />
sehr Gelungenes geschaffen haben“, so Olaf<br />
Weddermann abschließend. Futuristisch auf<br />
Ostfriesisch eben - und das bedeutet nicht<br />
abgedreht, sondern zukunftsfähig.<br />
17 intro. <strong>ahoi</strong>! <strong>norderney</strong>